Leiser Asphalt

Wenn man bewusst hinhört, stellt man fest, dass Straßenlärm zum Großteil aus dem Rollgeräusch der Reifen auf der Straße besteht. Was liegt also näher als “leiser Asphalt” anstatt Schallschutzwänden?

Ein entsprechender Versuch (S) auf einer Autobahn bei Stockholm wird sehr positiv bewertet. Neun Dezibel machen einen großen Unterschied und angeblich fühle man sich als Autofahrer wie plötzlich in Wolle eingepackt, wenn man auf den leisen Abschnitt kommt.

Technisch funktioniert das ganze durch eine zweilagige Struktur, die Eigenschaften einer Drainage haben und den Schall aufnehmen. Willkommener Nebeneffent ist, dass auch Wasser einfließen kann und zum Fahrbahnrand geleitet wird. Das verringert Aquaplaning und verbessert die Sicht bei Regen, weil es weniger Spritzwasser gibt.

Der Nachteil, wer hätte es gedacht, ist der Preis, sowohl im Aufbringen als auch im Unterhalt. Deswegen wird es auf absehbare Zeit keinen größeren Ausbau der leisen Strecken in Schweden geben. Holland ist da schon weiter: 70% des Wegenetzes sind schon heute leise und bis 2012 soll der Rest nachgeholt werden.

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Gratis drahtlos surfen in Stockholm

Ein ganz toller Service: In und um einen Park mitten in Stockholm (Kungsträdgården) wird man sehr bald umsonst drahtlos surfen (E) können. Die WiFi-Station soll 1Mbit Bandbreite haben und zunächst vorübergehend aufgebaut werden. Ich denke und hoffe aber, dass das sehr schnell ein Renner wird, nicht nur bei Einheimischen und Studenten, und dass das Gebiet ausgeweitet wird.

Anonym surft man aber nicht: Man muss sich im Netzwerk einloggen und den nötigen Zugangscode bekommt man, indem man eine SMS an eine bestimmte Nummer schickt. Außer dieser SMS kostet das Surfen nichts.

Umzugsgrund ist das für mich allerdings keiner, schließlich habe ich nicht einmal ein Handy. Außerdem habe ich in Uppsala vielerorts drahtloses Internet durch das Stundentennetzwerk.

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Deutsche Kanonen auf Munkholmen

Deutsche Kanone auf Munkholmen vor
Trondheim

Im zweiten Weltkrieg hatten die Deutschen Norwegen eingenommen und Trondheim zu einem wichtigen Stützpunkt erkoren. Zwei U-Boot-Werften wurden errichtet. Die kleine Insel Munkholmen vor Trondheim liegt strategisch gut und deshalb wurden sechs Kanonen darauf gebaut. Für mehr Urlaubsbilder aus Trondheim von letzter Woche, bitte hier entlang.

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Unschwedisch

Es hat mit Schweden rein gar nichts zu tun, aber ich möchte darauf hinweisen, dass ich z.Zt. in Prag bin und von der Konferenz der International Astronomical Union blogge. Wer also das Englisch nicht scheut und sich für Astronomie interessiert, kann ja mal reinschauen. Ich habe allerdings vorgearbeitet und Fiket wird während meiner Abwesenheit nicht brachliegen. ;-)

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Wort der Woche: Offentlighetsprincipen

Das Öffentlichkeitsprinzip ist zentral für das schwedische Staatsverständnis. Es besagt, dass alle Dokumente (auch in elektronischer Form), die einer Behörde oder einem Amt zukommen, und alle von diesen erstellten Dokumente öffentlich sind und damit von jedem Bürger einsehbar.

Der Zweck ist die Kontrolle des Staates durch seine Bürger, die diesen errichtet haben, und das hat eine lange Tradition in Schweden. Schon im 16. Jahrhundert findet sich das Öffentlichkeitsprinzip und seit 1766 steht es im Grundgesetz. Zentral ist, dass Öffentlichkeit die Regel ist, nicht die Ausnahme. Letztere gibt es, sie müssen aber begründet werden und sind gesetzlich geregelt. Zum einen ist hier das Datenschutzgesetz zu nennen, denn die Auskunftspflicht darf nicht die Privatsphäre eines anderen verletzen. Dann gibt es noch das Geheimhaltungsgesetz, das die Bereiche regelt, in denen man glaubt, dass Geheimhaltung nötig ist (z.B. geheimdienstliche Aktivität).

