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Wort der Woche: Folköl

Folköl bedeutet “Volksbier” und ist eine der schwedischen Abstufungen von Bieren mit verschiedenem Alkoholgehalt. Es bezeichnet Bier zwischen 2,25 und 3,5% Alkohol und weil Biere unter 2,8% von der Alkoholsteuer befreit sind, gibt es im Supermart üblicherweise Folköl mit 2,8 und mit 3,5% Alkohol.

Bier mit mehr als 3,5% darf nicht mehr in normalen Läden verkauft werden, denn dabei handelt es sich um Starköl, also das was man in Deutschland schlicht “Bier” nennt. Hier kommt das schwedische Staatsmonopol auf Alkohol ins Spiel und man muss, um Starkbier zu kaufen, ins Systembolaget gehen, einen der staatlichen Alkoholläden.

Mag sein, dass mich viele Deutsche jetzt gleich auslachen, aber ich finde Folköl gut. Man kann es zu Gelegenheiten trinken, zu denen ein Bier passt, aber zu denen man sich nicht betrinken möchte – zum Beispiel beim Draußensitzen an einem warmen Sommerabend, zu Grillfesten, oder einfach zum Essen. Geschmacklich machen 3,5 anstatt 5% Alkohol wenig Unterschied und Folköl ist ein guter Erstatz für die deutsche Unsitte, Bier mit verschiedenen Limonaden zu mischen.

Es gibt noch mehr Klassifizierungen von Bier in Schweden, deshalb hier ein kleines Glossar:

  • Lättöl: Das “Leichtbier” hat unter 2.25% Alkohol und darf auch von Minderjährigen gekauft werden.
  • Volköl: Zwischen 2.25 und 3.5%, Verkauf nur an Volljährige, aber in normalen Läden.
  • Mellanöl: Das “mittlere Bier” ist eine aussterbende Ölklasse bis 4.5%, die man bis 1977 auch noch in Lebensmittelläden kaufen konnte. Heute finden sie sich auch im Systembolaget.
  • Starköl: “Richtiges” Bier ist nur im Systembolaget oder in Gaststätten zu bekommen. Meist um 5% Alkohol, man findet aber auch absurde Biere mit über 10%.
  • Fulöl: Wörtlich “hässliches Bier”, bezeichnet Biere geringer Qualität, die oft einen hohen APK (“Alkohol per Krona”) haben.

  • Finöl: Das Gegenteil des letzten, also Qualitätsbiere. Tschechische Biere sind sehr beliebt, auch einige deutsche Marken. Es gibt aber auch sehr trinkbares Finöl aus Schweden.

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Wort der Woche: Valborg

Valborg ist der alte Name der heiligen Walburga, nach der auch die Walpurgisnacht benannt ist, die Nacht auf den 1. Mai. Diese, und auch der zugehörige Tag davor, wird in Schweden Valborgsmässoafton genannt, oder in der gebräuchlichen Kurzform einfach Valborg.

Heute ist Valborg, oder auch – schlicht nach dem Datum – sista April.

Im Allgemeinen ist das in Schweden kein großes Fest – es werden lediglich hie und da Maifeuer angezündet. In den Studentenstädten Uppsala und Lund hat sich am sista April aber eine recht spezielle Tradition entwickelt, die Valborg zweifelsohne zu einem der Höhepunkte des hiesigen Studentenlebens macht. Da auch der nichtstudentische Teil der Stadt auf der Straße ist, ist Valborg einer der lebendigsten Tage in Uppsala und man feiert in ausgelassener Stimmung den lange erwarteten Frühling. Im Folgenden will ich einen typischen Ablauf an Valborg nachzeichnen und mit Bildern aus den letzten Jahren illustrieren.

Nachtrag: Die Bilder von diesem Jahr sind jetzt auch online.

Es beginnt schon an den Tagen vorher mit den Vorbereitungen. Sofern man nicht am Bootsrennen oder einer anderen Aktivität teilnimmt, muss man zumindest vorsorglich seine Getränke kaufen. Denn auch wenn Valborg nicht wie dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, hat der Systembolaget geschlossen, um sich vor anstürmenden Studentenmassen zu schützen. Desweiteren ist es ratsam, das Essen (s.u.) voher einzukaufen und die Kartoffeln zu kochen.

Der Tag an Valborg selbst zerfällt normalerweise in sechs Abschnitte: Sektfrühstück, Bootsrennen, Heringessen, Rektor beim Mütze aufsetzen zuschauen, Champagnegalopp in den Nationen und als Abschluss ein Grillfest oder beliebige andere Abendaktivität.

Sektfrühstück: Wie der Name schon sagt, beginnt der Tag schon mit Alkohol. Dazu meist die ersten Erdbeeren des Jahres oder andere Früchte und ein Magenfüller, z.B. viel Brot und Käse. Eine Tradition, die ich bisher immer ausgelassen habe, ist Haferbrei mit Whisky. Man trifft sich meist in einer Gruppe, entweder privat in den Studentenheimen oder bei schönem Wetter wie heute im Park zum Picknick.

