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Min dag igår

Um halb sechs aufwachen. Hören wie die Polin, die bei uns übernachtet hat, zu ihrer langen Zugfahrt nach Finnland aufbricht. Kurz darauf aufstehen, duschen, frühstücken, Zeitung lesen. An den Rechner, Emails und die achtzig Meldungen im RSS-Leser überfliegen. Die Liste durchgehen, was ich noch alles vor der Reise machen will. Fertig packen. Ins Institut radeln. Der Kaffee ist natürlich wieder gerade leer, wenn ich komme. Ungewöhnlich, so früh am morgen. Neue Kanne aufsetzen. Arbeiten. Konferenz planen, Homepage updaten. In unserem Astronomieblog den Beitrag des Kollegen lesen, dass Dagens Nyheter wieder einmal eine völlig unsinnige Meldung über Mars gebracht hat. Schlechtes Gewissen beiseite schieben, dass ich zu diesem Blog zu selten beitrage. Internet ist kaputt. Rauchen gehen. Internet geht wieder. Den griechischen Kollegen in Spanien anrufen. Zwei Emaillisten aufsetzen und Mailserver konfigurieren. Es ist schon nach Elf Uhr. Der Kollege aus USA kommt gleich zum verabredeten Treffen. Mehr Kaffee. Schnell noch die Email zu Ende schreiben. Sehr entspanntes Treffen mit Diskussion über Galaxien und wann sie wie viele Sterne bilden. Mittagessen. Erbsensuppe und Pfannkuchen, schließlich ist Donnerstag. Noch eine Stunde was arbeiten, bevor ich zum Zug muss. Fahrad zum Bahnhof, durch das übliche Chaos am Parkplatz kämpfen. Zug nach Stockholm. Bus nach Skavsta. Sich ärgern, dass man zu wenig Geld hat, von Arlanda zu fliegen. Podcasts hören. Warum stellt der Moderator der Chefin des schwedischen Fernsehens Fragen, die sie gerade beantwortet hat? Der alte Fragesteller des Lördagsinterviews war besser. Auch bohrend, aber intelligenter. Direkt neben der Autobahn drei Rehe, einen Elch und einen Bussard sehen. Nein, natürlich nicht direkt beieinander. Vielleicht war es auch ein anderer Greifvogel. Am Flughafen ankommen. Nach der Sicherheitskontrolle ein Geschenk für den Anlass der Reise suchen. Snaps darf ich nicht kaufen, weil ich nur innerhalb der EU reise. Aha. Wer sich die tausend Regeln an Flughäfen ausgedacht hat, hatte sicher viel Spaß. Dann eben überteuertes Hjortronsylt. Bei einem Bier gezwungenermaßen einem Fußballspiel zusehen. Das Land, in das ich reise, spielt. Deutschland. Das Schild in der Raucherkabine sagt, ich breche schwedisches Gesetz, weil ich mein Bier mitgenommen habe. Aha. Aufruf zum an Bord gehen, über eine halbe Stunde vor Abflug. Ich trinke in Ruhe aus. Schlange stehen ist nicht gut und ich will sowieso am Flur sitzen. Als letzter durch das Tor aufs Flugfeld. Schlangen an beiden Flugzeugeingängen. Mist. Was haben die alle die letzten zwanzig Minuten gemacht? Platz einnehmen. Die Musik lauter machen, um die Lautsprecheransagen zu übertönen. Meine langen Haare nutzen, um zu verhindern, dass mir das Personal genau das verbietet. Nein, MP3-Spieler senden keine gefährlichen Wellen aus. Den Tag Revue passieren lassen. Soll ich das bloggen? Laptop auspacken und diesen Text tippen. Vornehmen, ihn noch heute Nacht nach Ankunft zu Ende zu schreiben und zu veröffentlichen. Jetzt erst einmal ein paar Abschitte der Sendung mit der Maus sehen, die ich auf der Festplatte gefunden habe. Landung kurz nach neun. Warum ist es so dunkel? Ach ja. Mietwagen nehmen. Keine Schlange am, dafür sehr nettes Mädchen hinter dem Tresen. Scherzen, ob ich den ganzen Weg vom Auto zurücklaufen müsste, wenn es zum Beispiel nicht vollgetankt ist. Ja. Zum Auto laufen. Es ist nicht vollgetankt und hat eine Schramme. Zurücklaufen, beides im Vertag festhalten lassen. Nicht mehr so nettes Mädchen hinter dem Tresen. Auf die Autobahn. Anstatt des bestellten und bezahlten Smart fahre ich einen Renn-Fiat. Ach, die deutsche Autobahn. Diese Raserei ist so unzivilisiert im Vergleich zur schwedischen Fahrweise. Das erste Mal seit Jahren wieder über Zweihundert fahren. Nur ganz kurz. Den Weg über die A61, 60, 67 und 3 noch ohne Probleme finden, obwohl die Beschilderung lügt. Die letzten Kilometer. Straßen, die ich knapp zehntausend Mal gefahren bin. Ankommen, in meinem alten Zimmer einquartieren. Das Bloggen auf den nächsten Tag verschieben. Schlafen.

