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Kreative Schweden

Schon wieder zwei Statistiken, in denen Schweden international vorne liegt. Im schwedischen Parlament sind 47.3 Prozent der Abgeordneten Frauen. Das ist das gleichberechtigste Parlament (E) der Welt, nach Ruanda.

Außerdem wird Schweden bescheinigt, die kreativsten und talentiertesten (S) Geschäftsmänner und -frauen zu haben. Es sei sogar ein Talentmagnet für die höchstausgebildeten Arbeiter der Welt und sorge dafür, dass es die kreative Klasse von vielen Ländern nach Schweden zieht. Wenn das keine Übertreibung ist, dann ist es ein starkes Indiz dafür, dass es Schweden auch in Zukunft sehr gut gehen wird.

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Mehr Schweden

Die schwedische Bevölkerung wächst (S). 65.000 mehr Menschen innerhalb eines Jahres bringen die Zahl der in Schweden lebenden Menschen auf 9.113.257, ein Wachstum von 0.7%. 14.000 mehr Menschen wurden geboren als starben und der restliche Zuwachs kommt aus der Wanderungsbilanz, in der 45.000 Auswanderer 96.000 Einwanderern gegenüberstehen – so viele wie nie zuvor.

Die größte Gruppe der Einwanderer sind übrigens heimkehrende Schweden, die einmal ausgewandert waren. Aber Schweden nimmt auch anteilsmäßig sehr viele Flüchtlinge aus dem Irak auf und hat die europäischen Nachbarn aufgefordert, ihre diesbezüglichen Beschränkungen ebenfalls zu lockern.

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Nur Schwedisch in Schulen?

Die liberale Folkpartiet ging mit ihrer Schulpolitik in den Wahlkampf und dementsprechend werden in der heutigen Allianzregierung sowohl Schul- als auch Ausbildungsministerium von ihr besetzt, letzteres von Parteichef Lars Lejonborg. In Malmö, wo einige Schulen hohe Einwandererquoten haben, hat die Folkparti gerade vorgeschlagen (S), Schwedisch im Klassenzimmer verbindlich zu machen, vor allem mit dem Gedanken, dass Lehrer mehr Handhabe haben, wenn Schüler ihre Sprachkenntnisse nutzen, um den Lehrer zu umgehen und den Unterricht zu stören.

Im Gegensatz zur letztjährigen Diskussion in Deutschland um die Berliner Schule, in der sich die Schüler freiwillig eine Deutsch-Pflicht auferlegten, geht es wohlgemerkt nicht um den Pausenhof, sondern um die Unterrichtszeit selbst.

Der Vorschlag hat viel Kritik auf den Plan gerufen. Der Partei Rassismus vorzuwerfen und sie mit der NSDAP zu vergleichen (S), halte ich jedoch für übertrieben. Völlig richtig ist dagegen, das dieser Vorschlag undurchführbar ist. Denn die eigentliche Ursache ist wohl, dass Lehrer in Schweden ihren Schülern sehr wenig zu sagen haben und dass oft das grundlegende Maß an Ordnung im Unterricht fehlt. Daran wird ein Gebot, Schwedisch zu sprechen, nicht viel ändern.

Abschließend sei hinzugefügt, dass ich bei diesem Thema Halbwissen verbreite – ich habe noch kaum eine schwedische Schule von innen gesehen, geschweige denn eine besucht.

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Auswanderungsgründe

Viele Deutsche spielen nicht nur mit dem Gedanken auszuwandern, sondern tun es auch. Schweden steht wohl recht hoch auf der Liste der Zielländer – die Gründe sind vielfältig und sollen jetzt nicht dargelegt werden.

Stattdessen möchte ich auf die Liste mit Auswanderungsgründen aus Deutschland auf Telepolis hinweisen. Keiner davon war zwar ein Grund für mich und ich stimme auch nicht mit allen Punkten überein, aber lesenswert sind sie allemal.

Mein Favorit:

Weil einer wie Edmund Stoiber es beinahe zum Bundeskanzler geschafft hätte.

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Schwedischer Alleingang

Schon bei der letzten EU-Erweiterung hatten die Leute Angst vor dem “polnischen Klempner” und wenn bald Rumänien und Bulgarien beitreten, werden deren Einwohner wegen eben dieser Ängste in den anderen Ländern nicht die gleiche Freiheit in der Wohnsitz- und Arbeitsplatzwahl haben, wie die Altmitglieder.

Als einziges EU-Land wird Schweden den neuen Mitgliedern keine solchen Beschränkungen auferlegen (E). Man hat einfach nüchtern die letzte Erweiterungsrunde analysiert, keinerlei negativen Auswirkungen festgestellt und die logische Schlussfolgerung daraus gezogen.

