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Linkisch

Ein paar Links aus den letzten Tagen…

  • Die hiesige Piratenpartei hat es auf Tagesschau.de geschafft.
  • Schweden ist stark für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei; Deutschland und vor allem Frankreich sind dagegen. Das ist zwar nicht neu, aber anscheinend hat sich Außenminister Bildt so stark zu diesem Thema in den französischen Medien geäußert, dass Sarkozy seinen Besuch in Schweden verschoben hat.
  • Es scheint, als habe Schweden in den USA ein Imageproblem: Plakat.

  • Ein ausführlicher Artikel der ZEIT zur Schlacht von Poltava vor 300 Jahren, die den Abstieg Schwedens als und den Aufstieg Russlands zur Großmacht markierte.

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Raoul Wallenberg

Die Wallenbergs sind die wohl bekannteste, einflussreichste und wohlhabendste Familiendynastie Schwedens und noch heute eng mit wichtigen Teilen der Wirtschaft verzahnt. Raoul Wallenberg, geboren 1912, galt in jungen Jahren als schwarzes Schaf der Familie, bekam jedoch 1944 vom schwedischen Staat den Auftrag, etwas gegen die Judenverfolgung in Ungarn zu unternehmen. In dem halben Jahr bis zur russischen Eroberung Budapests schaffte es der geschickte Diplomat mit Hilfe von schwedischen Schutzpässen, zehntausende Juden vor dem Abtransport in Konzentrationslager zu retten. Vereinzelt griff er auch unter persönlichem Risiko bei bevorstehenden Erschießungen ein.

Er geriet dann in russische Gefangenschaft und starb wahrscheinlich 1947. Die Umstände sind bis heute nicht völlig aufgeklärt und noch Jahrzehnte später gab es Hinweise darauf, dass Raoul Wallenberg am Leben sei, was die schwedische Öffentlichkeit lange beschäftigte. Es wurde vor allem Kritik an der schwedischen Regierung laut, die nach Kriegsende aus Angst, es sich mit Stalin zu verscherzen, nicht auf einen Austausch Wallenbergs hinarbeitete, sondern signalisierte, dass man ihn als tot erachtete.

Nachträgliche Ehrungen des “ungarischen Schindler” gab es viele, sowohl von amerikanischer, israelischer und natürlich ungarischer Seite. 1995 erhielt er postum den Europäischen Menschenrechtspreis des Europarates und in Berlin ist immerhin eine Straße nach ihm benannt. Ansonsten ist mein Eindruck, dass Raoul Wallenberg in Deuschland eher weniger bekannt ist, weswegen ich die Lektüre des oben verlinken Wikipedia-Artikels empfehlen möchte. Wer Schwedisch kann, sei auch auf die Radiodokumentation über ihn hingewiesen, die ich heute morgen im Zug zu Ende gehört habe und die man als MP3 herunterladen kann.

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Schweden und die EU(-Wahl)

Heute ist Europatag und ich hoffe sehr, dass jeder schon von der Wahl zum Europaparlament am 7. Juni weiß.

Vom Nachrichtenlesen im Netz bekomme ich den Eindruck, dass diese Wahl in Deutschland recht wenig Aufmerksamkeit bekommt. Man blickt stattdessen schon auf die Bundestagswahl im Herbst. In Schweden, wo bei Wahlen immer eine feierliche Stimmung herrscht und man stolz auf die generell hohe Wahlbeteiligung ist, gab es vor ein paar Wochen den Weckruf, dass laut Umfragen nur ein Bruchteil der Bevölkerung über diese Wahl Bescheid wusste.

Seitdem nehmen die Medien ihre Aufgabe durchaus ernst: Es wird täglich (!) berichtet, die Wahl kommt aufs Titelblatt und prominent auf die Webseiten der großen Zeitungen, inklusive Hintergrundinformation darüber, wie die EU funktioniert. Die bisherigen Parlamentarier der Parteien werden unter die Lupe genommen und ihr Stimmverhalten im EU-Parlament kritisch beurteilt. Die Parteien machen echten Wahlkampf mit ihren Programmen und diese werden aktiv diskutiert. In den vier Wochen bis zur Wahl wird diesbezüglich sicherlich noch einiges passieren.

Natürlich sind auch hierzulande die nationalen Wahlen noch wichtiger als die auf EU-Niveau, aber ich glaube behaupten zu können, dass die Situation in Schweden nicht ganz so betrüblich ist wie in Deutschland.

Wie sehen die aktuellen Umfragen aus? Der Abwärtstrend der Sozialdemokraten setzt sich fort und sie liegen mit knapp 30 Prozent gleichauf mit der Moderaten-Partei von Premierminister Reinfeldt. Zum ersten Mal seit 1914 könnten die Sozialdemokraten ihren Platz als stärkste Partei in einer landesweiten Wahl verlieren. Die EU-kritische “Juni-Liste”, die bei der EU-Wahl 2004 über 14 Prozent der Stimmen bekam, scheint wieder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Die fünf kleineren Parteien des schwedischen Parlaments scheinen bei der EU-Wahl schlecht abzuschneiden.

Immer mehr Aufmerksamkeit bekommt hingegen die Piratenpartei. Die Vorhersagen sehen sie zwischen 5 und 8,5 Prozent, also möglicherweise als drittstärkste Kraft mit zwei der 19 schwedischen Mandate im Europaparlament. Hier kommt es stark darauf an, wie gut es gelingt, die vor allem jungen Sympathisanten an die Urnen zu bringen. Außerdem ist es für neue Parteien eine logistische Herausforderung, die Wahlzettel auf alle Wahllokale zu verteilen. Man wählt in Schweden, indem man den Wahlzettel der jeweiligen Partei ins Wahlkuvert steckt und eventuell einen der Kandidaten in der darauf gedruckten Parteiliste ankreuzt. Nur Parteien, die schon im Parlament sind, bekommen von der Wahlorganisation Unterstützung mit der Distribution der Zettel.

Von der Wahl ganz abgesehen steht die schwedische EU-Ratspräsidentschaft vor der Tür: Vom 1. Juli bis Ende des Jahres wird Fredrik Reinfeldt “EU-Chef”. Glaubt man den Beobachtern, ist die schwedische Regierung schon jetzt heimlicher Ratspräsident, denn die Tschechen, die Anfang des Jahres von Frankreich übernommen haben, befinden sich in einer landesinternen Krise. Ein Misstrauensvotum hat dort die Regierung zu Fall gebracht und gestern übernahm eine Übergangsregierung die Führung bis zur Neuwahl im Oktober. Dass dieser Teamwechsel eine Führungsrolle in der EU sehr schwer macht, ist leicht einzusehen.

Deshalb musste sich die schwedische Ratspräsidentschaft flexibel zeigen und schon im Vorfeld Verantwortung übernehmen. Zum Beispiel führte Reinfeldt die Energieverhandlungen als US-Präsident Obama in Prag war. Auch zum Gipfeltreffen im Juni, bei dem der Nachfolger von Barroso vorgeschlagen werden soll, ist Schweden bereit einzuspringen. Dagegen will man möglichst verhindern, auch noch die zusätzlichen Versicherungen an Irland bezüglich des Lissabon-Vertrages ins eigene volle Programm zu bekommen. Das soll noch vorher fertig werden, damit dort eine neue Volksabstimmung stattfinden kann.

