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Keine männliche Lucia, bitte!

Lucia ist in Schweden, was der Nikolaus in Deutschland. Na ja, zumindest haben beide Feste gemeinsam, dass eine Person mit kirchlichem Hintergrund der Anlass ist, dass es mit Kindern zu tun hat, dass ein paar Wochen vor Weihnachten gefeiert wird und dass das jeweils andere im eigenen Land weitgehend unbekannt ist.

Gestern war wieder einmal Lucia und man sah schon in den Tagen davor allerlei kerzentragende junge Menschen singend in den Straßen. Eine interessante Anekdote hat sich in diesem Zusammenhang in Motala am See Vättern zugetragen. Die Schüler wählten wie üblich, wer die diesjährige Lucia der Schule werden solle. Und die Wahl fiel auf einen Jungen. Die Rektorin (!) fand das jedoch nicht in Ordnung und bestimmte, dass die Lucia weiblich zu sein hat.

Und weil man sich in Schweden der Ungleichbehandlung der Geschlechter von klein auf bewusster ist als anderswo und weil aktiv versucht wird, die klassischen Geschlechterrollen aufzubrechen, schaffte es diese Geschichte in die landesweiten Medien. Die Facebook-Gruppe Lasst den Jungen Lucia werden! hat knapp zehntausend Mitglieder.

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Wort der Woche: Rotavdrag

Da es gerade aktuell ist und weil ich das Wort bis eben nicht kannte, kommt diesmal ein vorgezogenes WdW.

Dra av bedeutet “absetzen”, gemeint ist “von der Steuer”. Avdrag ist das Substantiv dazu und wird für alle Möglichen Dinge verwendet, für die es Steuererleichterungen gibt. Rot (sprich: ruht) bedeutet “Wurzel”. Wurzelsteuererleichterung? Mitnichten.

Rot ist in diesem Fall ein Akronym und steht für reparation, ombyggnader & tillbyggnad, zu Deutsch “Reparatur, Um- & Ausbau”. Es handelt sich also um Steuererleichterungen, wenn man an seiner Wohnung oder seinem Haus Reparaturen oder Bauarbeiten durchführen lässt. Die Betonung liegt dabei auf lässt, denn es geht nur um die Lohnkosten (keine Materialkosten) von gewerbetreibenden Handwerkern, die man beauftragt. Dafür bekommt man die Hälfte (!) der Lohnkosten zurück, bis zu 50.000 Kronen pro Jahr. Das Finanzamt macht Werbung: “Hast du Reparaturen und Umbauten bisher aufgeschoben? Ruf schon heute einen Handwerker an. Am Montag kann die Arbeit beginnen und du bekommst den Nachlass im Nachhinein.

Diese Art von Steuererleichterung gab es vor ein paar Jahren schon einmal und heute hat die Regierung die Wiedereinführung verkündet, um dem Abschwung entgegenzuwirken und Arbeitsplätze zu schaffen. Etwa dreieinhalb Milliarden Kronen soll der Rotavdrag pro Jahr kosten und er ist Teil des schwedischen “Krisenpakets” in dessen Rahmen die Regierung Reinfeldt zusätzliche 23 Milliarden Kronen in den nächsten drei Jahren ausgeben will.

Um sich ein Bild von den Zahlen zu machen, braucht man als Deutscher übrigens nicht umzurechen: Der Faktor zehn von der Krone zum Euro wird durch die um fast den gleichen Faktor kleinere Bevölkerung Schwedens “ausgeglichen”. Wenn Schweden eine Milliarde Kronen ausgibt, ist das pro Kopf also grob das gleiche wie wenn Deutschland eine Milliarde Euro spendiert.

Die gleiche Art von Steuernachlass wie den Rotavdrag gibt es seit etwa einem Jahr schon für haushaltsnahe Dienste, also zum Beispiel Putzkräfte. Seitdem sind viele neue Reinigungsfirmen entstanden.