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Wort der Woche: Pärm

Ein offener
Ordner

In Schweden hat man ein eigenes Ordnersystem, das sich nicht nur in der Anzahl und im Abstand der Löcher vom deutschen unterscheidet. Als Einwanderer halte ich das für ein permanentes Ärgerniss – von Anfang an und auf lange Zeit. Den als wohlsortierter Mensch hat man natürlich ein paar Ordner mit seinem Papierkram und einen Locher aus der alten Heimat dabei. Und dann ist man versucht, die sich ansammelnden neuen Papiere in eben diese einzuheften, also neu zu lochen.

Irgendwann kann man es aber nicht mehr vermeiden, auch schwedische Ordner anzuschaffen und das gleiche Spiel wiederholt sich in die andere Richtung. Ich habe noch heute nach sechs Jahren in Schweden beide Typen von Ordnern und jeweils zwei Locher zu Hause und im Büro. Falls dies zufällig jemand liest, der am Anfang seiner Zeit in Schweden ist, kann ich nur raten, gleich von Beginn an schwedische Ordner für schwedischen Papierkram zu verwenden.

Was ist nun der Unterschied der beiden Ordnersysteme? Es folgt eine kleine Beschreibung; die Nummern in Klammern beziehen sich auf das Bild nebenan.

  • In Schweden hat man vier Löcher. Der Abstände der beiden inneren ist nicht der gleiche wie der der üblichen zwei Löcher in Deutschland. Man muss also neu lochen.
  • Der schwedische Ordner ist weniger eine starke Papphülle, in die eine Metallhalterung montiert ist und die ihre “Scharniere” an den Ecken den Ordners hat. Stattdessen hat man hier ein recht massives Rückenteil, an dem die Deckel sehr beweglich befestigt sind, also ein paar Zentimeter weiter innen.
  • Das stabile Rückenteil sorgt dafür, dass Ordner sehr robust sind und dass sie sich immer gut greifen lassen, egal wie voll sie sind.
  • Man öffnet den Ordner, indem man eine Lasche (1) am Unteren Ende des Rückens herunterdrückt und so den Nippel (2) aus der Halterung (3) löst. Dann klappt der Rücken an seinem Scharnier in der Mitte (4) auseinander und jeweils zwei der vier Papierhalterungen öffnen sich auf jede Seite. Das bedeutet, dass bei jedem Schließen diese angespitzten Teile wieder durch die Löcher der jeweils anderen Seite greifen müssen; das funktioniert aber erstaunlich gut.
  • Man kann neue Sachen links und rechts einlegen und muss dabei nur zwei der vier Löcher einfädeln.
  • Das Gegenstück der Verriegelung (3) hat auch eine Zwischenstellung, also halb offen. Dann sind die Blatthalterungen noch so weit geschlossen, dass man nichts herausnehmen kann, aber es lässt sich leichter blättern, wenn der Ordner gut gefüllt ist.

Welches System ist besser? Ich finde das schwedische. Zum einen weil es mit vier Löchern länger dauert bis Blätter ausreißen, zum anderen weil sich im (halb) geschlossenen Ordner viel einfacher blättern lässt. Bis man ihn aufmacht, verhält sich der Ordner mehr wie ein Buch. Der Mechanismus ist simpler als in Deutschland wo Teile recht genau aufeinander passen müssen und ein kleines Röllchen etwas herunterdrückt und wo man sogar noch eine Arretierung braucht, damit die Blätter auf der einen Seite bleiben. Einfach, schnell und robust sind gute Eigenschaften eines Ordners, finde ich.

