Es gibt in Schweden eine Liste mit Internetseiten, die die Polizei
erstellt und auf der Seiten mit kinderpornographischen Inhalten landen.
Diese Liste wird dann an schwedische Internet-Provider verteilt, die
sich freiwillig dazu verpflichten, Surfer auf eine Warnungsseite
umzuleiten, wenn sie eine der fraglichen Seiten aufrufen wollen. Gestern
Abend kam die Meldung, dass die Polizei damit drohe, die Pirate
Bay, eine beliebte schwedische Seite zum
Austausch von Dateien über das Internet, auf diese Liste zu setzen und
sie damit einem Großteil von Schweden unzugänglich zu machen. Angeblich
sei dort Kinderpornographie erhältlich.
Die Macher weisen das scharf zurück und merken an, dass die Polizei
nicht mit ihnen in Kontakt war – eine selbstverständliche Maßnahme, die
zur wirklichen Entfernung der fraglichen Inhalte, so es sie denn auf der
Pirate Bay gibt, geführt hätte, anstatt mit einer technisch leicht zu
umgehenden Sperre hunderttausende von Benutzern zu gängeln. Man habe
immer umgehend auf Hinweise aus der aktiven Benutzerschaft reagiert,
wenn versucht wurde, solche illegalen Inhalte über die Seiten der Pirate
Bay zu vertreiben.
Schon wird vermutet, dass dieses Mittel zur Zensur ein weiterer
taktischer Angriff gegen die politisch ungeliebte Seite ist, und dass
der gleiche Staatsanwalt verantwortlich ist wie für die Razzia vor einem
Jahr. Diese hat bis heute zu keiner Anklage geführt und die Hinweise auf
Einflussnahme amerikanischer Lobbyorganisationen auf die schwedische
Politik wurden meines Wissens nie entkräftet.
Jemanden der Mithilfe zur Verbreitung von Kinderpornos zu bezichtigen,
ist eine ziemlich gute Methode, ihn zu diskreditieren. Gleichzeitig ein
Mittel zur Zensur einzusetzen, das man kaum kritisieren kann, ohne sich
selbst des Vorwurfs auszusetzen, “auf der falschen Seite” zu stehen, ist
ebenfalls nicht ungeschickt. Ob es wohl eine unabhängige Kontrolle der
Liste gibt, die Missbrauch ausschließt?
Weiterführende Links in Fundreihenfolge:
Nachtrag, 070710: Man hat sich dann doch gegen die Aufnahme der Pirate
Bay auf die Sperrliste
entschieden.
Das fragliche Material, von dem allerdings weder den
Betreibern noch der Öffentlichkeit
bekannt war, worum es genau ging, sei mittlerweile entfernt worden.