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"Klämdag" ...

... ist, finde ich, ein viel schöneres Wort als “Brückentag”. Der zwischen Feiertag und Wochenende eingeklemmte Tag wird damit schon sprachlich so klein gemacht, dass jeder sofort einsieht, warum es sich nicht lohnt, an diesem arbeiten zu gehen. Ich schlage vor, künftig im Deutschen “Klemmtag” zu benutzen.

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Was war?

Bevor es hier im normalen Takt weitergeht ein kurzes Update, was in Schweden so alles in den Nachrichten war während meiner Abwesenheit:

  • Die rechtsextremen Schwedendemokraten hielten ihren Parteitag in Karlskrona und parallel dazu wurde bekannt, dass jeder dritte derer Kommunalpolitiker von Sozialhilfe lebt, ein Vorwurf, den die Ausländerfeinde üblicherweise gegen Einwanderer vorbringen.
  • Die Buchbranche boomt. Das ist nicht neu, aber trotzdem erfreulich.
  • Der Verkauf von Alkohol im Systembolaget wächst ebenso. Zehn Prozent Steigerung gegenüber dem Vorjahr findet das Gesundheitsamt aber eher weniger gut.
  • Auch vom Arbeitsmarkt hört man nur Erfolgsmeldungen. 4% mehr Angestelle im Vergleich zum Vorjahr und 23% mehr offene Stellen.
  • An Busfahrern mangelt es schon und man will deshalb die Altersgrenze von 21 Jahren aufweichen. Wie wäre es mit Import aus Deutschland? Bei Ärzten scheint das ja gut zu funktionieren.
  • Schweden hat einen Terrorverdächtigen an Deutschland ausgeliefert.
  • 56 Prozent ihrer Zeit im Internet oder durchschnittlich sieben Stunden pro Woche surfen Schweden zum Privatvergnügen vom Arbeitsplatz aus, ergab eine Untersuchung.
  • Die Anzeige gegen Außenminister Bildt wegen volksverhetzender Kommentare in seinem Blog liegt mittlerweile beim Staatsanwalt.
  • Gefriertrocknung als Bestattungsmethode. Warum nicht?
  • Das größte schwedische Rockfestival in Hultsfred streitet sich mit der Gemeinde um die Lärmbelästigung und droht, das Ganze abzublasen.
  • Ich dachte ja bisher, dass der Spaß am Jagen ein Defekt auf dem Y-Chromosom sei, aber der Anteil der Frauen unter den Jägern in Schweden wächst. Außerdem wird das Jagen wegen einer Regeländerung des Jagdscheins für viele teurer. Gut so.

  • In Uppsala ist diese Woche die Linné-Woche mit zahlreichen Veranstaltungen zum 300. Geburtstag des Botanikers. Am hiesigen Bahnhof hat man deswegen sogar Palmen gepflanzt. Mehr zu den Feierlichkeiten im Laufe der Woche.

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Mors dag? Noch nicht.

In vielen europäischen Ländern ist heute Muttertag. Neben Deutschland auch in Dänemark und Finnland. In Norwegen liegt der Muttertag dagegen schon im Februar und hier in Schweden ist es nicht der zweite, sondern der letzte Sonntag im Mai, auf den sich die Blumengeschäfte freuen.

Das kann gegenüber zuhause gebliebenen Müttern schon einmal als Ausrede herhalten, dass man ihn vergessen hat.

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BMW und Volvo

Irgendwann fand ich das Drama um MAN, Volkswagen und Scania langweilig, so dass ich nicht einmal weiß, wie diese Geschichte ausging. Jetzt taucht auch noch das Gerücht auf, dass BMV Volvo kaufen will (E).

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Kohle im Wasserfall

Radio Schweden schreibt:

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall betreit vier der klimaschädlichsten Kraftwerke Europas. [...] Das Kohlekraft Jänschwalde nördlich von Cottbus [liegt] an vierter Stelle.

Hinzuzufügen ist, dass auch die anderen drei, die Vattenfall in der “Top 16” der Verschmutzer platziert hat, in Deutschland stehen (S). Vattenfall meint dazu, dass es in Ländern wie Deutschland und Polen ohne Kohle eben nicht gehe, und führt ein geplantes kohlendioxidfreies Kraftwerk in Ostdeutschland an, wenn kritisiert wird, dass die Ausgaben für erneuerbare Energien in keinem Verhältnis zu den Rekordeinnahmen stehen.

Ich bin ja mit der Entwicklung des europäischen Energiemarktes, soweit ich sie mitbekommen habe, eher unzufrieden. Nicht so sehr, dass die Preise gestiegen sind, sondern wo das Geld hinfließt.

