10 Jahre

Heute sind es auf den Tag zehn Jahre, die der schwedische Journalist David Isaak in Eritrea im Gefängnis sitzt. Ohne Anklage oder Verfahren.

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Deutschland ist wie Schweden - nur besser

Unter dieser Überschrift schreibt Ebba Witt-Brattström heute im Kulturteil von DN. Dass Kultur und Bildung dort ernst genommen werden und nicht mit Unterhaltung vermischt werden, ist ihr Hauptargument und sie zieht sogar den deutschen Feminismus dem hiesigen vor. Seltsam.

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Sommar zu Ende

Meine kleine Liste mit den Sommarpratare des Jahres ist jetzt fertig.

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Gesetze auf Bestellung

Golem kam mir zuvor damit zu erwähnen, dass Rick Falkvinge, vormals Chef der Piratenpartei, in den zuletzt veröffentlichten Wikileaks-Dokumenten Hinweise darauf gefunden hat, dass so gut wie alle Verschärfungen von schwedischen Gesetzen im Zusammenhang mit Urheberrechtsverstößen im Internet von den USA in Auftrag gegeben wurden.

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Aufruhr unter Naturfotografen

Vor knapp zwei Wochen schrieb Gunnar Glöersen einen Blogeintrag beim Jägerverband, in dem er die Echtheit einiger Naturbilder von Terje Hellesø anzweifelte, die Luchse und andere Raubtiere zeigten. Sein Argument basierte nicht auf technischen Details in den Bildern, sondern auf seiner eigenen Erfahrung aus jahrelanger Arbeit mit Raubtieren, aufgrund derer er es für so gut wie unmöglich erachtete, dass der Fotograf an den angegebenen Orten so viel Glück hatte, die Tiere so oft vor die Linse zu bekommen.

Der Beitrag entpuppte sich als Stich ins Wespennest, denn Terje Hellesø ist einer der bekannteren Naturfotografen im Land, hat lange in dem Metier gearbeitet, wurde 2010 zum Naturfotograf des Jahres ernannt und ist einer der wenigen, die davon leben können. So kam es zu heftigen Reaktionen von anderen Fotografen, die Terje Hellesø zur Seite sprangen. Schließlich gehört Bildmanipulation ohne darauf hinzuweisen zu den schlimmsten Vergehen in diesen Kreisen und dass eine der Frontfiguren bewusst und systematisch täuschen würde, konnte sich keiner vorstellen.

Eine Rolle in der Debatte mit hunderten Kommentaren spielte auch, dass die Fälschungsvorwürfe von Jägern kamen und es wurden dabei allerlei Vorurteile zwischen vermeintlich naturliebenden Fotografen und schießwütigen Jägern sichtbar. Doch handfeste Beweise gab es zunächst keine und mit den Aussagen von Frau Hellesø und anderen, die bezeugten, die rohen Bilder in der Kamera gesehen zu haben, war die Naturfotogemeinschat kurz davor, die Sache beiseite zu legen, als Leute aus dem Internetforum Flashback sich detektivisch auf die Suche machten und in den Weiten des Netzes die Originale der Tierfotos fanden, die Hellesø in seinen Montagen verwendet hatte – Beispiel hier, mehr Links in der Zusammenfassung auf Flashback.

Damit war plötzlich glaubhaft bewiesen, dass Terje Hellesø nicht nur seine Fotos manipuliert hatte, inklusive eines der Gewinnerbilder des Naturfotograf 2010, sondern dazu recht plump die Bilder von anderen verwendet hatte. Es folgten Geständnis, tragische Radiointerviews und Schock unter Freunden und Fotografen. Schadenfreude und Parodien, die Luchse in allerei Bilder hineinmontierten, ließen auch nicht auf sich warten. Zusätzlich wurde die Geschichte von den Medien aufgegriffen und war eine Schlagzeile wert.

Mittlerweile erwägen diverse Naturfotovereine, Hellesø auszuschließen, und er ist wegen Betrugs angezeigt, denn seine behaupteten Sichtungen, nicht zuletzt des als Schadtier geltenden Marderhunds, führten zu unnötigen Maßnahmen der Regionalverwaltungen, die Bestände neu zu vermessen.

Über Hellesøs Motive kann man nur mutmaßen. Dass der Druck auf einem erfolgreichen Fotografen, sich selbst immer wieder zu übertreffen, hoch ist, kann ich mir jedoch schon vorstellen und sehe ihn eher als tragische denn verachtenswerte Figur in diesem Drama. Was mir dagen nicht ganz einleuchtet ist die Leichtgläubigkeit mit der die Naturfotogemeinschaft die Fälschungen jahrelang akzeptiert hat, denn im Nachhinein erscheinen sie ziemlich amateurhaft ausgeführt. Reputation schützt scheinbar vor Kritik – bis jemand von außerhalb des gewohnten Kreises daherkommt und nachfragt.

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Provocerande Kollektivliv

Videolink

Aus gegebenem Anlass: Links im Bild, das ist Olof Wretling als Katla.

