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Statistiken: Fett sein und blau machen

Sind sie nicht toll, all die Zahlen mit denen wir Menschen uns gern untereinander vergleichen? Ich mag Statistiken. Die allgemeine Skepsis gegenüber Zahlen, die sich in dem bekannten Spruch zum “selbst fälschen” äußert, ist teils berechtigt. Das liegt vor allem daran, dass oft nur die Zahlen genannt werden, ohne dazuzusagen, wie sie erhoben wurden, wie die Verteilung der Werte aussah, was die Schwachstellen sind und welche Schlussfolgerungen wirklich gezogen werden können..

Das kostet aber leider mehr Mühe und Zeit und interessiert zu wenige. Wer möchte schon die Details wissen, wenn man stattdessen einfach nur zu lesen braucht: Deutsche haben in Moppel-Liga den Bauch vorn. In Schweden lautete die Schlagzeile entsprechend Tyskarna toppar fetmaligan i Europa (Die Deutschen in der Europa-Liga der Fetten ganz oben).

Dabei bietet der SpOn-Artikel immerhin aufschlussreiche Graphen und Karten. In Schweden scheint Übergewicht also ein kleineres Problem zu sein. Der große Unterschied zu Finnland hat mich überrascht.

Das Thema ist hier regelmäßig in den Medien, vor allem im Zusammenhang mit Kindern und dem Essen, das sie in den Schulen bekommen. Erst neulich las ich, dass das Verbannen von Zucker aus dem Schulessen erfolgreich war (Quelle verlegt) und dass die Anzahl übergewichtiger Kinder wieder abnimmt (S).

Zur zweiten Statistik: Eine Studie aus München besagt, die Schweden seien nach den Indern die fleißigsten Simulaten (E). 7.6 der 17.3 Krankheitstage pro Jahr sind Schweden nach eigenen Angaben nicht wirklich krank, sondern wollen nur nicht arbeiten. Deutsche machen im Durchschnitt nur 1.8 Tage im Jahr blau. Sagt die Statistik.

Im Unterschied zum Übergewicht, lässt sich die Anzahl der selbsterwirkten Urlaubstage aber nicht objektiv messen. Man ist auf die Befragung der Leute angewiesen und damit auf deren Ehrlichkeit. Anstatt

Die Schweden machen viermal so viel blau wie die Deutschen.

könnte die Schlussfolgerung genauso lauten:

Schweden viermal so ehrlich wie die Deutschen.

Man weiß es eben nicht. Vielleicht haben Deutsche mehr Angst, ihre Arbeit zu verlieren und machen deswegen weniger blau, oder geben es deswegen weniger zu? Vielleicht denken Deutsche eher “Das geht euch gar nichts an!” als Schweden, die weniger misstrauisch sind und private Angaben leichter preisgeben? Dazu kommt noch, dass allein schon wegen der verschiedenen Sprachen die Frage nicht überall genau gleich gestellt werden kann und so die Ergebnisse nicht vergleichbar werden, selbst wenn die Studie immer von den gleichen Leuten betreut wurde.

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Einkaufen in Schweden

Ebbe schreibt sehr amüsant übers Einkaufen in Schweden und merkt an, dass die höheren Lebensmittelpreise in Schweden nicht nur an der höheren Mehrwertsteuer liegen, sondern auch an den Gewinnmargen der Händler. Satte 17% in Schweden führt er gegen das eine Prozent in Deutschland an.

Gehen wir einmal davon aus, dass das stimmt (Quelle?). Ist das dann schlecht? Schlägt der schwedische Händler wirklich einfach nur 16% auf, um den Anschein von Qualitätsprodukten zu vermitteln, und streicht das Geld ein?

Oder hat er mit den Mehreinnahmen die Möglichkeit, mehr Leute anzustellen und diesen vernünftige Löhne und Arbeitsbedingungen zu bieten? Wirkt es sich nicht vielleicht doch indirekt auf die Qualität der Produkte aus, weil die Produzenten nicht so sehr unter Preisdruck stehen wie in Deutschland?

