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Offenere Einwanderung nach Schweden

Der SR schreibt über die neuen Regeln für ausländische Arbeitskräfte:

Ausländer, die nicht aus der EU kommen, [dürfen] drei Monate lang eine Anstellung in Schweden suchen. Wenn sie in dieser Zeit einen Arbeitgeber finden, dürfen sie nach schwedischen Tarifregeln angestellt werden. Nach Auffassung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ermöglicht die Neuregelung sowohl Flüchtlingen als auch ausländischen Spezialkräften einen leichteren Zugang zum schwedischen Arbeitsmarkt.

Tolle Sache, finde ich. Neulich hatte schon der Chef der Handelsbank vorgeschlagen (S), Einwanderungsbeschränkungen ganz aufzuheben. Das würde Wachstum bringen und Schwarzarbeit verringern. Außerdem sieht er im schwedischen Klima eine natürliche Hürde, die den Zustrom an Menschen beschränkt.

Es gibt Tage, an denen ich das voll und ganz nachvollziehen kann.

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Militärdienst

In Schweden gibt es noch die Wehrpflicht – zumindest in der Theorie. Praktisch werden nur 10% eines Jahrgangs eingezogen und das sind vor allem diejenigen, die wollen. Bislang wurde noch jeder gemustert, aber auch das soll ab nächstem Jahr aus Kostengründen wegfallen (E). Ein einfacher Fragebogen soll die ungesunden und unmotivierten von vornherein aussortieren und beide Seiten sind glücklich.

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Wort der Woche: Kölapp

Ich habe den Eindruck, dass Menschen aus vielen europäischen Ländern klagend behaupten, es sei typisch für ihr Land, oft in der Schlange für etwas anzustehen. Auch in Schweden hört man das hin und wieder, aber selbst wenn die Wartezeiten höher als anderswo wären, eine richtige “Schlange” ist es meist nicht, denn es gibt den kölapp.

Das Wort setzt sich zusammen aus , zu deutsch “Schlange” (nur Menschen, nicht das Tier), und lapp, dem “Zettel”. Nummerlapp ist ein gebräuchliches Synonym. Das Prinzip ist simpel, genial und auch in Deutschland nicht mehr unbekannt. Man zieht zum Warten eine Nummer aus einem kleinen Automaten am Eingang und ein Display verrät, wer als nächstes an einen gerade freigewordenen Schalter darf. Das hat mehrere Vorteile gegenüber der klassischen Schlange.

  • Man muss nicht dicht an dicht stehen, sondern kann sich die Beine vertreten oder hinsetzen. Hat man eine viel höhere Nummer als die gerade angezeigte, kann man noch schnell etwas anderes erledigen – natürlich mit dem Risiko, die eigene Nummer zu verpassen.
  • Es ist fairer. Wenn es z.B. mehrere Schalter für etwas gibt, vor denen man sich anstellen würde, kann man sicher sein, dass die eigene Schlange die langsamere ist. Dieses Problem gibt es mit dem kölapp nicht und ein einzelner kann nicht eine ganze Gruppe aufhalten.
  • Drängeln ist beinahe unmöglich und Konflikte werden somit vermieden. Nach eine Weile hier erkennt man diesen Aspekt wohl hinter immer mehr Gepflogenheiten der konfliktscheuen Schweden.

    Was ist daran jetzt so besonders? Die Konsequenz, mit der das Prinzip angewandt wird. Außer an der Supermarktkasse sieht man Schweden nur sehr selten in Reih und Glied stehen. Den *kölapp* gibt es nicht nur bei Post, Bank oder dem Systembolaget, sondern z.B. auch beim Fahrkartenkauf am Bahnhof und in zahlreichen Geschäften, in denen Bedienung wichtig ist. Hier findet man auch oft die untechnische Variante, dass sich der Ladenbesitzer die aktuelle Nummer merkt und sie einfach ruft. In diesem Fall ist es weniger die Schlange, die ersetzt wird, sondern man vermeidet, sich darüber einigen zu müssen, wer denn jetzt zuerst da war. Sprachlich ist das Wort *kö* insofern eine Ausnahme, als dass *k* vor *ö* normalerweise als weiches “ch” (wie in “Sichel”) ausgesprochen wird, in *kö* jedoch wie “k”. Das ist besonders wichtig in der bestimmten Form *kön*, denn dann besteht Verwechlungsgefahr mit *kön* (\_k\_ wie “ch”), dem *Geschlecht*.
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Mehr Bücher

Schweden mögen Bücher. Die Verkaufszahlen des Buchhandels steigen seit Jahren kontinuierlich auf zuletzt 80 Mio. Bücher pro Jahr (S). Das macht mehr als acht Stück pro Kopf und somit doppelt so viel wie in Deutschland.