Ach ja: en pärm, pl. pärmar ist das schwedische Wort für “Ordner”. Im auf Computer übertragenen Sinn hat sich allerdings die “Mappe”, schw. mapp, durchgesetzt, aber das nur als Nachtrag hierzu.

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Unwichtige Titel

Es gibt zwischen Ländern offenbar riesige Unterschiede darin, welche Rolle Titel und Berufsbezeichnungen im Umgang der Menschen untereinander spielen.

Während ich in Deutschland meine Physikprofs mit “Herr” und dem Nachnamen anredete, ist in anderen Fächern das “Herr Professor” wohl noch üblicher. Das Buchungsformular von bahn.de hat zusätzlich zur Anrede noch ein eigenes Feld wo man “Dr.”, “Prof.” oder “Prof. Dr.” auswählen kann. Gleichzeitig werden Leute aber auch (wie ich finde zu Recht) schief angesehen, wenn sie bei jeder Gelegenheit mit ihrem “Dr.” unterschreiben. Ich habe nie gehört, dass sich jemand in einem Gespräch mit “Doktor Sowieso” vorgestellt hat.

Hier in Schweden findet man das Pochen auf Titel entweder peinlich, putzig oder einfach nur befremdlich und es kommt so gut wie nie vor. Die normale Umgangsform, dass man sich duzt und mit dem Vornamen anredet, wird konsequent durchgezogen – einzige Ausnahme ist wohl der König. Das bedeutet natürlich nicht, dass es in Schweden keine Leute gibt, die sich insgeheim für etwas besseres halten, aber man legt Wert darauf, das im täglich Umgang nicht zu zeigen. Das hat auch mit dem Jantelagen zu tun und persönlich finde ich, dass dieses Ignorieren von Titeln für ein angenehmeres Miteinander sorgt. Warum jemand, der auf einem speziellen Gebiet etwas geleistet hat, in jeglichem Zusammenhang als etwas Besseres dargestellt werden sollte, verstehen Schweden nicht.

Das genaue Gegenteil scheint Österreich zu sein. Ich kann nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber ein Gast aus Wien, der gerade bei uns übernachtet (warum?), meinte es sei völlig üblich, Leute mit “Herr Magister”, “Herr Diplomingenieur” oder den fein abgestuften Beamtentiteln anzureden. Doktoren und Professoren natürlich sowieso. Ich scheine lange genug in Schweden gelebt zu haben, dass ich das sehr seltsam finde.

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Tvättstugor

Über die in Schweden sehr üblichen gemeinsamen Waschküchen wollte ich auch einmal schreiben, habe es dann aber wieder vergessen. Jetzt kam mir Wimzie zuvor – auch gut.

Anstatt der elektronischen Reservierung gibt es auch “analoge” Systeme, zum Beispiel mit einem Schließzylinder, den man in das entsprechende Brett neben der Waschküche einsetzt und so seine Zeit markiert. In der Studentensiedlung, in der ich wohne, sind die Waschküchen generell ohne Reservierung und man geht auf gut Glück hin. Da ich (relativ) früh aufstehe, habe ich eigentlich nie Probleme, freie Maschinen zu finden.

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Blåtand

Wenn es um Computer und Technik geht, wimmelt es im Deutschen von englischen Lehnwörtern. Oft macht man sich einfach nicht die Mühe, Begriffe zu übersetzen. Dazu kommt, dass deutsche Wörter in diesem Zusammenhang gern als altbacken wahrgenommen werden. Das mag man gut oder schlecht finden.

In der schwedischen Computersprache gibt es zwar auch zahlreiche Leihwörter, aber auch einige nette Übersetzungen von Begriffen. Es folgen ein paar Beispiele; in Klammern jeweils die wörtliche Rückübersetzung ins Deutsche:

  • “Bluetooth” ist blåtand (“Blauzahn”).
  • “Software” ist mjukvara (“Weichware”) oder auch programvara (“Programmware”)
  • Ein “Mousepad” ist eine musmatta (“Mausteppich”).
  • “Laptops” sind bärbara datorer, oft einfach en bärbar (“ein Tragbarer”) abgekürzt.
  • Analog dazu ist ein “Desktop” en stationär (dator).
  • Das “Mainboard” oder “Motherboard” ist eine moderkort (“Mutterkarte”).
  • Eine “Firewall” ist eine brandvägg (“Feuerwand”).
  • Ein “Player” wie in DVD-Player oder MP3-Player wird generell *spelare* (“Spieler”) genannt, man sagt also *M-P-tre-spelare*.

