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Haarlänge entscheidet

Ein Antidiskriminierungsgesetz, wie es europäische Richtlinien fordern und wie es in Deutschland gerade in Kraft getreten ist, gibt es in Schweden seit etwas mehr als einem Jahr. Unter anderem dürfen Frisöre ihre Preise jetzt nicht mehr nach Männern und Frauen unterscheiden. Die Folge? Die Preise richten sich (S) stattdessen nach der Haarlänge. Man mag das als lächerlichen Auswuchs und als staatliche oder europäische Regulierungswut sehen, aber wenn man kurz darüber nachdenkt, ist die neue Regelung doch in der Tat sinnvoller und gerechter.

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Gratis drahtlos surfen in Stockholm

Ein ganz toller Service: In und um einen Park mitten in Stockholm (Kungsträdgården) wird man sehr bald umsonst drahtlos surfen (E) können. Die WiFi-Station soll 1Mbit Bandbreite haben und zunächst vorübergehend aufgebaut werden. Ich denke und hoffe aber, dass das sehr schnell ein Renner wird, nicht nur bei Einheimischen und Studenten, und dass das Gebiet ausgeweitet wird.

Anonym surft man aber nicht: Man muss sich im Netzwerk einloggen und den nötigen Zugangscode bekommt man, indem man eine SMS an eine bestimmte Nummer schickt. Außer dieser SMS kostet das Surfen nichts.

Umzugsgrund ist das für mich allerdings keiner, schließlich habe ich nicht einmal ein Handy. Außerdem habe ich in Uppsala vielerorts drahtloses Internet durch das Stundentennetzwerk.

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Häusliche Gewalt

Aus einem Artikel von SR:

Das Thema häusliche Gewalt erhitzt in Schweden regelmässig die Gemüter. Frauenhäuser und andere Hilfseinrichtungen für die Opfer verzeichnen einen unvermindert starken Zulauf. Doch, um der Gewalt vorzubeugen, die meist von Männern ausgeht, muss mehr getan werden. Diese Forderung erhebt nun eine staatliche Untersuchung.

Vielleicht trägt die eher auf Gemeinschaft als auf Individualismus ausgerichtete Grundeinstellung Schwedens ja dazu bei, dass gesellschaftliche Probleme nicht totgeschwiegen werden.

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Mehr Alkohol

Klischeehafter, als über Schweden und Alkohol zu schreiben, geht es zwar kaum, aber trotzdem: Im ersten Halbjahr 2006 wurde vom staatlichen Monopolisten Systembolaget 6% mehr Alkohol (in Menge reinen Alkohols gerechnet) verkauft (S) als in den ersten sechs Monaten 2005.

Das wird nicht nur auf die zur Zeit starke schwedische Wirtschaft (über 5% Wachstum (E)) und die damit höhere Kaufkraft zurückgeführt, sondern auch, dass angeblich weniger Schweden ins Ausland fahren, um dort Alkohol einzukaufen. Ich glaube aber nicht, dass die Kette des Alkoholfremdeinkaufs zum erliegen kommt: Norweger kaufen in Schweden, die in Dänemark oder Deutschland, von wo aus man wiederum nach Tschechien oder Polen fährt, um billig einzukaufen. Ein Hoch auf ein offenes Europa! :-)

Ein vom bisherigen Text völlig unabhängiges Detail, das in Schweden auch schon für eine Menge Gesprächsstoff gesorgt hat, ist übrigens, dass die Chefin des Systembolaget, Anita Steen, die Frau von Premierminister Göran Persson ist.

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Herr Gårman

Am 21. Juli starb (S) Kåge Gustafson im Alter von 89 Jahren. Dieser Mensch hatte den wunderbaren Beruf, Straßenschilder zu zeichnen. Er hat über 200 Stück für Schweden entworfen, darunter auch das bei Deutschen so beliebte Elchwarnschild.

Auch das Schild, das auf einen Zebrastreifen hinweist, ist von ihm und sieht dem deutschen Pendant ziemlich ähnlich. Dieses Schild, bzw. der Mann darauf, hat in Schweden einen sehr lustigen und zweideutigen Namen: Herr Gårmann. Auf deutsch wäre das der Herr Gehmann – er geht ja schließlich.