Preis und Verfügbarkeit spielen eine große Rolle dabei. Bücher gibt es über Kioske und Pocket-Shops an jeder Ecke und bei Büchern ist Schweden ausnahmsweise einmal ein Billigland. Die Mehrwertsteuer auf Bücher (und Zeitungen und Konzerte) liegt nämlich, anstatt der üblichen 25%, nur bei 6%. Eine gute Sache.

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Schweden und die Religion

Gelegentlich habe ich ja schon über Religion und Kirchen in Schweden geschrieben und dabei behauptet, dass Schweden atheistischer und säkularer als viele andere Länder ist, darunter Deutschland. The Local hat eine lesenswerte Zusammenfassung (englisch) zu diesem Thema und es werden auch Zahlen genannt: 23% der Schweden glauben, dass es einen Gott gibt – ungläubiger sind in Europa nur die Tschechen und die Esten.

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Wort der Woche: Offentlighetsprincipen

Das Öffentlichkeitsprinzip ist zentral für das schwedische Staatsverständnis. Es besagt, dass alle Dokumente (auch in elektronischer Form), die einer Behörde oder einem Amt zukommen, und alle von diesen erstellten Dokumente öffentlich sind und damit von jedem Bürger einsehbar.

Der Zweck ist die Kontrolle des Staates durch seine Bürger, die diesen errichtet haben, und das hat eine lange Tradition in Schweden. Schon im 16. Jahrhundert findet sich das Öffentlichkeitsprinzip und seit 1766 steht es im Grundgesetz. Zentral ist, dass Öffentlichkeit die Regel ist, nicht die Ausnahme. Letztere gibt es, sie müssen aber begründet werden und sind gesetzlich geregelt. Zum einen ist hier das Datenschutzgesetz zu nennen, denn die Auskunftspflicht darf nicht die Privatsphäre eines anderen verletzen. Dann gibt es noch das Geheimhaltungsgesetz, das die Bereiche regelt, in denen man glaubt, dass Geheimhaltung nötig ist (z.B. geheimdienstliche Aktivität).

Ein paar interessante Modalitäten in der Praxis:

  • Man hat das Recht, persönlich und ohne Gebühr Einsicht zu erhalten und Abschriften oder Fotografien anzufertigen und auch das Recht auf Zustellung von Kopien, dann aber eventuell gegen eine festgeschriebene Gebühr.
  • Eine Anfrage muss eilig bearbeitet werden, natürlich im Rahmen normaler Arbeitszeiten, und die Behörde muss so organisiert sein, dass schnell Auskunft gegeben werden kann.
  • Der Fragende muss keinen Grund angeben und kann anonym bleiben.
  • Wenn eine Auskunft verweigert wird, muss stattdessen Information bereitgestellt werden, wie man gegen die Entscheidung Einspruch erheben kann.

    Vorbereitende Arbeitsunterlagen und Diskussionen in Komitees sind nicht automatisch öffentlich, sobald etwas archiviert wird, wird es das aber. Selbst wenn eine Akte begründet als nicht öffentlich deklariert wird, so darf zumindest deren Existenz nicht verschleiert werden. Es ist leicht vorzustellen, wie stark dieser Grundsatz und er funktioniert auch wirklich in der Praxis. Offensichtliche Schwierigkeiten gibt es bei der Interaktion mit der EU, der Schweden 1995 beitrat und die weit weniger offen ist. Dass EU-Dokumente in Schweden automatisch öffentlich werden, passt nicht allen Nachbarn. Im Beitrittsvertrag wurde dieses schwedische Grundrecht aber bestätigt. Wie hier die Praxis aussieht, weiß ich leider nicht. Zum Vergleich Deutschland mit seinem Amtsgeheimnis: Das Prinzip war bis Anfang des Jahres genau umgekehrt und alles war zuerst einmal unter Verschluß. Jetzt hat auch Deutschland sich ein [Informationsfreiheitsgesetz](http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zur_Regelung_des_Zugangs_zu_Informationen_des_Bundes) gegeben, aber die Einschränkungen sind ungleich höher als in Schweden. Außerdem werden hohe Gebühren erhoben, was sogar eine [Sammelstelle](http://www.befreite-dokumente.de/) für “befreite Dokumente” nötig macht. Abschließend bleibt zu sagen, dass Schweden zu Recht stolz auf sein Öffentlichkeitsprinzip ist, dass es hohe Anforderungen an Staatsdiener stellt und ungemein zum Vertrauen in den Staat beiträgt. Natürlich wird nicht jeder Bürger regelmäßig Auskunft verlangen, aber die Möglichkeit ist nicht nur prinzipiell, sondern auch real gegeben und wird nicht nur von Journalisten genutzt. Wer noch mehr wissen möchte, lese den [ausführlichen Artikel auf sverige.de](http://www.sverige.de/lexi/lexi_oeff.htm).
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Bürgerliche Beerdigungen

