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Rapport

Rapport ist die wichigste Nachrichtensendung im schwedischen Fernsehen (S). Die erste Sendung war 1969 und das macht Rapport (S) zwar ganze zwölf Jahre jünger als die Tagesschau – dafür hat es zur wichtigsten Sendezeit die doppelte Länge, von 19.30 bis 20.00. Ich schaue kaum fern, aber vorhin habe ich seit langem wieder einmal Fernsehnachrichten geguckt.

Nichts weltbewegendes scheint passiert zu sein (das hätte ich ja auch schon übers Internet erfahren). Trotzdem eine kleine Themenauswahl:

  • Die Zentrumspartei, die auch ein starkes Umweltprofil hat, will “Umweltautos” für Privatpersonen mit 10.000 Kronen je Neukauf fördern. Umweltauto heißt, dass es mit Ethanol oder Gas fährt. Abgesehen von der geplanten Subvention sind Umweltautos steuerlich besser gestellt und auch von der Citymaut in Stockholm befreit. Die Förderung könnte aber mit 600 anstatt 20 Millionen Kronen pro Jahr deutlich teurer werden als gedacht, weil die Verkaufsprognosen sehr gut sind. Außerdem sind die alternativen Kraftstoffe immer noch teurer als Benzin oder Diesel, weswegen Hybridautos, die beides können und auch als Umweltautos durchgehen, oft mit Fossilem betankt werden. Sollte man folglich mit dem Geld nicht lieber die Steuer auf die entsprechenden Kraftstoffe senken?
  • 1944, als klar wurde, dass die Russen die Macht in den baltischen Ländern übernehmen würden, flohen viele Estlandschweden von dort über die Ostsee ins Mutterland. Sie nahmen unter anderem einen Kirchenschatz mit, der jahrelang verheimlicht im Keller eines hiesigen Museums lag und jetzt zurückgegeben wird.
  • Die Vorsitzende des Jugendverbandes der Sozialdemokraten (SSU), Anna Sjödin, muss sich seit heute vor Gericht dafür verantworten, betrunken in einer Bar den Türsteher angegriffen zu haben und ihn mit rassistischen Äußerungen beschimpft zu haben. Mehr beim SR.
  • Das Vermögen der schwedischen Kirche ist seit ihrer Trennung vom Staat im Jahr 2000 um über eine Milliarde Kronen gewachsen und es werden die ersten Rufe laut, das Geld in den Gemeinden auszugeben.

    Generell finde ich *Rapport* nicht schlecht. Es ist nicht sensationslüstern und bringt Themen recht ausführlich. Aber: es menschelt. Damit meine ich, dass zu oft Leute zu Wort kommen, die nicht das Geringste zu sagen haben. Zum Beispiel gab es heute auch einen Bericht über eine Essensstudie, in der Mangel an Vitamin D bei einer Mehrzahl Schüler festgestellt wurde. Der Reporter sagt, dass heute weniger Milch zum Essen in den Schulen ausgeschenkt wird. Zum Ende kommt ein Kind vor die Kamera und wird gefragt, ob es Milch bekommt. Es verneint. Dann kommt noch die Mutter zu Wort und darf drei Mal sagen, dass sie das nicht gut findet. Das ist überflüssig und leider kein Einzelfall.
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Das Asphaltkartell

Heute beginnt in Stockholm der Prozess (S) um Preisabsprachen zwischen Straßenbaufirmen. Die großen sollen Kartelle gebildet und kleineren Konkurrenten genug gezahlt haben, damit sie nicht auf staatliche Aufträge mitbieten. Es geht um viel Geld, über eine Milliarde Kronen, und viele Gemeinden wollen Geld zurück, nachdem sie gesehen haben, wie der Asphaltpreis nach Auffliegen des Kartells um 20% sank.

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Citymaut oder nicht?

Während die endgültige Auszählung (S) der Wahl am Sonntag noch andauert, scheint sich die Maut in Stockholm (wörtlich trängselskatt, Ballungssteuer) als erste Probe für die Wahlsieger herauszustellen. Wie bereits erwähnt haben die Leute aus Stockholm selbst zwar knapp für die Wiedereinführung der Maut gestimmt, die bis vor kurzem testweise eingeführt war und mit nummernschildlesenden Kameras an den Ein- und Ausfahrtstraßen der Innenstadt arbeitet.

Allerdings durften auch einige der angrenzenden Kommunen mit abstimmen und dort fiel das Votum negativ aus. Nimmt man alle Stimmen ungewichtet zusammen, landet man bei einer Ablehnung und es ist deshalb bei weitem nicht so sicher, dass die Maut wirklich kommt, wie die Tagesschau behauptet.

Die neue Chefin des Stadtrates – Bürgermeister gibt es nicht – von Stockholm, Kristina Axén Olin von den Moderaten, hat versprochen, dass sie dem Votum der Stockholmer folgen wird. Einige der neuen Regierungsparteien wollen (S) dagegen dem Gesamtergebnis Rechnung tragen. Es ist also nicht so einfach (S) und in der schwedischen Konsenskultur wird wahrscheinlich am Ende ein Kompromiss herauskommen.

