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Googliges

So, jetzt hat es auch einen Google+1-Knopf in der Seitenleiste. Beim ersten Klick wird der eigentliche Knopf von Google erst nachgeladen, man muss ihn dann also noch einmal drücken zum “plussen”. Das ist so gemacht (danke an Marc Stenzel für den Tipp!), damit hier auch weiterhin so wenig wie möglich externe Daten geladen werden, wenn man eine Seite aufruft.

Ich finde das neue Google+ übrigens sehr nett gemacht. Man findet mich hier und wer noch keine Einladung hat, kann sich gerne melden.

Nachtrag: Apropos die Knöpfe in der Seitenleiste. Der Flattr-Knopf bei einzelnen Artikeln geht jetzt nicht mehr zum Flattr des gesamten Blogs, sondern es sollte je ein neues Objekt dort angelegt werden. Man kann also jetzt jeden einzelnen Artikel “flattrn”.

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Wort der Woche: Pension

Pension bedeutet – wer hätte es gedacht – Pension, Rente. Es wird “pangschuhn” gesprochen, wegwegen man eigentlich pangsjon anstatt pension schreiben sollte, tut man aber nicht. Ich habe mich zuletzt aus Eigeninteresse mit dem schwedischen Rentensystem befassen dürfen und versuche, es im folgenden zusammenfassen.

Das System ist in mehrere Teile gegliedert:

  • allmän pension, allgemeine Rente

    • inkomstpension, Einkommensrente
    • premiepension, Prämienrente
    • garantipension, Garantierente
  • tjänste-/avtalspension, Vertragsrente
  • privat pension

Die allgemeine Rente setzt sich aus der Einkommens- und der Prämienrente zusammen. Erstere wird von der Försäkringskassan verwaltet, die sich auch um die Krankenversicherung kümmert. Die 16% des Lohns werden direkt vom Arbeitgeber abgeführt und auf diese Gelder hat man keinen Einfluss. Natürlich wächst das eigene Konto je länger man arbeitet und je mehr man verdient, es ist jedoch auch abhängig von der Konjunkturentwicklung.

Ebenfalls automatisch abgeführt wird die Prämienrente, also die 2.5% des Lohns, die den anderen Teil der allgemeinen Rente ausmachen. Dieses Geld wird von der Premiepensionsmyndigheten (PPM, myndighet bedeutet “Behörde”) verwaltet und hier hat man die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Man kann sich auf der Webseite der PPM einloggen und selbst die Fonds auswählen, in denen das Geld angelegt werden soll. Es stehen über 750 Fonds von einer langen Liste mit Anbietern zur Auswahl, von Aktienfonds mit hohem Risiko bis zu sichereren Rentenfonds.

Jedes Jahr um diese Zeit werden die berühmten “orangefarbenen Kuverts” verschickt. Darin findet man einen Kontoauszug, auf dem steht wie viel man jeweils an Einkommens- und Prämienrente angesammelt hat und welche monatliche Pension man davon bekommen würde.

Soweit zur obligatorischen “allgemeinen Rente”. Neben dieser haben so gut wie alle Gewerkschaften ausgehandelt, dass Arbeitgeber darüber hinaus Geld für die Rente abführen. Diese Vertragsrente variiert also von Branche zu Branche und das Geld wird auch von jeweils eigenen Organisationen verwaltet. In meinem Fall, da ich an der Uni arbeite, ist es Statens pensionsverk (SPV), das sich um die tjänstepension für alle Staatsangestellten kümmert. Genauer gesagt gibt es das Geld an Firmen weiter, die man sich selbst aussuchen kann. Auf dem Wahlzettel, den man jährlich zugeschickt bekommt, stehen sowohl Firmen, die klassische Versicherungen mit garantierter Rendite anbieten, als auch wiederum Fondsverwalter. Würde ich zum Beispiel der SPV sagen, dass ich das Fondsystem meiner Bank als Verwalter will, dann würde das Geld in meinem Onlinebanking auftauchen und ich könnte es dort aufteilen und investieren, wie ich wollte.

Dann gibt es noch die private Pension. Das ist im Prinzip eine etwas andere Art des Sparens, man zahlt also selbst aktiv Geld ein. Die Steuervorteile bei den Renditen gegenüber anderen Sparformen erkauft man sich damit, dass das Geld verschwindet, wenn man zu früh stirbt. Es gibt zwar wie bei der Vertragspension (je nach eigener Wahl) einen Rückzahlungsschutz (återbetalningsskydd), der dafür sorgt dass das noch übrige Kapital an die Hinterbliebenen ausgezahlt wird, der aber gleichzeitig auch die Rente verringert.

