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Kernkraftwerke

Radioaktiv

Die Pannen in schwedischen Kernkraftwerken und die Diskussion um deren Sicherheit beschäftigen weiterhin die schwedischen Medien und waren ja auch an dieser Stelle schon oft Thema. Was hat sich in der Zwischenzeit getan?

  • Die Reaktoren Forsmark 2 und Ringhals 2 laufen wieder, nachdem sie vor kurzem erneut abgeschaltet werden mussten (E).
  • Ringhals muss sich vorwerfen lassen, eine ähnlich mangelhafte Sicherheitskultur zu praktizieren wie der Pannenreaktor Forsmark. Gegen verschärfte Sicherheitsauflagen wehrt man sich aber mit dem kindischen Argument, es wäre ungerecht, weil die anderen diese nicht hätten.
  • Derweil entdeckt man radioaktives Material in einem Korridor in Forsmark 3, in dem es nicht hätte sein dürfen. Und in einem Hochsicherheitsraum von Forsmark 1 findet man Essensreste und Zigarettenstummel, obwohl die entsprechenden Tätigkeiten dort verboten sind. (S)
  • Auch das Kernkraftwerk Oskarshamn, weiter südlich an der schwedischen Ostseeküste, hat Probleme. Ein Kubikmeter radioaktives Wasser schwappte aus einem Tank über. ([S](http://www.sr.se/Ekot/artikel.asp?artikel=1216356)) Damit die zusätzlichen Ausgaben der staatlichen Kontroll- und Sicherheitsbehörden nicht vom Steuerzahler gedeckt werden müssen, soll jetzt eine neue Sicherheitsgebühr für die Kernkraft-Industrie [eingeführt werden](http://www.sr.se/cgi-bin/International/nyhetssidor/artikel.asp?ProgramID=2108&Nyheter=&format=1&artikel=1229272). Gut so. Das rote Warnschild oben ist übrigens keine Karikatur von Kernkraftgegnern, sondern das [neue Symbol](http://www.iaea.org/NewsCenter/News/2007/radiationsymbol.html) der internationalen Atomenergiebehörde, um die Öffentlichkeit vor radioaktiven Gefahren zu warnen.
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Unbeschränkte Überwachung

Ein kurzes Update zur geplanten Überwachung von Telekommunikation in Schweden.

Kritiker der Pläne hatten klare Regeln gefordert, wann abgehört werden darf, was abgehört werden darf und wer Zugang zu den erhobenen Daten bekommt. Die Regierung lehnt das jedoch ab und im aktuell diskutierten Gesetzesvorschlag kommen solche Beschränkungen nicht vor (S).

Wenn das durchgeht, darf also einfach alles abgehört werden. Die Einschränkung, dass nur Kommunikation mit dem Ausland betroffen sein soll, ist lächerlich, denn sogar Emails an das staatliche Fernsehen SVT werden erst einmal zu einem Dienstleister in England geschickt (S) zwecks Spamfilterung. Wer würde sich dann nicht zweimal überlegen, ob er auf sein Recht auf Anonymität vertraut und den Medien einen Skandal verrät?

Es gibt seit vorgestern eine Unterschriftensammlung gegen die Abschaffung des Privatlebens, die schon 1600 Schweden unterzeichnet haben.

Nachtrag, 14:45: Ich wurde darauf hingewiesen, dass die Unterzeichner der Petition vorwiegend Männer sind. Ich habe stichprobenartig gezählt und kam auf 14% Frauenanteil. Meines Wissens weichen die Anzahl männlicher und weiblicher Internetnutzer nicht mehr weit voneinander ab, das kann also nicht der Grund sein. Ist die Ablehnung des Überwachungsstaates typisch männlich? Ist es typisch männlich, solche Aufrufe zu unterzeichnen? Ist Frauen das Thema egal? Wird der Link dorthin über “männliche Netzwerke” weitergereicht?

Gilt diese Beobachtung auch für Deutschland? Es scheint so: Bei einer Stichprobe der Wahlmaschinenpetition vom Herbst kam ich auf 10% Frauenanteil.

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Mangel an Arbeitskräften

Dem schwedischen Arbeitsmarkt geht es zur Zeit sehr gut und es entstehen viele neue Stellen. Schon werden in den Bereichen Bau und IT die Leute knapp (S).