Wenn man den Namen aber ausspricht, klingt das genauso wie “Här går man”, was “Hier geht man” bedeutet. Eine Glanzleistung skandinavischer Pädagogik. :)

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Schweden sind Urlaubsweltmeister

Forbes hat einen Artikel (englisch), der die Arbeitszeiten in den USA mit denen in Europa vergleicht. Wie erwartet arbeitet der Durchschnittsamerikaner mehr als der Europäer, überraschend ist vielleicht, dass das 1970 noch umgekehrt war. Als Grund für die Entwicklung wird die Steuerpolitik angeführt, mit den Details verschone ich euch (und mich) aber.

Die durchschnittlichen Anzahl der Urlaubswochen pro Jahr, ist aber sehr interessant. Während es in den USA 6 Wochen sind, machen Franzosen doppelt so viel Urlaub. Die “Urlaubsweltmeister” sind laut diesem Artikel die Schweden mit ganzen 16 Wochen pro Jahr. Das klingt unglaublich viel, und wenn etwas so klingt, ist es meist auch falsch. Ich habe zwar leider keine anderen Zahlen, aber ich selbst liege weit darunter, was ja bedeutet, dass einige noch viel mehr als 16 Wochen Urlaub haben, damit der Durchschnitt dort liegt. ;-)

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Kleine Unterschiede

Bis auf einige Spezialitäten sind die Unterschiede im Essen zwischen Schweden und Deutschland ziemlich gering, aber es gibt sie. Ein paar Beispiele:

  • Die Butter ist gesalzen. Lecker!
  • Erdnussflips haben Käsegeschmack und machen es noch schwerer, mit ihnen aufzuhören.
  • Yoghurt kommt nicht in kleinen Plastikbechern, sondern in 1L-Tetrapacks.
  • Popcorn ist nicht gezuckert, sondern gesalzen. Das schmeckt sehr gut und ist auch einfacher, selbst zu machen.
  • Kaba heißt O’boy, aber es wird auch der Name der Marke stellvertretend für alle ähnlichen Produkte verwendet.
  • Brot ist gesüßt – ein echter Nachteil.
  • Backpulver und Vanillzucker sind nicht in kleinen Papiertütchen, sondern in wiederverschließbaren größeren Behältern. Das macht es etwas schwieriger, “Mamas Rezepte” zu übertragen.
  • H-Milch gibt es nicht, nur pasteurisierte, die sich etwas mehr als eine Woche hält.

    Was habe ich vergessen? [Mehr zum Thema *Essen und Trinken*](http://www.fiket.de/tag/essentrinken).
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Rundungsfehler

Der hunderste Teil einer schwedischen Krone wird öre genannt. Weil die Krone eine kleinere Einheit ist als der Euro (9 Kronen sind etwa ein Euro), ist eine einzelne Öre ein sehr kleiner Geldbetrag (0.11 Euro-Cent). Nichtsdestotrotz können Preise in Schweden auf die Öre genau angegeben werden, je nach Preis eines einzelnen Artikels wählt man aber oft Zehnerschritte.

Einzelne Öre-Münzen zu haben wäre recht lächerlich, deswegen ist die 50-Öre-Münze die kleinste Bargeldeinheit. Was tut man aber, wenn sich die Einkäufe auf eine “krumme” Öre-Anzahl summieren? Man rundet schlicht zum nächsthöheren oder niedrigeren Betrag, der sich durch 50 teilen lässt. Der Fehler, den man dabei macht, ist gering, weil ja nur einmal am Ende gerundet wird, und weil es sich im Durchschnitt ausgleicht. Auf den Euro übertragen wäre das genauso, als wenn 1- und 2-Cent-Münzen abgeschafft würden, aber es weiterhin Preise wie 2,98 geben würde.

Beim elektronischen Zahlungsverkehr ist das natürlich im Prinzip kein Problem, wenn ich mich recht erinnere, wird aber beispielsweise trotzdem gerundet, wenn man mit Karte bezahlt.

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Wort der Woche: Lösviktsgodis

Godis (sprich: guhdis) ist das schwedische Wort für Süßigkeiten aller Art. Während in Deutschland Süßigkeiten, die in kleinen Happen existieren, üblicherweise in Tüten abgepackt sind, gibt es in Schweden in den Supermärkten eine Wand mit Behältnissen, an denen man seinen Bedarf decken und sich seine eigene Mischung zusammenstellen kann. Weil die Süßigkeiten lose sind und man mit einer kleinen Schaufel seine Papiertüte füllt, heißt das auch lösgodis.