Man hat in Schweden also einiges zu tun was die eigene Rente angeht und einen Djungel an Möglichkeiten, in dem man sich zumindest grob orientieren muss. Man könnte sagen, der Staat hat viel Verantwortung auf seine Bürger abgeschoben – zum Guten wie zum Schlechten. Denn natürlich kann man mit Glück und Geschick seine Rente kostenlos aufbessern, andererseits ist es natürlich auch hierzulande so, dass viele solche Entscheidungen aufschieben, die erst in einigen Jahrzehnten wirksam werden. Schickt man die Wahlformulare für die Prämien- und Vertragspension nicht ausgefüllt zurück, wird eine Standardwahl für einen getroffen.

Immerhin gibt es eine Webseite, die alle eigenen Rentenkonten sammelt und einem eine Übersicht bietet. Minpension.se ist eine Zusammenarbeit aller oben genannten Behörden und Firmen und nachdem man die Erlaubnis erteilt hat, holt Minpension.se die entsprechenden Informationen von den verschiedenen Aktören und stellt sie einem nett dar.

Was passiert, wenn man in Rente geht? Dann wird das Guthaben in den verschiedenen Rentenformen zusammengeworfen und durch die durchschnittliche verbleibende Lebenszeit (gut 18 Jahre, wenn man 65 ist) geteilt. Daraus errechnet sich die monatliche Zahlung, auch wenn man länger lebt als “vorgesehen”. Man kann seine Rente also stark aufbessern, wenn man länger arbeitet, denn es wird sowohl länger eingezahlt als auch dann durch einen kürzeren Zeitraum geteilt.

Die Garantierente greift ein, wenn man ansonsten zu wenig Rente bekommen würde. Für den vollen Betrag (z.Zt. etwa 7600 Kronen pro Monat) muss man 40 Jahre in Schweden gelebt haben, ansonsten wird anteilig gekürzt.

Aus obigen Ausführungen sollte klar geworden sein, dass das schwedische Rentensystem stark an die Entwicklung der Wirtschaft und der Finanz- und Börsenmärkte gekoppelt ist. Das bedeutet, dass mit den starken Verlusten in den letzten Monaten auch viel schwedisches Rentengeld “verschwunden” ist. Die Politik streitet sich gerade, was getan werden kann, damit die Auszahlungen an Rentner im kommenden Jahr nicht zu sehr sinken.

Nachtrag: Kaum habe ich das geschrieben, da kommt die Nachricht, dass die ersten Rentenzahlungen gekürzt werden.

Nachtrag, 2010-02-09: Was oben zu den Behörden steht stimmt nicht mehr.

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Vad har hänt?

Nach zwei Wochen Blog- und Nachrichtenabstinenz meinerseits ist es Zeit für einen Rückblick darüber, was unterdessen in Schweden so passiert ist und in den Medien war. Ich gehe dazu chronologisch durch die Schlagzeilen von Radio Schweden und gebe meinen Senf zu einigen davon ab.

29. 09. Bildt besorgt über Rechtsruck in Österreich. Der schwedische Außenminister Carl Bildt hat den Ausgang der Parlamentswahlen in Österreich als Alptraum bezeichnet. Natürlich gibt keiner offen zu, sich über den Unfall zu freuen, aber ich glaube dass viele dem verunglückten Heider keine Träne nachweinen.

29. 09. Weitere Entlassungen bei Volvo. Das Thema hält sich seitdem in den Nachrichten und es ist von gesamt fast 5000 Entlassungen die Rede. Volvo will sich (endlich) mehr auf die Zukunft ausrichten und Hybrid- und Elektroautos entwickeln.

Generell sind die Wirtschaftsnachrichten aus Schweden etwas schlechter geworden. Die Zahl der freien Stellen sinkt und die Arbeitslosenzahlen steigen wieder leicht. Die schwedische Krone wurde gegenüber dem Euro abgewertet und die Börse verlor massiv, wie überall anders auch. Die Krise am Finanzmarkt scheint jedoch zumindest keine schwedische Bank Pleite gemacht zu haben. Genauso wie Deutschland hat garantiert der Staat für private Spareinlagen bis zu einer gewissen Summe. Die Auswirkungen sind also weniger dramatisch als in Island, aber natürlich sind auch hier Fondsparer betroffen und (baldige) Rentner, weil mit nicht geringen Teilen der schwedischen Rentengelder am Finanzmarkt gehandelt wird. Sie sind also in Fonds und Ähnliches investiert, die in den letzten Wochen viel an Wert verloren haben.

