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Nichts passiert?

Es ist selten, dass in Schweden etwas Größeres passiert. Das ist natürlich gut so, denn dass die großen Tageszeitungen ihre Seiten mit irgendeiner Kriminalgeschichte füllen müssen, oder damit, dass das Jugendherbergsschiff in Stockholm wieder an seinem Platz liegt, ist ein gutes Indiz dafür, dass alles in allem die Dinge im Land ihren üblichen Weg gehen und funktionieren. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten.

Aber selbst wenn man aufgeblasene Pseudonachrichten wie die, dass der schwedische Staatschef bei der Ankunft zum Staatsbesuch in China im T-Shirt über den roten Teppich lief, ignoriert, bleiben nicht selten ein paar Meldungen übrig, die an sich nicht übermäßig wichtig, aber im größeren Zusammenhang interessant sind. Zum Beispiel, dass als Folge der schwedischen Großzügigkeit bei der Aufnahme irakischer Flüchtlinge der Chef der Kommune Södertälje, bekannt als “little Baghdad”, vor dem amerikanischen Kongress spricht und die hiesige Situation erläutert.

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Gebrauchsanweisung für Schweden

Josie hat mich neulich darauf aufmerksam gemacht, dass es in der “Gebrauchsanweisung für …”-Serie des Piper-Verlags jetzt auch eine Gebrauchsanweisung für Schweden gibt und dass fiket.de darin am Ende in einer “Kleinen Auswahl zum Weiterlesen” erwähnt und für “informativ” befunden wird. Auf mein Nachfragen erfuhr ich von Antje Strubel, der Autorin, dass ihr während der Recherche das ein oder andere Detail auf Fiket geholfen hat und dass sie mich auch mit einer Frage zur Stadtentwicklung angeschrieben hatte. Das hatte ich vergessen, aber ein Blick in meine Outbox verrät, dass ich ihr nicht helfen konnte.

Über das Buch selbst kann ich nichts sagen, weil ich es nicht gelesen habe. Die Erwähnung von Fiket verspricht jedoch Qualität. ;)
Wenn mir jemand sein ausgelesenes Exemplar schicken möchte, findet man meine Adresse im Impressum. Ich werde hier dann auch meinen Senf dazu abgeben. Andere Leser können das natürlich schon jetzt in den Kommentaren tun.

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Licht aus um 8

Die Earth Hour ist ein internationaler Aufruf, heute Abend um 8 Uhr für eine Stunde alle elektrischen Geräte und das Licht auszuschalten, um ein Zeichen gegen die Erderwärmung zu setzen. Ursprünglich in Australien vor einem Jahr gestartet, gab es im Dezember eine deutsche Nachahmung unter dem Motto Licht aus.

Ich weiß nicht, wie sehr der Aufruf für heute in Deutschland wahrgenommen wird, aber hier in Schweden berichten die großen Zeitungen darüber und auch der König wird um 8 Uhr die Lichter im Schloß ausknipsen.

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Verräterischer Fernsehkauf

Tipps von Lesern, worüber ich hier schreiben könnte, sind bisher eher eine Seltenheit, aber natürlich immer gern gesehen. Manfred aus Linköping hat mich auf folgende Eigenheit im Zusammenhang mit dem Radiotjänst, dem schwedischen Äquivalent zur GEZ, hingewiesen. Danke.

Im Prinzip gilt sowohl in Deutschland wie auch in Schweden, dass ein Gesetz bricht, wer die staatliche Radio- und Fernsehgebühr nicht bezahlt, obwohl er das Angebot nutzt beziehungsweise die Möglichkeit zur Nutzung hat, sprich ein Radio oder einen Fernseher sein Eigentum nennt. Nun ist aber die Mentalität, was den Datenschutz angeht, in Schweden etwas weniger staatsskeptisch ausgeprägt als in Deutschland und deshalb kann es Regelungen wie diese geben, dass Elektronikmärkte beim Kauf eines Fernsehers Name und Adresse des Käufers aufnehmen und an den Radiotjänst weiterleiten müssen. Wenn derjenige noch keine Gebühren bezahlt, wird er dann Post bekommen mit dem Hinweis auf den Kauf und der Aufforderung zu bezahlen.

