Das Schloss Skokloster liegt nicht weit südlich von Uppsala am
Mälaren. Der schwedische
Feldherr Carl Gustav Wrangel ließ es bauen, als er nach dem
Dreißigjährigen Krieg aus Deutschland zurückkam. Da mir die Ähnlichkeit
nicht sofort ins Auge fiel, war ich überrascht, im dortigen Museum zu
erfahren, dass ihm Schloss
Johannisburg in
meiner alten Heimatstadt Aschaffenburg als Vorbild diente.
Die Meilensteine in den Anfängen des
Internets, die man am ehesten
kennt, sind das ARPANET 1969 und die Entwicklung von TCP/IP 1983, beides
in den USA, und die Entwicklung von Hypertext und des WWW von Tim
Berners-Lee mit der ersten Webseite 1991 am
CERN bei Genf.
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beleuchtet die Rolle des Nordens etwas genauer:
Im Gegensatz zu ihren europäischen Nachbarn waren sich die nordischen
Staaten (zumindest ihre Forscher) schon sehr früh sicher, dass der
amerikanische Standard der allein weiterführende ist. Vor allem
Norwegen hat schon in den frühen siebziger Jahren auf das
amerikanische Konzept gesetzt. Es war es dann das institutionelle
Geschick der gemeinsamen Forschungsinstitution NORDUnet, auf das
richtige» Konzept zu setzen und gleichzeitig «im Falschen» mit den
anderen Europäern zu kooperieren. Zwar ist diese Geschichte des
Internets noch nicht geschrieben. Es scheint aber hinreichend
plausibel, dass der Aufstieg der nordischen Staaten zu Anführern der
Informationsgesellschaft ohne ihre frühe Entscheidung für das Internet
nicht zu erklären ist. Es macht erklärbar, warum etwa NOKIA und
Ericsson zu neuen Weltmarktführern aufgestiegen sind und es gibt
Belege, dass die französische Wirtschaft durch die Entscheidung für
das «falsche» Protokoll um gut zehn Jahre zurückgeworfen wurde.
Seit Tagen wird in Schweden über die Heimkehr des Nachbaus eines
Handelsschiffs aus dem 18. Jahrhundert berichtet, der gerade eine
anderthalbjährige Weltreise hinter sich hat. Mehr
hier.
Kalabalik hat nichts mit Leichen (schw. lik) zu tun, sondern ist ein
Lehnwort aus dem Türkischen und bedeutet Unordnung, Chaos, Verwirrung.
Einzug ins Schwedische hat das Wort durch Kalabaliken i
Bender gehalten.
Was war in Bender, dem heutigen
Tighina in Moldavien, passiert?
Wie letzte Woche
erwähnt, wurde
der schwedische König Karl XII. bei seinem Versuch, Russland zu erobern,
1709 in Poltava vernichtend geschlagen. Mit seinen knapp 2000 Mann floh
er nach Bender, das zu der Zeit zum Osmanischen Reich gehörte, und er
wurde gebührend empfangen.
Sein Ziel war es, dort einen Krieg gegen Russland anzuzetteln, was ihm
auch kurzzeitig gelang. Karl XII. und seine Gefolgschaft lebten
fürstlich in Bender für mehrere Jahre und er hatte einigen Einfluss im
Reich. 1713 wurde er den Türken teuer und lästig und nach beiderseitigen
Intrigen wurde er in der Kalabaliken i Bender angegriffen und gefangen
genommen. Es sollte bis zum Herbst des folgenden Jahres dauern, bis Karl
XII. in einem Gewaltritt durch Europa, verkleidet und mit wenigen
Vertrauen, ins damals noch schwedische Stralsund floh.
Die langen Jahre der Abwesenheit wurden von den Nachbarn – darunter
Sachsen, Preußen und natürlich Russland, das jetzt auch Finland eroberte
– gut genutzt, um weitere Gebiete vom Großreich Schweden abzuzweigen. Es
dauerte dann nicht mehr lange, bis Schweden auf das Kernland reduziert
und die Großmachtstellung endgültig vorbei war.
