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Seltenheitswert

Ist es nicht erstaunlich, dass Leute in Scharen herbeiströmen, sobald es etwas Seltenes zu sehen gibt? Zum Beispiel die Riesenseerose victoria cruziana, die im Botanischen Garten von Uppsala in einem eigenen Anbau des Gewächshauses lebt. Die Pflanze blüht nur kurze Zeit im Jahr, jede Blüte zwei Nächte lang; die erste Nacht weiß, die zweite rot. Das Haus hat wegen dieses “Spektakels” jedes Jahr längere Öffnungszeiten.

Ob die Allgegenwart Linnés zu seinem 300. Geburtstag das Interesse am Grünen neu geweckt hat, weiß ich nicht, aber alleine gestern Abend waren über fünfzig Leute da, um vergeblich darauf zu warten, dass eine Blüte zwischen den riesigen Blättern auftaucht und sich öffnet.

victoria cruziana mit
Zuschauern

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Ingmar Bergman gestorben

Der wohl bekannteste Filmregisseur Schwedens, Ingmar Bergman, ist tot. Ich habe mich leider nie eingehender mit ihm und seinen Filmen beschäftigt und überlasse deswegen die vielen Worte anderen.

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Schweden beim G8-Treffen

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Mit einem T-Shirt in der Tasche, das nebenstehenden Aufdruck zeigt, kommt man nicht nach Deutschland. Es handelt sich um das Logo des Piratbyrån, einer Interessenorganisation für den Dateitausch im Internet, und erinnert an die Bedeutung der Musikkassette, die es erstmals vielen Menschen erlaubte, Musik zu vervielfältigen. Wenn man dann noch eine Broschüre des alternativen G8-Gipfels bei sich hat, ist das natürlich noch verdächtiger und man wird in Rostock am Fährhafen an der Einreise gehindert. So erging es zumindest zwei Schweden, die zu eben diesem Treffen fahren wollten.

Diese Geschichte reiht sich ein in andere Berichte in den schwedischen Medien der letzten Tage, in denen über Einzelschicksale von schwedischen Teilnehmern an den Protesten geschrieben wurde. Da gab es noch die ebensowenig rühmliche Geschichte, dass die beiden Sprecher der schwedischen Jungen Grünen über Nacht festgesetzt wurden, weil bei der Durchsuchung des Busses, mit dem sie kamen, schwarze Masken gefunden wurden. Oder eben diese Geschichte.

Ansonsten kann man in der schwedischen Berichterstattung die meisten Informationen finden, die auch in den deutschen Medien Schlagzeilen machen. Das Thema ist verständlicherweise weniger dominant und die schwedische Perspektive sorgt dafür, dass man zum Beispiel erfährt, welches Fabrikat eines der Schnellboote war, mit denen man die Greenpeace-Boote einfing. Ein schwedisches. Von der Freude und Feier über die gelungene friedliche Blockade konnte man heute morgen in DN ebenso lesen wie von den Gerüchten, dass ein in schwarz gekleideter Mann, der zum Steinewerfen aufrief, als Polizist erkannt wurde.

Ich glaube nicht, dass das Bild der Schweden von Deutschland durch die Ereignisse rund um Heiligendamm nachhaltig verschlechtert wird, aber sie werden aufmerksam verfolgt. Von der “Rahmenhandlung” abgesehen, wird natürlich auch das G8-Treffen an sich in den schwedischen Medien behandelt.

Nachtrag, 11.5.07: Telepolis schreibt auch darüber.

Bild: von den Piraten geklaut.

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Skolavslutning

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Heute fangen in Schweden die Sommerferien an, meines Wissens landesweit. Für alle, die schon lange keine Schule mehr besuchen, äußert sich dieser Tag vor allem darin, dass die Abiturienten in geschmückten Autos und auf Lastwagenpritschen durch die Stadt gefahren werden. Die dazu gehörenden Accessoires sind laute Musik, Sekt und natürlich die unabdingbare weiße Studentenmütze. Damit diese Tradition nicht die Stockholmer Innenstadt lahmlegt, haben einige Schulen dort ihre Abiturienten schon in den letzten Tagen und Wochen entlassen.