Alles von Schokoladigem über Fruchtgummi bis zur berüchtigten schwedischen Salzlakritze in einer Tüte zu mischen, mag nicht jedermanns Sache sein, ist aber an der Tagesordnung. Abgerechnet wird an der Kasse nach Gewicht (schwedisch: vikt), woaus sich schließlich die gesamte Zusammensetzung des Wortes lösviktsgodis ergibt. Preise um 7 oder 8 Kronen (etwa 80 Euro-Cent) pro 100g sind üblich. Natürlich kosten für die Märkte nicht alle Süßigkeiten gleich viel pro Kilo, trotzdem ist es unüblich, unterschiedliche Preise zu verlangen oder gar zu kontrollieren, ob man nicht nur das teuerste genommen hat.

Ein typisches Regal mit lösviktsgodis im Supermarkt um die Ecke:

Regal mit
Süsskram

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Wort der Woche: Personnummer

Als Ausländer merkt man spätestens nach einigen Wochen in Schweden, dass einem etwas fehlt, nämlich eine personnummer. Das Wort bedeutet genau das, was man leicht errät, und bezeichnet die Identifikationsnummer, die der schwedische Staat an seine Einwohner vergibt. Sie fungiert gleichzeitig als Ausweis-, Steuer-, Einwohnermelde- und Krankenversicherungsnummer und wird noch bei einer Vielzahl anderer Zwecke benötigt.

Die Nummer besteht aus dem sechsstelligen Geburtsdatum und vier weiteren Ziffern, die meist durch einen Bindestrich von den ersten sechs abgetrennt werden: JJMMTT-XXXX. Schweden bekommen ihre personnummer seit 1947 bei ihrer Geburt und bis 1990 konnte man anhand der ersten beiden Extraziffern sehen, in welchem län eine Person geboren war. Heute sind die ersten drei Stellen nach dem Bindestrich eine laufende Nummer.

Die letzte Stelle ist eine Kontrollziffer, die sich aus allen vorherigen nach dem Luhn-Algorithmus berechnet. Dazu multipliziert man zuerst alle Ziffern der personnummer abwechselnd mit Zwei und Eins und summiert die Ergebnisse auf, wobei aus eventuellen zweistelligen Multiplikationsergebnissen zuerst die Quersumme gebildet wird. Das Ergebnis der Summe zieht man zuletzt von der nächsthöheren Zehnerzahl ab, um die endgültige Kontrollziffer zu bekommen. Ein Beispiel: Um zur Nummer 780323-114X das letzte X zu füllen, rechnet man (2*7 → 14 → 5) + (1*8) + 0 + (1*3) + (2*2) + (1*3) + (2*1) + (1*1) + (2*4) = 34 und weil 40 – 34 = 6, ist die Kontrollziffer die Sechs.

Wenn man als EU-Bürger dem Einwanderungsamt (_migrationsverket_) glaubwürdig versichert, dass man länger als ein Jahr in Schweden leben wird, bekommt man über das Steueramt (_skatteverket_) gleich eine richtige personnummer, anstatt einer temporären, die einem etwas anderen Schema folgt. Diese Nummer ist erstaunlich wichtig im Alltag und man tut gut daran, sie schnell auswendig zu lernen.

Man könnte als Außenstehender daran zu Recht kritisieren, dass es dem Staat mit dieser Nummer recht leicht gemacht wird, seine Bürger zu überwachen oder dass der Einzelne sogar zu einer Nummer erniedrigt wird. Vielleicht äußert sich darin, dass kein Schwede die personnummer seltsam findet, ein etwas weitergehendes Vertrauen in den Staat als beispielsweise in Deutschland, wo sogar ich mich noch vage an die Volkszählungsdebatte erinnere. Datenschutz gibt es natürlich trotzdem in Schweden und ein weiteres Plus des schwedischen Staates, das die mögliche Überwachung zumindest teilweise aufwiegt, ist seine Transparenz. Durch das Öffentlichkeitsprinzip kann jeder bis auf wenige Ausnahmen dem Staat auf die Finger schauen und Einblick in Unterlagen erhalten.

Nachtrag: Für über Hundertjährige wird der Bindestrich eigentlich durch ein Plus-Zeichen ersetzt, um dem unwahrscheinlichen Fall einer Zweideutigkeit vorzubeugen. Das Trennzeichen wird aber oft weggelassen und so kam es wohl auch zu dieser Geschichte, in der eine 104-jährige Frau in die Vorschule gerufen wurde.

Nachtrag, 24.02.07: An der vorletzten Stelle kann man außerdem das Geschlecht der jeweiligen Person ablesen: Frauen haben gerade Zahlen, Männer ungerade.

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