Schweden ist säkularer und atheistischer als Deutschland. Das spiegelt sich auf viele Arten wider und ein Beispiel ist die Meldung (S), dass nichtreligiöse Beerdigungen immer häufiger werden. Seit 2001 hat sich die Zahl fast verdoppelt.

Im Großraum Stockholm ist der Anteil mit 10% am höchsten. Das ist natürlich noch keine Mehrheit, aber die Entwickling geht in die richtige Richtung. Kommunale Friedhöfe, die nicht an eine bestimmte Religion geknüpft sind, sind keine Seltenheit.

Kennt jemand den Prozentsatz nichtkirchlicher Beisetzungen in Deutschland?

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Schweden sind Urlaubsweltmeister

Forbes hat einen Artikel (englisch), der die Arbeitszeiten in den USA mit denen in Europa vergleicht. Wie erwartet arbeitet der Durchschnittsamerikaner mehr als der Europäer, überraschend ist vielleicht, dass das 1970 noch umgekehrt war. Als Grund für die Entwicklung wird die Steuerpolitik angeführt, mit den Details verschone ich euch (und mich) aber.

Die durchschnittlichen Anzahl der Urlaubswochen pro Jahr, ist aber sehr interessant. Während es in den USA 6 Wochen sind, machen Franzosen doppelt so viel Urlaub. Die “Urlaubsweltmeister” sind laut diesem Artikel die Schweden mit ganzen 16 Wochen pro Jahr. Das klingt unglaublich viel, und wenn etwas so klingt, ist es meist auch falsch. Ich habe zwar leider keine anderen Zahlen, aber ich selbst liege weit darunter, was ja bedeutet, dass einige noch viel mehr als 16 Wochen Urlaub haben, damit der Durchschnitt dort liegt. ;-)

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Schwedische Hausfrauen

Das schwedische Radio (S) bringt auch deutsche Nachrichten und meist handelt es sich dabei um Dinge, die kurz davor auf Schwedisch veröffentlicht wurden. So auch der Artikel (S) über die unzureichende Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Die deutsche Redaktion des SR schreibt dazu:

Schwedische Hausfrauen wollen besser über die Herkunft der eingekauften Lebensmittel informiert werden.

Ich weiß nicht, wie dieser Satz heutzutage in deutschen Ohren klingt, aber über Hausfrauen stand im Original zumindest nichts. Das ginge auch gar nicht, denn der Begriff “Hausfrau” ist im Schwedischen sehr ungebräuchlich. Das hat nichts mit politischer Korrektheit zu tun, sondern spiegelt einfach die Tatsache wider, dass der “Beruf Hausfrau” in Schweden fast nicht existiert.

Dass Frauen arbeiten ist nicht nur der Regelfall, sondern die Mentalität ist so weit fortgeschritten, dass Einkaufen, häusliche Arbeit und sogar Kindererziehung nicht mehr automatisch mit der Rolle der Frau assoziiert werden. Der Schreiber obiger Zeilen impliziert, dass es Frauen sind, die sich für Einkäufe interessieren, und vertritt damit ein altes konservatives Frauenbild, das in Schweden schon viel weiter verschwunden ist als in Deutschland. Sehr schade für dieses Medium, das ansonsten für schwedeninteressierte Deutsche sehr ansprechend ist.

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Öffnungszeiten

Auch wenn ich aus deutschen Medien davon noch nichts mitbekommen habe, scheinen die längeren Öffnungszeiten während der WM die Diskussion um das Ladenschlussgesetz neu anzufachen (S).

Mein ICA um die Ecke hat 365 Tage im Jahr von 8-23 Uhr geöffnet und es fällt schon auf, wenn man zurück nach Deutschland kommt, dass man mehr planen muss. Andererseits haben trotz der freieren Regelung in Schweden bei weitem nicht alle Läden länger auf als in Deutschland. Hier in Uppsala machen an Wochentagen die Geschäfte in der Fußgängerzone um 6 Uhr zu, dafür ist auch Sonntags von zwölf bis vier offen.

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