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Freidenker unerwünscht?

Über dem Eingang der Universitätsaula in Uppsala steht der Leitspruch

Tänka fritt är stort. Men tänka rätt är större.

zu Deutsch

Frei zu denken, ist groß. Aber richtig zu denken, ist größer.

So ein Unsinn. Und nicht nur das, es ist auch noch gefährlicher Unsinn. Denn richtig und falsch sind normative Begriffe und werden von der Gesellschaft festgelegt. Der Spruch fördert also konformistisches Denken und entmutigt die, die aus der Masse herausstechen wollen. Äußerst unpassend für eine Universität. Wäre man bösartig, könnte man schon wieder die Parallele zum Jantelagen ziehen.

An der Uni Heidelberg steht, nachdem es zwischenzeitlich einmal “Dem deutschen Geist” hieß, heute wieder “Dem lebendigen Geist”. Besser.

(Erinnerung durch Agnes. Mehr zur Herkunft des Spruchs auf Schwedisch )

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The Knife - We Share Our Mother's Health

([YouTube DirektMesser](http://youtube.com/watch?v=617ANIA5Rqs))

Tolles Video von einem der besseren Stücke von *Silent Shout*, dem neuesten Album von [*The Knife*](http://de.wikipedia.org/wiki/The_Knife). Auch wenn sie mit diesem groß bei den schwedischen Musikpreisen [abgeräumt haben](http://www.fiket.de/2007/01/31/grammis-verliehen/), finde ich *Deep Cuts* immer noch besser.
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Lieblingssill

Schweden sind zwar regelmäßig verwundert, wenn man ihnen erzählt, dass es eingelegten Hering auch in Deutschland gibt, aber der Variantenreichtum und die implizierte Feierlichkeit des Sill-Essens sind natürlich schon typisch schwedisch.

Ich mag ja am liebsten Senapssill (Senfsoße) und Skärgårdssill (cremige weiße Soße mit Kaviar). Und ihr?

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Unschwedisch

Wir stehen zu zweit auf der Brücke. Mit Kinokarten in der Tasche unterhalten wir uns bis die Vorstellung anfängt und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Eine Frau mittleren Alters stellt sich ein paar Meter weiter und sieht glücklich aus. Sie sieht zu glücklich aus und schaut etwas zu sehr in unsere Richtung, als dass man nicht misstrauisch würde, sie wolle etwas. Schon fängt sie an zu reden. Welch wunderbarer Anblick das sei. All die Blumen in der Stadt. Und der japanische Kaiser. Und der Vortrag von Watson gestern, der habe sie ja so froh gemacht, wie dieser alte und hochdekorierte Mensch auf der Bühne gekichert hat und eine solche kindliche Neugier an den Tag legte. Das gebe ihr Hoffnung fürs Altwerden. Der Planetenforscher sei ja auch sehr gut gewesen. Aber anders, mehr effektiv. Er habe Wissen vermittelt und sie habe diese Wissensvermittelung wahrlich genossen. Aber der Kardinal später, der sei ja Deutscher gewesen und auch wenn er auf Englisch geredet habe, sei er ja so super-duper-deutsch gewesen. Ewig lang habe er geredet. Sie macht ein gequältes Gesicht. Ich schaue mitleidig, erwähne jedoch nicht, dass ich auch in diesen Vorträgen saß, sondern gebe ihr ein scherzhaft abfälliges “Katholiken!” als Antwort. Ach nein! Sie sei ja selbst katholisch, aber dieser Kardinal, ne, den mochte sie nicht.

Es ist Zeit, auf unseren Kinobesuch hinzuweisen, uns zu verabschieden und ein wenig über diese Begebenheit zu lächeln. Denn erst wenn jemand die ungeschriebenen Normen bricht, fallen sie einem auf. Es ist in Schweden ungewöhnlich, auf der Straße angesprochen zu werden, erst recht von Schweden.