Politik, die keine irrationalen Ängste bedient, sondern Zahlen und Vernunft gelten lässt. Mehr davon, bitte.

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Demo gegen Rassismus

![Demo](/pic/demo1.jpg)

Ich war heute nachmittag auf meiner ersten schwedischen Demonstration. Dass ich das erst nach über vier Jahren in Schweden sagen kann. liegt wohl vor allem daran, dass in Schweden weniger demonstriert wird als in Deutschland oder gar Frankreich. Statistik habe ich dazu zwar keine, aber ich fand meine Vermutungen bestätigt.

Die heutige Demo war gegen Rassismus. Der Erfolg der Schwedendemokraten bei der Wahl vor einigen Wochen und natürlich auch deren Einzug ins hiesige Rathaus waren dafür ein guter Anlass.

Als Unterstützer wurden sowohl die etablierten Parteien und deren Jugendverbände, als auch unabhängige, meist linke, Jugendverbände genannt. Organisator war der Verein Uppsalabor mot Rasism (S), der dieses Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen feiert und schon nächste Woche ein “Volksfest gegen Rassismus” veranstaltet.

![Demo](/pic/demo3.jpg)

Das klang jetzt sicher alles sehr groß, war es aber leider nicht. Die wenigen hundert Teilnehmer wurden vor Abmarsch gebeten, in Viererreihen zu marschieren, so dass dann auch nur eine Straßenseite gebraucht wurde und der Zug wenigstens seine knappen hundert Meter lang war. Es reichten etwa fünf Polizisten als Begleitung und um an Kreuzungen den Verkehr aufzuhalten. Zwei Menschen mit Megafonen gaben Kampfparolen vor, die brav wiederholt wurden. Deren Texte reichten von harmlos (_Keine Rassisten auf unseren Straßen_) bis martialisch (_Der Kampf geht weiter – zermalmt den Rassismus_, oder so ähnlich).

Spruchbänder gab es weniger als zehn und die Aussagen darauf waren nicht sonderlich überraschend, bis auf Vernichtet den Staat – freie Einwanderung. Neben einer “Gegen Nazis”-Flagge (ja, auf Deutsch) wurden viele rot-schwarze Flaggen geschwenkt, die, wenn ich mich nicht irre, dem syndikalistischen Jugendverband (S) zuzuordnen sind, einer nach eigener Aussage “sozialistischen und freiheitlichen Vereinigung”.

Der Zug bestand zum Großteil aus Jugendlichen, Ältere und Kinderwägen waren jedoch keine Seltenheit. Man bewegte sich vom Schloßhügel in einer Schleife zum zentralen Marktplatz, dessen eine Ecke für die Abschlusskundgebung ausreichte. Ich war nicht sehr angetan von der ganzen Sache, wahrscheinlich am meisten wegen der geringen Anzahl Teilnehmer. Ich denke aber nicht, dass die Veranstalter unzufrieden waren. Schwedische Demos sind vielleicht einfach so.

Die restlichen Bilder gibt es hier.

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Offenere Einwanderung nach Schweden

Der SR schreibt über die neuen Regeln für ausländische Arbeitskräfte:

Ausländer, die nicht aus der EU kommen, [dürfen] drei Monate lang eine Anstellung in Schweden suchen. Wenn sie in dieser Zeit einen Arbeitgeber finden, dürfen sie nach schwedischen Tarifregeln angestellt werden. Nach Auffassung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ermöglicht die Neuregelung sowohl Flüchtlingen als auch ausländischen Spezialkräften einen leichteren Zugang zum schwedischen Arbeitsmarkt.

Tolle Sache, finde ich. Neulich hatte schon der Chef der Handelsbank vorgeschlagen (S), Einwanderungsbeschränkungen ganz aufzuheben. Das würde Wachstum bringen und Schwarzarbeit verringern. Außerdem sieht er im schwedischen Klima eine natürliche Hürde, die den Zustrom an Menschen beschränkt.

Es gibt Tage, an denen ich das voll und ganz nachvollziehen kann.

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Die schwedischen Rechtsradikalen

Das Thema Integration hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit in Deutschland erfahren. In Schweden ist die Situation wieder einmal besser: Es wird viel für die Integration der Ausländer getan und es zahlt sich z.B. insofern aus, als dass die Kinder von Einwanderern in ihren schulischen Leistungen lange nicht so weit zurückliegen wie ihre “Kollegen” in Deutschland und somit weniger häufig Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben werden. Auch die gefühlte Integration ist stärker und es kommt beispielsweise kaum vor, dass eine “ausländisch aussehende” Gruppe, die man auf der Straße trifft, nicht schwedisch miteinander spricht.

