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Schweden und der Nahe Osten

Der aktuelle Konflikt im Nahen Osten ist auch in Schweden tägliches Thema in den Zeitungen und man verfolgt das Geschehen aufmerksam. Für die Zeit danach, hat Premier Göran Persson jetzt schon einmal die Welt zu einer Wiederaufbaukonferenz für den Libanon eingeladen (S). Da ist nicht viel gegen einzuwenden.

Ich glaube aber, dass es berechtigt ist zu sagen, dass in Schweden die Berichterstattung häufig einseitig ist. Es werden Opfer und Einzelschicksale auf der libanesischen Seite gezeigt und Israel wird scharf für sein hartes Vorgehen kritisiert. Das ist konsequent in Linie mit der langjährigen Haltung im Konflikt mit den Palästinensern, zu dem man viel häufiger die Seite der vermeintlichen Underdogs als die des mächtigen und unterdrückenden Israel zu hören bekommt.

Sind Schweden antisemitisch? Manche vielleicht, aber normalerweise weiß man schon zwischen berechtigter Kritik und blinder Hetze zu trennen. Ich würde mir allerdings doch wünschen, dass die sehr verständliche Position Israels weniger kurz käme.

Nachtrag: Es kommt Kritik am schwedischen Vorstoß:

Persson habe die Initiative nicht mit dem aussenpolitischen Sprecher der EU Javier Solana diskutiert, sagte Solanas Pressesprecherin. Vorerst sei zudem an eine internationale Geberkonferenz nicht zu denken. Einer solchen Konferenz müsse eine UN-Resolution über das Ende der Kampfhandlungen und die Entsendung einer Friedenstruppe vorausgehen.

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Joschka in Dagens Nyheter

Als ich heute morgen die DN (S) aufschlug, war ich überrascht, einen fast ganzseitigen Kommentar des letzten deutschen Außenministers zur Fußball-WM zu lesen. Nach anfänglicher Überraschung fand ich, dass Joschka Fischer eine Recht naheliegende Wahl ist, wenn ein ausländisches Medium etwas über Deutschland bringen will.

Der Text war natürlich ins Schwedische übersetzt und wohl nicht eigens für die DN geschrieben, sondern von dieser eingekauft. Der Inhalt war leider recht belanglos. Es ging um die Stimmung in Deutschland zur WM, die Flaggen, die Offenheit und gute Laune, die er gerne längerfristig im Land sehen würde. Und um Fußball selbst. Nichts, womit man die letzten Wochen nicht schon zur Genüge bombardiert worden wäre. Einige seltsame Vergleiche vom Spiel der deutschen Mannschaft zu weltweiten Märkten gab es auch. Es ist also kein großer Verlust, dass es den Text nicht online gibt – schade eigentlich, denn Joschka Fischers Wortmeldungen z.B. in der ZEIT, fand ich meist lesenswert.

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Wort der Woche: Wallraffa

Das Verb “wallraffa” ist kein alltäglich gebrauchtes. Es bedeutet “unter Vortäuschung einer falschen Identität investigativ recherchieren” und wird verständlicherweise vor allem im Zusammenhang mit Journalisten gebraucht. Das Wort kommt in der Tat von Günter Wallraff, der in den Siebzigern für eben diese Tätigkeit in Deutschland berühmt wurde.

Nachdem der Buchstabe W ins schwedische Alphabet aufgenommen wurde, ist “wallraffa” jetzt auch Teil der offiziellen schwedischen Wortliste SAOL. Mir fällt gerade kein anderer Deutscher ein, der sich auf diese Art verewigt hat.

(via)

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Schwedische Hausfrauen

Das schwedische Radio (S) bringt auch deutsche Nachrichten und meist handelt es sich dabei um Dinge, die kurz davor auf Schwedisch veröffentlicht wurden. So auch der Artikel (S) über die unzureichende Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Die deutsche Redaktion des SR schreibt dazu:

Schwedische Hausfrauen wollen besser über die Herkunft der eingekauften Lebensmittel informiert werden.

Ich weiß nicht, wie dieser Satz heutzutage in deutschen Ohren klingt, aber über Hausfrauen stand im Original zumindest nichts. Das ginge auch gar nicht, denn der Begriff “Hausfrau” ist im Schwedischen sehr ungebräuchlich. Das hat nichts mit politischer Korrektheit zu tun, sondern spiegelt einfach die Tatsache wider, dass der “Beruf Hausfrau” in Schweden fast nicht existiert.

Dass Frauen arbeiten ist nicht nur der Regelfall, sondern die Mentalität ist so weit fortgeschritten, dass Einkaufen, häusliche Arbeit und sogar Kindererziehung nicht mehr automatisch mit der Rolle der Frau assoziiert werden. Der Schreiber obiger Zeilen impliziert, dass es Frauen sind, die sich für Einkäufe interessieren, und vertritt damit ein altes konservatives Frauenbild, das in Schweden schon viel weiter verschwunden ist als in Deutschland. Sehr schade für dieses Medium, das ansonsten für schwedeninteressierte Deutsche sehr ansprechend ist.