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Statistiken, Statistiker und Vergleiche

Wieder einmal ZEIT-Lektüre am Frühstückstisch. In diesem Artikel fragt sich Susanne Gaschke, ob es gerechtfertigt ist, Deutschland mit “kleinen” Ländern wie Schweden zu vergleichen, wie es oft getan wird. Zwei Hauptaussagen hat der Text und beide halte ich für richtig:

  • Die Selbstwahrnehmung der Deutschen entspricht nicht der Größe und dem Einfluss des Landes. Deutschland ist groß und erfolgreich, ob man das nun mag oder nicht. Auch aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass ich das anders sah, bevor ich das Land eine Weile verließ. Irgendwie war es angenehmer, Deutschland als unwichtig zu betrachten.
  • Die Verhältnisse und Lösungen aus “Vorbildländern” werden oft aus dem Zusammenhang gerissen und sind nicht ohne weiteres übertragbar. Gewachsene Strukturen lassen sich nicht einfach durch eine Regeländerung kopieren. Jetzt aber die Gretchenfrage: Was haben die beiden Aussagen miteinander zu tun? Scheitern die Vergleiche mit anderen Ländern, *weil* Deutschland größer ist, wie Frau Gaschke es suggeriert? Oder spielt die Größe eine untergeordnete Rolle gegenüber anderen Unterschieden, wenn man zwei Länder vergleicht? Ich sehe ja ein, dass die Anzahl der zu organisierenden Menschen eine Rolle spielt, wenn man eine Gruppe mit 80 und eine mit 80 Millionen hat. Aber zwischen Schweden und Deutschland als Beispiel ist es nur ein Faktor 9 in der Bevölkerungszahl – nicht einmal eine Größenordnung. Auch in Schweden findet sich zu jeder Meinung jemand, der sie vertritt, und der relative (!) Einfluss von Interessensgruppen sollte auch gleich bleiben. Mir fällt kein offensichtlicher Grund ein, warum Gesellschaften nicht zumindest über einen Faktor zehn nach oben und unten gut skalieren sollten. Angeschnitten hatten wir das Thema [hier](http://www.fiket.de/2007/01/22/ueberall-ist-es-besser/) schon einmal und ich werde auch die Statistiker in Stockholm fragen, bei denen ich bald einen Vortrag geben werde. Ein Verein von Statistikern und Statistikinteressierten hat nämlich gestern angefragt, ob ich ihnen nicht etwas zu Statistik in der Astronomie erzählen kann. Kann ich schon, ich befürchte aber fast, dass die Menschen, die Statistik als Selbstzweck sehen, unsere doch eher pragmatische Herangehensweise befremdlich finden werden.
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Kleine Korrekturen

Schweden fallen doch noch einmal andere Dinge auf, wenn sie einen Artikel wie diesen zu lesen bekommen.

  • Das da auf dem Schild, liebe ZEIT, ist kein Elch:

    Kein Elch

  • Aus Stockholm kommen die Kriminalromane von Mankell, Nesser und Edwardsson nicht, sondern aus Skåne, Uppsala beziehungsweise Göteborg.

  • Leif GW Persson wird nicht wirklich “Giwi” genannt, allenfalls nach den Initialen “GW”, aber dann mit “e” anstatt “i” gesprochen. Und seine Popularität und sein Einfluss sind ziemlich übertrieben.
  • Wie konnten die Autoren den Mord an Anna Lindh vor dreieinhalb Jahren vergessen? Der hat wirklich hohe Wellen geschlagen und unter anderem dafür gesorgt, dass heute nicht mehr nur König und Premierminister Leibwächter haben.

  • Auch wenn der Artikel mehrere richtige Punkte anspricht, bleibt die Frage, ob sich ein ähnlicher Artikel – mit anderen Beispielen – genauso für andere Länder schreiben ließe, oder ob es ein spezifisch schwedisches Thema ist. Wahrscheinlich ist ersteres der Fall.

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Die ängstlichen Schweden

Wer dies noch nicht getan hat, lese jetzt ganz schnell Angstlust im Sehnsuchtsland, den dritten und letzten Artikel der ZEIT-Reihe Im Norden alles besser?, diesmal über Schweden. Es geht darum, wie Leute in einem der sichersten Länder der Welt eine irrationale Angst vor Kriminalität entwickeln und wie Delikte trotz niedriger und weiter sinkender Zahlen die Medien füllen. Der Palme-Mord und der “Haga-Mann” dienen als Beispiele.

Ich kann die im Artikel beschriebene Stimmung im Prinzip bestätigen und störe mich schon länger daran. Zum Beispiel hatten gestern 11 von 60 Meldungen von SvD Inrikes mit Kriminalität zu tun, meist nicht einmal Mord, sondern Dinge wie Raufereien oder Sachbeschädigung, die trotzdem landesweit berichtet werden. Dazu kamen noch 6 Unfälle oder Unglücke. Ekot berichtete in der Lokalausgabe davon, dass hier in Uppsala jemand beim Stehlen in einem Supermarkt erwischt wurde. Lästig.

Es interessiert mich nicht, wer wen gestern vermöbelt oder umgebracht hat – dazu hat der Rechtsstaat ausreichende und geeignete Mittel zur Hand. Es interessiert mich sehr wohl, wenn ohne vernünftigen Grund die Mittel und Strafen verschärft werden, nur weil Politiker sich nicht trauen, der allgemeinen Ängstlichkeit entgegenzuhalten. Das ist allerdings kein schwedisches Problem allein, sondern gilt in gleichem Maße für Deutschland.

