Tagged with Geschichte

Linné und das Jubiläum

Systema Naturae. Bild:
Wikipedia

Am 23. Mai 1707 wurde Carl von Linné in Südschweden geboren. Linné ist der Begründer der systematischen Botanik und hat die doppelten lateinischen Namen für Tiere und Pflanzen eingeführt.

Gestern hat der schwedische König die Feierlichkeiten des Linné-Jahres anlässlich des 300. Jubiläum eröffnet (E). In den nächsten Monaten wird es allerlei Ausstellungen, Wanderungen, Vorträge und Konzerte zu Linnés Ehren geben und Uppsala wird einer der Schwerpunkte sein, denn hier wirkte und forschte Linné einen beträchtlichen Teil seiner Lebenszeit. Sein Grab ist im hiesigen Dom.

Wichtige, mit Linné verbundene Orte, wie sein botanischer Garten in der Innenstadt und sein Landsitz im nahen Hammarby, sind sogar in der Diskussion (S), zum Weltkulturerbe erhoben zu werden. Höhepunkt wird dann auch die Feier am 23. Mai in Uppsala sein, zu der unter anderem der japanische Kaiser erwartet wird.

Die entsprechende Homepage (S) der Feierlichkeiten ist zwar leider ein klassisches Beispiel für gescheiterte Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisatoren und verlinkt auf drei (!) externe Veranstaltungskalender, aber das wird mich nicht davon abhalten, einiges zu besuchen und dann auch an dieser Stelle darüber zu berichten.

Tagged , , , ,

Wikingermuseum in Planung

350 Einträge über Schweden und noch (fast) keiner über Wikinger. Dabei gehören sie ja schon zu den typischen Klischees über Schweden, denen sich auch Nobelpreisträger nicht entziehen können.

Wer in Stockholm bisher nach einem Museum zu diesem Thema suchte, wurde enttäuscht und auch sonst gibt es wenig Gelegenheiten, mit den Klischees aufzuräumen. Das soll sich jedoch bald ändern, denn es ist ein interaktives Museum zu dieser Epoche skandinavischer Geschichte geplant (E), das das Bedürfnis der Touristen befriedigen soll.

Nein, sie hatten nicht wirklich Hörner auf den Helmen.

Tagged , , ,

Ältestes Blatt der Welt nur noch online

OK, ich hatte von der Zeitung Post- och Inrikes Tidningar (S) bisher nie gehört. Schließlich fallen Insolvenzen, Schuldensanierungen, Unternehmens- und Regierungsnachrichten nicht wirklich in mein Interessensgebiet.

Trotzdem ist es erwähneneswert, dass dieses Blatt das älteste der Welt ist. Seit 1645 wird es täglich herausgegeben. Und ab Neujahr ist damit Schluss, denn die Printausgabe wird zugunsten eines reinen Online-Portals eingestellt.

(via)

Tagged , , ,

Notizen aus Schweden beim HPD, Folge 1

Ich wurde angesprochen, ob ich mein Interesse, über Schweden zu schreiben, nicht mit meiner Skepsis gegen Religionen verbinden und eine Kolumne für den neulich eröffneten Humanistischen Pressedienst (HPD) schreiben wolle. Wer könnte da Nein sagen?

Hier also die erste Ausgabe von “Notizen aus Schwedenbeim HPD:

Dom in
Uppsala

Einkommensauskunft per Internet.
In Schweden gilt das Öffentlichkeitsprinzip, das heißt, dass die Unterlagen von Behörden im Allgemeinen von jedermann einsehbar sind. Das gilt auch für die Steuererklärungen aller Schweden. Eine neue Seite im Internet vereinfacht das Auffinden solcher Informationen. Es ist also möglich, das Einkommen und die Schulden eines jeden Schweden im Internet zu erfragen. Der Ansturm auf die Seite kurz nach ihrer Eröffnung war sehr groß.

Die Kirche in Schweden
Die evangelisch-lutherische Kirche Schwedens war seit Jahrhunderten Staatskirche. Bis 1860 war ein Austritt unmöglich und erst seit 1951 kann man nicht nur in eine andere Religionsgemeinschaft wechseln, sondern ganz austreten. Noch bis 1996 wurde jeder Schwede von Geburt an Mitglied der Kirche, seitdem ist die Taufe ausschlaggebend. Erst vor sieben Jahren wurde der Status der Staatskirche aufgehoben und die Trennung der schwedischen Kirche vom Staat vollzogen.

Trotz dieser vermeintlich späten Säkularisierung ist Schweden eines der ungläubigsten Länder der Welt. Nur 23 Prozent der Bevölkerung geben an, an einen Gott zu glauben – Platz drei in Europa hinter Estland und der Tschechischen Republik.