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"Schocksenkung"

Gestern darüber spekuliert, heute schon Wirklichkeit: Die schwedische Reichsbank senkt den Leitzins drastisch um 1,75 Prozent. Von 3,75 auf 2 Prozent.

Nachtrag: Die europäische Zentralbank tut das gleiche, auch wenn da schon bei 0,75 Prozent von “historisch” die Rede ist.

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Was ist eigentlich aus der Ostseepipeline geworden?

Sie ist nicht völlig vergessen in den schwedischen Medien, aber viel hat man in letzter Zeit nicht von der Ostseepipeline gehört. Nord Stream, das russische Konsortium mit Ex-Kanzler Schröder im Vorstand, hatte bei der schwedischen Regierung beantragt, die Gas-Pipeline am Grund der Ostsee durch die schwedische Wirtschaftszone und nah an Gotland vorbei bauen zu dürfen.

Anfang des Jahres wurde der erste Antrag als mangelhaft abgelehnt und letzten Monat reichte Nord Stream einen neuen ein, der dann ganz nach schwedischer Art an die betroffenen Ministerien und Behörden zu Begutnachtung weitergereicht wurde. Laut einer kurzen Notiz in DN stellen sich drei Viertel dieser “Remissinstanzen” wiederum kritisch gegen den Antrag. Die darin enthaltenen Informationen seinen immer noch unvollständig, vor allem was die Konsequenzen für die schon stark belastete Natur in der Ostsee angeht.

Unterdessen hat man auf Gotland mit dem Bauen angefangen. Nord Stream bezahlt nämlich den Ausbau des Hafens von Slite im Nordosten der Insel mit 100 Millionen Kronen. Ganz uneigennützig, versteht sich.

Wie wahrscheinlich ein endgültiges schwedisches Nein zur Pipeline ist, kann man als Laie kaum beurteilen – zu viele europa-, welt- und machtpolitische Interessen spielen dabei eine Rolle. Außerdem ist zu vermuten, dass das Projekt mittlerweile ein ganz anderes Problem hat: Der Niedergang der Finanzwirtschaft hat Russland stark getroffen und die niedrigen Rohstoffpreise wirken sich wohl nicht sonderlich gut auf die zu erwartende Rentabilität der Pipeline aus.

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Schweden stimmt EU-Vertrag zu

Als das vorvorletzte Land hat Schweden, genauer gesagt das Parlament, gestern am späten Abend für den Lissabon-Vertrag gestimmt. Das ist zwar keine sonderliche Überraschung, aber natürlich trotzdem bemerkenswert und schön.

A propos Europa. Die Krone hat seit letztem Monat weiter an Wert verloren und man muss jetzt 10.2 Kronen zahlen, um einen Euro zu bekommen. Damit hat die schwedische Währung seit August (damaliger Kurs: 9.3 Kr/Eur) rund zehn Prozent ihres Wertes verloren.

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SAS wird doch nicht deutsch

Dagens Nyheter berichtet, dass die neulich hier erwähnten Übernahmeverhandlungen der nordischen Fluggesellschaft SAS durch Lufthansa geplatzt sind. DN beruft sich dabei auf die SZ, aber ich kann den entsprechenden Artikel gerade nicht online finden. Die Probleme bei der SAS-Tochter Spanair sollen der Grund dafür sein, dass Lufthansa nicht mehr interessiert ist.

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Anna Ternheim - What have I done

[Videolink](http://www.youtube.com/watch?v=VwgdFMnkAKE)

Die aktuelle Single von Anna Ternheim in einer akustischen Version, die man auch als MP3 von ihrer [Homepage](http://www.annaternheim.com/) bekommt. Das neue Album heißt “*Leaving on a mayday*” und wird am kommenden Mittwoch veröffentlicht.
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Homo-Ehe trotz Christdemokraten

In Schweden dominiert die Wahl von Barack Obama zur Zeit die Nachrichten genauso wie in Deutschland. Deshalb war es wohl sehr schlau vom schwedischen Premierminister Fredrik Reinfeldt, gerade gestern bekanntzugeben, dass die Regierung keinen gemeinsamen Vorschlag zur Einigung bezüglich der lange diskutierten Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe vorlegen wird.

