Wer glaubte, die “Neidgesellschaft” sei typisch deutsch, dem sei
erzählt, was sich gerade hierzulande abspielt. Argwöhnisch wird zur Zeit
von den Medien bewacht, welche Firmen- oder Bankenchefs welche Gehälter
und Bonuszahlungen bekommen. Der Unterton ist, dass es in Zeiten der
Krise “unmoralisch” sei, so viel Geld zu bekommen und dass es geboten
sei, freiwillig zu verzichten. Und diese Stimmung kommt laut Umfragen
“im Folk” an.
So haben zum Beispiel
angeblich
63% der Kunden der Bank SEB ihr Vertrauen in eben diese verloren, weil
die Chefin zuerst auf ihren Bonus verzichtete und dann eine
Gehaltserhöhung von 7 auf 9 Millionen Kronen bekommen sollte.
Ein anderes Beispiel betrifft den Rentenversicherer AMF. Obwohl man dort
aufgrund des medialen Drucks schon auf Boni verzichtete, werden gerade
zwei der Chefs
angegriffen,
weil sie ihre privaten Rentengelder aus der AMF-Versicherung in Fonds
überführten, bevor erstere ihre Rendite verschlechterte. (mehr zum
schwedischen Rentensystem übrigens
hier)
Täglich liest man von irgendwelchen Firmen, die entweder auf Boni
verzichten oder eben nicht. Beides ist eine Nachricht wert und ich habe
den Eindruck, dass sich das Ganze durch die verschreckten Rückzieher der
“Beschuldigten” aufgeschaukelt hat.
Ich finde es ungerecht, Leute an den Pranger zu stellen, wenn sie sich
an die Regeln gehalten haben. Ändert die Regeln, wenn sie zu Missständen
führen, aber hetzt nicht gegen die, die sie anwenden. Warum soll eine
Firma ihre Chefs nicht entlohnen, wenn sie glaubt sie haben gute Arbeit
geleistet? Letztes Jahr war das beste in der SEB-Firmengeschichte. Und
warum sollte der AMF-Chef nicht über seine eigene Rente entscheiden
können wie jeder andere auch? (Solange keine Insider-Informationen für
die Entscheidung maßgeblich war, aber darauf gibt es keinen Hinweis.)