    Wie gesagt gibt es im Schwedischen auch viele Beispiele, wo man das englische Wort verwendet (*switch, server, router, scanner* etc.), aber man übersetzt eben auch gern wo es geht. Diese schwedischen Wörter werden dann auch bevorzugt verwendet und haben keinen seltsamen Beiklang. Weitere Beispiele sind wie immer in den Kommentaren willkommen.
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Geld abheben II

Mir fällt gerade noch etwas zum Thema Geldabheben ein, das mir bei meinem “Heimaturlaub” Anfang des Jahres auffiel: Deutsche Geldautomaten sind schnarchlangsam im Vergleich zu schwedischen. Hier kommt die Anfrage des Pin-Codes unverzüglich nach Einführen der Karte und man kann nach 10-15 Sekunden mit dem Geld in der Hand wieder weggehen.

In Deutschland fragte ich mich während des Wartens bei jedem Schritt, ob der Apparat kaputt ist. Sicher, es sind nur ein paar Sekunden, aber gerade bei so alltäglichen routinierten Abläufen fällt einem so etwas stark auf. Ich meine, einmal gehört zu haben, dass die Verzögerungen in deutschen Geldautomaten absichtlich aus irgendwelchen Sicherheitsgründen eingebaut wären, bin mir aber nicht mehr sicher. Weiß dazu jemand etwas?

Ein großer Vorteil ist in Schweden übrigens auch, dass sich die Banken auf ein gemeinsames Bankomat-System geeinigt haben. Gebühren beim Abheben an einem “falschen” Automaten gibt es hier nicht.

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Geld abheben

Es ist möglich, dass es sich mittlerweile auch in Deutschland eingebürgert hat, aber ich habe es von Anfang an in Schweden gemocht, dass man sich immer auch Bargeld geben lassen kann, wenn man irgendetwas mit Karte bezahlt. Jedes Geschäft wird so zum Geldautomaten und muss am Ende des Tages weniger Geld auf die Bank bringen. Beide Seiten sind glücklich.

Was ich jedoch nicht verstehe, sind die Beträge, die sich Leute bar auszahlen lassen. Die meisten, die man zu beobachten Gelegenheit hat, runden nämlich den Kaufbetrag auf eins der nächsten Vielfachen von Hundert auf. Zum Beispiel: Jemand kauft etwas für 166 Kronen, lässt seine Karte mit 400 Kronen belasten und bekommt 234 zurück.

Warum ist es besser, einen “runden” Betrag auf dem Kontoauszug zu haben oder warum lässt man sich freiwillig Kleingeld geben? Ich weiß es nicht. Ich nutze diese Art des Geldabhebens auch häufig, aber lasse mir nie Kleingeld, sondern Hundert-Kronen-Scheine ausbezahlen.

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Von Schlafsäcken zur Gesellschaft

Wir hatten in den letzten beiden Wochen nach ein paar Monaten Pause wieder einmal Gäste, auch wenn wir uns immer wundern, warum Leute um diese Jahreszeit in unsere Breiten reisen. Zuerst hatten wir fünf Jungs Anfang zwanzig aus Portugal, die wie erwartet einiges Leben in unsere nicht allzu große Wohnung gebracht haben. Und heute morgen ist ein Pärchen aus dem Harz, das zwei Nächte bei uns verbracht hat, wieder abgereist.

Die beiden hatten im Zug einen Schlafsack liegen lassen und auf der Suche nach dem Fundbüro im Bahnhof von Stockholm erfuhren wir, dass es sogar eine Internetseite gibt, die tagesaktuell alle Fundsachen auflistet. Sehr nett, aber nicht sonderlich überraschend, wenn man in Schweden lebt. Es gibt viele kleine praktische Dinge des Alltags, bei denen das Internet sinnvoll genutzt wird. Unsere deutschen Gäste hat die Existenz dieser Seite sehr erstaunt und zudem, dass so viel abgegeben wird, inklusive neuerer Handys und MP3-Player.