Ganz nebenbei: Diejenigen, die Schwedisch können und die der Blick einer in Berlin lebenden Schwedin auf die vorgestrigen Wahlen dort und in Mecklenburg-Vorpommern interessiert, gehen bitte hier entlang.

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Mehr zur Wahl

Es gibt mehr Interessantes zum Wahlausgang:

  • Die ZEIT kommentiert den Persson-Faktor, den ich ja auch schon für einen entscheidenden Beitrag zum Ausgang der Parlamentswahl hielt.
  • Die rechtsextremen Schwedendemokraten haben ihre Stimmenanzahl vor allem in Südschweden stark verbessern (S) können. Über 175 Sitze in über 60 Kommunen und lokale Hochburgen, in denen über 20% der Stimmen an die NPD-ähnliche Partei gingen, stimmen betrüblich.
  • Das Ergebnis der kleinen Parteien ist noch unklar, aber es ist ziemlich sicher, dass es keine der neuen Parteien ins Parlament geschafft hat. Zu jeder Wahl wird auch eine Schulwahl durchgeführt, bei der man ein Meinungsbild von Schülern, die noch nicht wählen dürfen, einholt. Hier sind traditionell die linken Parteien stärker. Die Piraten kämen bei Jugendlichen auf 4,5%, allerdings auch die Schwedendemokraten, die trotz ihrer Zuwächse nicht im neuen Parlament vertreten sein werden.
  • Die Volksabstimmung in Stockholm über die Citymaut fiel positiv aus (S), ob die Messstationen jedoch wieder aktiviert werden ist noch unklar. In den angenzenden Kommunen stimmte nämlich eine Mehrheit gegen die Maut und es ist nicht die Stadtverwaltung, die das alleine entscheidet und gerne dem Willen der Innenstädter folgen würde, sondern die neue Regierung.
  • In Dalarna gab es auch eine Volksabstimmung, und zwar ob Wölfe, die z.B. eine Gefahr für Haustiere darstellen, geschossen werden dürfen. Das Ergebnis ist mit [72 Prozent](http://www.sr.se/Ekot/artikel.asp?artikel=943413) (S) *für* den Abschuss eindeutig. Wenn da mal nicht alte Ängste und die Jägerlobby rationale Argumente überdeckt haben…

    [Alle Artikel zur schwedischen Wahl 2006](http://www.fiket.de/tag/wahl2006)
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Regionalwahl in Uppsala

Nicht nur in der Reichstagswahl haben die Konservativen gestern einen Sieg davongetragen. Auf Kommunal- und Landesebene sieht es ähnlich aus, zumindest hier in Uppsala. Das Rathaus geht (S) mit 47 zu 33 Sitzen an die bürgerliche Allianz, wobei ich mir nicht sicher bin, wie klar die Koalitionsaussage der Parteien auf diesem Niveau ist. Im Landsting der Region (_län_) Uppsala müssen die Sozialdemokraten ebenfalls die Macht abgeben (S).

Auch wenn der Erfolg der Rechtsextremen nicht so groß wie in Mecklenburg-Vorpommern ausfiel, so haben die Schwedendemokraten landesweit hinzugewonnen und auch einen Sitz im hiesigen Rathaus ergattert. Eine Schande das.

Bemerkenswert aus deutscher Perspektive ist, dass mit dem gestrigen Wahltag alles abgedeckt wurde – das Parlament, die Regional- und die Kommunalwahlen. Das heißt nichts anderes als dass man in Schweden als Politiker, im Unterschied zu Deutschland, nicht im ständigen Wahlkampf lebt, sondern vier Jahre lang seine Arbeit tun kann. Das hat natürlich damit zu tun, dass der Föderalismus in Deutschland viel stärker ausgeprägt ist, und ich werde diesem gegenüber immer skeptischer. Siehe auch Bernd Ulrich: Mehr Zentralismus!

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Regierungswechsel in Schweden

Es sind nur noch gut hundert Wahlbezirke, die nicht ausgezählt sind und das Ergebnis ist doch einigermaßen klar: Es wird einen Regierungswechsel geben und Fredrik Reinfeldt von den Moderaten wird aller Voraussicht nach der neue Premierminister Schwedens und in den nächsten vier Jahren eine Koalition aus Moderaten, Zentrumspartei, Christdemokraten und der liberalen Folkspartei anführen.

Reinfeldt hat sich vor Kurzem zum Wahlsieger erklärt und Sozialdemokrat Göran Persson, der über zehn Jahre lang Premierminister war, hat die Wahlniederlage eingestanden und hat seinen Rücktritt als Parteichef angekündigt.

Die Wahlbeteiligung ist traditionell hoch in Schweden: über 80% der Wahlberechtigten gingen wählen und der leichte Abwärtstrend der letzten Wahlen scheint mit einer Zunahme von 1,4% gestoppt zu sein.

