Früh aufstehen, das Boot geht schon um acht. Duschen; bis zur nächsten
sollten ein paar Tage vergehen. Fertig packen, Zelt, Schlafsäcke, Essen
für zwei Tage. Die Einkaufsmöglicheiten auf den Inseln sind begrenzt.
Auf zum Strömkajen, dem Anlegeplatz gegenüber vom Stockholmer Schloss,
von wo aus die Boote des Waxholmsbolaget in die Schären aufbrechen.
Hunderte von Inseln warten darauf, erkundet zu werden. Zwei Stunden auf
dem Boot. Das Wetter hält, was die Vorhersage versprach. Die
wahrscheinlich letzten richtig warmen und windstillen Tage des Jahres.
Erster Halt: Grinda. Fußmarsch und Suche nach einer netten Klippe zum
Baden, abseits von den belagerten Stränden. Fündig werden, Gepäck und
Kleidung ab-, Badehose anlegen, ab ins kühle Nass. Herrlich.
Herausklettern, in der Sonne aufwärmen. Rastlos werden, Kamera
hervorholen. Landschaft und vorbeifahrende Boote fotografieren. Wieder
ins Wasser. Hungrig werden. Zurück zur Anlegestelle. Beim Anblick der
Hundertschaften, die jetzt aussteigen, froh sein, das frühe Boot
genommen zu haben und jetzt weiter zu ziehen. Mittagessen und ein kühles
Helles auf dem Boot. Nächster Halt: Möja, eine der größeren Inseln,
ehemals für Erdbeerplantagen bekannt und eine der wenigen
auch-im-winter-bevölkerten. Durch die Idylle mit roten Holzhäusern
streunen, Eis essen, das Heimatmuseum in zwei Hütten aus dem 18.
Jahrhundert besuchen und sich von der gesprächigen Alten von damals
erzählen lassen. Aufs letzte Boot des Tages warten. Hoffen, dass wir den
Fahrplan richtig gelesen haben und dass es wirklich das Boot ist, auf
dem wir unser Gepäck gelassen haben. Ist es. Kurze Überfahrt zum
Granholmen. Abgelegener Ort. Dem linealbreiten, aber gut markierten
“Hauptweg” über Stock und Stein folgen, um nach einer halben Stunde im
Naturpark anzukommen, in dem man zelten darf und wo es Pump-Brunnen und
Plumpsklo gibt. Und Schafe. Und eine Bucht mit perfekten Bade-Klippen.
Zelt aufschlagen, das einzige weit und breit. Baden. Sich an einem Stück
Glas in den Finger schneiden, Klippen vollbluten. Interessant, dass ein
so kleiner Schnitt Spuren hinterlässt, als habe man eines der Schafe
abgestochen. Pflastern, gut is’. Mitgebrachten Grill anzünden, essen,
eine Flasche Wein. Abendspaziergang über die Kippen, Sonnenuntergang.
Schlafen.
Vom Geblöke aufwachen. Vor dem Frühstück baden. Entdecken, dass zwei
Deutsche um die Ecke mit ihrem Kajak angelegt und gezeltet haben.