Bevor dieser Spaß losgeht, ist vormittags die offizielle Abschlussfeier. Weil viele Schulen keine Aula haben, findet diese oft außerhalb statt. Dass unter den Räumlichkeiten nicht selten Kirchen waren, hat in den letzten Jahren verstärkt zu Diskussionen geführt, weil man die Säkularität der Schulen verletzt sah. Nach der Feier werden die Abiturienten von Eltern und Familie im Freien empfangen, oft mit selbstgebastelten Schildern, die ein Babyfoto des frischbebackenen Studenten ziert.

Das Gymnasium zu beenden heißt im Schwedischen “att ta studenten”, wörtlich “den Student nehmen/machen”, und ist am ehesten mit “Hochschulreife erlangen” zu übersetzen, auch wenn das nicht auf alle, die das Gymnasium verlassen, zutrifft.

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Unschwedisch

Wir stehen zu zweit auf der Brücke. Mit Kinokarten in der Tasche unterhalten wir uns bis die Vorstellung anfängt und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Eine Frau mittleren Alters stellt sich ein paar Meter weiter und sieht glücklich aus. Sie sieht zu glücklich aus und schaut etwas zu sehr in unsere Richtung, als dass man nicht misstrauisch würde, sie wolle etwas. Schon fängt sie an zu reden. Welch wunderbarer Anblick das sei. All die Blumen in der Stadt. Und der japanische Kaiser. Und der Vortrag von Watson gestern, der habe sie ja so froh gemacht, wie dieser alte und hochdekorierte Mensch auf der Bühne gekichert hat und eine solche kindliche Neugier an den Tag legte. Das gebe ihr Hoffnung fürs Altwerden. Der Planetenforscher sei ja auch sehr gut gewesen. Aber anders, mehr effektiv. Er habe Wissen vermittelt und sie habe diese Wissensvermittelung wahrlich genossen. Aber der Kardinal später, der sei ja Deutscher gewesen und auch wenn er auf Englisch geredet habe, sei er ja so super-duper-deutsch gewesen. Ewig lang habe er geredet. Sie macht ein gequältes Gesicht. Ich schaue mitleidig, erwähne jedoch nicht, dass ich auch in diesen Vorträgen saß, sondern gebe ihr ein scherzhaft abfälliges “Katholiken!” als Antwort. Ach nein! Sie sei ja selbst katholisch, aber dieser Kardinal, ne, den mochte sie nicht.

Es ist Zeit, auf unseren Kinobesuch hinzuweisen, uns zu verabschieden und ein wenig über diese Begebenheit zu lächeln. Denn erst wenn jemand die ungeschriebenen Normen bricht, fallen sie einem auf. Es ist in Schweden ungewöhnlich, auf der Straße angesprochen zu werden, erst recht von Schweden.

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Wort der Woche: Kungens Kurva

Rainer schrieb gestern:

So und jetzt mache ich mich auf den Weg zu IKEA in Kungens Kurva, wo es wahrscheinlich von Menschen nur so wimmelt.

Kungens Kurva? In der Tat nennt sich der Platz in Huddinge, etwas südlich von Stockholm, an dem heute das Einkaufszentrum mit einem IKEA, dem Vergnügungszentrum Heron City und Filialen der verschiedenen Elektronikgroßmärkte liegt, Kungens Kurva, also die “Kurve des Königs”.

Das kam so. Der Urgroßvater des heutigen Königs, Gustav V., war 1946 auf dem Heimweg von der Jagd auf Schloss Tullgarn und aß im Fond des großen Cadillac mit einigen Mitreisenden zu Mittag. Die Stimmung war gut und Gustav wies den Chauffeur an, schnell zu fahren. Der Weg war damals noch nicht autobahnartig ausgebaut und es fanden Bauarbeiten statt, so dass der Fahrer wegen der hohen Geschwindigkeit leicht vom Weg abkam und die Kontrolle über das Auto verlor. Man landete im sumpfigen Straßengraben. Niemand kam zu Schaden und der König wurde im nachfolgenden Wagen seiner Söhne mitgenommen. Trotzdem war der Unfall die Sensationsnachricht des nächsten Tages.