Poltava ist nicht wirklich ein schwedisches Wort, sondern eine Stadt
in der Ukraine, gut 300 Kilometer südöstlich von Kiev. Die Verbindung zu
Schweden liegt 300 Jahre zurück, als der junge schwedische König Karl
XII. auf die Idee kam, Rußland zu erobern. Zu dieser Zeit war Schweden
eine Großmacht im Ostseeraum. Die Schlacht von Poltava im Jahre 1709
markiert den Wendepunkt des Krieges zugunsten Russlands, an dessen Ende
Schweden keine Großmacht mehr war.
Für die Geschichte Osteuropas ist die Schlacht ein wichtiges Ereignis,
begründete sie doch unter anderem die jahrhundertelange Herrschaft
Russlands über das Gebiet der heutigen Ukraine. “Wie ein Schwede bei
Poltava” ist dort noch heute sprichwörtlich für Hilflosigkeit. Wer die
Geschichte des stümperhaften Karl XII. in Osteuropa genauer wissen
möchte, dem seien die Wikipedia-Artikel zum großen nordischen
Krieg und
natürlich zur Schlacht von
Poltava selbst ans
Herz gelegt.
Heute verehren Nationalisten Karl XII. als “Kriegerkönig”, andere nennen
ihn schlicht einen Verlierer. Neue
Ausgrabungen
mit schwedischer Beteiligung sollen diesen Sommer auf dem Schlachtfeld
von Poltava beginnen und mehr Licht auf die größte militärische
Niederlage der schwedischen Geschichte werfen.
Neben Carl von Linné, der gerade groß gefeiert
wird, ist Anders
Celsius der andere
bekannte Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts aus Uppsala. Die beiden
waren Zeitgenossen. Celsius war Astronom und baute das erste schwedische
Observatorium, das heute schräg in die Einkaufsstraße von Uppsala ragt.
Man kennt ihn natürlich am ehesten wegen der allgegenwärtigen
Temperaturskala, die er einführte. Etwas weniger bekannt ist, dass
Celsius den Gefrierpunkt von Wasser auf 100 Grad setzte und den
Siedepunkt auf Null. Erst nach dessen Tod wurde die Skala umgedreht –
von Linné.
Progg ist der schwedische Vorläufer des Punk. Progg ist der Beweis, dass
Schweden in den Siebzigern cooler war als Deutschland. Progg ist
politisch. Progg ist links. Progg ist tot. Progg lebt. Progg ist
musikalisch anspruchslos. Progg ist alternativ. Progg ist zeitlos. Alles
Aussagen, die gleichzeitig zutreffen und falsch sind – zumindest jedoch
eine unzureichende Beschreibung abliefern.
Es geht also um Musik. Das Wort kommt sprachlich zwar von “progressiv”,
progg hat aber nur wenig mit dem Musikgenre progressive rock zu
tun. Progg ist nicht einmal ein einheitliches
Genre, sondern eine schwedische Musikbewegung der 70er Jahre, die viele
Stile umfasst. Die Bandbreite reicht von Folkmusik über vorwiegend
instrumentalen Rock bis zu Blues.
In den Sechzigern war es wohl recht schwer für schwedische Bands,
Plattenverträge zu bekommen, wenn sie andere Musik machten als die
Labels für Hitverdächtig hielten. Gegen Ende des Jahrzehnts bildete sich
also ein alternative Szene mit eigenen Plattenlabels, die in den
Siebzigern ihre kurze Blütezeit erlebten. Die Ansichten der linken 68er
dominierten die politische Anschauung der Bewegung, sorgten aber auch
dafür, dass unpolitischere Bands ausscherten.
Gemeinsamkeit war auf jeden Fall, dass auf Schwedisch gesungen wurde und
dass man sich als Gegengewicht gegen kommerzielle Musik sah. Musik wie
ABBA senke das politische Bewusstsein und richte alles auf den
Massenkonsum aus, dachten nicht wenige. Passend zum gestrigen Abend sei
angemerkt, dass man im Progg das Schlagerfestival verachtete. 1975 gab
es als Gegenveranstaltung ein Alternativfestival in Stockholm, auf dem
Ulf Dageby vom Nationalteatern sich im Lied Doin´ the Omoralisk
Schlagerfestival über selbiges auslässt.