Ein paar interessante Modalitäten in der Praxis:

  • Man hat das Recht, persönlich und ohne Gebühr Einsicht zu erhalten und Abschriften oder Fotografien anzufertigen und auch das Recht auf Zustellung von Kopien, dann aber eventuell gegen eine festgeschriebene Gebühr.
  • Eine Anfrage muss eilig bearbeitet werden, natürlich im Rahmen normaler Arbeitszeiten, und die Behörde muss so organisiert sein, dass schnell Auskunft gegeben werden kann.
  • Der Fragende muss keinen Grund angeben und kann anonym bleiben.
  • Wenn eine Auskunft verweigert wird, muss stattdessen Information bereitgestellt werden, wie man gegen die Entscheidung Einspruch erheben kann.

    Vorbereitende Arbeitsunterlagen und Diskussionen in Komitees sind nicht automatisch öffentlich, sobald etwas archiviert wird, wird es das aber. Selbst wenn eine Akte begründet als nicht öffentlich deklariert wird, so darf zumindest deren Existenz nicht verschleiert werden. Es ist leicht vorzustellen, wie stark dieser Grundsatz und er funktioniert auch wirklich in der Praxis. Offensichtliche Schwierigkeiten gibt es bei der Interaktion mit der EU, der Schweden 1995 beitrat und die weit weniger offen ist. Dass EU-Dokumente in Schweden automatisch öffentlich werden, passt nicht allen Nachbarn. Im Beitrittsvertrag wurde dieses schwedische Grundrecht aber bestätigt. Wie hier die Praxis aussieht, weiß ich leider nicht. Zum Vergleich Deutschland mit seinem Amtsgeheimnis: Das Prinzip war bis Anfang des Jahres genau umgekehrt und alles war zuerst einmal unter Verschluß. Jetzt hat auch Deutschland sich ein [Informationsfreiheitsgesetz](http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zur_Regelung_des_Zugangs_zu_Informationen_des_Bundes) gegeben, aber die Einschränkungen sind ungleich höher als in Schweden. Außerdem werden hohe Gebühren erhoben, was sogar eine [Sammelstelle](http://www.befreite-dokumente.de/) für “befreite Dokumente” nötig macht. Abschließend bleibt zu sagen, dass Schweden zu Recht stolz auf sein Öffentlichkeitsprinzip ist, dass es hohe Anforderungen an Staatsdiener stellt und ungemein zum Vertrauen in den Staat beiträgt. Natürlich wird nicht jeder Bürger regelmäßig Auskunft verlangen, aber die Möglichkeit ist nicht nur prinzipiell, sondern auch real gegeben und wird nicht nur von Journalisten genutzt. Wer noch mehr wissen möchte, lese den [ausführlichen Artikel auf sverige.de](http://www.sverige.de/lexi/lexi_oeff.htm).
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Häusliche Gewalt

Aus einem Artikel von SR:

Das Thema häusliche Gewalt erhitzt in Schweden regelmässig die Gemüter. Frauenhäuser und andere Hilfseinrichtungen für die Opfer verzeichnen einen unvermindert starken Zulauf. Doch, um der Gewalt vorzubeugen, die meist von Männern ausgeht, muss mehr getan werden. Diese Forderung erhebt nun eine staatliche Untersuchung.

Vielleicht trägt die eher auf Gemeinschaft als auf Individualismus ausgerichtete Grundeinstellung Schwedens ja dazu bei, dass gesellschaftliche Probleme nicht totgeschwiegen werden.

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Start einer Bewegung?

Die schwedische Piratenpartei (S), die hier ja schon des öfteren Erwähnung fand, hat internationale Nachahmer auf den Plan gerufen, darunter auch Deutschland.

Ob sich daraus eine bleibende Bewegung entwickelt – die Grünen fingen ja auch so an – wird sich zeigen. Wenn die schwedischen Piraten nicht wenigstens einen Achtungserfolg bei den anstehenden Parlamentswahlen erzielen, könnte sich auch schnell Ernüchterung breitmachen.