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Reform der Län

Gerade fing ich an, darüber zu schreiben, dass in Schweden zur Zeit diskutiert wird (S), die 21 schwedischen Regionen (län) zu wenigen großen Verwaltungsregionen zusammenzufassen, als mich ein seltsames Gefühl des déjà-écrit beschlich. Eine Suche beförderte dann auch tatsächlich den entsprechenden kurzen Artikel vom Oktober zutage.

Die Diskussion scheint nur insofern vorangekommen zu sein, dass jetzt ein konkreter Vorschlag vorliegt. Das hiesige Uppsala län soll demnach zusammen mit den Regionen Stockholm, Västmanland, Södermanland und Gotland zur Großregion des Mälardalen vereinigt werden. Der Mälaren ist ein großes Seengebiet, das sich vor allem westlich von Stockholm erstreckt. Uppsala fürchtet dabei natürlich, endgültig zum Vorort von Stockholm degradiert zu werden und ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Insulaner von Gotland etwas dagegen haben, zu einer Region zu gehören, die nach ein paar Inlandspfützen benannt ist.

Nachtrag: Man sollte immer erst alle Nachrichten zu Ende lesen. Radio Schweden hat heute auch einen längeren Beitrag auf Deutsch dazu.

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Großforschung in Schweden

Die European Spallation Source (ESS) ist ein geplantes physikalisches Großexperiment, in dem mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers Neutronen erzeugt und dann in verschiedenen Teilexperimenten verwendet werden sollen, um neue Erkenntnisse über Materialien für Informations-, Energie-, Gesundheits- und Nanotechnologien zu erlangen. Der Ort für den geplanten Bau steht noch nicht fest, aber Lund an der Südspitze Schwedens ist im Gespräch.

Wegen hoher Umweltgefahren hatte die vorige Regierung das Projekt gestoppt, der jetzige schwedische Forschungsminister Leijonborg scheint (S) jedoch bereit zu sein, drei Milliarden Kronen von schwedischer Seite in das Projekt zu investieren. Das einen Quadratkilometer umfassende Forschungsviertel soll 2018 fertig werden.

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Personnummernknappheit

Wie sich die in Schweden allgegenwärtige personnummer zusammensetzt, steht hier. Für jedes Geburtsdatum stehen also 1000 Nummern zur Verfügung – 365.000 pro Jahr. Bei aktuell 65.000 neuen Schweden pro Jahr sollte das doch reichen, nicht?

Jein. Zum einen können einmal vergebene Personnummern ja nicht wiederverwendet werden und durch Ein- und Auswanderung werden mehr Nummern gebraucht, als man an der Bevölkerungszahl sehen kann. Zum anderen sind Geburtstage nicht gleichverteilt, unter anderem weil Einwanderer ohne festes Geburtsdatum ein Zeit lang immer den 1. Januar oder den 1. Juli bekamen. Es gibt also ein paar Geburtsdaten in den 50er Jahren, an denen die Nummern knapp werden (E, S).

Was soll man tun? Ganz einfach. Bei den beiden Monatsziffern sind nur die 01 bis 12 in Gebrauch und man könnte einfach die 21 bis 32 ebenso den Monaten Januar bis Dezember zuordnen. Auf eine ähnlich simple Lösung wird es wohl hinauslaufen.

Dass eine solche Meldung trotzdem Schlagzeilen macht, zeigt wie wichtig die Nummer für Schweden ist. Rainer und Josie schreiben auch darüber.

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Carl Bildt vs. SSU

Die schwedischen Jusos (SSU) haben wegen der neuen Vorwürfe gegen Außenminister Carl Bildt seinen Rücktritt gefordert (S).