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Stefan Sundström - Livet är liksom en fest

([YouTube DirektLink](http://youtube.com/watch?v=9L4lm5Yrhqs), [schwedische Wikipedia über Sundström](http://sv.wikipedia.org/wiki/Stefan_Sundstr%C3%B6m))

Ich bin erst neulich auf Stefan Sundström aufmerksam geworden, der ein schwedischer “Singer-Songwriter” mit eigensinnigen realitätsbeschreibenden beziehungsweise -kritischen Texten zu sein scheint. Sehr interessant.
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Snobismus gegen Bescheidenheitsgetue

In ihrer Mai-Ausgabe hatte die Titanic einen Text von Max Goldt mit dem Titel “Sodbrennen und Snobismus”. Den gibt es leider nicht online, deshalb hier ein Zitat:

Der Snobismus hat ein ungerechtfertigt schlechtes Image, die meisten wissen eh nicht recht, was der Begriff bedeutet, und verwenden ihn synonym für Arroganz, Hochtrabendheit und dem respektlosen Hinabschauen auf sogenannte einfache Leute. Solche Erscheinungen sind aber allenfalls unschöne Nebeneffekte. Der Kern des Snobismus ist nicht das Hinabschauen, sondern der Blick nach oben. Als sein Gegenteil könnte man einen Ausdruck anführen, den Lars Brandt, der Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers, einmal in Bezug auf Herbert Wehner und dessen Frau gebrauchte: skandinavisches Bescheidenheitsgetue.

Skandinavisches Bescheidenheitsgetue? Es dämmert, was gemeint ist. Ein paar Zeilen weiter wird es klarer:

Der Snob orientiert sich an der nächsthöheren gesellschaftlichen Schicht, und er hat dabei die gleichen Möglichkeiten wie ein mittelmäßiger Musiker, der einem Guten nacheifert. Entweder er verbessert sich tatsächlich, oder er wird prätentiös und macht sich lächerlich. Gefahrvoll ist das Leben. Aber immerhin: Er hat es gewagt, ein Besserer werden zu wollen! Was in den Augen von selbstgerechten Kleinbürgern – die sich gern als “ganz normale Menschen” bezeichnen [...] – freilich bereits eine ungeheuerliche Anmaßung darstellt.

Dazu passend wieder einmal: das Gesetz von Jante, dessen negative Auslegung sich mit dem oben beschriebenen deckt. Diesen Charakterzug gibt es zwar sicherlich sowohl in Deutschland wie in Schweden, aber ich wage zu behaupten, dass man hierzulande Menschen, die in irgendeiner Weise aus der Norm herausragen, skeptischer betrachtet. Zumindest schickt es sich nicht, zu zeigen, dass man mehr kann, mehr hat oder mehr weiß. Man tritt bescheiden auf und verkneift es sich beispielsweise, darauf hinzuweisen, dass man etwas schon wusste, das einem ein anderer gerade erklärt.

Man kann das als angenehm empfinden oder als Hindernis für direkte Kommunikation. Man kann es als echte Bescheidenheit auslegen oder als skandinavisches Bescheidenheitsgetue.

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Garmarna - Euchari

([YouTube DirektLink](http://youtube.com/watch?v=vIC_SNtYpxQ), [Wikipedia-Artikel über Garmarna](http://de.wikipedia.org/wiki/Garmarna))

Vorhin bei [Radio Paradise](http://www.radioparadise.com/) gehört. Dieser Internet-Sender im Familienbetrieb aus Kalifornien hat mich schon auf richtig viel Musik aufmerksam gemacht, auch schwedische. Ich gehöre zu den “Supporting Listeners” und schicke regelmäßig Geld.
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Was war?