01. 10. Steuergelder für Scientology. Es kam heraus, dass mehrere schwedische Kommunen Aufträge an Scientology-eigene Firmen und deren sehr fragwürdige Antinarkotikaprogramme vergeben haben. Ich hoffe wirklich, dass das gründlich aufgearbeitet wird und in Zukunft wissenschaftliche Kriterien bei der Vergabe die Hauptrolle spielen.

02. 10. Kameraüberwachung an Schulen meist gesetzeswidrig. Das einzige Mal das ich bisher in einer schwedischen Schule war, haben mich die Überwachungskameras ziemlich abgeschreckt. Eine Prüfung des Datenschutzamtes hat jetzt gezeigt, dass die Überwachung in vielen Fällen unzulässig ist.

02. 10. Die Jäger mal wieder. Natürlich wollen sie mehr Bären und Wölfe schießen. Schließlich sind das nicht selten Menschen, die eine seltsame Freude am erschießen von Tieren finden, anstatt die Jagd als notwendiges Übel anzusehen. Das gilt natürlich auch und im besonderen für die hunderten Amateurjäger, die jeden Herbst auf Elche anlegen und sich dabei nicht selten gegenseitig treffen.

06. 10. Grüne geben Forderung nach EU-Austritt auf. Darüber hatte ich schon einmal geschrieben und jetzt scheinen sich die EU-Befürworter endlich durchgesetzt zu haben. Das macht die schwedischen Grünen wählbarer und regierungsfähiger. Tatsächlich gab es dieser Tage, also zwei Jahre vor Ende der Legislaturperiode, schon die Ankündigung, dass Sozialdemokraten und Grüne auf eine zukünftige Koalition hinarbeiten. Zur Erinnerung: Die letzte Regierung war eine von Grünen und Linken geduldete Minderheitsregierung der Sozialdemokraten, keine Koalition. Der Linkspartei wurden erst in den letzten Tagen von den Sozialdemokraten Gespräche über eine Mögliche Zusammenarbeit angeboten.

Ansonsten ist natürlich die Bekanntgabe der verschiedenen Nobelpreise in Schweden immer Schlagzeilen wert. Die haben allerdings schon ihren eigenen Artikel auf Fiket.

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"Drei Buchstaben, die Schweden erschütterten"

So lautet der Titel einer halbstündigen Reportage des schwedischen Fernsehens, die gestern Abend gesendet wurde. Gemeint sind natürlich die Buchstaben FRA, die für Försvarets radioanstalt stehen und die nun seit Monaten die schwedischen Medien beschäftigen, nachdem die Blogs es geschafft hatten, das Thema ins Rampenlicht zu zerren.

Die älteren Artikel zu diesem Thema hier auf Fiket findet man hinter diesem Link.

Erstaunlich finde ich vor allem, dass dieses an sich doch komplexe und eher trockene Thema dauerhaft so viel Aufmerksamkeit behalten kann. Professoren, Minister und IT-Leute liefern sich nach wie vor einen Schlagabtausch in den Tageszeitungen. Zuletzt ging es darum, ob die FRA aus den Kommunikationsdaten soziale Profile schwedischer Mitbürger erstellt und mit welchen anderen Geheimdiensten die gewonnenen Informationen eigentlich ausgetauscht werden. Seit Wochen trommeln außerdem die Überwachungsgegner für ihre Demonstration morgen Vormittag in Stockholm.

Wer Schwedisch kann und oben genannte Reportage sehen will, findet hier den entsprechenden Link und auch die vollständigen Interviews als Bonusmaterial. Darin geht es um die langwierige Geschichte des FRA-Gesetzes, wie der Aufruhr darum vor dem Sommer für eine Regierungskrise sorgte und um die eigentliche Motivation hinter dem Gesetz.