Viele Fragen, die ich nicht beantworten kann, weil ich keinen Einblick in diese Branche habe. Trotzdem habe ich eine allgemeine Meinung dazu: Pfennigfuchserei beim Essen finde ich widerlich. Die Bereitschaft gutes Geld für gutes Essen auszugeben schafft überhaupt erst die Möglichkeit, einen anderen Weg zu gehen als die billigstmöglichen Produktionsmethoden. Nein, ich habe keine Garantie, dass mein Geld auch in die richtigen Kanäle fließt, aber ich übe als Konsument auch nicht den schädlichen Preisdruck aus.

In Essen ist Geld viel besser investiert als in Luxusgüter oder die neuesten Klamotten. Dass in Schweden billiges Essen einen schlechten Ruf hat, finde ich sehr gut.

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Wort der Woche: Havtorn

Im Schwedischen ist hav das “Meer” und torn bedeutet “Turm”. Havtorn ist jedoch mitnichten das schwedische Wort für “Leuchtturm” – die nennt man fyr – sondern torn kommt in diesem Fall von törne, also “Dorn”. Es handelt sich bei havtorn nämlich um ein Gewächs, genauer gesagt den Sanddorn.

Dieser ist einigermaßen typisch für die Küste von Uppland, wo die gelb-orangefarbenen Beeren im Herbst beim ersten Frost gepflückt werden. Diese sind im reifen Zustand nämlich so weich, dass man sie zerdrücken würde, wären sie nicht gefroren. Gestern habe ich zum ersten Mal Saft aus den Beeren des Sanddorns getrunken. Lecker. Der Geschmack liegt erstaunlicherweise genau wie erwartet auf halbem Weg zwischen Orangen und Hjortron.

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Das Alkoholklischee

Schweden und der Alkohol. Man kann darüber mehr schreiben, als ich zu Beginn dieses Blogs gedacht hätte. Zum Beispiel kann ein Text wie dieser nicht unkommentiert bleiben.

Schweden habe ein Alkoholproblem, ist der Tenor. Das kann man so sehen, aber dann haben alle europäischen Länder auch eines. Und Deutschland ein doppelt so großes wie Schweden. Denn der Alkoholkonsum pro Kopf ist in Deutschland doppelt so hoch und damit auch die alkoholbedingten Krankheiten.

Außerdem wird Alkoholismus meiner Meinung nach in Schweden besser thematisiert als in Deutschland, im Gegensatz zu was Burkhard in seinem klischeegespickten Artikel schreibt.

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Wort der Woche: Sylt

Schlägt man sylt im Wörterbuch nach, dann steht da “Marmelade” als deutsche Übersetzung. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht wirklich richtig, denn das Wort marmelad gibt es auch im Schwedischen und sylt ist nicht das gleiche. Was ist der Unterschied?

Ein paar Aussagen, die man zu diesem Problem treffen kann:

  • Sylt ist etwas flüssiger als marmelad.
  • Marmelad ist oft gelb (z.B. von Orangen) und sylt rot. Demnach wäre es die gleiche Unterscheidung wie jam und marmelade im Englischen. Aber es gibt auch Kirsch-, Brombeer- und andere Marmeladen.
  • Preiselbeeren sind immer lingonsylt und nie lingonmarmelad.
  • Auch bei Erdbeeren ist *sylt* die üblichere Form, aber wie bei vielen anderen Beeren gibt es beide Formen.

    Was *sylt* und *marmelad* (wahrscheinlich) vor allem unterscheidet, lernt man erst, wenn man von der Sache weggeht und einen Blick darauf wirft, wie sie jeweils *verwendet* werden. Marmelade kommt nämlich aufs Brot – *sylt* isst man dagegen mit [*filmjölk*](http://schwedenwiki.de/Fil), Pfannkuchen oder zu anderen Speisen.
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Wort der Woche: Våffeldagen

In Schweden ist heute Waffeltag, Våffeldagen, und es werden vielerorts die Waffeleisen hervorgeholt. Ein Blick in einen deutschen Kalender zeigt, dass heute auch “Mariä Verkündigung” ist, und die Vermutung, dass es da einen Zusammenhang gibt, ist in der Tat richtig. Denn eine alte schwedische Bezeichnung für diesen Feiertag ist “Vårfrudagen”, was “Tag unserer Frau” bedeutet.

Ein schlichtes Missverständnis oder Verschleifung hat dann aus dem “Vårfrudagen” den “Våffeldagen” gemacht und man fing an, mehr Waffeln zu essen.