Als kurz darauf an dieser Stelle eine Tankstelle aufmachte, bekam sie den Namen Kungens Kurva, der heute für das gesamte Viertel verwendet wird. Der Ursprung des Namens gerät derweil in Vergessenheit.

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Offene Türen

Jakarta ist überflutet und wie so oft betrifft es die Armen am meisten. Ein Mitarbeiter der schwedischen Botschaft dort, dessen Haus verschont wurde, hat seine Türen geöffnet, den Nachbarn zum Einkaufen geschickt und beherbergt vorübergehend 60 Leute (S) unter seinem Dach.

Was mich daran erinnert, dass auch unser Gästezimmer und -bett prinzipiell zur Verfügung stehen, falls einer der Leser mal in die Nähe kommt. Aber bitte nicht 60 auf einmal.

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Die Tsunami-Affäre

Vor über zwei Jahren ereignete sich der verheerende Tsunami im indischen Ozean. Weil Thailand bei Schweden ein beliebtes Reiseland ist, kamen über 500 Schweden um, in absoluten Zahlen etwa so viele wie Deutsche, im Anteil an der Bevölkerung jedoch neun Mal so viele. Während die deutsche Regierung mit ihrem Krisenmanagement an Popularität gewann, verschlief die damalige schwedische den Anfang und musste viel Kritik dafür einstecken. Die Diskussionen und Medienberichte darüber halten bis heute an.

Wovon die “Tsunami-Affäre” jetzt noch handelt, sind weniger die Sachfragen, denn diese wurden in einer Untersuchung geklärt, die bestätigte, dass nicht alles glatt lief auf schwedischer Seite und zum Beispiel Leute länger auf ihre Evakuierung warten mussten als nötig gewesen wäre. Es geht vielmehr nur noch um die Frage, ob von der alten Regierung gelogen wurde und ob man versucht hat, die eigene Missorganisation im Nachhinein zu vertuschen. Weil die Nachfolgeregierung inzwischen mehr Information freigegeben hat, nimmt der Untersuchungsausschuss jetzt seine Arbeit noch einmal auf.

So richtig nachvollziehen kann ich das Aufhebens um diese “Affäre” nicht. Dass viele Schweden bei dem Unglück umkamen, ist tragisch, aber nicht die Schuld von Politikern. Darüber hinaus ist es zwar nett, wenn ein Land seinen Bürgern hilft, wenn sie im Ausland in Not kommen, aber es würde mir nicht einfallen, auf ein solches Anrecht zu bestehen und schon gar nicht, mich dafür zu interessieren, wann der Staatssekretär an seinem Arbeitsplatz war und wen er zu welcher Zeit kontaktierte.

Leben ist gefährlich. Unglücke passieren.

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Fuglesang in Space

Nicht ganz unerwartet (S) fand der Start des Space Shuttles, mit dem Christer Fuglesang der erste Schwede im Weltraum werden soll, nicht wie geplant heute Nacht statt, sondern wurde wegen schlechten Wetters verschoben. Neuer Starttermin ist Samstag Abend.

Update 10. Dez: Heute Nacht war besseres Wetter und der Start ist geglückt. Christer Fuglesang ist damit der erste Schwede im Weltraum. In zwei Tagen wird die Besatzung bei der ISS ankommen.

Update 11. Dez: Bei der Überprüfung des Hitzeschilds des Space Shuttles Discovery wurden keine Schäden durch den Start festgestellt – solche Schäden hatten 2003 zum Verlust der Columbia beim Wiedereintritt in die Atmosphäre geführt. Noch heute Abend wird die Discovery an der internationalen Raumstation, die in 350 km Höhe die Erde umkreist, andocken.

Update 12. Dez: Das Shuttle hat angedockt und es wurde etwas Material überführt. Heute Abend soll der erste “Space Walk”, also Außenarbeiten im Raumanzug, stattfinden. Neue Sonnenkollektoren werden dabei installiert, um die Stromversorgung der ISS sicherzustellen.