Die zunehmende Politisierung führte dann gegen Ende der 70er zu
Uneinigkeiten und als 1980 das zur Bewegung gehörende Magazin Musikens
makt (Macht der Musik) eingestellt wurde, war Progg zu Ende. Der Punk
hatte übernommen – und zwar nicht nur die Aufmerksamkeit der
Jugendlichen, sondern auch die politisch linke Systemkritik. Zum
Beispiel ist Staten och Kapitalet, das neulich schon im Zusammenhang
mit Ebba Grön und Joakim Thåström Erwähnung
fand ein Cover von
Blå Tåget, bei denen es viel zahmer klang.
Seit den 90er Jahren stößt der schwedische Progg wieder auf mehr
Interesse und einige der Künstler sind wieder auf Tour und spielen mit
viel Zuspruch auf Festivals. Es wird respektiert, dass die Bewegung ein
sehr wichtiger Beitrag zur schwedischen Musikgeschichte war, auch wenn
man einige der extremeren kommunistischen Texte eher belächelt. Im
Gegensatz zur Schlagerbewegung kann man vieles von dieser Musik heute
noch hören.
Es gab und gibt zu viele Musiker, die man zum Progg rechnet, als dass
ich sie hier alle aufzählen könnte, geschweige denn kennen würde. Ein
paar der Protagonisten sollen aber zumindest erwähnt werden: Träd,
Gräs och Stenar, die Hoola Bandoola Band mit Mikael Wiehe,
Kebnekaise, Björn Afzelius, Peps Persson mit Peps
Blodsband, Samla Mammas Manna und natürlich Nationalteatern.
Letztere habe ich sogar in meinem ersten Jahr in Schweden auf einem
Festival gesehen, natürlich ohne damals je von ihnen gehört zu haben.
Peps Persson habe ich neulich verpasst, als er in Uppsala gespielt hat,
aber ich hoffe, das irgendwann nachzuholen.
Nach so viel Text jetzt endlich zur Musik. Videos nach dem Klick.
Leider findet sich nur recht wenig der oben genannten bei YouTube und
dann meist in zweifelhafter Audioqualität. Trotzdem hier die drei
“besten”, die ich finden konnte, abgesehen von denen im gestrigen
Artikel und in
Rainers.
Aus der Rubrik “Worüber ich schon
lange schreiben wollte” heute: ein schwedischer Tiger.
En svensk tiger ist die Bildunterschrift unter dem schwedisch
blau-gelb gestreiften Tiger (siehe Bild), der auf dem noch heute sehr
bekannten Propagandaplakat aus der Zeit des zweiten Weltkrieges zu sehen
war. Der Witz und Sinn erschließt sich einem erst, wenn man die andere
Bedeutung des Slogans kennt. Neben “ein schwedischer Tiger” kann die
Aussage des Satzes nämlich ebenso “ein Schwede schweigt” sein. Die
Schweden sollten also ermuntert werden, vorsichtig im Umgang mit Fremden
zu sein und keine militärischen Geheimnisse zu verraten.
Der Tiger wurde 1941 von Bertil Almqvist gezeichnet und das Bild ging
nach seinem Tod 1972 an seine Töchter, die es wiederum dem
Beredskapsmuseet schenkten. Als dieses
jedoch anfing, den Tiger auf Anstecknadeln und Tassen zu drucken, wurde
es vom schwedischen Militär verklagt, das die Figur als Markenzeichen
registriert hatte. In zweiter Instanz wurde jetzt zugunsten des Museums
entschieden
(S) und festgestellt, dass das Militär nur die Verwertungsrechte zur
Öffentlichkeitsarbeit in Kriegszeiten habe.
(Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich vom Museum, dass man das Bild
verwenden darf, solange man dies im Zusammenhang mit seiner Geschichte
tut.)