Die bevorstehende Ratspräsidentschaft hat auch innenpolitische Konsequenzen. Reinfeldt hat die Opposition um einen “Burgfrieden” gebeten, damit die Präsidentschaft so ungestört wie möglich durchgeführt werden kann. Das wäre gut für Schweden als Ganzes und würde auch den Sozialdemokraten nutzen, sagt er. Ob ein solcher Frieden sinnvoll ist, darum wird eifrig gestritten und die Oppositionsparteien sind von der Idee wenig begeistert. Thomas Bodström, ehemals sozialdemokratischer Innenminister, nennt Reinfeldt in diesem Zusammenhang gar einen Heuchler: Dieser sei nämlich während der letzten schwedischen Ratspräsidentschaft 2001 wie ein Iltis im Reichstag herumgerannt, um ein Misstrauensvotum gegen den damaligen sozialdemokratischen Regierungschef Göran Persson auf die Beine zu stellen.

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Alkoholsteuer erhöhen?

Deutsche Alkoholsteuern wie in Schweden oder “freies Trinken für freie Bürger”? Ein erfreulich sachlicher Artikel bei SpOn.

Es ist zu befürchten, dass die Vorschläge zur Steuererhöhung ähnlich große Chancen haben wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Die Alkohol- kommt nicht weit hinter der Autolobby. Dabei zeigen die Zahlen eindeutig, dass die Steuer den gewünschten Effekt hat.

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Verloren in der Vielfalt

In den letzten Jahren ist der Blatte^1^ modern geworden. Viele wollten eine gemeinsame Identität für alle nicht-Svennar schaffen, nicht zuletzt die Zeitschrift Gringo. Im dritten Artikel der Serie Warten auf Schweden fragt sich Maciej Zaremba, ob dieser Wille dem Rassismus in Schweden Aufwind gibt.

Es war voll im Schwimmbad Vivalla an diesem Tag, weswegen die Beweislage gut ausfiel. Man hörte: “Verdammte Zigeunerschweine”, “Ich werd’ alle Zigeuner ficken”, einige hörten außerdem “Huren, Hurensöhne und Pack”. Weil all das den Roma zugerufen wurde, führte der Ankläger an, dass der Schreihals wegen Volksverhetzung bestraft werden solle. Aber er überzeugte das Gericht in Örebro nicht, welches mit der Begründung freisprach, dass dies “nicht als Herabsetzung des Ansehens der Roma betrachtet werden kann”.

Dieses Urteil erregte die Schwedendemokraten^2^, die meinten, dass der Angeklage sicherlich verurteilt worden wäre, wenn sein Name nicht Habibi, sondern Svensson gelautet hätte.

Es gibt Hinweise, dass die Schwedendemokraten hier recht haben könnten. Wenn es um gewöhnliche Straftaten geht, können Einwanderer kaum damit rechnen, milder behandelt zu werden; eher umgekehrt. Aber bei Hassreden scheint das Einwanderer-Sein ein mildernder Umstand zu sein. Zum Beispiel wird der Vorfall im Schwimmbad nicht in die Statistik für angezeigte Hassverbrechen aufgenommen, eben weil der Schreihals Habibi hieß.

Nach der Zählweise des Rats zur Verbrechensvorbeugung (Brå) ist es also kein Hassverbrechen, wenn ein Einwanderer gegen Roma oder Schwarze hetzt. Zum Hassverbrechen wird es erst, wenn ein Schwede dies tut. Es sei erwähnt, dass Brå diese Regel selbst nicht mag, aber gezwungen ist, den Anweisungen der Säpo^3^ zu folgen. Und die hält es offenbar für gegeben, dass ein hasserfüllter Einwanderer ein geringeres Risiko darstellt als ein Schwede.

Ich frage mich natürlich wie Brå es anstellt, die richtigen Schweden herauszusortieren. Das ist mühsam, bekomme ich zu hören. “In der Anzeige steht selten, wo jemand geboren ist. Deshalb richten wir uns nach dem Namen”.

Soll man sich wundern, dass ein Staat, der Straftaten nach Namen Buch führt – “Was meinst du? Klingt Holt schwedisch? Ok, dann war es eine Straftat” – gewisse Probleme mit der “Integration” hat?

Für die Schwedendemokraten wurde dieses Urteil zu einem weiteren Beleg, dass der Staat Ausländer zulasten der Einheimischen bevorzugt. So kann man das natürlich sehen. Oder auch umgekehrt. Als Beweis der Geringschätzung: Ach – du bist ja nur ein Einwanderer.

Ich lese einen Artikel auf der Debattenseite von DN, in dem Masoud Kamali die sexuelle Veranlagung eines Ministers in seine Argumentation einbaut. Im Kulturteil lese ich, wie Kurdo Baksi mit Verachtung die Kleidung, das Geschlecht und die Rasse einer Politikerin als Erklärung für ihre Ansichten analysiert.

Wären diese Texte von einem Svensson geschrieben worden, hätte man ihn wohl öffentlich ausgepeitscht, wenn man die Artikel überhaupt gedruckt hätte. Aber mit diesen Namen darunter weckten sie kaum Entrüstung, außer – genau! außer bei anderen Autoren mit ungewöhnlichen Namen (wie Madon, Wager, Demirbag-Sten). Ja, bei diesen Gelegenheiten durften sie alleine die schwedische Presse-Ethik verteidigen.

Was bekommen wir hier zu sehen? Den Anfang einer geteilten Öffentlichkeit, wo Hautfarbe, Geschlecht, Religion und Herkunft das Recht geben, Dinge zu sagen, die andere nicht dürfen? Man kann leicht Beiträge finden, in denen jemand abgetan wird, weil er kein Einwanderer ist, nicht aus den “Vororten” kommt, zufällig ein Mann in gewissem Alter ist oder – am allerschlimmsten – eine eingewanderte Frau ist, die nicht unterschreibt, dass in Schweden Rassismus herrscht. Dann kann man sie “Hausneger” nennen und damit durchkommen, wenn man nicht Svensson heißt, natürlich.

Das aussagekräftigste Beispiel dafür, wie wichtig die Identität des Absenders geworden ist, ist die Zeitschrift Mana, deren Chefredakteur Babak Rahimi es für notwendig hielt, sich in seinen Artikeln als Frau im Iran auszugeben, inklusive erfundener Biografie.