Erst heute morgen las ich (S) über das diesjährige Einwanderungsbarometer: 80% der Schweden finden es vorteilhaft für das Land, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander gemischt werden, und neun von zehn Schweden wollen in Schweden lebenden Menschen die gleichen Rechte wie Schweden geben. Obwohl die Integration oft als unzureichend angesehen wird, geht der Trend zu mehr Akzeptanz von Ausländern. Der frisch zum Feiertag erhobene Nationaldagen am 6.Juni wird unter anderem dazu benutzt, neu eingebürgerte Willkommen zu heißen.

Also alles in Butter? Leider nein.

Denn es gibt sie auch in Schweden: Nationalisten, Xenophobe, Rassisten und, ja, auch Neonazis. Ein Professor an der hiesigen Uni Uppsala, der sich mit Integrationsfragen beschäftigt, wurde erst neulich Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs. Es gibt auch Gruppen, die es gar nicht gern sehen, wozu der Nationalfeiertag genutzt wird (s.o.), und so gab es am Dienstag in Stockholm eine Demo der Rechtsextemisten. Es gab zwar eine Gegendemonstation der Linken, diese war aber kleiner. Die Polizei verhinderte Zusammenstöße der beiden Gruppen und nahm einen der Rechten wegen Volksverhetzung fest.

Die politische Partei der Nationalisten nennt sich Sverigedemokraterna, die “Schwedendemokraten”. Auf deren Agenda steht, wer hätte es gedacht, eine Rückbesinnung auf nationale Qualitäten, Begrenzung der Einwanderung, und so weiter – eben Schweden den Schweden in vielerlei Form. Obwohl sie in der wirklichen Politik eine sehr kleine Rolle spielen – sie kamen 2002 mit 1.4% der Stimmen nicht ins Parlament und sind nur in drei Kommunalvertretungen beteiligt – schaffen sie es regelmäßig in die Schlagzeilen.

Neulich wollten sie an Schulen Propaganda verteilen, was meines Wissens verhindert wurde. Entsprechende Postwurfsendungen wurden vorübergehend von Briefträgern boykottiert (S) und es gibt Aktivisten, die Aufkleber verteilen, die man sich an den Briefschlitz kleben kann, um keine solche Reklame zu bekommen und ein Zeichen zu setzen. Leider scheint es, als ob die Schwedendemokraten gerade bei (v.a. männlichen) jungen Menschen hinzugewinnen können und eine nicht-repräsentative, internetbasierte Testwahl (S) unter 15- bis 21-jährigen, die heute bekannt wurde, sah die Schwedendemokraten mit über 10% als drittstärkste Partei.

Dass die Wahl im Herbst so ausgeht ist zwar sehr unwahrscheinlich, trotzdem ist die Existenz und Sichtbarkeit der schwedischen Rechten betrüblich. Erfreulich ist es andererseits, dass ihr Rückhalt in der breiten Bevölkerung gering ist und viele ansonsten unpolitische Schweden aktiv und böse werden, wenn man sie auf die Schwedendemokraten anspricht.

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Ausländer in Schweden

Ich weiß garnicht wo ich anfangen soll, diesen Blog-Eintrag zu kommentieren, der vorgibt, in Schweden wäre Gewalt, die von Einwanderern ausgeht, außer Kontrolle. Hier meine wichtigsten Einwände:

  • Das Aftonbladet auf das sich bezogen wird, ist Sensationspresse wie die BILD-Zeitung, wenn nicht schlimmer.
  • Es werden, wie so oft in diesem Zusammenhang, Einzelfälle zum Anlass für Panikmache und Hetze genommen.
  • Nein, Schweden ist alles andere als auf dem Weg, das “Bosnien Nordeuropas” zu werden. Die Ausländerquote ist hier genauso stabil wie in Deutschland, wenn ich mich recht erinnere sogar etwas niedriger.
  • Selbst wenn die Kriminalitätsrate bei Einwanderern höher ist, gibt es Gesetze und den Rechtstaat, das zu regeln. Dieser funktioniert und es gibt keinerlei Grund für Panikmache und Hetze wie im verlinkten Artikel.
  • Im Gegenteil: Es sollte nach den Ursachen gesucht werden. Schweden hat eine härtere Einwandererpolitik als Deutschland und wird zurecht zuweilen dafür kritisiert.

    Einen sehr guten Artikel zum Thema, wie der Westen islamischem Faschismus begegnen sollte, hat [Josef Joffe neulich verfasst](http://www.zeit.de/2006/09/Symmetrie?page=all). Kerngedanke ist, dass wir uns davor hüten sollten, mit den gleichen Mitteln zu agieren, wie die Gegner der offenen Gesellschaft, nämlich grobe Verallgemeinerung und Kollektivhaftung. Lesen!
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