Meine Antwort mag klischeehaft gewesen sein, aber ich bin nach wie vor der Ansicht, dass in Schweden generell ein größeres Gefühl der gegenseitigen Solidarität herrscht als anderswo. Ob man etwas gefundenes abgibt oder behält, ist nur eines der unzähligen Beispiele, wo die simple Abwägung des eigenen Vorteils gegenüber dem der Gemeinschaft zum tragen kommt. Sehe ich meine Mitmenschen als Konkurrenten, die ich übervorteilen will sooft ich kann, oder als potentielle Freunde, mit denen zusammen man am liebsten eine angenehme gesellschaftliche Atmosphäre schaffen will? Natürlich gibt es auch in Schweden solche und solche, aber angenehmerweise mehr vom letzteren Schlag, finde ich.

Zurück zu den Gästen. Neben den beiden Platzhirschen CouchSurfing und HospitalityClub gibt es noch ein drittes Netzwerk, um bei Leuten unterzukommen beziehungsweise Reisenden einen Schlafplatz anzubieten: BeWelcome hat zwar bisher noch viel weniger Mitglieder, aber als einziges den Ansatz einer demokratischen Organisation als Unterbau, anstelle einzelner allmächtiger Personen.

Mitgliedschaft empfohlen: BeWelcome

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Wort der Woche: NIX-registret

Meinen letzten Festnetztelefonanschluss in Deutschland hatte ich wohl bis Mitte 2001. Damals gab es keine Telefonverkäufer, wenn ich mich recht erinnere. Welche Auswüchse dieses Übel mittlerweile dort angenommen hat, kann ich nicht beurteilen und ich habe auch keine Vergleichszahlen für Schweden. Aus eigener Erfahrung kommen aber schon einige Anrufe im Laufe eines Monats zusammen – sofern man nicht auf dem NIX-Register steht.

Dabei handelt es sich um einen Verein, bei dem werbende Branchenorganisationen Mitglied sind und sich damit verpflichten, keine unerwünschten Angebote an Telefonanschlüsse zu schicken, die sich im Nix-Register eingetragen haben. Und das sind anderthalb Millionen in Schweden, was fast der Hälfte der Anzahl der Haushalte im Land entspricht. Meines Wissens sind die Robinsonlisten in Deutschland weniger verbreitet.

Man trägt sich bei NIX (was als Wort übrigens das gleiche wie das deutsche bedeutet) ein, indem man eine Nummer (020-277000) anruft, dort der Maschine per Kopfdruck den Wunsch mitteilt, und die Prozedur nach ein paar Tagen zur Bestätigung wiederholt. Das funktioniert recht gut, finde ich. Man bekommt deutlich weniger Anrufe, auch wenn man immer wieder davon hört, dass sich Firmen nicht an die Regeln halten und deshalb angezeigt werden.

Natürlich gibt es Ausnahmen, also Anrufe, die nicht unter die Sperre von NIX fallen. Dazu gehören Anrufe von Firmen, bei denen man schon Kunde ist. Das kann durchaus Sinn haben, zum Beispiel werden Zeitungsabos in Schweden oft nicht automatisch verlängert, sondern der Verlag muss sich darum kümmern, dass man Kunde bleibt. Bei so einem Anruf kann man dann schon einmal ein Angebot fürs kommende Jahr herausschlagen, das unter dem regulären Preis liegt.

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Eindrücke aus Deutschland

Ich lebe ja jetzt schon eine ganze Weile in Schweden: seit Herbst 2001 mit etwa neun Monaten Unterbrechung nach einem Jahr. Etwa einmal pro Jahr komme ich für ein paar Tage in die alte Heimat, um Freunde und Familie zu besuchen, und es ist jedes Mal wieder ein wenig spannend. Ich bin gerade zurück und mir erscheinen ein paar Dinge erwähnenswert.

Mit dem Zug zu fahren habe ich nicht bereut und kann es weiterempfehlen. Ich konnte in den Nachtzügen gut schlafen und kam ausgeruht an. Dass es, obwohl in der Minderheit, Deutsche waren, die sich nachts lautstark auf dem Gang oder im Nachbarabteil unterhielten, entspricht dem Klischee. Ich hatte auch Gelegenheit, die neuen ICE in Deutschland mit dem schwedischen Pendant, dem X2000, zu vergleichen. Das Essen im Restaurant des ICE ist besser und man bekommt ordentliches Geschirr und Gläser. Der Kiosk im X2000 kann da nicht mithalten, dafür hat es Internet an Bord zu vernünftigen Preisen und Steckdosen an jedem Platz. Außerdem gab es nur im X2000 die Sitznachbarin, die mir anbot, mir ihr einen Film auf dem Laptop zu sehen.