Es ist merkwürdig, dass diesmal genau diejenigen den zivilisierten Diskurs unterhöhlen, die sich selbst für “Antirassisten” halten. Als Geschmacksprobe hier ein Beitrag aus der Bloggosphäre: “Den Begriff Hausneger könnte man effektiv … gegen Neger/Einwanderer anwenden, die in einer bürgerlichen Partei sind, z.B. Nyamko Subyami^4^ in der Folkpartiet” (antirassistische Schreibweise, meine Anm.). Kapiert? Nicht in Schweden geboren zu sein, verpflichtet zu bestimmten Ansichten. Eine etabliertere Bloggerin, der sich zur “Linken” bekennt, findet Einwanderer nicht gut, die “mischfarbige Beziehungen” eingehen. Das erschwere den Kampf gegen Rassismus, findet sie. Genau wie die extreme Rechte scheint sie der Ansicht zu sein, dass Hautfarbe verpflichtet.

Wenn es doch nur Extremisten wären, die Einwanderern eine bestimmte Identität zuschreiben. Aber als es vor wenigen Jahren zu einem akademischen Streit zwischen Dozent Westholm und Professor Kamali kam, bekamen wir vom Rednerpult des Parlaments zu hören, dass die Regierung eingreifen müsse:

”... diese schädliche und polemische Diskussion wurde in Dagens Nyheter veröffentlicht, wodurch der Konflikt negative Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen der Einwandererbevölkerung und den schwedischen Behörden haben kann.”

Ja, ihr habt euch nicht verlesen. Wenn ein Westholm einen Kamali kritisiert, kann das die gesamte “Einwandererbevölkerung” krumm nehmen. Keiner der Gewählten wandte hastig etwas gegen die Idee ein, dass “Einwanderer” eine Volksgruppe sind, wie Pavlovs Hunde festgelegt, deren zuliebe wir Diskussionen abwürgen müssen (gerade die polemischen). Lag es daran, dass die Rednerin nicht in Schweden geboren war? Ana-Maria Narti hieß sie.

Wenn “Einwanderer” zur Sprache kommen, werden Mitbürger unsicher, was es sich zu sagen gehört. Als ob die Sprache vermint worden wäre. Nett gemeinte Fragen wie “Wo kommst du her?” können mittlerweile Entrüstung auslösen. “Ich bin in Mora geboren.” Man muss aufpassen, was man sagt. Und vielleicht denkt man ja wirklich falsch, ein wenig veraltet? Es ging doch alles so schnell … Und es ist bei Weitem nicht leicht zu wissen, wie man der neuen Vielfalt gerecht werden soll. Da wird eine SFI-Lehrerin als “elitär” beschimpft, wenn sie etwas dagegen einwendet, dass jemand, der nicht schreiben kann und mit starkem Farsi-Akzent spricht, Einwanderern Schwedisch beibringen soll. Da wird eine andere wegen Diskriminierung angezeigt, weil sie gesagt hat, Frauen im Iran seien unterdrückt.

Wenn Menschen anfangen, sich in ihrer Sprache und ihren Gedanken unsicher zu fühlen, öffnet sich ein Markt für Bauchredner, Anstandsdamen und Alibis. Will man die Erfolge der Schwedendemokraten verstehen, kann man Gringo nicht außen vor lassen, die Zeitschrift, die 2005 entstand und drei Jahre später in Konkurs ging.

Es ist nicht besonders verwunderlich, dass ein paar gebürtige Jugendliche, die die Frage “Woher kommst du?” einmal zu oft gehört haben, auf die Idee kommen, eine Zeitschrift Umgekehrt zu machen, wo die “Blattar” für alles Coole und Attraktive stehen, während die “Svennar” Statisten im debilen Hintergrund darstellen. Das kann als Satire helfen, Augen zu öffnen: “Ach so, ihr schert uns alle über einen Kamm und schaut auf uns herab? Schluckt eure eigene Medizin!”

Aber Gringo ging weiter. Dort wurde der “Blatte” zur Identität gemacht, deren einzige sichere Eigenschaft es war, kein “Svenne” zu sein und es auch nie zu werden. Teils weil die Svennar sie nicht herein ließen (Rassismus), teils weil die Kultur der Svennar die Mühe gar nicht wert war.

Ja, so könnte vielleicht die Reaktion auf unerwiderte Liebe aussehen. Aber Gringo war Theater. Die Redakteure, die vorgaben für eine verstoßene Masse zu sprechen, waren gut angepasste Unternehmer, die sich ein “Blatte-Schwedisch” ausgedacht hatten, das kaum einer spricht, und die sich zum Vermittler für Ansichten aufgeschwungen hatten, die kaum jemand vertritt. Und die man mit Nazismus vergleichen kann: “Leider gründet sich der schwedische Nationalismus auf die Sprache, genau die gleiche Art Nationalismus, die Hitler befürwortete”, stand in Gringos Agenda. Oder auch, dass schwedische Frauen untaugliche Sexobjekte waren (zu kleine Ärsche), während die schwarzen viel besser rochen, wie in Gringo 7/05 zu lesen war. Wurden Schwedens Einwanderer dadurch in ihrer eigenen Identität gestärkt?

Das Eigenartige war nicht, dass dort Muff und umgekehrter Rassismus gedruckt wurden. Das Eigenartige war, dass alte Volksbewegungen, Behörden und Firmen fünfstellige Beträge dafür bezahlten, das Ganze in Kursen und Vielfaltstagen wiederholt zu bekommen. Dass man mit Einwanderern auf eine spezielle Art reden muss, weil sie ein Volk für sich sind, mit eigenem Kauderwelsch, dass sie kein Interesse an schwedischer Kultur haben, aber verlangen, dass man ihre eigene anerkennt. Da war es raus. Ein Carlos, oder heißt er Zaynar, hat es gesagt. Was für eine Erleichterung.

Muss gesagt werden, was für ein gefundenes Fressen Gringo für unsere Xenophoben wurde? “Gringo… (hat) es geschafft, die Immigranten in Schweden als Vorortsaffen darzustellen, die blind von ihrem fundamentalen Bedürfnis nach Bestätigng und Respekt gesteuert sind”, jubelt einer der unbehaglichsten Blogger dieser Ecke. Nicht ganz gerecht, aber auch nicht ganz falsch. Noch wichtiger für die Schwedendemokraten (SD) war Gringos Bestätigung ihrer Grundidee: dass Schwede-Sein etwas ethnisches ist. Der kichernde Empfang, den der Hohn auf “Svennar” auf Konferenzen und in den Fernsehsofas fand, schien zu bestätigen, was SD lange behauptet hatte: dass Schweden seine Selbstachtung verloren hat und nicht auf seine Kultur aufzupassen weiß – also brauchte es die Schwedendemokraten.

Das Absurdeste an der Geschichte ist, dass die Einrichtungen, die sich mit Gringo einließen, dessen Ideologie in keinster Weise ernst nahmen. Sie kauften Ablassbriefe zum Herzeigen, wenn die Revision der Vielfältigkeitsarbeit kommt. Auf diese Weise brauchten sie nicht selbst darüber nachzudenken, ob es Rassismus ist, von einem Schwedischlehrer gutes Schwedisch zu verlangen, oder ob es wirklich eine gute Idee ist sich aufzuregen, wenn eine Frau den Handschlag verweigert. Es ist ja auch traumatisch, solche Dinge zu diskutieren.

