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Joakim Thåström

Thåström ist wichtig. Sogar sehr wichtig für die schwedische Musik der letzten drei Jahrzehnte, auch wenn er außerhalb des Landes recht unbekannt ist. Wer in Schweden an Punk denkt, denkt an Ebba Grön. Jeder kennt Imperiet und auch die Soloprojekte von Joakim Thåström waren erfolgreich. Doch der Reihe nach.

Thåström ist Jahrgang ‘57, wurde also gerade 50 Jahre alt. Aufgewachsen ist er in und um Stockholm und seine erste Band nannte sich Helt Sonika (dt: “ganz einfach”). 1977 gründete er zusammen mit Gunnar Ljungstedt und Lennart Eriksson die Punkband The Haters. Schon nach anderthalb Wochen benannten sie sich um – in Ebba Grön. Der Name kommt von einem Polizeieinsatz, in dem verhindert wurde, dass der Deutsche Norbert Kröger die damalige schwedische Einwanderungsministerin Anna-Greta Leijon entführte. Kröger war Mitglied der Bewegung 2. Juni, die später in der RAF aufging. “Ebba Röd” war der Kodname der Polizei für die Verhaftung Krögers und nach der erfolgreichen Durchführung wurde im Radio “Ebba Grön”^1^ ausgerufen.

Ebba Grön, deren Mitglieder bald die Spitznamen Pimme, Gurra und Fjodor bekamen, wurde die erfolgreichste schwedische Punkband und die Texte waren genretypisch geprägt von Anachismus, Kapitalismus- und Staatskritik (z.B. das Lied Staten och Kapitalet) und Provokation (Ung och Kåt, zu deutsch: “jung und geil”). 1981 kam noch Stry Terrarie dazu. Joakim “Pimme” Thåström war als Sänger und Gitarrist der Vordermann der Truppe.

Das Lied, das man heute noch am häufigsten hört, ist **800 Grader**, ein Lied über den zur Zeit des kalten Krieges befürchteten Atomkrieg: ([Direktlink](http://youtube.com/watch?v=R-yS5eMY2PU). Mit besserem Sound aber nur mit Standbild gibt es *800 Grader* noch [hier](http://youtube.com/watch?v=8kqq-2O-iAs))

1980 starteten Thåstöm und Terrarie ein Nebenprojekt, **Rymdimperiet** (“Weltraumimperium”), zusammen mit Christian Falk. Als 1983 Ebba Grön aufgelöst wurde, weil Fjodor des Erfolges überdrüssig geworden war, benannte sich Rymdimperiet zu **Imperiet** um und nahm den Schlagzeuger Gurra von Ebba Grön mit. Thåström war wiederum der Sänger und seine unverwechselbare Stimme ist die Konstante durch alle seine Projekte. Imperiet nahm mehr elektronische Elemente in ihre Musik auf und wem die “Greatest Hits”-CD in die Hände fällt: kaufen! Bekannte Lieder von Imperiet sind unter anderem *Alltid rött, alltid rätt*, *Du ska va president*, *Fred* und *C.C. Cowboys*. Letzteres handelt von den “Coca Cola Cowboys”, die als Gegenstück zu den “Kalashnikov Comrades” den amerikanischen Imperialismus symbolisierten. Später nannten einige Norweger ihre Band nach diesem Lied.

Beispielhaft: Imperiet – Fred. ([Direktlink](http://youtube.com/watch?v=ByQN0JpwIxc))

1988 veröffentlichten Imperiet ihr letztes Album und gaben ihr letztes Konzert. Schon im nächsten Jahr veröffentlichte Thåström seine erste Soloplatte **Thåström**, die mit den langsamen Liedern *Karenina* und *Alla vill till himlen* auch erfolgreich war. Auch der Rest des Albums ist sehr zu empfehlen, allerdings verpasst man ohne Schwedischkenntnisse viel von den gesellschaftskritischen Texten. Von 1992 bis 1997 wechselte Thåström von Schwedisch zu Englisch und war in den Niederlanden Teil von **Peace, Love and Pitbulls**, deren Musik wohl mit “industrial rock” am besten umschrieben wird. Ich kenne diese Band nicht wirklich, aber Marilyn Manson nennt sie wohl als eine seiner Inspirationsquellen. Es folgte eine weitere Zeit als Soloartist in schwedischer Sprache. Unter anderem gab er 1999 das Album **Det är ni som e dom konstiga det är jag som e normal** (“Ihr seid es, die komisch sind, ich bin normal”) heraus und tourte einige Jahre später mit *Kent*, den *Hellacopters* und *Mando Diao*.