Ich vergesse meine Muttersprache. Das klingt albern, nicht zuletzt weil dieses Blog ja eine gute und ständige Übung ist. Aber im Alltag denke und träume ich auf Schwedisch und wenn es plötzlich darum geht, mit Großeltern oder alten Freunden so zu reden “wie früher”, muss ich mich anstrengen. Und zwar nicht nur bei der Betonung des Dialekts, sondern auch bei all den Wörtern, die man in der Schriftsprache nicht verwendet. Ich grinste einige Male, als ich bestimmte Wendungen und Ausdrücke hörte und mir ein freudiges “Stimmt, so sagte man das!” durch den Kopf ging. Ich glaube auch, dass es unfreiwillig als steif und überheblich ankommt, nicht mehr die sympathische Mischung aus Frängisch un Hessisch zu redde.

Das Nichtrauchergesetz war gerade in Deutschland in Kraft getreten und man hörte Stimmen von aufgebrachten Rauchern im Radio und auf den Straßen. Als Raucher in Schweden fand ich das natürlich sehr amüsant, denn hier ist schon seit ein paar Jahren striktes Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten. Kaum einer findet das noch seltsam oder falsch und ich bin mir sicher, dass das in Deutschland auch sehr schnell der Fall sein wird. Auf die Idee, Aschenbecher vor den Türen aufzustellen, war man zwar noch nicht gekommen, aber in Anbetracht dessen, wie einige Straßen deswegen aussahen, wird sich auch das schnell ändern. Bei meiner Abreise am Frankfurter Südbahnhof gab es sogar noch eine Spelunke, in der eifrig gequalmt wurde.

Im Kino war ich auch. Ich gehörte ja bisher eher zu denen, die zwar die Originalversionen von Filmen bevorzugten, aber auch nichts allzu Schlimmes an der Synchronisierung finden konnten. Beim “Goldenen Kompass” störte es mich aber und ebenso als ich kurz in den Herrn der Ringe zappte, der im Fernsehen lief. Die Stimmen sind viel ausdrucksloser und die Atmosphäre verliert dabei (Gollum war eine rühmliche Ausnahme). Außerdem versucht man unweigerlich zurückzuübersetzen, was das Original gesagt hat, wenn es nicht ganz mit den Lippenbewegungen passt.

Und als ich mit salziger Erwartung aus der Popcorntüte des Nachbarn probierte, wurde ich abrupt daran erinnert, dass das in Deutschland ja meistens süß ist. Ich finde salzig mittlerweile besser und es ist einfacher zu machen: einfach Öl und Mais in den Topf, aufpoppen lassen und Salz drüberkippen.

Weihnachtsschmuck war diesmal in Schweden eher dezent, sowohl an privaten Häusern als auch in der Stadt und in Geschäften. Man fängt damit erst im Dezember an und Buntes und Blinkendes sah man fast gar nicht. Ich fand das angenehm. In Deutschland sah ich mehr Geschmacklosigkeiten.

Die Sonne steht höher. Das ist mir als Astronom natürlich bewusst und ich kann es ausrechnen, nichtsdestotrotz ist es erstaunlich wie viel Unterschied die zehn Grad machen, die die Sonne in Frankfurt Ende Dezember höher steht als in Uppsala (17 anstatt 7 Grad über dem Horizont). Dabei meine ich nicht so sehr die Tageslänge als dass es richtiges Tageslicht ist statt tiefstehender “Abendsonne” mitten am Tag.

Ganz allgemein genoss ich es, Tourist “daheim” zu sein. Die Fachwerkhäuser in den Altstädten von Aschaffenburg, Seligenstadt und Miltenberg werden erst sehenswert, wenn man von da weg ist. Gleiches gilt für die Landschaft und das Essen. Nach einer Woche reicht es dann aber auch wieder. Bilder werden verlinkt, sobald ich mit der Nachbearbeitung durch bin.

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