Sicher kann das traumatisch sein. Wenn es schiefgeht, kann man das R-Wort genannt werden. Vor einiger Zeit bekamen sechzig führende Staatswissenschaftler, die in einem Brief an die Regierung gegen die politische Einflussnahme in der Integrationsuntersuchung protestierten, von Mona Sahlin^5^ als Antwort, dass ihr Protest “rassistische Untertöne” hätte. Was sich bei Dilsa Demirbag-Stens Prüfung der Korrespondenz als reine Erfindung entpuppte. (Expressen 30/6 -04)

Ich gehe davon aus, dass Mona Sahlin zufrieden mit sich war, hatte sie doch mit nur einem Wort des Spotts eine beschwerliche Debatte ruhig gestellt. Aber noch mehr freuten sich die Schwedendemokraten. Wenn legitime Kritik an Integrationspolitik ohne Hand und Fuß auf diese Weise abgetan wird, bekommen die Fremdenhasser ein Monopol auf diese Debatte.

Da gibt es den Schulrektor (in Råneå), der einen Dreizehnjährigen nach Hause schickt, weil auf seinem T-Shirt eine schwedische Flagge zu sehen ist mit den Worten “Schweden ist mein Vaterland”. Das Kleidungsstück könnte “nazistisch verstanden werden”, findet der Rektor. Dann war da die Kommune Nyköping, die der Kirchengemeinde verbietet, auf dem Totengedenkplatz neben Lids mittelalterlicher Kirche ein Kreuz aufzustellen. “Zu starkes religiöses Symbol”, heißt es, unpassend in einer multikulturellen Gesellschaft wo auch Atheisten Anstoß nehmen können.

Die Achtklässler der Strandskolan in Klagshamn bekamen kein Klassenfoto, weil sie an dem Tag Trikots der Nationalmannschaft anhatten (vor dem Spiel gegen Dänemark). “Es steht in unserem Lehrplan, dass wir gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz arbeiten sollen”, erklärt der Rektor. Nein, er finde nicht, dass die Nationalmannschaft für Rassismus stehe, aber die Trikots könnte jemand “so auffassen”. Außerdem kann “Den blomstertid nu kommer”^6^ als “diskriminierend wahrgenommen werden” und ist deshalb ungeeignet für Schulabschlussfeiern, findet der Diskriminierungsombudsman (DO), der die Bräckeskolan auf Hisingen wegen Psalmgesang gerügt hat.

(Interessanterweise ist der Rat schwedischer Muslime mit dem DO hier nicht einer Meinung. Die Vorsitzende Helena Benaouda sagt mir, dass es “absurd wäre, Psalmgesang an Schulabschlussfeiern generell zu verbieten.” Im Gegenzug sollte die Schule jedes Mal die Eltern fragen, ob alle damit einverstanden sind.)

Fast hätte ich Kista vergessen, wo einige Beamte die Flagge vom Gemeindehaus nehmen wollten, damit die Einwanderer auf dem Järvafältet sich mehr zu Hause fühlen könnten. Zum Glück war der Gemeindedirektor zufällig ein japanisch-italienisch-spanischer Indianer. Luis Abascal hieß er, kam aus Uruguay, brummelte “jetzt sind wir in Schweden” und die Flagge blieb.

Wir leben in interessanten Zeiten. Für die Rektoren in Råneå und Klagshamn ist blau-gelb etwas Suspektes, für Abascal ist die Flagge ein verbindendes Symbol. Damit sei nicht nur gesagt, dass die obigen Verwirrungen immer mehr aufgebrachte Mitbürger in die Arme der Schwedendemokraten treiben, sondern auch gezeigt, welch schwächelnde Empathie man mit den Menschen hat, deren Gleichstellung man zu verteidigen vorgibt. Man versucht, dem Zerrbild der Einwanderer gerecht zu werden. Oder vielleicht nur dem eigenen Selbstbild.

Die Gemeinde Sigtuna glaubt sich an vorderster Front der multikulturellen Gesellschaft. Allgemeine Schulferien am orthodoxen Karfreitag, dem kurdisch-persischen Neujahr Noruz und an Id Al-Fitr, dem Ende des Ramadan. Alle werden eingebunden, dass es eine Freude ist. Gleichzeitig bereitet es Frau Cherine leider wenig Sorgen, dass Kerstin und Kalle in die Schule gehen während sie und ihre Familie Neujahr feiert. Ihr Problem ist stattdessen, Schwedisch zu lernen. Wo bekommt sie Information dazu? Nirgends. Sigtuna ist eine der wenigen Gemeinden, in denen alle Information, auch die über die Kurse “für den, der Schwedisch von Grund auf lernen muss”, ausschließlich in eben dieser Sprache bereitliegt.

Habibi heißt in Wirklichkeit anders.

Maciej Zaremba

Übersetzt aus dem Schwedischen. Für mehr Information dazu, zur Lizenz und zu den fünf anderen Teilen der Artikelserie bitte hier entlang.

Svenska originalet publicerades i DN, 2009-03-05. Jag tackar Maciej Zaremba för tillstånd att publicera min översättning.

Fußnoten:
^1^Blatte und Svenne sind unübersetzbar. Ersteres hat sich aus einer abfälligen Bezeichnung für Einwanderer (deren Ursprung unklar ist) zu einem Wort entwickelt, das von (Teilen) der Gruppe selbst zur Identifikation verwendet wird – parallel dazu, wie sich manche Schwarze “Nigger” nennen und wie Homosexulle das Wort “schwul” übernommen haben. Svenne ist das Gegenstück zum Blatte, also eine abfällige Bezeichnung des letzteren für “typische Schweden”. Die Ableitung kommt wohl vom allgegenwärtigen Nachnamen “Svensson”.

^2^Die “Schwedendemokraten” sind eine nationalistisch-traditionalistische Partei, die “Schweden schwedisch erhalten” wollen. Am ehesten sind sie wohl mit den deutschen “Republikanern” zu vergleichen. Die Wikipedia weiß mehr.

^3^Säpo steht für Säkerhetspolisen, also “Sicherheispolizei”. Damit ist der nationale Geheimdienst Schwedens gemeint.

^4^Nyamko Sabuni ist Integrationsministerin der Regierung Reinfeldt.

^5^Mona Sahlin ist heute Parteichefin der größten Partei Schwedens, den Sozialdemokraten.

^6^Das ist der bekannteste und beliebteste der schwedischen Sommer-Psalme. Er wird traditionell bei Schulabschlussfeiern gesungen. Mehr dazu auf SChwedisch

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Schwede? Bitte warten!

Warten auf Schweden. Edward Issa ist Zahnarzt. Nordschweden sucht händeringend nach Zahnärzten. Trotzdem sitzt Dokor Issa seit anderthalb Jahren in einen Backsteinbau in Kristianstad, immer ungeduldiger wegen des zu langsamen Sprachunterrichts. Ist die Fürsorglichkeit der Politiker zum Hindernis für wirkliche Integration geworden? Willkommen zum ersten Teil in Maciej Zarembas Artikelserie “Warten auf Schweden”.