Bootsrennen Bootsrennen: Ab 10 Uhr bewegt man sich Richtung Fyrisån, dem hiesigen Fluss, denn dort kann man bizarr gekleideten Studenten dabei zusehen, wie sie auf selbstgebastelten Booten den Fluss hinuntertreiben. Es gibt kleine Wasserfälle an zwei Stellen, an denen einige der meist aus Styropor bestehenden Boote in ihre Teile zerfallen. Die Besatzungen verhalten sich dem Thema ihres Bootes entspechend (siehe Bild) oder bekämpfen sich und die zahlreichen Zuschauer mit Wasserpistolen. Es werden nicht alle Boote gleichzeitig losgeschickt, sondern schön der Reihe nach, so dass das Spektakel bis nach zwölf Uhr dauert. Dieses Jahr dürfte es besondern witzig werden, weil der Fluss wegen der späten Schneeschmelze heuer viel mehr Wasser führt als üblich. Das macht nicht nur die kleinen Stromschnellen noch gemeiner, sondern auch den Platz unter der letzten Brücke wirklich niedrig. Spaß für die Zuschauer und viel Arbeit für die Taucher, die zur Sicherheit im Wasser ausharren, ist also vorprogrammiert.

BootsrennenHeringessen: Wenn man sich an den Booten sattgesehen oder erst gar keinen Platz am Ufer ergattert hat, begibt man sich an den Schlosshügel (_Slottsbacken_) oder nahegelegene Parks, wo man sich dicht gedrängt mit anderen Gruppen niederlässt und sein Picknick aufschlägt (siehe Bild). Wie auch schon während des Bootsrennens, trinkt man v.a. Bier um diese Zeit. Zum Mittagessen gibt es eingelegte Heringe (_Sill_) in verschiedenen Soßen und dazu die vorgekochten Pellkartoffeln. Zum Sillunch gehört auch notwendigerweise ein Glas schwedischer Snaps [1], dessen brennenden Geschmack man mit mehr Bier nachspült.

Mützeaufsetzen: Bis zum frühen Nachmittag harrt man dann vor Ort aus, denn dann findet das nächste Ereignis statt. Direkt neben den Schlosshügel liegt die Unibibliothek und die Straße führt geradewegs den Hügel hinauf auf das Gebäude zu. Um 15 Uhr kommt der Rektor der Uni auf den Balkon und gibt eine kurze, jedes Jahr identische Rede, bevor er seine Studentenmütze aufsetzt und Tausende von Menschen, die sich vor der Bibliothek versammelt haben, es ihm gleichtun. Für pathetisch Gestimmte sicherlich ein erhebender Anblick.

Champagnegalopp: Danach ist keine Zeit zu vertrödeln, denn jetzt ist Champagnegalopp. Das bedeutet nichts anderes, als dass man sich, um lange Wartezeiten in der Schlange zu vermeiden, auf dem schnellsten Weg in eine der Nationen [2] begibt. Dort trinkt man überteuerten billigen Sekt, trifft die Leute, die man den ganzen Tag verpasst hat und feiert bis zum frühen Abend. Wir gehen meist zu Uplands Nation, weil es dort einen sehr gemütlichen Garten zum draußensitzen gibt.

Abends: Ab 18 Uhr wird man aus den Nationen wieder hinausgeworfen, denn es muss die Party am Abend vorbereitet werden. Zu dieser Zeit scheiden sich die Wege und es gibt keine vorherrschende Aktivität für den Abend, aber umso mehr Möglichkeiten. Sehr populär sind Grillfeste rund um die Studentenviertel. Es soll auch vorkommen, dass man sich im Laufe des Tages etwas am Alkohol übernommen hat und deshalb abends nicht mehr gesellschaftsfähig ist, was allerdings auf schlechte Planung schließen lässt.

Zum Abschluss soll darauf hingewiesen sein, dass der eben beschriebene Ablauf zwar typisch ist, aber eben doch nur eine von mehreren Varianten. Ja, es wird viel Alkohol getrunken an Valborg, aber wie ich schon einmal erwähnt habe, ist es in der schwedischen Trinkkultur eher üblich, zu bestimmten Gelegenheiten viel zu trinken, als regelmäßig. Valborg markiert die Ankunft des Frühlings, nicht nur symbolisch, sondern auch insofern, dass jetzt wirklich mehr als nur die ersten Blumen blühen und auch Bäume sehr bald ausschlagen werden. Nach einem halben Jahr Winter ist das allemal ein Grund zu feiern!

[1] Natürlich ist das das gleiche Wort wie Schnaps, aber bei schwedischem Snaps handelt es sich um stark gewürzten Branntwein, auch Aquavit genannt.