Eingriff in die Privatsphäre, der einem die Haare zu Berge stehen lässt, oder effektive Methode zur Einhaltung bestehender Gesetze, die Steuergelder spart, weil weniger Kontrolleure angestellt werden müssen? Geschmacksache, nehme ich an, solange die erhobenen Daten nur zweckgebunden verwendet werden und nicht mit anderen Datenbanken zusammengeführt werden, die Verhaltensprofile erlauben.

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Atheist gegen Kirchengründer

Schweden ist eines der säkularsten Länder der Welt und nur 23% der Bevölkerung sagen von sich, dass sie an einen Gott glauben. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier extremchristliche “Freikirchen”, die sich wörtlich an die Bibel klammern und allerlei kritikwürdige Ansichten haben.

Eines der größeren Beispiele hat sein Hauptquartier hier in Uppsala, nennt sich Livets Ord (wörtlich “Das Wort des Lebens”) und wurde an dieser Stelle schon des öfteren erwähnt. Gestern Abend gab es eine öffentliche Debatte zwischen Christer Sturmark, dem Vorsitzenden des säkular-atheistischen Vereins Humanisterna (bei dem ich aktives Mitglied bin), und Ulf Ekman, dem Gründer und von seinen Anhängern päpstlich verehrten Gründer von Livets Ord.

Ekman ist nicht dafür bekannt, Kritik gut zu ertragen, aber er wähnte sich wohl siegessicher auf heimischem Boden. Die gut einstündige Debatte fand nämlich in der Kirche von Livets Ord statt, vor mehreren tausend Leuten, von denen ein Großteil zu seiner Gemeinde gehörte – dem ungleich verteilten Applaus zu Beginn nach zu urteilen. Doch es kam ziemlich anders, denn Sturmark verstand es, die Diskussion auf dem Boden der Tatsachen zu halten und zahlreiche Beispiele für die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen von Religionen zu nennen, anstatt die persönlichen Erlebnisse und Überzeugungen anzugreifen, mit denen Ekman zu erwidern versuchte. Sturmark nutzte vor allem seine Redezeit besser und inhaltsreicher, so dass Ekman auf mehr zu antworten hatte, als er mit seiner ausufernden Art Zeit hatte, und deshalb in die Defensive geriet. Trotzdem blieb die Stimmung sehr freundlich.

Sturmark bediente sich eifrig, fast dreist, bei den ausgefeilten Beispielen, Vergleichen und Argumenten von Richard Dawkins und seinem Buch Der Gotteswahn. Für eingefleischte Atheisten gab es deshalb nichts Neues, aber es ist nicht schwer vorstellbar, dass vielen im Publikum diese Sicht der Dinge neu war – nicht zuletzt der großen Zahl junger Leute, die auf der Livets Ord-eigenen Schule bevorzugt die religiöse Sicht der Welt zu hören bekommen. Und so war der Eindruck, den ich vom Publikum bekam, tatsächlich, dass die Mehrheit sich zumindest teilweise auf Sturmarks sympathisch-witzige Art einließ und den Eindruck bekam, dass der Mann keinen Unsinn redet und dass Atheisten nicht, wie oft in solchen Kreisen porträtiert, amoralisch und in die andere Richtung dogmatisch sind.

Ich meine sogar, dass der Applaus nach den jeweiligen Schlussplädoyers zugunsten von Sturmark stärker war und ich vermute, dass ein Teil der Zuhörer eine Weile am Gesagten zu denken haben. Ich ging zumindest zufrieden nach Hause und fühlte meine Ansichten von Sturmark gut vertreten.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann im Netz angesehen werden (Alternative). Außerdem war das staatliche Fernsehen da und wird die Debatte mindestens einmal ausstrahlen (Freitag morgen auf SVT2). Eine sehenswerte Stunde für alle, die Schwedisch können.