Zuerst ein Bekenntnis. Lange Jahre habe ich mich geweigert, meinen Pass zu zeigen, wenn ich innerhalb Skandinaviens reiste. Die Grenzpolizei betrachtete meinen Führerschein, dann kam die Frage: “Schwedischer Staatsbürger?” Ich nickte immer als Antwort. “Sprichst du Schwedisch?” Erneutes Nicken. “Warum sagst du nichts?” “Weil ich dachte, das hier sei eine Passkontrolle, kein verdammter Sprachtest.”

Ich glaubte, den Beamten beibringen zu müssen, dass Schweden ganz unterschiedlich aussehen können. So passierte es mir, dass ich letzten Frühling bei einer Reise außerhalb Schengens meinen Pass zu Hause vergaß. Und siehe da, sonntags in aller Herrgottsfrühe auf einen Feld vor dem Flughafen Skavsta stand eine Behörde bereit, mir einen vorläufigen Pass auszustellen. Der Mann, der das (in sieben Minuten) machte, trug schwedische Polizeiuniform, klang aber wie ein Türke. Ich überlegte kurz, ob ich ihn fragen sollte, wie es ihm in Schweden gefällt. Der Passpolizist in der Kabine sah aus wie Idi Amin. Die Frage nach dem Gefallen vergaß ich sofort, sein Dialekt war deutlich aus Dalarna. Er kniff die Augen zusammen, schaute mich schräg an und meinte, dass ich eine interessante Farbe für meinen Pass gewählt hätte. (Für die, die es nicht wissen: Notpässe sind rosa.) Was antwortet man da? “Pass auf, das kann dir auch passieren.” “Sicher”, grinste Amin durchs Panzerglas, “aber bei mir würde es nicht so gut zu den Augen passen.”

Ich ging mit dem dummen Lächeln eines gerade Bekehrten ins Flugzeug. Ein schwarzer Wachtmeister aus Dalarna, der Schwulenwitze reißt. Und der genug Gespür dafür hat, bei wem sie ankommen. Oh mein Gott, wir sind auf Manhattan!

Im Jahre 1956 begab sich das Volk auf die Straßen der Gelehrtenstadt Lund, da das Gerücht ging, ein Neger sei am Bahnhof gesichtet worden. Seitdem hat ein Land, das seit Jahrhunderten fast völlig einheitlich in Sprache, Glaube und Sitten war, über zwei Millionen Fremde aufgenommen (jeder zweite zog wieder weg), ohne dass irgendwelche Katastrophen auf dem Weg eintrafen. Das Misstrauen gegenüber dem Fremden ist ein natürlicher Reflex. Lass uns also der Gerechtigkeit halber feststellen, dass Schwedens Treffen mit dem Fremden zuallererst eine Erfolgsgeschichte ist. Wer meint ich beschönige, kann darüber nachsinnen, was für Spasmen Auswärtige in Dänemark hervorrufen.

Das wollte ich gesagt haben, damit ich im Folgenden frei reden kann.

Es begab sich im Frühling 2007, dass das Maß voll war für Lage Wigren, Chefzahnarzt in Storuman. Sieben Jahre lang gelang es ihm nicht, einen festen Zahnarzt in seine Klinik zu bekommen. Die Patienten murren, ihr Gebiss ständig neuen Doktoren zu zeigen. Also fasst Lage Wigren seinen Entschluss. Wenn wir keinen Schweden finden, der in Storuman bleiben will, nehmen wir eben einen aus dem Ausland. Und wenn wir ihm selbst die Sprache beibringen müssen.

Und siehe da, es es ergibt sich glücklicherweise, dass gerade als Lage Wigren seinen Entschluss fasst, die Einwanderungsbehörde zu Kenntnis nimmt, dass Edward Issa auf der Flucht aus Bagdad in Arlanda angekommen ist.

Alles scheint für ein glückliches Aufeinandertreffen angelegt zu sein. Über dreitausend Bedienstete in den Gemeinden stehen bereit, das Treffen zwischen Dr. Issa und Dr. Wigren zu erleichtern, 181.400 Kronen staatlichen Geldes sind für ihn zurückgelegt, es gibt ein Ministerium und drei Behörden, die sich nur damit beschäftigen, wie er schnellstmöglich Arbeit findet. Was will man mehr?

Fazit: Anderthalb Jahre später sitzt Dr. Issa voller Ungeduld über den langsamen SFI-Kurs (Schwedisch für Einwanderer) in einem roten Ziegelbau in Kristianstad. In der Zwischenzeit hat Storuman einen ausländischen Zahnarzt – aus Polen. Ewa Bisztyga heißt sie, kam im Februar 2008 in Lapplanda nach Schweden, schon integriert, wie es schien, weil sie nicht nur Schwedisch sprach, sondern auch Witze machte. Drei Tage später fing sie an, Steuern zu zahlen, ziemlich viel Geld, mehr als Edward zum Leben in Kristianstad hat. Man integriert ihn nämlich immer noch und gleich dürfen wir sehen, wie so etwas vor sich geht.

Diese Reportage versucht zu verstehen, warum es zwangsläufig so kommen musste. Ist es der Rassismus der Schweden, der es den Einwanderern schwer macht durchzukommen, was viele behauptet haben, oder ist es etwas anderes? Wird Integration dadurch erschwert, dass Fremde zu viel unvernünftige Kultur mitbringen – während in unserer alles vernünftig und aufgeschlossen ist? Und was meinen wir eigentlich mit Staatsbürgerschaft?

Der Versuch eilt, diese Fragen zu beantworten; nur wenige Kilometer vom frustrierten Dr. Issa entfernt brütet der Vorsitzende Jimmie Åkesson vor sich hin. Auch er frustriert, aber voller Zuversicht. Alles bisher genannte ist Wasser auf die Mühlen seiner Schwedendemokraten, die schon den Sitz im Reichstag wittern. Ist es nur deren ländlicher Charme – oder haben die guten, toleranten und antirassistischen Kräfte ihnen auf die Beine geholfen?

Zurück zu Lage Wigren in Storuman. Er versucht nicht einmal, seinen Doktor unter den Neuankömmlingen zu suchen. Nicht nur weil es länger mit irakischen Zahnärzten dauert als mit denen aus der EU (die nicht zu beweisen brauchen, was sie können). Wigren weiß, dass es sinnlos ist. Schauen wir uns an, was passiert wäre, hätte er es versucht.

Schweden ist ein Zentralstaat, also sollte es die Zentrale am besten wissen. Wigren ruft das Integrationsministerium an. Hallo, haben Sie zufällig einen Zahnarzt zum Integrieren? Das Ministerium hat solche Informationen nicht. Aber es gibt die vielleicht beim Justizministerium? Er ruft an, dort weiß man es auch nicht, aber verspricht, bei der Einwanderungsbehörde nachzufragen, “die Verantwortung zur Bestandsaufnahme hat”. Tut uns leid, die Behörde führt kein Buch über die Berufe von Einwanderern. Aber versuche es bei der Zentrale für Gemeinden und Regionen, schließlich wird ja dort integriert. Nein, da weiß man auch nichts. Wigren bekommt den Rat, direkt die einzelnen Gemeinden anzurufen. Derer gibt es 290.