[2] Nationen sind nach schwedischen Landstrichen aufgeteilte Studentenhäuser, historisch den Verbindungen in Deutschland nicht unähnlich, aber ohne politische Ausrichtung. Jeder, der in Uppsala studiert, ist Mitglied einer der 12 Nationen.

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Schweden-Klischees und FAQ

In Deutschland und auch anderswo gibt es bestimmte Dinge, die man mit Schweden assoziiert und man bekommt auch oft die gleichen Fragen gestellt, wenn man erzählt, dass man in Schweden lebt. Um einige Klischees also gleich aufgegriffen und damit erledigt zu haben, solange dieses Blog noch jung ist, kommt hier meine persönliche Schweden-FAQ.

Schon einem Elch begegnet? Ja, im Zoo. Und auf dem Teller.

Ist es kalt im Winter? Ja.

Und dunkel? Ja, aber hier in Uppsala hat man auch Ende Dezember noch einige Stunden Tageslicht.

Gibt es da Nordlichter? Jein. Um gute Chancen auf Nordlichter zu haben, muss man weiter nördlich fahren. Ich hatte aber auch schon einmal das Glück hier auf dem 60. Breitengrad.

Sind alle Schwedinnen blond? Nein! Ich bin nicht einmal davon überzeugt, dass der Anteil blonder Menschen in der Bevölkerung höher ist als in Deutschland.

Die Schwedinnen sind alle so toll! Hmmm. Ja, mindestens eine.

Was ist Surströmming und wie schmeckt das? Surströmming sind -vergammelte- vergorene kleine Heringe, die sehr übel riechen, wenn man die Dose aufmacht. Schmecken nicht sonderlich gut. Salzig. Es ist vor allem eine ziemliche Fummelei, den winzigen Fischen etwas Essbares abzuringen.

Wie groß ist Schweden eigentlich? Etwa 20% größer als Deutschland, das aber zehn Mal so dicht besiedelt ist. Uppsala ist mit lächerlichen 180.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Landes.

Sind die Schweden so zugeknöpft wie man sagt? Im Allgemeinen schon etwas mehr als Deutsche, aber die individuellen Unterschiede sind groß, weswegen es kein Problem sein dürfte, einen Schweden zu finden, der lockerer ist als ein zufällig ausgewählter Deutscher.

Gibt es Fettnäpfchen, in die man als Deutscher gerne tritt? Mehr als man denkt, man ist aber meist zu höflich, darauf hinzuweisen. Ein paar Beispiele:

  • Schuhe beim Betreten einer fremden Wohnung nicht ausziehen.
  • Einen Kuchen ohne Aufforderung anschneiden oder mehr als sein eigenes Stück schneiden.
  • “Smaklig Måltid” (“Guten Appetit”) sagen, wenn man nichts zum Essen beigetragen hat.
  • Eine Ansicht hart verteidigen. Über die schwedische Diskussionskultur zu schreiben steht auf meiner Liste, kommt also bald.

    **Wie war das mit dem Alkohol in Schweden?** Der Staat hat ein Monopol auf den Verkauf aller Getränkte mit mehr als 3.5% Alkohol. Deswegen bekommt man im Supermarkt nur Bier mit 3.5% und alles andere, also “richtiges Bier”, Wein oder Spirituosen muss man im *Systembolaget*, den staatlichen Alkoholläden, kaufen. Abgesehen davon ist die Alkoholsteuer sehr hoch, was Leute in Südschweden nach Dänemark oder Deutschland zum Einkaufen fahren lässt und auch dafür sorgt, dass das Schwarzbrennen hierzulande nie ganz ausgestorben ist. **Trinken Schweden viel?** Rein statistisch nein! Der Konsum pro Kopf und pro Jahr liegt unter dem in Deutschland. Ich habe aber gleich zwei Erklärungen für dieses Gerücht: Erstens ist Alkohol für Schweden im Ausland (also z.B. in Deutschland) *immer* billig. Das wird dann auch gerne ausgenutzt und kann dazu führen, dass dieses Zerrbild der immertrinkenden Schweden entsteht. Desweiteren ist die Trinkkultur eine andere und zwar insofern, dass man im Alltag eher nichts trinkt, also keine täglichen Biere oder Wein zum Essen. Wenn man aber ausgeht, kann es ordentlich zur Sache gehen und dies sind natürlich die prägenden Ereignisse, die man als Außenstehender im Gedächtnis behält. Aber auch diese Aussage ist globalisiert und nur noch halb wahr, denn die Schweden werden “kontinentaler”, womit ich meine, dass das regelmäßige Glas Wein zum Essen üblicher geworden ist. *Nachtrag*: Die Gegenseite wird im Artikel [*Schweden über Deutsche*](http://www.fiket.de/2006/05/30/schweden-ueber-deutsche/) betrachtet.
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