Als Relikt aus der Zeit der automatischen Mitgliedschaft sind noch 7 der 9 Millionen Schweden Mitglied der Kirche, 65.000 treten pro Jahr aus. Zwei Drittel aller Neugeborenen werden heutzutage getauft, jedoch nur gut die Hälfte davon wird konfirmiert. 50 Prozent aller Eheschließungen finden in der Kirche statt und laut Umfragen ist der traditionelle Aspekt für Schweden oft ein wichtigerer Grund, in der Kirche zu bleiben, als der Glaube an Gott.

Im schwedischen Alltag und in der Politik spielt Religion eine geringe Rolle. Schweden ist ein säkular-rational eingestelltes Land und wird in einer Studie des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung als Vorreiter der kulturellen Entwicklung gesehen.

Von "Mariä Verkündigung" zum Waffeltag
Ein Beispiel, wie christliche Traditionen in Schweden ihren religiösen Charakter verlieren und in den säkularen Alltag übergehen, ist der Waffeltag. Durch die sprachliche Ähnlichkeit des alten Namens des christlichen Feiertages (vårfrudagen, "Tag unserer Frau") mit "Waffeltag" (våffeldagen) ging der Übergang vonstatten, so dass man heute lieber Waffeln isst, anstatt religiösen Praktiken nachzugehen.

Kirchliche "Hochzeit" für Homosexuelle
Die Akzeptanz und Gleichberechtigung von Homosexuellen ist in Schweden weit fortgeschritten und gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind rechtlich emanzipiert. Sogar die schwedische Kirche hat sich mit diesem Gedanken angefreundet, und erteilt seit Kurzem den Segen für homosexuelle Paare. Schwulenfeindliche Äußerungen von Tradionalisten, auch innerhalb der Kirche, schaffen es nur noch gelegentlich in die Medien und werden dort hart kritisiert.

Björn Ulvaeus erhält Humanismuspreis
Der Musiker Björn Ulvaeus, bekannt durch die Pop-Gruppe ABBA, ist aktiver Autor und Religionskritiker. Der schwedische Verband der Humanisten hat ihm wegen seines Engagements für eine humanistische Basis der Gesellschaft den Hedeniuspreis 2006 verliehen.

Abgetriebene Embryonen beerdigen?
Abtreibung bis zur 18. Schwangerschaftswoche ist in Schweden erlaubt und steht alleine im Ermessen der Frau. Die Kirche sieht Seelsorgebedarf in solchen Situationen und plant deshalb, bald Beerdigungszeremonien für abgetriebene Föten anzubieten. Kritiker befürchten jedoch, dass dies zu einer Aufwertung von Embryonen führt, was wiederum Abtreibungskritikern Argumentationshilfen liefern könnte.

Scientology betreibt Vorschule
In Schweden sind nicht-staatliche Schulen erlaubt. Diese so genannten "freien Schulen" werden nicht selten von religiösen Organisationen betrieben und unterliegen staatlicher Kontrolle. Als Extrembeispiel kann sicherlich ein Kindergarten in Stockholm gelten, der von Scientology betrieben wird. Kritik richtet sich vor allem dagegen, dass das Menschenbild und die Ziele der Organisation nicht mit einer offenen und modernen Gesellschaft vereinbar sind. Der Kindergarten sei ein Versuch, sich als "normal" zu etablieren. Bei muslimischen Schulen werden offen die Gefahren der Ausgrenzung und des Extremismus diskutiert.

Tagged , , ,

Rot und Blau

Rot und
Blau

Der Hügel rechts im Bild ist einer der Grabhügel von Gamla Uppsala.

Nebenbemerkung: Ab jetzt kann man auf die Bilder auch klicken und sollte eine größere Version eingeblendet bekommen. Das ist das Lightbox 2 Plugin und braucht JavaScript, um zu funktionieren.

Sind 900 Pixel für die Einblendung zu groß?

Tagged , ,

Wort der Woche: Faluröd

Rotes Holzhaus

Die roten Holzhäuser mit weißen Kanten sind typisch für Schweden – zumindest auf dem Land. Warum eigentlich? Und warum wird die rote Farbe Falu rödfärg^1^, oder kurz Faluröd, genannt?

Die Antworten sind ebenso profan wie interessant. In der Stadt Falun, etwa 300 km nordwestlich von Stockholm im Inland gelegen, gibt es eine Kupfermine mit über tausendjähriger Tradition. Ab dem 16. Jahrhundert erkannte man, dass eines der Abfallprodukte nicht nur eine kräftige dunkelrote Farbe hat, sondern auch konservierend auf Holz wirkt. Ein wichtiger Vorteil ist dabei die Durchlässigkeit für Feuchtigkeit, denn so wird Fäule und Schimmel vermieden.