Dr. Wigren macht einen letzten Versuch beim Arbeitsamt. Nein, auch diese Behörde führt nicht Buch, ob es Zahnärzte, Chauffeure, Krankenschwestern oder andere gesuchte Berufe unter den Neuankömmlingen gibt. Aber frag gerne noch einmal nächstes Jahr, dann haben wir vielleicht eine Liste. Versuch es derweil beim Amt für Statistik, raten die Vermittler. Unser Doktor ruft an. Bingo! Einen solchen Katalog gibt es zwar nicht, aber wenn man bezahlt, kann das Amt die Berufsstatisktik mit dem Melderegister zusammenführen und so die Aufenthaltsgenehmigungen nach Beruf verteilt ermitteln. Aber nur bis 2006. Das macht nichts! ruft Wigren und zückt das Portemonnaie. Ich kaufe die ganze Liste! Liste? Sie bekommen eine Tabelle. Die Namen dürfen wir nicht herausgeben.

Was bleibt? An den zentralen Behörden vorbeizugehen und anzufangen, lokale Flüchtlingsorganisationen anzurufen. Davon gibt es gut vierzig, einige haben mehrere Stunden Telefonzeit pro Tag, aber keine ist verpflichtet, Informationen herauszugeben. Man hat zwar über diverse Daten der Flüchtlinge Buch geführt, aber nach “Beruf” kann man in der Datenbank nicht suchen. Von Hand vielleicht? “Unter 900 Namen? Dafür haben wir keine Zeit…” Aber wenn Wigren Riesenglück hat, landet er bei einem Juwel von Bürokrat, wie Lars Ulander in Söderhamn. Der erinnert sich nicht nur zufällig, dass es zwei Doktoren in seinem Lager gibt, er ist auch bereit, sie aufzusuchen und mit ihnen zu reden.

Jahrzehntelang hat der Staat erfasst, welche Fliesen Svensson in seinem Sommerhaus hat und wann er das erste Mal onanierte. Kein Aspekt unserer Lebensweise wurde für zu trivial fürs Zentralregister befunden. Aber dass die Flüchtlinge, die Schweden aufnimmt, einen Beruf haben, haben sämtliche Behörden zufällig vergessen. Das ist natürlich kein Zufall. Es ist ein Muster. Sich das vor Augen zu halten ist ein erster Schritt, die Havarie der Integration in Schweden zu verstehen. Hier wendet jemand ein, dass es nicht Aufgabe von Zahnarzt Wigren ist, Dr. Issa zu finden. Völlig richtig. Es gibt 33 Personen in Kristianstad, die in Vollzeit Neuankömmlinge integrieren. Denen kann der Ärztemangel in Nordschweden nicht entgangen sein.

Als Edward Issa und seine Frau (die in Bagdad Informatik studiert hat, ein weiterer Mangelberuf in Schweden) im Sommar 2007 nach Schweden kommen, wollen sie so schnell wie möglich Schwedisch lernen. Aber sie müssen warten, antwortet das Integrationsbüro, denn zuerst müssen sie den Kurs besuchen, der zur Beschäftigung der Flüchtlinge erfunden wurde und sich “Der Weg in die Gesellschaft” nennt. Dort darf man lernen wie wichtig Hygiene und Gleichberechtigung sind, wie staatliche Pfändung funktioniert und wie gesund Waldspaziergänge sind. Ein Besuch bei IKEA ist auch dabei. Aha, sagt Dr. Issa, erstaunt darüber, dass er lernen soll, sich die Hände zu waschen, aber warum nicht Schwedisch?

Er bekommt zu hören, dass es keinen Platz gibt im Schwedischkurs, “aber ich schaute nach und da saßen Leute, die schliefen, warum Platz für die und nicht für mich?” Im Dezember 2007, nach sieben Monaten, bekommt er endlich Schwedischunterricht. Doch der Kurs kommt nur stockend voran, ständig kommen neue Schüler, er findet er lernt zu wenig. Ich verstehe ihn, nach neun Monaten unterscheidet er nicht zwischen Präsens, Infinitiv und Imperfekt. Wir schreiben einander im Oktober 2008. Zur gleichen Zeit kauft sich die polnische Arztin in Storuman ein Haus und ihr zweites Pferd. Zu Edward Issa sagen die Integrierer, dass er im Sommer 2009 ein Praktikum anfangen kann, das ihn legitimiert. Aber lieber Edward, sage ich, du bist doch völlig fehl am Platz. Hat dir niemand erzählt, dass es Spezialkurse für Leute wie dich gibt?

Ich rufe seinen Sachbearbeiter an. “Intensivkurs Schwedisch für ausländisches Pflegepersonal? Haben wir nicht in der Gemeinde.” Nein, aber den gibt es in Göteborg, sage ich. “Das war mir wirklich nicht bewusst.” Sollte sie das nicht wissen, wenn sie Ärzte integriert? “Ich hatte noch nie eine solche Anfrage.”

Seltsam, Issa sagt, dass er gefragt hat, aber nein als Antwort bekam. Vielleicht fragte er auf die falsche Art? Ich hege den Verdacht, dass Issas Kontakt mit der Integration Ähnlichkeiten mit dem Kauf von Flugtickets bei Aeroflot zu Sowjetzeiten aufweist: “Gibt es Flüge nach Krasnojarsk? Ja. Wann? In einer Stunde. Und morgen? Ja. Wann denn? Um drei Uhr. Nur um drei? Nein, auch um sieben Uhr. Und übermorgen? Ja. Um wieviel Uhr? Um drei. Kann es sein, dass es tägliche Flüge nach Krasnojarsk um drei und um sieben Uhr gibt? Ja. Warum sagen sie das nicht gleich? Sie haben nicht gefragt.”

Hatte Edward Issa nur kein Glück? Nina Haddad ist Narkoseärztin aus Bagdad. Schwedische Krankenhäuser suchen solche händeringend, aber Haddad sitzt zuerst sechs Monate in Lund, wo sie Schwedisch für Analphabeten besucht und Bilder auf Papier malt (“das war obligatorisch, war man nicht da, bekam man keine Sozialhilfe”), danach ein Monat in einem Lager in Vetlanda (“man tat nichts”). Als sie endlich Schwedisch lernen darf, stellt sie einen SFI-Rekord auf. Sie hofft, das medizinische Examen im Februar 2009 abzulegen und ein Jahr später mit der Arbeit anzufangen. Dann sind fast vier Jahre vergangen seit sie nach Schweden kam. Auch ihr Sachbearbeiter hat ihr nicht gesagt, dass sie es in Stockholm und Göteborg in der Hälfte der Zeit schaffen kann.