Update 13. Dez: Gestern Abend haben Fuglesang und sein Kollege Curbeam den ersten Außeneinsatz absolviert. Alles lief nach Plan und die Installation und Umkonfiguration der Stromversorgung der ISS ist damit einen Schritt weiter. Ein Video gibt es auf der NASA-Homepage und am Ende dieses Artikels gibt es Bild(er).

Update 15. Dez: Gestern sollte ein ausgedientes Sonnensegel zusammengefaltet werden, aber es klemmt. Davon ungehindert hat Christer Fuglesang mittlerweile seinen zweiten Weltraumspaziergang erfolgreich absolviert und dabei die Stromversorgung so verändert, dass die im September installierten neuen Solarzellen ihre Wirkung entfalten können und die Energieproduktion der ISS um 50% steigern. Wegen des Problems mit dem alten Sonnensegel wird erwägt, einen zusätzlichen Außeneinsatz durchzuführen, bevor die Besatzung wieder aufbricht.

Update 17. Dez: Weil das Sonnensegel trotz kräftigen Schüttelns immer noch klemmt, wurde die Mission um einen Tag verlängert, damit Christer Fuglesang und sein Kollege Curbeam in ihrem dritten, außerplanmäßigen Raumspaziergang das Problem beheben können. (Neue Bilder nach nach dem Klick)

Update 19. Dez: Der dritte Außeneinsatz mit Christer Fuglesang war erfolgreich und sie konnten das verklemmte Sonnensegel einfalten. Mittlerweile ist die Raumfähre Discovery auf dem Rückweg und wird am Freitag in Florida landen. Gestern konnte eine Schulklasse aus dem kleinen Ort Knivsta, nicht weit von hier, Fragen an Fuglesang stellen – die mediale Verwertung des ersten schwedischen Astronauten scheint zu gelingen und Christer Fuglesang wird als Held zurückkehren, gerade für junge Menschen. Dagegen ist nicht einzuwenden, finde ich. Es gibt viel schlechtere Vorbilder.

Update 23 Dez: Die Discovery ist gestern Abend am Kennedy Space Center in Florida gelandet. Wegen des Wetters war es lange unklar, ob man dort landen könnte. Damit endet der erfolgreiche Einsatz des ersten schwedischen Astronauten Christer Fuglesang nach über 12 Tagen im Weltall und einer Wegstrecke von 8,5 Millionen Kilometern. In schwedischen Einheiten klingt es weniger: 85.000 Meilen.

Christer Fuglesang bei der Arbeit. Bilder: NASA

Christer Fuglesang bei der Arbeit, Bild:
NASA

Christer Fuglesang bei der Arbeit, Bild:
NASA

Christer Fuglesang bei der Arbeit, Bild:
NASA

Christer Fuglesang und der deutsche Astronaut Thomas Reiter:
Christer Fuglesang und der deutsche Astronaut Thomas Reiter, Bild:
NASA

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Weltraumbasis Uppsala

Wie bereits erwähnt wird Christer Fuglesang bald der erste Schwede im Weltraum sein. Wenn das Wetter mitspielt und die technischen Schwierigkeiten (S) behoben werden können, wird er als Teil der Space Shuttle-Besatzung in der Nacht zum Freitag aufbrechen und für eine gute Woche Arbeiten an der ISS ausführen.

Fuglesang hat über zehn Jahre auf seinen ersten Einsatz warten müssen. Dass es so lange gedauert hat, führt er selbst auch auf die mangelnde Unterstützung (E) seines Heimatlandes zurück. Nichtsdestotrotz ist der Start ein Medienereignis in Schweden und kaum ein Tag vergeht ohne Berichterstattung.

Vielerorts gibt es begleitende Veranstaltungen, so zum Beispiel die Rymdbas Stockholm am dortigen Kulturhaus. Auch das hiesige Institut für Weltraumphysik nutzt die Gelegenheit für Öffentlichkeitsarbeit und lädt unter dem Schlagwort Weltraumbasis Uppsala zu einer Liveübertragung des Starts und zu Vorlesungen diese und nächste Woche ein.

Plakat nach dem Klick:

Uppsala
Rymdbas

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