Andererseits ist der Vergleich mit den Grünen vielleicht gar nicht so weit hergeholt, die Piratenpartei hat sogar schon mehr Mitglieder (E) als die schwedischen Grünen. Das Internet hat in wenigen Jahren mehr Einfluss auf das Leben der Menschen gewonnen als Umweltschäden während des Aufkommens der Umweltbewegung. Auch hier geht es um Parteien mit thematisch begrenztem Programm, aber die Ausweitung auf allgemeinere Fragen der Netzkultur und des Datenschutzes in einer vernetzten Welt ist naheliegend. Auch hier geht es um Themen, die von den etablierten Parteien stiefmütterlich behandelt werden, was für Unmut bei Menschen sorgt, denen diese wichtig sind.

Man darf gespannt sein…

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Baldiger Regierungswechsel?

Die in gut fünf Wochen anstehende Wahl in Schweden war ja schon gelegentlich Thema hier. Eine heute veröffentlichte Umfrage sieht die regierenden Sozialdemokraten um drei Prozent zurückgefallen und damit die selbsternannte “Allianz für Schweden” aus den bürgerlich-konservativen Parteien mit 4% vorne.

Als Grund wird die Ankündigung der Allianz, die Immobiliensteuer abzuschaffen, gesehen. An Wahlthemen dominiert weiterhin die Innenpolitik, allem voran der Arbeitsmarkt. Das finde ich persönlich etwas seltsam, weil es der schwedischen Wirtschaft gerade sehr gut geht und die Arbeitslosenzahlen sinken. Die Opposition beschwört zwar eine Staatskrise herauf, aber die Zahlen sagen das Gegenteil.

Fünf Wochen sind eine lange Zeit für Wahlkampf und man darf gespannt sein, ob Göran Persson seine über zehnjährige Amtszeit noch einmal verlängern kann. Ich hatte kurze Zeit mit dem Gedanken gespielt, die erfolgreiche Idee des Wahl-O-Mat für die Schweden zu übertragen, aber für so viel politisches Engagement fehlt mir leider die Zeit.

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Mehr Alkohol

Klischeehafter, als über Schweden und Alkohol zu schreiben, geht es zwar kaum, aber trotzdem: Im ersten Halbjahr 2006 wurde vom staatlichen Monopolisten Systembolaget 6% mehr Alkohol (in Menge reinen Alkohols gerechnet) verkauft (S) als in den ersten sechs Monaten 2005.

Das wird nicht nur auf die zur Zeit starke schwedische Wirtschaft (über 5% Wachstum (E)) und die damit höhere Kaufkraft zurückgeführt, sondern auch, dass angeblich weniger Schweden ins Ausland fahren, um dort Alkohol einzukaufen. Ich glaube aber nicht, dass die Kette des Alkoholfremdeinkaufs zum erliegen kommt: Norweger kaufen in Schweden, die in Dänemark oder Deutschland, von wo aus man wiederum nach Tschechien oder Polen fährt, um billig einzukaufen. Ein Hoch auf ein offenes Europa! :-)

Ein vom bisherigen Text völlig unabhängiges Detail, das in Schweden auch schon für eine Menge Gesprächsstoff gesorgt hat, ist übrigens, dass die Chefin des Systembolaget, Anita Steen, die Frau von Premierminister Göran Persson ist.

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Herr Gårman

Am 21. Juli starb (S) Kåge Gustafson im Alter von 89 Jahren. Dieser Mensch hatte den wunderbaren Beruf, Straßenschilder zu zeichnen. Er hat über 200 Stück für Schweden entworfen, darunter auch das bei Deutschen so beliebte Elchwarnschild.

Auch das Schild, das auf einen Zebrastreifen hinweist, ist von ihm und sieht dem deutschen Pendant ziemlich ähnlich. Dieses Schild, bzw. der Mann darauf, hat in Schweden einen sehr lustigen und zweideutigen Namen: Herr Gårmann. Auf deutsch wäre das der Herr Gehmann – er geht ja schließlich.

Wenn man den Namen aber ausspricht, klingt das genauso wie “Här går man”, was “Hier geht man” bedeutet. Eine Glanzleistung skandinavischer Pädagogik. :)

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