Bildt kommentiert (S) das in seinem Blog mit dem Seitenheib, dass die Forderung ja nicht einmal von der SSU-Vorsitzenden kam, die sei nämlich zurückgetreten. (Hintergrund)

Der SSU revanchiert sich jetzt auf humorvolle Weise und bietet Bildt bei eBay zum Verkauf an (S, via). In der Produktbeschreibung heißt es:

Carl Bildt ist eine einmalige Anlagegelegenheit für alle, die auf zweifelhafte Weise Geld verdienen wollen. Er hat den Weg für Investitionen ins türkische Militär frei gemacht, eine Organisation, die Oppositionelle unterdrückt und die die Demokratie der Türkei bedroht. Er hat außerdem in Ölfirmen investiert, die Diktaturen in Afrika dabei helfen, die Bevölkerung zugunsten der Ölförderung zu vertreiben. Möchten Sie eine Gaspipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland legen? Dann ist Bildt ihr Mann. Er bietet seine Dienste an, egal ob es russisches Gas, sudanesisches Öl oder eine völkerrechtswidrige Invasion des Irak ist. (Übersetzung von mir)

Da sage noch einer, Politik habe keinen Unterhaltungswert. Die Kritiker scheinen jedoch nicht einzusehen, dass in einem Rechtsstaat ein Gesetzesbruch und die Verurteilung den einzigen Ausschlag gibt. Deswegen ist eine nicht bezahlte Fernsehgebühr mehr Rücktrittsgrund als legale Finanzgeschäfte, selbst wenn sie dem Moralverständnis einiger Menschen zuwiderlaufen. Solange es nicht einmal eine rechtliche Anklage gibt, halte ich Rücktrittsforderungen für heiße Luft.

Unterdessen kommt genau die Diskussion um Carl Bildts Blog in Gang, die ich neulich schon angeschnitten hatte. Der Expressen beschwert sich (S), dass Bildt den Blog zur Selbstdarstellung benutzt und damit die wichtige Institution der kritischen Medien unterwandert. Diese Gefahr besteht wohl im Prinzip, aber dass sich allen voran die Boulevardpresse an dem Blog stört, ist leicht nachzuvollziehen. Erst wenn sich die seriösen Medien in gleicher Weise bedroht fühlen, sollte man wohl noch einmal nachschauen. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg.

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Pirate Bay bleibt in Schweden

Die Leute hinter der bekannten schwedischen Seite The Pirate Bay haben die Schnapsidee, einen eigenen Staat zu gründen jetzt aufgegeben.

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Härtere Regeln für Abiturienten

Der schwedische Ausbildungsminister Lars Lejonborg (auch Chef der liberalen Folkpartiet) will die Regeln ändern (S), welche Voraussetzungen man für ein Studium an einer Universität erfüllen muss. Ausreichende Noten in Schwedisch, Englisch und Mathematik am Ende des Gymnasiums sollen Bedingung werden und gute Leistungen in Mathe und Sprachen sollen beim Auswahlverfahren extra berücksichtigt werden.

Wer jetzt eine Augenbraue hebt und fragt, was denn bisher verlangt war, dem sei gesagt, dass Schüler in Schweden während der letzten drei von zwölf Schuljahren (schwedisches Gymnasium) meist große Freiheiten in der Fächerwahl haben. Das ist per se auch gut, denn fast jeder geht aufs Gymnasium und es gibt Linien, die auf handwerkliche Berufe ausgerichtet sind, anstatt auf ein Hochschulstudium.

Es ist in vielen Fällen jedoch auch möglich, die Berechtigung fürs Studium zu erlangen, ohne genügend “harte” Fächer besucht zu haben. Das führt dazu, dass die Universitäten sich auf das niedrigere Anfangsniveau der Studenten einstellen müssen und verschulte Studiengänge geschaffen werden, damit es auch genügend schaffen. Professuren in den Naturwissenschaften klagen regelmäßig über mangelhafte Vorkenntnisse der Studienanfänger und ich habe den Eindruck, dass viele im Universitätsumfeld mit der etwas härteren Schulpolitik der konservativen Regierung sympathisieren.

Auch wenn ich hier regelmäßig etwas an der Regierung Reinfeldt auszusetzen habe, bin ich bei diesem Thema geneigt, ihnen beizupflichten.

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Ein Drittel weniger Museumsbesucher

Wie vor einem halben Jahr angekündigt, kosten schwedische Museen seit Jahresbeginn wieder Eintritt. Das Resultat (S): Im Schnitt haben Museen 35% weniger Besucher als letztes Jahr, einige haben sogar vier Fünftel der Besucher verloren.

Das Argument, lieber Steuern zu senken und den Leuten die Wahl zu lassen, ob ihnen ein Museum das Geld wert ist, halte ich für Unsinn, denn demnach müsste man alle staatliche Kulturförderung abschaffen.

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