Außenminister Carl Bildt sagt in seinem Interview in der Reportage, dass der schwedische Geheimdienst auch mit Diktaturen zusammenarbeitet, was wiederum heute die Zeitungen freudig aufgreifen. Bildt kommentiert das in seinem Blog, fühlt sich missverstanden und weist auf seine Formulierung hin, dass das “sehr strikt” gehandhabt werde. Aber er erklärt natürlich auch nicht, was das bedeutet.

Nachtrag (080916) zum letzten Abschnitt. Es ist schon lustig, zu sehen, wie Bildt Reporter direkt auf sein Blog verweist, und damit die großen Tageszeitungen zwingt, daraus zu zitieren. Er bezichtigt dort das schwedische Fernsehen der Lüge und behauptet, seine Antwort im Interview sei zu einer anderen Frage gefallen als der, ob Schweden mit den Geheimdiensten von Diktaturen zusammenarbeitet. SVT hat jedoch inzwischen die fraglichen Minuten ins Netz gestellt und es ging in der Frage nicht, wie Bildt behauptet, um Russland.

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Zu viel Öffentlichkeit?

In Schweden ist gerade ein Thema aktuell, das sowohl das Öffentlichkeitsprinzip als die Dateitauschseite The Pirate Bay betrifft.

Hintergrundgeschichte ist ein Kindsmord, für den eine deutsche Frau vor kurzem hier verurteilt wurde. Dieser Fall hat den schwedischen Abendzeitungen in den letzten Monaten viel Gelegenheit gegeben, sich von ihrer hässlichsten Seite zu zeigen. Die Untersuchungsakten der Polizei wurden nicht als geheim deklariert und sind damit öffentlich, inklusive der Obduktionsbilder der Kinderleichen.

Irgendwer hat sich dann die Akten besorgt und hat sie mit Hilfe der Pirate Bay verbreitet. Der Sender TV4 behauptete daraufhin dreist, die Pirate Bay habe die Akten selbst verbreitet und es wurden Rufe laut, die Bilder aus dem Netz zu nehmen. Die Pirate Bay argumentiert natürlich zu Recht, dass sie lediglich eine Plattform zum Austausch von Daten ist, und dass sie keinen Anlass sieht, die Verbreitung von sowieso öffentlichen Informationen zu unterbinden. Die Geschmacklosigkeit liegt aufseiten desjenigen, der die Bilder hochlädt, und all derer, die sie herunterladen.

Dagens Nyheter leitartikelt schließlich heute morgen zum gleichen Thema. Immerhin erkennt der Schreiber die Position der Pirate Bay als richtig an, wirft aber die Frage auf, ob das Öffentlichkeitsprinzip aus dem 18. Jahrhundert im Licht moderner Kommunikationsmittel vielleicht eingeschränkt werden müsste.

Bei aller Geschmacklosigkeit im Extremfall und obwohl auch ich den Schutz der Privatsphäre für ein hohes Gut halte, bin ich skeptisch gegenüber solchen Forderungen. Die Schweden haben ihrem Öffentlichkeitsprinzip viel zu verdanken.

Nachtrag 080909: Jetzt auch bei Heise.

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FRA liest mit

Ein Jahr ist vergangen seit die schwedische Opposition den Gesetzesvorschlag vorläufig gestoppt hat, der der FRA (Försvarets radioanstalt, wörtlich die “Radioanstalt der Streitkräfte”) das Abhören des Internet zu erlauben soll. Die Vorgeschichte dazu kann man in mehreren Abschnitten hier im Blog unter dem Schlagwort Überwachung nachlesen.

Zur Erinnerung: Oben genannte Behörde soll das Recht bekommen, jeglichen Datenverkehr, der über das Internet die schwedischen Grenzen passiert, abzuhören und bei Bedarf zu speichern – pauschal, ohne Verdachtsmoment und ohne richterlichen Beschluss. Wohlgemerkt geht es nicht um die Vorratsdatenspeicherung, bei der die Verbindungsdaten (wer wann mit wem von wo aus kommuniziert) gespeichert werden, sondern um die Inhalte der Nachrichten, zum Beispiel von Emails. Alle Kommunikation zu speichern ist technisch noch nicht machbar, deshalb soll anhand von Suchbegriffen vorsortiert werden. Auch das braucht bei der Menge an Datenverkehr eine Menge Rechenkapazität, aber zu diesem Zweck hat die FRA schon einen Supercomputer bekommen, der auf Platz 5 der weltweiten Rangliste steht.