Im 17. Jahrhundert wurde es populär, die städtischen Häuser der Reichen mit der roten Farbe aus Falun anzumalen, auch mit dem Gedanken, die Backsteinhäuser des reicheren Kontinentaleuropas zu imitieren. Ein weiteres Jahrhundert später erfreute sich die Farbe allgemeiner Beliebtheit, die zwar heutzutage in Städten gebrochen ist, aber auf dem Land ungehindert fortbesteht.

^1^röd=rot; färg=Farbe

Tagged , ,

Schnelle Menschen

Festsaal im Schloss
Uppsala

Aufräumarbeiten im Festsaal des Schlosses in Uppsala. Dag Hammarskjöld, zweiter UN-Generalsekretär (1953-61), wuchs in diesem Schloss auf, weil sein Vater als ehemaliger Premierminister Landshövding in Uppsala wurde. Man sagt, dass Dag in diesem Saal Tennis spielte.

Tagged , ,

Wort der Woche: Julbock

Bild: Christian Gidlöf, Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Gavle_christmas_billy_goat.jpg

Der Julbock ist ein in Schweden übliches Symbol für Weihnachten in Form eines Ziegenbocks. Er wird meist aus Stroh gemacht und zum Beispiel als Weihnachtsbaumschmuck verwendet. Das Symbol hat seinen Ursprung in der nordischen Mythologie. Dort wird der Wagen des Donnergottes Tor von zwei Ziegenböcken gezogen.

Noch im vorletzten Jahrhundert brachte wohl der Julbock die Geschenke an Weihnachten – heute hat diese Funktion jedoch der Weihnachtsmann inne.

Etwas nördlich von hier, in Gävle, errichtet man seit 40 Jahren einen großen Julbock auf dem Marktplatz. Da dieser ebenfalls aus Stroh ist, ist es fast schon zur Tradition geworden, dass der Julbock in Gävle Jahr für Jahr Vandalismusopfer wird, sprich: jemand zündet ihn an.

Allerlei Versuche, das zu verhindern, schlugen fehl. Dieses Jahr, zum Jubiläum, verwendet man jedoch eine neuartige Imprägnierung, so dass sich Offizielle zu Aussagen wie “Es ist heuer unmöglich, die Ziege abzufackeln” hinreißen lassen (E). Wenn das mal nicht als Herausforderung aufgefasst wird…

Tagged , , ,

Taxi statt U-Bahn

Es gibt einen neuen Politikerskandal in Schweden. Nachdem schon eine Woche nach der Regierungsbildung zwei Ministerinnen zurücktraten, betrifft es diesmal Verteidigungsminister Mikael Odenberg. Dieser soll letztes und dieses Jahr (also vor seiner Zeit als Minister) knapp 300 Taxifahrten (S) auf Parlamentskosten abgerechnet haben, eine Vielzahl darunter zu seiner Wohnung auf Södermalm, die nur 6 Minuten mit der U-Bahn vom Parlament entfernt ist. Ohne speziellen Anlass widerspricht das den Regeln für Abgeordnete.

Odenberg behauptet zwar, es habe in allen Fällen gute Gründe gegeben, aber die Zweifel daran sind laut. Wenn man sich erinnert, dass vor gut zehn Jahren eine Ministerin zurücktrat, weil sie eine unter anderem Toblerone mit der Dienstkreditkarte (S) gekauft hatte, wird klar, dass schwedische Politiker durchaus über solche vermeintlichen Bagatellen straucheln können.

Tagged , ,

Mordwaffe von Olof Palme gefunden?

Olof Palme war 1969-76 und 1982-86 schwedischer Premierminister. Er wurde am 28. Februar 1986 nach einem Kinobesuch in Stockholm erschossen. Ein Verdächtiger, der zunächst verurteilt, später jedoch wieder freigesprochen wurde, ist mittlerweile verstorben. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt und beschäftigt immer wieder die schwedische Öffentlichkeit. Die Arbeit der entsprechenden Sonderkommission der Polizei dauert an.

Gerade überflutet die Nachricht die schwedischen Medien, dass gestern ein Taucher in einem See in Dalarna die Mordwaffe gefunden haben könnte (S, S, E).

Mehr zu Olof Palme und dem Attentat steht in der Wikipedia.

Nachtrag 22.11.: Morde verjähren in Schweden nach bisherigem Recht nach 25 Jahren, im Fall Palme also 2011. Heute kam jedoch die Meldung (S), dass im neuen Jahr eine Gesetzesänderung angestrebt werden soll, die diese Frist abschafft und Morde damit nicht mehr verjähren lässt.

Tagged , ,