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Årets sommarvärdar

Ich verbringe zur Zeit meine diversen Laufrunden und Rad- und Zugfahrten mit den diesjährigen Sommarpratare in den Ohren. Wie üblich kann man sich die Sendungen als MP3 herunterladen und ich kann allen, die Schwedisch verstehen, bisher folgende besonders ans Herz legen:

  • Mark Levengood ist mit seiner milden Art und Humor immer hörenswert. Er erzählt wie es dazu kam, dass er ein stattliches Ansehen im Stockholmer Schärengarten von einem ihm zunächst fremden Esoteriker geschenkt bekam.
  • Jason Diakité, besser bekannt als Rapper Timbuktu erzählt seinen Werdegang, ganz ohne Selbstverherrlichung.
  • Maria Wetterstrand war bis vor kurzem Parteichefin der schwedischen Grünen und hat sich gerade trotz ihrer jungen Jahre ganz aus der Politik zurückgezogen. Ihr Programm fand ich sehr hörenswert, nicht nur wegen des interessanten Musikgeschmacks – ihr erstes Lied war “Hier kommt Alex” von den Toten Hosen.
  • Ville Virtanen ist Finne mit schwedischen Wurzeln und gibt einen Einblick in die teilweise dunkle finnische Mentalität, gegenüber der Schweden geradezu als überschwänglich herüberkommen.
  • Sylvia Schwaag Serger ist halb Chinesin, halb Amerikanerin und halb Deutsche. In beeindruckend deutschakzentfreiem Skånska erzählt sie ihre Geschichte und findet gute Worte für die Erfahrungen, die man als Einwanderer in Schweden macht. Und spielt so einige “Höhepunkte” deutscher Musik der 80er.
  • Jonas Jonasson ist der Autor des Hundertjährigen.
  • Dilsa Demirbag-Sten kam als Kind mit ihren Eltern aus dem türkischen Teil Kurdistans nach Schweden und ist heute erfolgreiche Journalistin und Autorin. Ihr gelingt es, von Gewalt und Missbrauch zu erzählen und gleichzeitig gängige Vorurteile, beiderseits der Integrationsdebatte, zu entkräften. Sehr hörenswert!
  • Ann Petrén ist Schauspielerin und schlägt eine Bresche für mehr Zeit zur Reflexion.
  • Carl Bildt, ehemals schwedischer Staatschef und heute Außenminister, zeigt sich einmal mehr als Sympath mit Selbstdistanz und eröffnet mit der Geschichte, wie er dazu überredet wurde, den schwedischen Beitrag zum Schlagerfestival von 1987 aufzunehmen (Video bei YouTube). Später im Programm lernt man ein wenig über die Geschichte Zentralasiens.
  • Fredrik Gertten ist Dokumentarfilmer und stand vor zwei Jahren im Rampenlicht als der amerikanische Obstriese Dole seinen Film Bananas!* stoppen wollte und ihn verklagte. Interessante Einblicke in eine David gegen Goliath-Geschichte.
  • Babben Larsson kommt von Gotland, was man deutlich hört. Jeder kennt hierzulande Babben, die Komikerin. Denkt euch Anke Engelke in runder, unverblümter und vom Lande.
  • Kjerstin Dellert ist 85 Jahre, Opernsängerin und hat in den letzten 30 Jahren den Confidencen beim Ulriksdals Slott, 5 Minuten Spaziergang von wo wir wohnen, als Theater aufgebaut. Erfrischend, dieser alten Dame zuzuhören, wie sie fröhlich ihren Wasserfall an Anekdoten (Bergmann bis Wagner) und Lebensweisheiten loswird.
  • Olof Wretling kennt man von der Humorgruppe Klungan, die unter anderem Ingen bor i skogen gemacht hat und die wir auch schon live im Dansens Hus gesehen haben. Eine von Olofs Rollen ist Katla, der im Programm die Musik auflegt. Reinhören!
  • Alice Bah Kuhnke ist ein typischer Fall von Prominenter, die man als Einwanderer nicht kennt, denn sie war in den frühen Neunzigern Fernsehmoderatorin und hat sich dann von der Kamera verabschiedet. Heute arbeitet sie mit Umwelt-, FairTrade- und Nachhaltigkeitsfragen und erinnert in konkreten Beispielen daran, was wir so alles besser machen könnten.
  • Owe Wikström ist Professor in Religionspsychologie. Das klingt, zumindest in meinen Ohren, zunächst wenig vielversprechend, doch ich irrte und konnte Owes Betrachtungen zu unserem Umgang mit Leben und Tod einiges abgewinnen.
  • Yukiko Duke ist Halb-Japanerin, Journalistin, TV-Moderator und Übersetzering, die unter anderem Haruki Murakamis Bücher ins Schwedische bringt. In ihrem Sommarprogramm erzählt sie von kulturellen Unterschieden, Atombomben und vom Tsunami und seinen Folgen seit er aus den hiesigen Medien verschwunden ist.
  • Håkan Juholt ist der neue Chef Schwedens größter Partei, den Sozialdemokraten. Ich war überrascht von der milden Stimme des kräftigen Schnauzbartträgers, von dem ich bisher nur gelesen hatte. Inhaltlich fand ich seine Stunde jedoch eher schwach und habe weitergeklickt als er seine Tirade von Elvis hielt.
  • Vicky von der Lancken ist Kulturproduzentin und hatte ein ziemlich bewegtes Leben, von dem sie einige Geschichten erzählt.
  • Ich kann mir denken, dass das Programm von Rapper Daniel Adams-Ray das kontroverseste diesen Jahres ist. Er erzählt von seiner Schulzeit in einer typischen “Problem-Schule” mit hohem Einwandereranteil, wobei das schwedische System und die Gesellschaft eher weniger gut wegkommen, und verteidigt Graffiti gegenüber Stockholms “Null-Toleranz-Poltik”.
  • Johan Wester ist Schauspieler und Komiker, bekannt aus HippHipp! und der schwedischen Aufführung von Monty Pythons Spamalot. Sehr unterhaltsam, aber kein Muss.
  • Cecilia Uddén ist vielfach ausgezeichnete Journalistin und Korrespondentin des Schwedischen Rundfunks, nicht zuletzt im nahen Osten. Wer sich ein wenig für den arabischen Frühling interessiert, sollte unbedingt reinhören.
  • Githa Nørby ist eine der bekanntesten dänischen Schauspielerinnen, unter anderem wegen der Fersehserie Matator, die in den 80ern auch im deutschen Fernshen lief. Sie gibt sich gute Mühe, “Skandinavisch” zu sprechen und ist problemlos zu verstehen.
  • Leif GW Persson ist so etwas wie der schwedische Eduard Zimmerman, allerdings echter Kriminologe und zusätzlich Krimi-Autor.
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Wort der Woche: Remsa