Issa und Haddad hatten trotz allem Glück. Einen dritten irakischen Arzt wollten die Integrierer zum Lampen zusammenschrauben schicken. “Erfahrung im schwedischen Arbeitsleben ist wichtig”, bekam er zu hören. (Im Integrationsbüro hat dieses Praktikum einen anderen Namen: Er bekommt “eine Nah-Arbeits-Erfahrung”, gackern die Sachbearbeiter). Sollte er sich weigern, würde das Geld gestrichen. Dass er sein Praktikum stattdessen im kommunalen Zahnarztbetrieb macht, ist dem beherzten Eingreifen seines SFI-Lehrers zu verdanken. Der seinen Namen nicht in der Zeitung haben wollte. “Als ich den Zahnarztbetrieb kontaktierte, übertrat ich meine Befugnisse.”

Sollen wir glauben, dass sämtliche “Integrationssekretäre” in Kristianstad, die “den bestmöglichen Service auf dem Weg” geben sollen, nicht wissen, dass es Intensivkurse für medizinisches Personal gibt? Oder dass sie nicht genug Energie haben, “Gesundheitsschwedisch” zu googlen, wo man alle Information findet? Eine Beamtin bittet mich zu bedenken, dass es sich für die Gemeinde mehr lohnt, wenn diese Doktoren in der Putzbranche arbeiten. Dann kassiert Kristianstad 20.000 Kronen vom Staat, weil dem Flüchtling Arbeit verschafft wurde. Sollen sie dagegen zum Kurs in Göteborg geschickt werden, müssen die Integrierer das vom staatlichen “Schablonenbeitrag” bezahlen, der die Einführungen bezahlt. Und damit ihre eigenen Löhne. So sinnvoll ist das ganze angelegt.

Ich solle auch nicht den Alltagsrassismus in Schonen vergessen, sagt sie. Dann verbessert sie sich: “Rassismus ist das falsche Wort, aber wie soll man das nennen, was diese Beamten fühlen, wenn sie merken, dass diese dunkelhäutigen Wilden, auf die sie immer herabgeblickt haben, bald doppelt so viel verdienen wie sie und mit Frau Doktor angeredet werden?”

“Dreieinhalb Jahre, das ist viel zu lange für einen Arzt, aus dem Beruf heraus zu sein”, seufzt Nina Haddad in ihrem roten Sofa. Schauen wir, ob man es anders machen kann.

Wir befinden uns in Warschau, im schicken Viertel “die rote Schweinebucht”, wo bis vor kurzem das Luxusghetto für die Parteioberen war. Die Sprachschule Paragona versorgt schwedische, dänische und britische Praxen mit medizinischem Personal. Hier holte sich Lars Wigren seine polnische Ärztin.

“Liebe Frau Larsson,
Sie haben einen Termin am 15. August, aber ich kann Sie am diesem Tag leider nicht empfangen, weil ich nach Stockholm auf einen medizinischen Kongress fahre. Ich kann Sie stattdessen am 22. oder 23. August empfangen, aber ich bitte Sie, einen neuen Termin mit meinem Sekretär auszumachen … Ich bitte um eine schriftliche Antwort, damit ich weiß, dass wir einig sind. Herzliche Grüße. Ihre Ärztin Agniezka.”

Das bemerkenswerte an diesem Brief (der eine Prüfung ist zum Thema: Schreib einen Brief an einen Patienten) ist nicht der Grammatikfehler im ersten Satz. Sondern dass er am 24. Juli von einer Person geschrieben wurde, die am 7. Januar noch kein Wort Schwedisch konnte.

Das Konzept von Paragona ist es, in höchstens sieben Monaten so viel Sprache zu lehren, dass ein polnischer Arzt, der in Härnösand, Edbjerg oder Leeds landet, vom ersten Tag an genauso gute Versorgung erbringen kann wie ein einheimischer Arzt. (Für Psychiater dauert es acht Monate.) Seit 2003 hat Paragona Dänemark, Norwegen, England, Frankreich und Schweden mit über 500 Doktoren versorgt. Es scheint also als ob das größte Problem bei der Integration (dass der Einwanderer zu schlecht Schwedisch kann, um eine vernünftige Stelle zu bekommen) vielleicht gar nicht so groß zu sein braucht.

“Hallo, wie geeeeht es euch? Worüber sollen wir heute reden?” Mit gekünstelter Mädchenstimme macht Paragona-Lehrerin Lisa nach, wie SFI klingen kann. Kindergarten für Erwachsene, versteht man, Gruppenarbeit, Tätscheln. Völlig fehl am Platz, findet Lisa. Sie hat selbst nichts gegen Demokratie im Klassenzimmer, aber “die meisten, die nach Schweden kommen, seien es Usbeken, Iraker oder Polen, sind Lehrer gewohnt, die einen Plan haben und wissen, was sie mit jeder Unterrichtsstunde wollen. Mit diesem Stil lernen sie schnell. Das schwedische Modell verwirrt sie, weil nichts von ihnen erwartet wird. Dann gewöhnen sie sich leider daran.” Ihre polnischen Studenten verlangen, jeden Freitag eine Prüfung zu schreiben. Soll der Sprachkurs effektiv sein, sagt Lisa, muss er an den Schüler angepasst werden. Trichter für die Polen, freiere Formen für Amerikaner, Spiele mit Worten für die, die nie in der Schule waren. (Siehe da, ein Beitrag zur Integrationsdebatte. Wenn wir als gegeben voraussetzen, dass eine Schulform, die an schulüberdrüssige Teenager aus Täby angepasst ist, die beste für den irakischen Gefreiten und den Arzt aus Ethiopien ist – zeugt das dann von unserer Leidenschaft zur Gleichbehandlung – oder vielleicht unserer Arroganz?)

Lisa will nicht, dass ich SFI mit Paragona vergleiche, das sei ungerecht. Paragonas Schüler sind auf gleichem Niveau, ans Studieren gewöhnt, haben ein klares Ziel und arbeiten gegen eine Deadline. Nichts von alldem trifft auf die Mehrheit der SFI-Klassen in Schweden zu. Doch zugleich regt sie sich über ihre Erinnerung an die träge Stimmung im Klassenzimmer auf. “SFI sollte klarmachen, dass die Sprache das Leben bestimmt, der Schlüssel zu ihrer Zukunft, dass die Chance nicht wiederkommt, wenn sie diese eine vergeigen.” Aber es ist als ob Schweden weder sich selbst noch die Einwanderer wirklich Ernst nimmt.

Der Ernst in Warschau: acht Stunden Unterricht, zwei Stunden Hausaufgaben an fünf Tagen die Woche. Die Ärzte wohnen auf dem Campus, schalten sie den Fernseher ein, laufen schwedische Nachrichten, wollen sie Filme sehen läuft “Raus aus Åmål” oder gleich Ingmar Bergman. Ein Psychiater fragt sich, ob “Das Schweigen” ein realistischer Film ist. Er schaut lieber den schwedischen “Landarzt”.

Ich darf bei einer Übung der ärztlichen Untersuchung dabei sein. “Sag was ich tun soll”, sagt der Lehrer, “aber ich befolge nur perfektes Schwedisch”.
“Geh drei Schritten vor. Lege die Handflachen gegen den Wind.”
“Hier bläst kein Wind.”
“Wand. Ziehe bitte die Zunge heraus.” (Der Lehrer führt die Hand zum Mund.)
“Nein, nicht so! Ich meine … reich mir die Zunge?”