Aus dieser Zeit: Thåström – Vacker Död Stad. ([Direktlink](http://youtube.com/watch?v=4cBerNZ6efI))

Thåströms neueste Band nennt sich [**Sällskapet**](http://www.myspace.com/sallskapet) (“die Gesellschaft”) und das gleichnamige Album kam vor wenigen Wochen heraus. Die erste Singel heißt *Nordlicht* und handelt von St. Pauli in Hamburg: ([Direktlink](http://youtube.com/watch?v=UMiCATqqLKc))

Und wer bis hierher gelesen hat, ohne sich die Videos anzuschauen, möge sich die Viertelstunde nehmen. Thåström rockt! ^1^ grön = grün, röd = rot.
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Wort der Woche: Nykterist

Nykter bedeutet im Schwedischen “nüchtern”. Ein nykterist ist also ein “Nüchterner”, allerdings keiner, der nur gerade jetzt nicht trinkt, sondern überhaupt nicht. Seit knapp zweihundert Jahren gibt es in Schweden genug Menschen, die Alkohol ablehnen, dass eine einflussreiche Bewegung entstand, die nykteriströrelsen.

Schnitt.

Das dumme an der Wikipedia ist, dass das, worüber man eigentlich gerade schreiben wollte, dort oft schon ausführlich behandelt ist. Das braucht einen zwar im Prinzip nicht abzuhalten, nimmt aber doch in gewisser Weise die Motivation. Bloßes Umformulieren ist nicht so spannend.

Das schöne an der Wikipedia ist, dass das Wissen dort frei ist. Und zwar “frei” nicht nur wie in “Freibier”, sondern auch wie in “Freiheit”. Die Lizenz erlaubt nämlich die Weiterverwendung und Abänderung der Texte. Es folgt eine in erster Linie gekürzte, aber auch teilweise ergänzte Version des Wikipedia-Artikels zur Abstinenzbewegung in Schweden.

Schnitt zurück.

Die Abstinenzbewegung war eine der drei großen schwedischen Volksbewegungen während des 19. Jahrhunderts, neben der freikirchlichen und der Arbeiterbewegung. Um 1800 war der Alkoholismus ein bedeutendes Problem in Schweden. Schnaps war das vorherrschende alkoholische Getränk und Schätzungen sprechen von einem durchschnittlichen Konsum von 40 Litern pro Person und Jahr in den 1820er Jahren, dem Fünffachen des heutigen Konsums.

Die ersten Abstinenzvereine entstanden in den 1830er Jahren nach amerikanischem Vorbild. 1837 wurde Svenska Nykterhetssällskapet gebildet, deren Mitglieder sich verpflichteten, keinen Schnaps oder andere Spirituosen zu trinken. Der mäßige Konsum von Bier und Wein war erlaubt, aber diese Getränke waren eigentlich nur in der Oberschicht verbreitet. Das Hauptziel der Bewegung war, das Schnapsbrennen für den Eigenbedarf abzuschaffen, und als sie ihre Ziele in den Gesetzen 1855 erreicht hatten, starb die Bewegung. Das noch heute bestehende schwedische Alkoholmonopol und auch die hohen Steuern auf Alkohol nahmen ihren Anfang.

Während die ältere, moderate Abstinenzbewegung vor allem von Personen aus der Oberschicht getragen worden war, entstand in den 1870er Jahren eine neue, radikalere Volksbewegung, die große Teile der Bevölkerung umfasste. Es wurden Organisationen gegründet, die anfangs noch der religiösen, später mehr der Arbeiterbewegung nahe standen.

Diese Organisationen forderten völlige Enthaltsamkeit von Alkohol und arbeiteten auf ein Totalverbot hin. Auf ihrem Höhepunkt um 1910 hatten die unterschiedlichen Organisationen etwa eine halbe Million Mitglieder. Dazu müssen aber noch die freikirchlichen Erweckungsbewegungen und die Arbeiterbewegung gerechnet werden, die die Forderungen der Abstinenzbewegung unterstützten. In einer Unterschriftenaktion 1909 befürworteten 56% der erwachsenen Bevölkerung ein Totalverbot von Alkohol, in der Volksabstimmung von 1922 sprachen sich aber nur 49% für das Verbot aus und Alkohol blieb weiterhin legal.

Die Repräsentation der Abstinenzbewegung in der Politik war bis weit ins 20. Jahrhundert stark, vor allem bei den Liberalen und Sozialdemokraten. 1918 gehörten 64% aller Abgeordneten in der zweiten, volksgewählten Parlamentskammer einer Abstinenzorganisation an und noch 1950 war eine Mehrheit im schwedischen Parlament nykterister.