Das macht den 25. März, finde ich, zu einem schönen Beispiel, wie christliche Traditionen in Schweden ihren religiösen Charakter verlieren und in den Alltag übergehen, in dem Religion für die meisten Schweden eine sehr geringe Rolle spielt.

(Faulheitsoffenlegung: Diesen Text gab es in leicht anderer Form schon letztes Jahr.)

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Hambergs Fisk

Falls einmal jemand nach Uppsala kommt und nicht weiß, wo er essen gehen soll: Hambergs Fisk ist ein ausgezeichnetes Fischrestaurant. Es liegt am Fluss, in der Nähe des Doms, direkt neben der Touristen-Information. Am besten Reservieren; es ist auch wochentags gut besucht. Die Preisklasse von Hambergs ist etwas gehoben, man muss also mit etwa 1000 Kronen rechnen für ein Essen für zwei Personen mit Vorspeise und Wein. Ein bis zwei Mal pro Jahr ist es das aber allemal Wert und gestern Abend war so eine Gelegenheit. Als Vorspeise hatte ich zwei kleine Fischfilets (die Sorte habe ich vergessen) mit einer Scheibe Speck und einer dunklen Linsensoße und als Hauptgericht Heilbutt mit frischem Meerrettich und Dillkartoffeln. Dazu französischen Riesling. Mmmmhhhh.

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Schwarzbrot

Wenn man Deutsche, die in Schweden leben, fragt, was sie denn am meisten vermissen, hört man meist: Das Brot!

Ich finde, dass sich die Auswahl an ungesüßten Brotsorten schon über die wenigen Jahre, die ich hier bin, merklich verbessert hat. Ein richtig schweres, saftiges Sauerteigbrot mit schwarzer Kruste ist aber immer noch schwer auszutreiben und gehört zu den Dingen, die ich bewusst genieße, wenn ich einmal wieder in Deutschland bin. Vielleicht wandern ja in Zukunft nicht nur Ärzte, sondern auch mehr deutsche Bäcker nach Schweden aus. Beispiele gibt es schon.

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Schokoladenforschung

Auch wenn neulich kaum keiner die schwedische Schokolade besonders lobenswert fand, könnten schon bald schokoladige Neuerungen aus Schweden kommen. Denn schon im Frühjahr soll das weltweit erste Forschungsinstitut für Schokolade in Göteborg eröffnet werden (S).

Ziel der Kooperation zwischen Schokoladenindustrie und den Instituten für Lebensmittel- und Biotechnik und für Oberflächenchemie ist jedoch nicht die geschmackliche Verbesserung von Schokolade. Stattdessen soll zuerst untersucht werden, unter welchen Bedingungen sich der unerwünschte graue Belag auf Schokolade bildet und wie man ihn vermeidet.

In dem Artikel wird auch erwähnt, dass Schweden im Schnitt sieben Kilo Schokolade pro Jahr essen und dass, entgegen meiner Vermutung, es dabei nicht nur um Marabou geht, sondern gerade die hochwertigen teureren Marken die größten Wachstumsraten aufweisen.

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Schwedische Schokolade

Man hört immer wieder von Leuten aus dem Ausland, dass schwedische Schokolade so lecker sei und den Vergleich mit der schweizer nicht zu scheuen brauche. Mit “schwedischer Schokolade” meint man dann in der Regel Marabou, die Marke, die – ganz schwedentypisch – ein Quasimonopol innehat.

Marabou wurde 1916 vom Norweger Johan Throne Holst gegründet, der dort schon zuvor mit der Marke Freia Erfolg hatte. Später wurden die beiden Firmen vereinigt und 1993 für 3 Milliarden norwegische Kronen an den amerikanischen Lebensmittelriesen Kraft Foods verkauft, dem übrigens auch Milka gehört.

Besonders an Marabou-Schokolade ist der geringe Kakao- und hohe Zuckergehalt. Das lässt die Schokolade schnell schmelzen und sie schmeckt sehr süß anstatt bitter. Schokoladenkenner meinen deshalb, dass man Marabou eigentlich nicht Schokolade nennen dürfe.

Meine Meinung: Schon recht lecker, aber nicht die beste Schokolade, die es gibt.

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