Das würde deutschen Datenschützern sicherlich die Haare zu Berge stehen
lassen: Auf www.ratsit.se (S) kann man das
Jahreseinkommen und die Schulden eines jeden Schweden nachschlagen. Das
ist völlig legal, denn die Seite sammelt lediglich Informationen, die
sowieso öffentlich sind und bei verschiedenen Behörden eingesehen werden
können.
Es gibt zum Beispiel den berühmten
Taxeringskalender
(S), in dem das versteuerte Einkommen aller Schweden des vorletzten
Jahres aufgelistet ist. Die Ausgabe von 2006 enthält also die
Erklärungen von 2005 und bezieht sich deshalb auf das Einkommen von
2004. Diese und andere Informationen lassen sich jetzt also im Netz
finden.
Der vorrangige Sinn des Dienstes ist die schnelle und unkomplizierte
Kreditprüfung, die es Unternehmen und Privatpersonen erlaubt, vorab zu
prüfen, mit wem man Geschäfte macht. Auch der Handel auf dem
schwedischen eBay-Ableger Tradera (S) wird als
Anwendung genannt. Die Seite startete erst letzte Woche und wurde sofort
mit Anfragen überrannt. Am Freitag gab es knapp 10 Millionen Zugriffe
und der Dienst wird zeitweise wegen Überlastung verweigert. Auf
anfängliche Proteste, dass auch die volle
Personnummer
mit angezeigt wurde, hat man reagiert und blendet mittlerweile die
letzten vier Ziffern aus.
Man muss sich auf der Seite registrieren und darf auch nur zehn Personen
pro Woche nachschlagen. Indem man den Dienst weiterempfiehlt, kann man
diese Zahl erhöhen. Ich habe mich registriert und selbst nachgeschlagen:
Man kann mich dort finden und die Angaben stimmen. Meine eigene Meinung
dazu ist zwiespältig. Diese Offenheit ist ganz im Geiste des
Öffentlichkeitsprinzips
und jeder konnte auch schon vorher legal an diese Informationen kommen –
nur eben weniger einfach. Eine Diskussion um die Offenlegung von
Abgeordnetengehältern, wie es sie in Deutschland gibt, ist in Schweden
hinfällig. Außerdem ist es insofern demokratisch, dass die Daten jedem
zugänglich sind, nicht nur denen, die diese von Datensammlern kaufen.
Trotzdem sind die denkbaren Möglichkeiten für Missbrauch groß.
Nachtrag 29. Nov: Etwas mehr Diskussion findet sich bei The
Local (E). Das Finanzamt gibt in
der Tat auf Anfrage die gleichen Informationen preis. Der Name der
Person reicht aus, sofern er nicht sehr gewöhnlich ist, und die
nachgefragte Person wird nicht benachrichtigt. Auf diesem Weg bekommt
man auch die volle Personnummer mitgeteilt. Das Neue bei ratsit.se ist
also “lediglich”, dass es die Schwelle zum privaten Ausspionieren senkt,
indem es den Zugang erleichtert.