Bevor es hier im normalen Takt weitergeht ein kurzes Update, was in Schweden so alles in den Nachrichten war während meiner Abwesenheit:

  • Die rechtsextremen Schwedendemokraten hielten ihren Parteitag in Karlskrona und parallel dazu wurde bekannt, dass jeder dritte derer Kommunalpolitiker von Sozialhilfe lebt, ein Vorwurf, den die Ausländerfeinde üblicherweise gegen Einwanderer vorbringen.
  • Die Buchbranche boomt. Das ist nicht neu, aber trotzdem erfreulich.
  • Der Verkauf von Alkohol im Systembolaget wächst ebenso. Zehn Prozent Steigerung gegenüber dem Vorjahr findet das Gesundheitsamt aber eher weniger gut.
  • Auch vom Arbeitsmarkt hört man nur Erfolgsmeldungen. 4% mehr Angestelle im Vergleich zum Vorjahr und 23% mehr offene Stellen.
  • An Busfahrern mangelt es schon und man will deshalb die Altersgrenze von 21 Jahren aufweichen. Wie wäre es mit Import aus Deutschland? Bei Ärzten scheint das ja gut zu funktionieren.
  • Schweden hat einen Terrorverdächtigen an Deutschland ausgeliefert.
  • 56 Prozent ihrer Zeit im Internet oder durchschnittlich sieben Stunden pro Woche surfen Schweden zum Privatvergnügen vom Arbeitsplatz aus, ergab eine Untersuchung.
  • Die Anzeige gegen Außenminister Bildt wegen volksverhetzender Kommentare in seinem Blog liegt mittlerweile beim Staatsanwalt.
  • Gefriertrocknung als Bestattungsmethode. Warum nicht?
  • Das größte schwedische Rockfestival in Hultsfred streitet sich mit der Gemeinde um die Lärmbelästigung und droht, das Ganze abzublasen.
  • Ich dachte ja bisher, dass der Spaß am Jagen ein Defekt auf dem Y-Chromosom sei, aber der Anteil der Frauen unter den Jägern in Schweden wächst. Außerdem wird das Jagen wegen einer Regeländerung des Jagdscheins für viele teurer. Gut so.

  • In Uppsala ist diese Woche die Linné-Woche mit zahlreichen Veranstaltungen zum 300. Geburtstag des Botanikers. Am hiesigen Bahnhof hat man deswegen sogar Palmen gepflanzt. Mehr zu den Feierlichkeiten im Laufe der Woche.

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Wort der Woche: Progg

Progg ist der schwedische Vorläufer des Punk. Progg ist der Beweis, dass Schweden in den Siebzigern cooler war als Deutschland. Progg ist politisch. Progg ist links. Progg ist tot. Progg lebt. Progg ist musikalisch anspruchslos. Progg ist alternativ. Progg ist zeitlos. Alles Aussagen, die gleichzeitig zutreffen und falsch sind – zumindest jedoch eine unzureichende Beschreibung abliefern.

Es geht also um Musik. Das Wort kommt sprachlich zwar von “progressiv”, progg hat aber nur wenig mit dem Musikgenre progressive rock zu tun. Progg ist nicht einmal ein einheitliches Genre, sondern eine schwedische Musikbewegung der 70er Jahre, die viele Stile umfasst. Die Bandbreite reicht von Folkmusik über vorwiegend instrumentalen Rock bis zu Blues.

In den Sechzigern war es wohl recht schwer für schwedische Bands, Plattenverträge zu bekommen, wenn sie andere Musik machten als die Labels für Hitverdächtig hielten. Gegen Ende des Jahrzehnts bildete sich also ein alternative Szene mit eigenen Plattenlabels, die in den Siebzigern ihre kurze Blütezeit erlebten. Die Ansichten der linken 68er dominierten die politische Anschauung der Bewegung, sorgten aber auch dafür, dass unpolitischere Bands ausscherten.