Heute haben die unterschiedlichen Organisationen noch mehr als 250.000 Mitglieder und sind von ihrer Verbotsforderung abgerückt. Stattdessen setzen sie auf Informations- und Aufklärungskampagnen. In der Öffentlichkeit spielt die Bewegung heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Es ist jedoch keine Seltenheit, im heutigen Schweden Menschen zu begegnen, die Alkohol ablehnen.

Entsprechend der Lizenz des Wikipedia-Artikels steht dieser Text ebenfalls unter der GFDL, zusätzlich zur üblichen Creative Commons BY-NC-SA.

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Göran Wahlenberg

Göran Wahlenberg war einer der Nachfolger auf dem prestigevollen Botaniklehrstuhl von Carl von Linné hier in Uppsala. Der Bayerische Rundfunk hat ihm neulich ein “Kalenderblatt” gewidmet, das man auch als Podcast bekommt (MP3, 5 Min, 3.7 MB). Sehr hörenswert, auch wenn der Vornahme “Göran” anstatt “Jöran” ausgesprochen wird.

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Skandinavische Ländernamen

Beim Wortfeiler gibt es einen schönen Artikel über den Ursprung der skandinavischen Ländernamen.

Bei Schweden hat sie jedoch nicht ganz recht, denn meines Wissens kommt Sverige von Svearike und bedeutet also “Reich der Svear”. Zufälligerweise heute vor einem Jahr war genau das Thema des Wortes der Woche.

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Wort der Woche: Mack

Mack oder auch bensinmack bedeutet “Tankstelle”.

Dazu gäbe es nicht viel mehr zu sagen, wenn mack nicht ein eher seltsames Wort wäre. Es passt irgendwie nicht in das Schema, wie im Schwedischen Wörter gebildet werden und man hätte stattdessen das zwar existierende, aber kaum verwendete Wort bensinstation erwartet. Woher also kommt die Bezeichnung mack?

Es ist ein alter Firmenname. MACK steht für Mathiasson, Andersson, Collin och Key, die vier Gründer der Firma, die Anfang des letzten Jahrhunderts Benzinpumpen herstellte und damit in Schweden Marktführer wurde. Dass die vier Buchstaben in die gusseisernen Abdeckungen der Pumpen eingegossen und damit sichtbar waren, trug wohl dazu bei, dass sie als Wort in die schwedische Sprache aufgenommen wurden.

Mack ist also einer jener Fälle, bei denen ein dominanter Markenname auch für ähnliche Produkte steht und derer es auch im Deutschen zahlreiche gibt (Tempo, Kaba, Fön). Das Wort hat es aber zudem geschafft, seine Bedeutung von der Benzinpumpe auf die ganze Tankstelle auszuweiten und als Markenname in Vergessenheit zu geraten.

Die Firma MACK gibt es nicht mehr und das ursprüngliche Fabrikgebäude in Stockholm beherbergte zuletzt einen Jazz-Club, bevor es 2005 unter Protesten abgerissen wurde.

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Wort der Woche: Vasaloppet

Der Vasaloppet ist ein Langlauf-Skirennen in der schwedischen Region Dalarna. Es ist nicht irgendein Rennen, es ist das Rennen des Jahres und tausende Amateure aus ganz Schweden nehmen an dem Großereignis teil. In der Woche vor dem ersten Sonntag im März finden schon verschiedene Teildisziplinen auf der Strecke statt, der eigentliche Vasa-Lauf über die 90km bildet dann den Abschluss.

Mit wenigen Ausnahmen findet der Lauf seit 1922 jährlich statt und der diesjährige Gewinner, Oskar Svärd, kam vorhin ins Ziel. Er hat zum dritten Mal gewonnen.

Die Strecke zwischen den Orten Sälen und Mora hat in der Tat mit dem Namensgeber Gustav Vasa zu tun. Der spätere König und Staatsgründer Schwedens war 1520 auf der Flucht vor dem dänischen König Christian II., der noch heute in Dänemark “Christian, der Gute” und in Schweden “Christian, der Tyrann” genannt wird.

Vasa floh auf Skiern und sprach in Mora zur dortigen Versammlung, um sie zu überreden, ihn bei einem Aufstand gegen die Dänen zu unterstützen. Dies gelang ihm nicht und er fuhr weiter Richtung Norwegen. Neue Berichte zu den Gräueltaten rund um das Stockholmer Blutbad, bei dem Christian viele schwedische Adelige töten ließ, erreichten kurz darauf Mora und änderten die Stimmung zugunsten Vasas. Die beiden besten Skifahrer wurden ihm hinterhergeschickt, erreichten ihn bei Sälen und überzeugten ihn zur Umkehr nach Mora, um den Aufstand anzuführen. Drei Jahre später war Schweden unabhängig und Vasa König.