In meiner eigenen kleinen Analyse hat der Ausgang zwei Hauptursachen: Erstens waren die Schweden Perssons überdrüssig und wollten einen Wechsel. Der Vergleich zum späten Helmut Kohl liegt nahe. Zweitens hat Reinfeldt die Moderaten so nah an die Sozialdemokraten herangeführt und den Leuten, die ihren Sozialstaat keinesfalls aufgeben wollen, die Angst vor dem Wechsel weit genug genommen, dass der erste Grund schon genug war, einmal nicht die Sozialdemokraten zu wählen, die Schweden für 65 der letzten 74 Jahre regiert haben.

Alle Artikel zur schwedischen Wahl 2006.

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Vorläufiges Wahlergebnis

Gerade schlossen die Wahllokale und das Ergebnis der Befragung von 10.000 Wählern an den Wahllokalen wurde bekannt gegeben. Aus Erfahrung sind diese Zahlen recht genau, mit Ungenauigkeiten um einem Prozent. Die Zahlen für den Linksblock:

  • Sozialdemokraten: 34,3% (-5,6)
  • Linkspartei: 5,8% (-2.6)

  • Umweltpartei: 5,5% (+0,9)

    Und für die bürgerliche Opposition “Allianz für Schweden”:

  • Moderate: 26,6% (+11,3)

  • Zentrumspartei: 8,2 (+2,0)
  • Christdemokraten: 7,6% (-1,5)
  • Folkspartei Liberale: 7,3% (-6,1)

    Die übrigen Parteien liegen bei 4,7% (+1,6). Diese Zahlen beruhen noch nicht auf den ersten Auszählungen, aber sollten sie sich bestätigen, würde das einen Regierungswechsel bedeuten, denn der bürgerliche Block unter [Fredrik Reinfeldt](http://sv.wikipedia.org/wiki/Fredrik_Reinfeldt) (S) käme mit 49,7% der Stimmen auf 182 der 349 Sitze im Parlament, gegenüber 45,6% und 167 Sitzen für die linken Parteien. *Update 21.40:* Die ersten Hochrechnungen lassen den Vorsprung der bürgerlichen Allianz auf 176 gegen 173 Sitze schrumpfen und es scheint, dass man noch warten muss, vielleicht sogar bis Mittwoch, bis man ein sicheres Ergebnis hat. Aktuelle Zahlen gibt es [bei der Valmyndigheten](http://www.val.se/val/val2006/valnatt/R/rike/roster.html).
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Wahltag!

Heute ist Wahl in Schweden, sowohl auf Kommunal- als auch auf Parlamentsebene. Die letzten Umfragen sehen die vier Oppositionsparteien in der Allianz für Schweden vorne. Ich werde heute abend über die ersten Hochrechnungen schreiben und bis dahin kann man den passenden Artikel der aktuellen ZEIT lesen, oder in dem stöbern, was ich bisher zur Wahl zu sagen hatte.

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Schwedischer Impfstoff gegen AIDS?

Gestern präsentierten (S) schwedische Forscher vom Karolinska Institutet in Stockholm ihre Pilotstudie eines Impfstoffes gegen HIV, den Erreger der Immunschwächekrankheit AIDS. Es handelt sich um einen genetischen Impfstoff, der bei 34 von 38 gesunden Testpersonen eine Immunreaktion hervorrief, inklusive der Produktion von Zellen, die HIV-infizierte Zellen abtöten. Das ist ein großer Schritt vorwärts, denn bisher kann man AIDS lediglich eindämmen, nicht heilen.

Ein Impfstoff, der das menschliche Immunsystem auf eine HIV-Attacke vorbereitet und dagegen schützt, ist nobelpreisverdächtig. Bis es soweit ist, werden aber noch einige Jahre ins Land ziehen, denn dieses vielversprechende Resultat ist lediglich der Anfang einer Reihe von Studien, die u.a. in Tansania fortgesetzt werden sollen. Man kann noch nicht einmal sicher sein, ob der Impfstoff wirklich vor einer Neuinfektion mit HIV schützt, oder “lediglich” die Auswirkungen von AIDS mildert.

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Baldiger Regierungswechsel?

Die in gut fünf Wochen anstehende Wahl in Schweden war ja schon gelegentlich Thema hier. Eine heute veröffentlichte Umfrage sieht die regierenden Sozialdemokraten um drei Prozent zurückgefallen und damit die selbsternannte “Allianz für Schweden” aus den bürgerlich-konservativen Parteien mit 4% vorne.

Als Grund wird die Ankündigung der Allianz, die Immobiliensteuer abzuschaffen, gesehen. An Wahlthemen dominiert weiterhin die Innenpolitik, allem voran der Arbeitsmarkt. Das finde ich persönlich etwas seltsam, weil es der schwedischen Wirtschaft gerade sehr gut geht und die Arbeitslosenzahlen sinken. Die Opposition beschwört zwar eine Staatskrise herauf, aber die Zahlen sagen das Gegenteil.

Fünf Wochen sind eine lange Zeit für Wahlkampf und man darf gespannt sein, ob Göran Persson seine über zehnjährige Amtszeit noch einmal verlängern kann. Ich hatte kurze Zeit mit dem Gedanken gespielt, die erfolgreiche Idee des Wahl-O-Mat für die Schweden zu übertragen, aber für so viel politisches Engagement fehlt mir leider die Zeit.

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