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Zeitung über Deutschland

Titelblatt der DN-BeilageDas Thema, wie Schweden über Deutschland und dessen Einwohner denken, hatten wir zwar erst neulich, aber die Sonntagsbeilage der DN vom 4. Juni kann nicht unkommentiert bleiben. Dagens Nyheter ist die größte schwedische Tageszeitung und hat sich in besagter Beilage in 11 Artikeln mit Deutschland beschäftigt. Das nebenstehende Bild zeigt das Titelblatt und die Überschrift darauf liest sich wie folgt:

Kein Knödel, keine Lederhosen, kein Fußball.
Aber eine ganze Zeitung über Deutschland.

Dieser Titel ist eine Lüge, denn Knödel kommen zweimal vor und natürlich bleibt auch die Fußball-WM nicht unerwähnt. Die Fußballschuhskulptur beim neuen Lehrter Bahnhof in Berlin füllt sogar eine Doppelseite. Die Beilage beginnt mit einem kurzen und harmlosen Editorial über den Besuch eines alten ostdeutschen Filmstudios. Dann kommt ein Quiz mit folgenden Fragen

  • Wo spielt sich die Handlung der Buddenbrooks ab? Berlin, Lübeck oder Frankfurt stehen zur Auswahl. Natürlich in der Hansestadt.
  • Wer war kein Deutscher – Brahms, Wagner oder Schubert? Vielleicht nicht ganz so einfach, aber ich lag mit Schubert, der Österreicher war, richtig.
  • Was sind Knödel? Da sind sie also. Als falsche Antworten gab es einen Wanderstock aus dem Schwartzwald (sic!) und Strümpfe, die man zu Lederhosen trägt. In dieser Frage werden gleich zwei der Versprechen des Titels gebrochen.
  • Dass Nina Hagen weder Soul noch R&B sondern Punk macht, konnte sich aus dem Bild neben der Frage ableiten, wer es nicht wußte.
  • Bei der letzten Frage, ob [*Bauhaus*](http://de.wikipedia.org/wiki/Bauhaus) 1910, 1919 oder 1925 gegründet wurde, mußte ich aber passen. 1919 ist richtig laut Wikipedia.

    Es folgt ein Interview mit der Kulturbeauftragen der schwedischen Botschaft in Berlin, in dem die Frage beleuchtet wird, ob Berlin wirklich so hip in Kunstbelangen ist, wie man oft hört. Das wird im Prinzip bejaht. Danach kommt ein völlig sinnloser Artikel über den Koch eines hiesigen Gourmetrestaurants. Dieser lebt seit 25 Jahren in Schweden, kommt aber aus Deutschland, was ihn wohl für diese Beilage qualifiziert. Akribisch wird sein geregelter Tagesablauf dargestellt und vielleicht will man ja damit auf die deutsche Pünktlichkeit, Ordnung und Disziplin hinweisen. Weiß der Geier. Der längste der Artikel führt in einer Rundreise an vier Stellen, die exemplarisch für ganz Deutschland stehen sollen. Das gelingt sogar recht gut, wie ich finde. Anfang und Ende der Reise ist Berlin, wo es zuerst um die Imagekampagne “Land der Ideen” und die Wichtigkeit des Fußballs geht, inklusive des “Wunders von Bern”, und zum Schluss um Multikulti in Kreuzberg und um den unter den Teppich gekehrten Rechtsextremismus. Durchaus aktuelle Themen also, die das widerspiegeln, was man auch in Deutschland aus den Medien hört. Erste Zwischenstation ist die Zeche Zollverein in Essen; der Wandel dort wird erklärt. In Frankfurt geht es um schnelllebiges Bankenleben und um Forschung. Die Exzellenzinitiative für die Unis wird genannt – soetwas gibt es in Schweden auch – und über eine Gastforscherin kommt man zur Integration und dem Problem, das Deutschland mit seinem Selbstbild hat. Eine bunte Mischung an Themen, aber wie gesagt ziemlich nah am Zeitgeist. Auch in Ostdeutschland (Arnstadt) kommt man vorbei und interviewt eine hoffnungslos arbeitssuchende junge Frau, die wie so viele darüber nachdenkt, wegzuziehen. Je ein eigener Artikel widmet sich deutschem Film und der Musik. Im Filmartikel werden die Größen abgehandelt: angefangen mit Fritz Lang, Murnau, Marlene Dietrich, dann der Sprung in die 70er zu Fassbinder und dann zu Wenders. Das letzte Drittel widmet sich den aktuellen Stars (Twyker, Becker…) und nennt die erfolgreichen deutschen Filme der letzten Jahre. Da das alles in einer halben Seite abgehandelt wird, bleibt es leider bei Name-Dropping^1^. “*Krautrock kommt wieder*” ist die Überschrift des ebenso kurzen Artikels über deutsche Musik. Der Tenor ist wie erwartet, dass es lange recht traurig um deutsche Popmusik stand. Die Scorpions oder Enigma werden als Negativbeispiele genannt. Rammsteins Erfolg, auch im Ausland, wird gewürdigt und dann geht man auch schon in die Experimentell-Ecke, wo sich Deutschland unter anderem mit Kraftwerk, DAF und den Einstürzenden Neubauten einen Namen nicht nur in Schweden gemacht hat. Schlußwort des wiederum recht unbefriedigenden Artikels ist, dass es soetwas wie “authentisch deutsche Musik” gibt und dass sie recht weit gefächert ist. Toll. Der Artikel über den Koch wird dann an Sinnlosigkeit noch übertroffen, denn ein auf zwei Seiten gestreckter Artikel sagt in etwa dies: Von Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen aus kann man gut in den Alpen wandern. Wie gesund Wandern und Bewegung ist nimmt den halben Platz ein und was das gerade mit Deutschland zu tun hat, verstehe ich mal wieder nicht. Den folgenden Artikel über Mode aus Deutschland habe ich erst garnicht gelesen. Dass es neben der traditionellen und eher schweren Küche auch leichtere Speisen aus Deutschland gibt, sollen die fünf Rezepte zeigen, die vorgestellt werden: Man lernt wie man Hoppelpoppel, wie die Berliner anscheinend ein Omelette nennen, ein Spargelgericht, Spinatpfannkuchen, einen Sauerkrautsalad^2^ und Erdbeeren auf bayrische Art macht. Gegen Ende geht es um Wein. Zu Recht wird der deutsche Riesling in den höchsten Tönen gelobt und es werden ein paar Weine besprochen, die man in Schweden zu kaufen bekommt, z.B. einen guten Riesling Sauvage von [Breuer](http://www.georg-breuer.com/weingutphp/include.php?path=start.php) in Rüdesheim, der hier leider umgerechnet 11 EUR kostet. Sogar die fränkischen Silvaner aus meiner alten Heimat werden erwähnt. Ein gelungener Artikel zum Abschluss also. Wer bis hierher gelesen hat, hat hoffentlich einen Einblick bekommen, welche Themen den Schweden beim Thema Deutschland einfallen und wie die DN dieses in ihrer Beilage darstellt. Heraus kam eine Mischung aus Belanglosigkeiten und Relevantem und auch wenn man, wie oben getan, einiges kritisieren kann, gab es beim Lesen keine Gelegenheit für mich, in der ich aufschrie und dachte “Das stimmt jetzt aber gar nicht!”. Es ist alles in allem ein wohlwollender Blick auf den großen Nachbarn im Süden und das entspricht wohl auch der Einstellung der meisten Schweden. [1] Kennt jemand eine gute Übersetzung von *Name-Dropping*? [2] Es wäre ja auch schade gewesen, wenn sie Sauerkraut als Klischee vergessen hätten.
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Werbung mit Deutschlandklischees