Gemeinsamkeit war auf jeden Fall, dass auf Schwedisch gesungen wurde und dass man sich als Gegengewicht gegen kommerzielle Musik sah. Musik wie ABBA senke das politische Bewusstsein und richte alles auf den Massenkonsum aus, dachten nicht wenige. Passend zum gestrigen Abend sei angemerkt, dass man im Progg das Schlagerfestival verachtete. 1975 gab es als Gegenveranstaltung ein Alternativfestival in Stockholm, auf dem Ulf Dageby vom Nationalteatern sich im Lied Doin´ the Omoralisk Schlagerfestival über selbiges auslässt.

Die zunehmende Politisierung führte dann gegen Ende der 70er zu Uneinigkeiten und als 1980 das zur Bewegung gehörende Magazin Musikens makt (Macht der Musik) eingestellt wurde, war Progg zu Ende. Der Punk hatte übernommen – und zwar nicht nur die Aufmerksamkeit der Jugendlichen, sondern auch die politisch linke Systemkritik. Zum Beispiel ist Staten och Kapitalet, das neulich schon im Zusammenhang mit Ebba Grön und Joakim Thåström Erwähnung fand ein Cover von Blå Tåget, bei denen es viel zahmer klang.

Seit den 90er Jahren stößt der schwedische Progg wieder auf mehr Interesse und einige der Künstler sind wieder auf Tour und spielen mit viel Zuspruch auf Festivals. Es wird respektiert, dass die Bewegung ein sehr wichtiger Beitrag zur schwedischen Musikgeschichte war, auch wenn man einige der extremeren kommunistischen Texte eher belächelt. Im Gegensatz zur Schlagerbewegung kann man vieles von dieser Musik heute noch hören.

Es gab und gibt zu viele Musiker, die man zum Progg rechnet, als dass ich sie hier alle aufzählen könnte, geschweige denn kennen würde. Ein paar der Protagonisten sollen aber zumindest erwähnt werden: Träd, Gräs och Stenar, die Hoola Bandoola Band mit Mikael Wiehe, Kebnekaise, Björn Afzelius, Peps Persson mit Peps Blodsband, Samla Mammas Manna und natürlich Nationalteatern. Letztere habe ich sogar in meinem ersten Jahr in Schweden auf einem Festival gesehen, natürlich ohne damals je von ihnen gehört zu haben. Peps Persson habe ich neulich verpasst, als er in Uppsala gespielt hat, aber ich hoffe, das irgendwann nachzuholen.

Nach so viel Text jetzt endlich zur Musik. Videos nach dem Klick.

Leider findet sich nur recht wenig der oben genannten bei YouTube und dann meist in zweifelhafter Audioqualität. Trotzdem hier die drei “besten”, die ich finden konnte, abgesehen von denen im gestrigen Artikel und in Rainers.

[Nationalteatern – Bängen Trålar](http://www.youtube.com/watch?v=4WVol2KSXSc):

[Sillstryparn – Doin the Omoralisk Schlagerfestival](http://www.youtube.com/watch?v=ylzX73rskiE):

[Hoola Bandoola Band (mit Joakim Thåström) – Fred](http://www.youtube.com/watch?v=LAgPRfsHn7I):

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Mikael Wiehe

Rainer schreibt über Mikael Wiehe und wie er den Dänen die Leviten liest. Sehr schön.

Mikael Wiehe war mir bisher nur im Zusammenhang mit der Hoola Bandoola Band bekannt, der schwedischen Progg-Band. Was “Progg” ist, erkläre ich am besten morgen im Wort der Woche, das geht nicht in drei Sätzen.

Als Vorgeschmack hier der Mitschnitt eines Konzerts zu Wiehes Ehren (er sitzt am rechten Bühnenrand und ist kurz im Bild), in dem Lars Winnerbäck und Dregen “Vem kan man lita på?” spielen. Dregen war früher bei den Hellacopters und ist auch mit den Backyard Babies recht erfolgreich. Die beiden zusammen auf der Bühne zu sehen, ist eine ziemlich obskure Zusammenstellung, aber sehr witzig.

([YouTube DirektLink](http://youtube.com/watch?v=shsar-IPzNs))

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