Das Wort der Woche Brasklapp von vor einem halben Jahr und der schwedische Nationalfeiertag haben damit auch etwas zu tun. Mehr zum Vasalauf und zum Stockholmer Blutbad bei der Wikipedia.

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Schweden ist Atlantis...

... und Uppsala ist die Hauptstadt. Das behauptete kurioserweise Olof Rudbeck, Uppsalas Universalgelehrter des 17. Jahrhunderts:

Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wurde Atlantis zunehmend von Gelehrten zum Ursprung der menschlichen Zivilisation erklärt und damit auch für das “Einflechten” in eigene nationale Mythen interessant. Nachdem die Überreste der versunkenen Insel zunächst in Amerika gesehen wurden – womit sich der Anspruch der spanischen Conquista rechtfertigen ließ – erklärte Ende des 17. Jahrhunderts der Universalgelehrte und Rektor der Universität Uppsala Olof Rudbeck in seinem vierbändigen Werk Atlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes ac patria (1679 bis 1702, schwedisch “Atland eller Manheim”), Schweden zu Atlantis und Uppsala zu dessen Hauptstadt. In seinen Schriften vermengte Rudbeck Platons Atlantis mit Versatzstücken aus der Edda sowie Legenden über Noachs angeblichen Enkel Atlas, der sich im Norden niedergelassen habe. Mit dieser Mixtur versuchte er, dem Volk Israel den Anspruch auf seine Auserwähltheit streitig zu machen und Schweden zum Geburts- und Stammland sämtlicher Völker Asiens und Europas zu erheben; darüber hinaus postulierte er, dass die Runen die Vorläufer der phönizischen und griechischen Buchstaben seien. Platon nannte er einen Lügner, dem es gelungen sei, die Auffindung des wahren nordischen Atlantis zu verhindern. Rudbeck war somit einer der Ersten, die Atlantis und dessen mutmaßliche Lokalisierung zu politisch-ideologischen Zwecken vereinnahmten.

Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zu Atlantis. Mehr über Rudbeck, der auch sinnvolles volbrachte, hier.

(danke, strcmp)

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Wort der Woche: Kungens Kurva

Rainer schrieb gestern:

So und jetzt mache ich mich auf den Weg zu IKEA in Kungens Kurva, wo es wahrscheinlich von Menschen nur so wimmelt.

Kungens Kurva? In der Tat nennt sich der Platz in Huddinge, etwas südlich von Stockholm, an dem heute das Einkaufszentrum mit einem IKEA, dem Vergnügungszentrum Heron City und Filialen der verschiedenen Elektronikgroßmärkte liegt, Kungens Kurva, also die “Kurve des Königs”.

Das kam so. Der Urgroßvater des heutigen Königs, Gustav V., war 1946 auf dem Heimweg von der Jagd auf Schloss Tullgarn und aß im Fond des großen Cadillac mit einigen Mitreisenden zu Mittag. Die Stimmung war gut und Gustav wies den Chauffeur an, schnell zu fahren. Der Weg war damals noch nicht autobahnartig ausgebaut und es fanden Bauarbeiten statt, so dass der Fahrer wegen der hohen Geschwindigkeit leicht vom Weg abkam und die Kontrolle über das Auto verlor. Man landete im sumpfigen Straßengraben. Niemand kam zu Schaden und der König wurde im nachfolgenden Wagen seiner Söhne mitgenommen. Trotzdem war der Unfall die Sensationsnachricht des nächsten Tages.

Als kurz darauf an dieser Stelle eine Tankstelle aufmachte, bekam sie den Namen Kungens Kurva, der heute für das gesamte Viertel verwendet wird. Der Ursprung des Namens gerät derweil in Vergessenheit.

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Des Königs Schafe

Des Königs
Schafe

Der Hügel, der sich links im Vordergrund erhebt, ist Kung Björns Hög (S). Dieses Hügelgrab des historisch nicht bestätigten Königs Björn ist etwa 3000 Jahre alt und liegt zwanzig Minuten zu Fuß von meiner Haustür im Naturschutzgebiet Hågadalen.

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The Final Countdown

Ich gebe zu, ich wusste bis vor zwei Minuten nicht, dass Europe aus Schweden kamen. Ich war ja auch erst acht Jahre alt, als The Final Countdown aktuell war.

-Ich muss das jetzt sofort als MP3 irgendwo auftreiben.- Wozu gibt es Youtube: ([Direktcountdown](http://youtube.com/watch?v=P9uAacgLBHw))

*Nachtrag:* Am Samstag spielen [Europe in München](http://www.muenchenblogger.de/oldschool-schweden-rock-zahlen-lernen-mit-europe).
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