schuhplattler
Siba, das schwedische Pendant zum Media Markt, versucht gerade, den Leuten Großbildfernseher zur Fußball-WM anzudrehen. Die Werbespots, die hier im Fernsehen laufen, kann man auch online anschauen:

  • [Film 2](http://www.siba.se/archive/Movies/film2.wmv)

    Darin wird das platteste aller Klischees breitgetreten: Man sieht Menschen in Lederhosen und Trachten, die zu Volksmusik tanzen. Nach einer Weile sagt ein Sprecher > Es gibt viele Gründe, nicht nach Deutschland zu fahren. Kauf deinen > Fußballfernseher bei Siba und bleib zu Hause. Zur Untermauerung dieser Aufforderung, versprechen sie, dass man sein Geld zurückbekommt, falls Schweden die WM gewinnen sollte. Das ganze könnte man als Beleidigung verstehen, wenn man nicht wüsste, dass sich die Schweden sehr wohl bewusst sind, wie albern dieses Bild von Deutschland ist. So ist es aber einfach nur lustig. Einen Artikel mit mehr Klischees, die in Schweden über Deutsche kursieren, gibt es [hier](http://www.fiket.de/2006/05/30/schweden-ueber-deutsche/).
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Radio Schweden, auch als Podcast

Neulich habe ich Radio Schweden entdeckt, eine deutschsprachige Radiosendung der schwedischen Rundfunkanstalt SR (S). Das Programm ist über Kurz- und Mittelwelle auch in Deutschland zu empfangen, kann aber auch direkt auf der Homepage angehört werden. Außerdem sind sie modern genug, einen Podcast [1] eingerichtet zu haben.

Eine Ausgabe ist etwa 10 Minuten lang und besteht aus Kurzmeldungen, einem Thema als Schwerpunkt und einem Rätsel am Schluss. Wer lieber liest anstatt hört, findet die Kurzmeldungen im gleichen Wortlaut auf der Homepage und kann auch den zugehörigen RSS-Feed abonnieren, der aber leider nur Anreißer und nicht die vollen Texte enthält.

[1] Podcasts sind meist kurze Hörstücke im Mp3-Format, die in ein Textdokument eingebettet sind, das man mit einem RSS-Leser bewachen kann, um benachrichtigt zu werden, wenn eine neue Ausgabe vorliegt. Mehr dazu im Wikipedia-Artikel über Podcasts.

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