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Statistiken: Fett sein und blau machen

Sind sie nicht toll, all die Zahlen mit denen wir Menschen uns gern untereinander vergleichen? Ich mag Statistiken. Die allgemeine Skepsis gegenüber Zahlen, die sich in dem bekannten Spruch zum “selbst fälschen” äußert, ist teils berechtigt. Das liegt vor allem daran, dass oft nur die Zahlen genannt werden, ohne dazuzusagen, wie sie erhoben wurden, wie die Verteilung der Werte aussah, was die Schwachstellen sind und welche Schlussfolgerungen wirklich gezogen werden können..

Das kostet aber leider mehr Mühe und Zeit und interessiert zu wenige. Wer möchte schon die Details wissen, wenn man stattdessen einfach nur zu lesen braucht: Deutsche haben in Moppel-Liga den Bauch vorn. In Schweden lautete die Schlagzeile entsprechend Tyskarna toppar fetmaligan i Europa (Die Deutschen in der Europa-Liga der Fetten ganz oben).

Dabei bietet der SpOn-Artikel immerhin aufschlussreiche Graphen und Karten. In Schweden scheint Übergewicht also ein kleineres Problem zu sein. Der große Unterschied zu Finnland hat mich überrascht.

Das Thema ist hier regelmäßig in den Medien, vor allem im Zusammenhang mit Kindern und dem Essen, das sie in den Schulen bekommen. Erst neulich las ich, dass das Verbannen von Zucker aus dem Schulessen erfolgreich war (Quelle verlegt) und dass die Anzahl übergewichtiger Kinder wieder abnimmt (S).

Zur zweiten Statistik: Eine Studie aus München besagt, die Schweden seien nach den Indern die fleißigsten Simulaten (E). 7.6 der 17.3 Krankheitstage pro Jahr sind Schweden nach eigenen Angaben nicht wirklich krank, sondern wollen nur nicht arbeiten. Deutsche machen im Durchschnitt nur 1.8 Tage im Jahr blau. Sagt die Statistik.

Im Unterschied zum Übergewicht, lässt sich die Anzahl der selbsterwirkten Urlaubstage aber nicht objektiv messen. Man ist auf die Befragung der Leute angewiesen und damit auf deren Ehrlichkeit. Anstatt

Die Schweden machen viermal so viel blau wie die Deutschen.

könnte die Schlussfolgerung genauso lauten:

Schweden viermal so ehrlich wie die Deutschen.

Man weiß es eben nicht. Vielleicht haben Deutsche mehr Angst, ihre Arbeit zu verlieren und machen deswegen weniger blau, oder geben es deswegen weniger zu? Vielleicht denken Deutsche eher “Das geht euch gar nichts an!” als Schweden, die weniger misstrauisch sind und private Angaben leichter preisgeben? Dazu kommt noch, dass allein schon wegen der verschiedenen Sprachen die Frage nicht überall genau gleich gestellt werden kann und so die Ergebnisse nicht vergleichbar werden, selbst wenn die Studie immer von den gleichen Leuten betreut wurde.

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Einkaufen in Schweden

Ebbe schreibt sehr amüsant übers Einkaufen in Schweden und merkt an, dass die höheren Lebensmittelpreise in Schweden nicht nur an der höheren Mehrwertsteuer liegen, sondern auch an den Gewinnmargen der Händler. Satte 17% in Schweden führt er gegen das eine Prozent in Deutschland an.

Gehen wir einmal davon aus, dass das stimmt (Quelle?). Ist das dann schlecht? Schlägt der schwedische Händler wirklich einfach nur 16% auf, um den Anschein von Qualitätsprodukten zu vermitteln, und streicht das Geld ein?

Oder hat er mit den Mehreinnahmen die Möglichkeit, mehr Leute anzustellen und diesen vernünftige Löhne und Arbeitsbedingungen zu bieten? Wirkt es sich nicht vielleicht doch indirekt auf die Qualität der Produkte aus, weil die Produzenten nicht so sehr unter Preisdruck stehen wie in Deutschland?

Viele Fragen, die ich nicht beantworten kann, weil ich keinen Einblick in diese Branche habe. Trotzdem habe ich eine allgemeine Meinung dazu: Pfennigfuchserei beim Essen finde ich widerlich. Die Bereitschaft gutes Geld für gutes Essen auszugeben schafft überhaupt erst die Möglichkeit, einen anderen Weg zu gehen als die billigstmöglichen Produktionsmethoden. Nein, ich habe keine Garantie, dass mein Geld auch in die richtigen Kanäle fließt, aber ich übe als Konsument auch nicht den schädlichen Preisdruck aus.

In Essen ist Geld viel besser investiert als in Luxusgüter oder die neuesten Klamotten. Dass in Schweden billiges Essen einen schlechten Ruf hat, finde ich sehr gut.

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