Zuletzt noch der Link zum Text von Tuffe Uffe, einem parodistischen Lied über Ekman von Uplands Nations Studentenorchester, und ein Bild der beiden Kontrahenten:

Sturmark und
Ekman

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Radio Schweden bekommt Humor?

Wer hätt’s gedacht? Dass man auf Radio Schweden, dem deutschprachigen Teil des schwedischen Rundfunks, einmal nicht nur trockene, oft direkt übersetzte Kurzmeldungen zu lesen bekommt, sondern auch einmal ein witzig-ironisches Stück aus distanzierter Perspektive über eine typisch schwedische Diskussion. Gerne mehr davon.

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Schwedisches Fernsehen größtenteils auf Englisch

Dass in Schweden ausländische Filme und Fernsehprogramme nicht übersetzt sondern untertitelt werden, ist allgemein bekannt. Die meisten, ich inklusive, finden das gut. Das Svenska Dagbladet hat sich jetzt einmal die Mühe gemacht, nachzuzählen, wie groß der Anteil fremdsprachiger Programme im schwedischen Fernsehen ist.

Das Resultat: Fast 60 Prozent der Programme sind auf Englisch. Über die genaueren Zahlen hat Fabian schon geschrieben.

Ich schätze ich habe in meinen fast sechs Jahren hier keine 100 Stunden ferngesehen, kann mir also eigentlich kein Urteil erlauben.

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Im Radio

Zugegeben, es ist unwahrscheinlich, aber wenn vorhin jemand zufällig Radio Uppland, das Lokalradio des schwedischen Rundfunks für die Gegend um Uppsala, gehört hat, dann durfte er mir zuhören, wie ich etwas über die Mondfinsternis heute Nacht erzählt habe.

Es sind solche kleinen Dinge, die den Alltag als Astronom beleben. Das Radio ruft jemanden bei uns an und will etwas zu einem bestimmten Thema wissen. Der Angerufene glaubt, er wüsste dazu nichts und klappert die Nachbarbüros nach jemandem ab, der das übernehmen will, und da ich wohl den Ruf habe, zu allem irgendwie halbwegs vernünftigen Senf abgeben zu können, landet es bei mir. Die Moderatorin ruft mich kurz darauf an und eröffnet mir, dass ich doch kurz dranbleiben soll, bis wir gleich live auf Sendung gehen. Obwohl ich etwas überrumpelt war, habe ich mich ganz gut geschlagen, glaube ich. Nicht zuletzt, weil ich noch schnell spicken konnte.

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Keine guten Nachrichten

Wie fast jeden Tag sind die Seiten der großen schwedischen Zeitungen von Kriminalität bestimmt. Einer hat wen umgebracht, jemand wurde wegen irgendwas festgenommen, einer verklagt jemand anderes, es brennt irgendwo. Das ist in der Regel sehr langweilig, verkauft sich aber aus mir unverständlichen Gründen gut.

Nachrichten, die etwas generelleres darüber aussagen, wohin wir als Gesellschaft unterwegs sind, vor allem wenn es gute Nachrichten sind, werden größtenteils ignoriert. So taucht zum Beispiel die heutige Meldung, dass Schweden in der Wohlstandsstatistik der OECD nach vorne gerückt ist, entweder gar nicht oder nur als kurze Notiz im unteren Teil der jeweiligen Seite auf.

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Radio Schweden nur noch im Internet

Radio Schweden, die deutschsprachige Sendung des SR, die es seit fast 70 Jahren gibt, wird eingestellt – allerdings nur im “klassischen” Radio, sprich Kurz- und Mittelwelle. Die Nachrichten in Text- und Podcastform werden weiterhin auf radioschweden.net erscheinen.

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