SL
Streifenkarte

Remsa bedeutet “Streifen”, also wenn etwas materiell in Streifen ist, Streifen in Mustern heißen ränder. Remsa wird auch die “Streifenkarte” für öffentliche Verkehrsmittel genannt und um die soll es hier gehen, genauer gesagt in Stockholm.

Ich kann mir denken, dass er altmodisch erscheint, dieser längliche Papierstreifen mit 16 Feldern, von denen per Stempel zwei bis vier Stück pro Fahrt entwertet werden, je nach dem ob man in einer, zwei oder drei Zonen des Stockholms Lokaltrafik (SL) unterwegs ist. Schließlich ist doch alles andere so hochtechnisiert in Schweden. Seit ein paar Jahren werden die anderen Tickets wie Tages-, Wochen- und Monatskarten auf berührungslose Plastikkarten geladen, die man man an der Sperre im Vorbeigehen an die Lesefläche hält. Es ist geplant, dass diese Karten bald auch die Remsa ersetzen, dies verspätet
sich jedoch bis mindestens nächstes Jahr.

Das ist auch kein Wunder, denn die gute alte Streifenkarte hat einige Vorteile, die sich nur schwer auf die elektronische Karte, die man dann mit einem beliebigen Betrag auflädt, übertragen lassen:

  1. Einfachheit – jeder, inklusive Touristen und älteren Menschen, verstehen das System.
  2. Man sieht, wie oft man noch Fahren kann, bis man nachkaufen muss. Ohne an einen Automaten zu gehen.
  3. Die drei Zonen im SL-Gebiet machen keine Probleme, doch woher soll die Sperre an der U-Bahn wissen, wohin ich will und wieviel sie abbuchen soll?
  4. Man kann zu mehreren auf dem gleichen Streifen fahren.
  5. Streifenkarten sind außerdem anonym und ausfallsicher.

Punkt 2 und 3 sind bei Bussen weniger ein Problem, denn die Lesegeräte dort haben eine Anzeige und man könnte per Knopfdruck oder Kommunikation mit dem Fahrer das Zonenproblem lösen. So ist das zum Beispiel problemlos in Uppsala mit einer ähnlichen Karte für die Busse gelöst, inklusive der Punkte 4 und 5a. Doch die Stockholmer U- und S-Bahnsperren haben keine Knöpfe oder Anzeigen, sondern sind auf hohen Durchsatz ausgelegt. Ich vermute, dass man mit dem künftigen Streifenkartenersatz auch nicht um den Menschen hinter der Glasscheibe herumkommt, den es hier noch an jeder Station hat. Und dann wäre nicht einmal dem einzig wirklichen Nachteil der Remsa abgeholfen, nämlich dass man am Schalter mit Stempeln mehr Zeit braucht.

Wir werden sehen, ob der Nachfolger der vielgeliebten Remsa brauchbar wird, oder ob man Leute zum ein Drittel teureren SMS-Fahrschein bringen will. Vorerst bleibt Stockholm die Streifenkarte erhalten. Am ersten September hebt SL übrigens die Preise an, auch für die Remsa. Das führt dann immer zu Hamsterkäufen, denn die alten Streifen bleiben bis Jahreswechsel gültig.

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