Frühstück unter Mückenattacken. Käse aus der Tube auf Polarbröd,
schwedische Spezialitäten. Immerhin eine Tasse warmen Tee dazu. Der
Pulverkaffee wurde wegrationalisiert. Packen, aufbrechen. Mit spürbar
leichterem Gepäck zurück durch den Wald zur Anlegestelle. Merken, dass
wir uns am Abend zuvor verlesen hatten. Das Boot kommt erst in einer
Stunde. Ausharren, lesen, ein wenig auf den Klippen klettern. Auf dem
Boot endlich Kaffee. Auf nach Finnhamn. Im Gegensatz zum verlassenen
Granholmen ist dort Hochbetrieb. Eine Herberge, ein Restaurant, ein
kleiner Supermarkt. Wege, auf denen Quads mit kleinen Anhängern fahren
können. Ein bevölkerter Zeltplatz, inklusive lauten Teenagern, die die
Nacht durchmachen, wie sich herausstellen sollte. Baden, in der Sonne
liegen, Insel erkunden. Hier deutet sich die alte Kulturlandschaft an
und man hält die kleinen Äcker und Wiesen frei, damit sie nicht
bewalden. Essen für den Abend kaufen. Lachs und eingelegte Heringe,
Kartoffeln und ein Folköl. Längerer Abendspaziergang über den Steg zur
unbewohnten Nachbarinsel. Immer wieder erstaunlich, wie schnell die
Landschaft wechselt. Von kargen, nur mit Flechten bewachsenen, von der
Eiszeit plattgeschliffenen Felsen sind es oft nur wenige Meter bis in
feuchte djungelartige Wälder. Ein Reh sehen, das sich angesichts der
vielen Stockholmer offenbar nicht mehr um sie schert. Ab ins Zelt,
Schlafenszeit.
Früh aufwachen, zusammenpacken, zum Steg. Frühstück an Bord, mit Kaffee.
Richtung Stockholm, aber mit Aufenthalt in der einzigen Stadt im
Schärengarten: Vaxholm. Schlendern, Badeplatz finden, zu Mittag essen,
wie alles bisherige in bestem Wetter. Sonnencreme Faktor 40 ist übrigens
super. Wieder aufs Boot, diesmal die über hundert Jahre alte Västan,
die uns zurück nach Stockholm bringt.
Ein Tag daheim. Lockend ruft die noch gültige 5-Tages-Karte nach einem
letzten Tagesausflug. Morgen soll schließlich das Wetter wieder
schlechter werden. Gut zwei Stunden bis Lådna. Sommarpratare als Podcast
hören. Ankommen. Insel durchqueren. Idyllische alte Siedlung.
Anscheinend noch aktive Landwirtschaft. Auf der anderen Seite mit Hilfe
des Båtluffarleden übersetzten: Je ein Ruderboot auf beiden Uferseiten
zum allgemeinen Gebrauch. Damit wieder je eines auf beiden Seiten liegt,
rudert man hinüber, holt das andere Boot, lässt es auf der Startseite
zurück und rudert dann zum dritten und letzten Mal hinüber. Durch den
Wald zur perfekten Klippe. Einen knappen Meter über dem Wasser, mit
genug Tiefe zum kopfüber eintauchen. Drei Stunden Baden, Picknick,
Sonne, Fotografieren, mehr Sommarpratare. Auf dem Rückweg daran erinnert
werden, dass überreife Heidelbeeren lustige Spuren auf sandalbekleideten
Füßen hinterlassen. Feststellen, dass jemand so unfreundlich war, nur
auf die andere Seite zu rudern, ohne ein Boot auf unserer zu lassen.
Zwei Menschen winken, die im Boot vorbei kommen und uns übersetzen.
Echte Schärengarten-Bewohner, wortkarg, aber nicht unfreundlich, vor
allem nachdem wir erwähnen, dass wir uns die Mühe machen werden, hin und
her zu rudern, um wieder ein Boot auf die andere Seite zu bringen.
Selbiges tun. Im Ruderboot einen Hinweis auf die Übeltäter finden: ein
Kofferetikett vom Flug aus Italien. Zum Anlegesteg auf der anderen Seite
der Insel laufen. Unter den anderen Wartenden halb belustigt nach
Italienern Ausschau halten. Keine finden. An Bord der original
dampfbetriebenen Storskär von 1908 gehen, Richtung Stockholm. Das Boot
völlig überfüllt vorfinden. Es ist Sonntag Abend, prima Wetter, und für
viele ist der Urlaub jetzt vorbei. Nach Hause schippern lassen. Äußerst
zufrieden sein.
Links:
Schärengarten,
Waxholmsbolaget, Karte über den
Stockholmer Schärengarten,
Västan,
Storskär,
Finnhamn,
Möja