Der Hintergrund ist folgender. Eine “registrierte Partnerschaft” können homosexuelle Paare zwar schon länger eingehen, aber obwohl fast alle Parteien auch für die “Ehe” sind, sträubt sich die an der Regierung beteiligte kleine Partei der Christdemokraten. Dass deswegen kein Kompromiss der Regierung zustande kam, kann die Christdemokraten nicht freuen, denn jetzt werden wohl bald einzelne Parlamentarier das geschlechtsneutrale Ehegesetz ins Parlament einbringen wo es von einer breiten Mehrheit, inklusive Opposition, angenommen werden wird. Formell werden die Christdemokraten also von ihren Koalitionspartnern nicht übergangen, in der Praxis aber schon.

Das wäre in etwa so als wenn die Regierung Schröder den Bau von neuen Kernkraftwerken gegen den grünen Koalitionspartner mit Hilfe der Stimmen der FDP durchgebracht hätte. Dass die Koalition um Reinfeldt wohl trotzdem bestehen bleiben wird, zeugt wiederum von einem ausgeprägten Pragmatismus in der schwedischen Politik.

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Kehrtwende?

Wenn man die Sache wohlgesonnen auslegt, kann man sagen, dass die schwedische Politik undogmatisch agiert und bei veränderten Rahmenbedingungen ihre Meinung ändert. Ein Kritiker könnte dagegen Zynismus unterstellen.

Anders Borg, der schwedische Finanzminister, argumentiert heute morgen in einem Debattartikel, dass man die Abgaben für die verschiedenen Arbeitslosenkassen senken soll, damit wieder mehr Leute Mitglied werden. Das sei wichtig, weil man mit der schwächeren Konjunktur bald mehr Arbeitslose erwarte.

Dass die bürgerliche Regierung als eine ihrer ersten Taten vor knapp zwei Jahren die A-kassa nicht mehr steuerlich absetzbar und damit für alle viel teurer machte, wodurch die massenhaften Austritte erst verursacht wurden, erwähnt Borg natürlich nicht. In Schweden sind die Arbeitslosenkassen an die zahllosen Gewerkschaften gekoppelt und die Mitgliedschaft ist freiwillig. Es wäre nicht überraschend, wenn es in Schweden bald viele Arbeitslose ohne Schutz gibt. Und das im einst so hochgelobten Sozialstaat.

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Euro-Diskussion wieder aufgefrischt

Die internationale Finanzkrise und der Wohnungsmarkt sind zur Zeit häufig wiederkehrende Themen in den schwedischen Nachrichten. Es ist eine sehr gute Zeit, Wohnungen zu kaufen (siehe bostadrätt), weil die Preise fallen und es wenige konkurrierende Bieter auf die Wohnrechte gibt. Das hatte sich allerdings auch schon vor der aktuellen Finanzkrise abgezeichnet und wurde allenfalls davon verstärkt.

Der Tenor in Schweden ist, dass man das gemeinsame Agieren der Euro-Länder beeindruckt zur Kenntnis nimmt und sich ein wenig außen vor fühlt. Im Zusammenhang mit der schwachen Krone ist jetzt die Rede davon, dass die Schweden in den letzten Wochen ärmer geworden sind und dass damit der bisherige Vorteil der eigenen Währung in guten Zeiten zu einem Verlust geworden ist. Man ist sich zwar einig, dass es frühestens in drei bis vier Jahren eine neue Volksabstimmung über die Einführung des Euro in Schweden geben wird, also zehn Jahr nach der letzten, aber öffentliche Diskussion darüber scheint wieder in Gang zu kommen.

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