Mitte des Monats geht der Gesetzesvorschlag zur zweiten Abstimmung ins schwedische Parlament, den riksdag. Das vergangene Jahr mit dem parlamentarischen Aufschub war laut Grundgesetz für Diskussionen gedacht. Diese fand aber nicht statt, weder zwischen den großen Parteien, noch in den Medien. Auch jetzt, kurz vor dem Beschluss, schweigen die schwedischen Medien zu dem Thema fast gänzlich.

Lediglich die Piratenpartei versucht, unter anderem mit Demonstrationen die nötige Öffentlichkeit zu schaffen. So kam auch im Ausland ein wenig Aufmerksamkeit zustande: im Register, auf Slashdot und auf Heise.de.

Die Beteuerung der Gesetzesbefürworter, dass nur der Datenverkehr über die schwedischen Grenzen betroffen sein wird und damit die Schweden selbst nur indirekt, ist lächerlich, wenn man weiß wie dezentral das Internet aufgebaut ist, und dass Datenpakete Landesgrenzen frei und oft passieren. Einige schwedische Behörden verwenden sogar ausländische Dienstleister für ihre elektronische Kommunikation. Große Firmen ziehen die ersten Konsequenzen: TeliaSonera, der Zusammenschluss der ehemals staatlichen Telekom-Firmen Schwedens und Finnlands, hat zum Beispiel schon Server nach Finnland ausgelagert, weil sie nach dortigem Recht für die Privatsphäre ihrer Kunden sorgen müssen – vor Schweden also. Google hat angekündigt, keine Server mehr in Schweden zu betreiben, sollte das Gesetz durchgehen.

Das eigentlich Skandalwürdige an der ganzen Sache ist jedoch, dass die FRA nach Aussage ihres eigenen Chefs schon lange die fraglichen Abhörmaßnahmen anwendet und dazu auch den Auftrag bekommen hat. In einem Gespräch mit Rick Falkvinge gibt dieser zu, dass das gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt und damit gegen das schwedische Grundgesetz, das diese beinhaltet. Anstatt diesen Grundgesetzbruch zu untersuchen und zu ahnden, soll er also nachträglich legitimiert werden. Und außer einer relativ kleinen Gruppe Aktivisten und besorgter Bürger, schert sich keiner darum.

Dem Gesetz wird aller Voraussicht nach am 17. Juni wieder zugestimmt werden und es wird dann bald in Kraft sein. Es wird also Zeit, seine Emails zu verschlüsseln.

Zum Abschluss sei noch einmal auf das tolle Lied über den Storebror FRA hingewiesen.

Nachtrag 080609: Immerhin gibt es jetzt eine Anfrage im Parlament zum illegalen Abhören, initiiert von einem Politiker der schwedischen Grünen.

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Verräterischer Fernsehkauf

Tipps von Lesern, worüber ich hier schreiben könnte, sind bisher eher eine Seltenheit, aber natürlich immer gern gesehen. Manfred aus Linköping hat mich auf folgende Eigenheit im Zusammenhang mit dem Radiotjänst, dem schwedischen Äquivalent zur GEZ, hingewiesen. Danke.

Im Prinzip gilt sowohl in Deutschland wie auch in Schweden, dass ein Gesetz bricht, wer die staatliche Radio- und Fernsehgebühr nicht bezahlt, obwohl er das Angebot nutzt beziehungsweise die Möglichkeit zur Nutzung hat, sprich ein Radio oder einen Fernseher sein Eigentum nennt. Nun ist aber die Mentalität, was den Datenschutz angeht, in Schweden etwas weniger staatsskeptisch ausgeprägt als in Deutschland und deshalb kann es Regelungen wie diese geben, dass Elektronikmärkte beim Kauf eines Fernsehers Name und Adresse des Käufers aufnehmen und an den Radiotjänst weiterleiten müssen. Wenn derjenige noch keine Gebühren bezahlt, wird er dann Post bekommen mit dem Hinweis auf den Kauf und der Aufforderung zu bezahlen.

Eingriff in die Privatsphäre, der einem die Haare zu Berge stehen lässt, oder effektive Methode zur Einhaltung bestehender Gesetze, die Steuergelder spart, weil weniger Kontrolleure angestellt werden müssen? Geschmacksache, nehme ich an, solange die erhobenen Daten nur zweckgebunden verwendet werden und nicht mit anderen Datenbanken zusammengeführt werden, die Verhaltensprofile erlauben.

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Elektronische Fußfessel

Unter gewissen Voraussetzungen kann man in Schweden eine Gefängnisstrafe zu Hause absitzen. Radio Schweden berichtet positiv darüber. Mehr zur Funktionsweise des Systems findet man hier und anderswo, aber ganz einfach gesagt geht es darum, die Freiheit des “Einsitzenden” anstatt mit Mauern auf die Art einzuschränken, dass ein mit Sanktionen belegter Alarm ausgelöst wird, wenn er sich nicht an die Vorgaben hält.

Ein großer Teil der Bevölkerung in reichen Ländern trägt heutzutage freiwillig ein ähnliches Gerät mit sich herum und man kann sich fragen, wie lange es noch dauert, bis generell irgendwo ein Alarm losgeht, wenn man sich mit seinem Handy außerhalb der üblichen Muster bewegt, also von der Norm abweicht und deshalb verdächtig ist. Die entsprechenden Daten werden mit der Vorratsdatenspeicherung schon erhoben.

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Wort der Woche: TiM-kort

TiM ist die Abkürzung für Trafik i Mälardalen, zu Deutsch “Verkehr im Tal des Mälaren”. Dabei handelt es sich um eine der kleinen Annehmlichkeiten des Alltags, die ich in Schweden häufig besser finde als in Deutschland, auch wenn ich nicht weiß, was sich in der alten Heimat diesbezüglich in den letzten Jahren getan hat.

Die TiM-Karte ist eine auf kurze Entfernung berührungslos auslesbare Karte, die es seit zehn Jahren gibt und mit der man Busse und Züge von Uppsala über Stockholm bis Örebro und Norrköping bezahlen kann. Das klingt wenig spannend, ist aber so geschickt gelöst, dass es das Leben tatsächlich einfacher macht, gerade für tägliche und Gelegenheitspendler wie mich.

Man lädt die Karte an einem Automaten auf, entweder mit einem monatlichen Betrag oder wie ich mit einer “Börse” in beliebiger Höhe, von der dann zeitlich unbegrenzt immer der aktuelle (zeitlich variierende) Preis der Fahrkarte abgebucht wird, wenn man sie im Vorbeigehen an einen der kleinen Kästen am Bahnsteig hält. Man kann nämlich seine übliche Strecke auf der Karte markieren, so dass sich die Interaktion auf ein Minimum beschränkt. Das reduziert den Aufwand, seine Fahrkarte zu lösen, darauf, kurz einen Schritt langsamer zu gehen – ein unschätzbarer Vorteil, wenn man zeitlich knapp zum Bahnhof kommt.

Zusätzlich kann man von der Börse auch andere Stecken recht einfach am Automaten lösen, ohne seine Kreditkarte zücken zu müssen. Die TiM-Karte ist unpersönlich, man kann sie also ver- oder ausleihen und es werden keine unnötigen personalisierten Daten gesammelt. Die Kontrolle des Schaffners im Zug besteht dann darin, dass dieser die Karte kurz an sein Lesegerät hält, um zu prüfen, ob man auch wirklich hat abbuchen lassen. Oft winken sie jedoch ab und verlassen sich darauf, dass man aus Gewohnheit seine Karte am Bahnsteig kurz entwertet hat.

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Überwachungsgegner von rechts und links

Heute morgen stand unter der Rubrik Brännpunkt im Svenska Dagbladet ein Artikel über die Gefahren des Überwachungsstaates, der etwas mehr Aufsehen als üblich erregt hat. Die beiden Autoren sind nämlich jeweils die Vorsitzenden des eher links orientieren Vereins Ordfront und der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Timbro, also zwei Parteien, die ansonsten gegensätzliche Standpunkte vertreten.

Hintergrund ist nicht zuletzt die morgige Entscheidung im Parlament, verdachtsunabhängige (!) und heimliche Abhörmaßnahmen zu ermöglichen. Die ungewöhnlichen Partner heben hervor, dass Überwachung der Feind der Meinungsfreiheit und der offenen Gesellschaft ist, und warnen, dass es naiv ist davon auszugehen, dass bestehende Möglichkeiten nur von wohlwollenden Menschen und Regierungen genutzt werden.

Der vorhin erwähnte Supercomputer scheint übrigens in der Tat zur Überwachung gedacht zu sein (siehe Kommentare dort) und die Reaktion des Chefs der Piratenpartei, als ich ihn darauf hinwies, war: Holy fuck.

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