Die Schwedischklasse verbiegt sich vor Lachen. Auch ich trockne eine Träne und erinnere mich, dass das so war als ich vor 40 Jahren Schwedisch lernte. Unser Lehrer Jonas Wall meinte, dass Wörter am besten hängenbleiben, wenn man sie an Gefühlen festmacht. Wenn wir also Grammatik übten, provozierte er Drama in unserem Keller: “Die da drängelt sich in der Schlange vor, was sagst du?” Nach drei Monaten konnten ein Pole und ein Libanese miteinander über den Sinn des Lebens streiten – auf Schwedisch. Aber das war eine andere Zeit. Heute muss man nach Warschau fahren, um so etwas zu finden.

“Sie setzten mich vor einen Computer und sagten ich solle nach Wissen suchen. Ich wollte Grammatik lernen, sie sagten das sei nicht nötig. Sie gaben mir Aufgaben, für die sie keine Zeit zum Korrigieren hatten. An einigen Tagen hatten wir gar keinen Lehrer. Ich habe fünf Monate meines Lebens vergeudet.”

Das erzählt Katarzyna, die im Frühling versuchte, in Rosengård Schwedish zu lernen. Die Firma Meritausbilung AG, an die sie von der Gemeinde verwiesen wurde (nein, sie durfte die Schule nicht selbst wählen), betreibt auch in Sjöbo und Tomelilla SFI-Kurse. Dort unterrichtete man im Frühling 2007 kurdische Analphabeten und iranische Akademiker in der gleichen Gruppe. 2,8 Lehrer sollten den 90 Schülern “individuell angepassten Unterricht” geben, für 30 Stunden pro Woche und einen Lohn knapp über dem der Müllmänner der Gemeinde.

Ich behaupte nicht, dass diese Schule typisch ist. Aber sie ist gut genug für unsere Behörden. Ein frischer “Beurteilungsbericht” (25.09.08) fand nichts zu beanstanden.

Selbst gerechnet komme ich auf 250 Stunden Privatunterricht, die sich Katarzyna mit zwei anderen Schülern hätte teilen können, wenn das Geld der Steuerzahler nicht stattdessen an die Meritausbildung AG verschenkt worden wäre.

Lisa, Edward Issa, Nina Haddad und Katarzyna heißen in Wirklichkeit anders.

Maciej Zaremba

Übersetzt aus dem Schwedischen. Für mehr Information dazu, zur Lizenz und zu den fünf anderen Teilen der Artikelserie bitte hier entlang.

Svenska originalet publicerades i DN, 2009-03-01. Jag tackar Maciej Zaremba för tillstånd att publicera min översättning.

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Eritrea, Hühnchenglas und die Homoehe

Neben den täglichen “Schreckensmeldungen” aus der Wirtschaft, die in Schweden genauso klingen wie in Deutschland, gibt es noch andere Themen, die die schwedischen Nachrichten gerade dauerhaft beschäftigen.

Zum einen ist da Dawit Isaak. Der ist Schwede und sitzt seit über sieben Jahren ohne Anklage in Eritrea im Gefängnis, weil er in einer Zeitung mehr Freiheit und Demokratie in Eritrea für nötig hielt. Das Thema ist in Anbetracht der langen Zeit natürlich nicht neu und wurde auch schön öfter aufgegriffen, aber letzte Woche gab es einen neuen gemeinsamen Anlauf der schwedischen Presse. Unter dem Aufruf Free Dawit (auch auf Englisch) und zahlreichen begleitenden Artikeln wurde die Geschichte ausführlich aufgerollt und die Unterdrückung der Menschen in Eritrea beschrieben. Gleichzeitig wurde die Strategie der schwedischen Regierung, durch stille Diplomatie etwas zu erreichen, als gescheitert befunden. Die Diskussionen, ob mit Druck mehr erreicht werden kann, um Entwicklungshilfe für Eritrea und wie man generell mit Diktaturen am besten umgeht, halten an. 135.000 Schweden, immerhin anderthalb Prozent der Bevölkerung, haben “Free Dawit” mitunterzeichnet.

Dann ist da das Glas im Essen. In den letzten Wochen sind an mehreren Orten im Land kleine Glassplitter in Lebensmitteln aufgetaucht. Zuerst nur in tiefgekühlter Hühnchenbrust des hierzulande größten Produzenten Kronfågel, der tonnenweise seine Produkte zurückrief. Jetzt fand man auch Glas in anderen Lebensmitteln, inklusive der Nationalwurst Falukorv, und bei anderen Herstellern. Die Vermutungen reichen von einem frustrierten Angestellten, über Erpressungsversuche bis zu Nachahmungstätern in den letzteren Fällen. Es kam zwar bisher keiner durch die kleinen Splitter zu Schaden, aber angeblich sind viele besorgt und stellenweise wird kein Hühnchen mehr serviert.

Und zuletzt: Die “Homo-Ehe” ist beschlossene Sache; wörtlich übersetzt spricht man vom “geschlechtsneutralen Ehegesetz”. Nach dem gestrigen Parlamentsbeschluss kann das neue Ehegesetz, das einfach keine Referenz mehr zum Geschlecht der Eheleute macht, ab Mai in Kraft treten. Bisher konnten homosexuelle Paare nur eine “registrierte Partnerschaft” eingehen. Der Widerstand der mitregierenden Christdemokraten wurde von der Breiten Mehrheit aller anderen Parteien überstimmt.

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Bald keine Öre-Münzen mehr

Im schwedischen Parlament, dem Riksdagen, wurde heute beschlossen, die kupferne 50-Öre-Münze ab Ende September 2010 abzuschaffen. Die Ein-Kronen-Münze wird dann also die kleinste Bargeldeinheit sein.

Als Grund für die Abschaffung wird angeführt, dass die 50 Öre immer weniger verwendet und dass sie von der Mehrheit der Schweden für überflüssig gehalten wird. Preise werden aber weiterhin mit Öre angegeben und beim Einkaufen wird – wie auch jetzt schon – am Ende auf die nächste Münze gerundet.

Der einzige Unterschied wird also sein, dass man kein lästiges Kupfer mehr mit sich herumträgt. Fein.

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Bankenkrise der 90er

“Banken in der Krise” sind seit Monaten ständig in den Nachrichten. Obwohl sich die schwedischen bisher im Vergleich recht gut zu schlagen scheinen, liest man immer wieder von Schweden in diesem Zusammenhang – und zwar als Vorbild im Umgang mit dieser Situation.

Schweden hatte nämlich Anfang der 90er Jahre schon einmal eine Bankenkrise. In aller Kürze: Was man damals gemacht hat, ist die Banken zu verstaatlichen und hinterher wieder mit Gewinn zu privatisieren. Das hatte den Vorteil, dass man das notwendige Kapital aus Steuergeldern nicht an Aktionäre verschenkt hat, sondern am Ende zurückbekommen.

Ohne in Details zu gehen, empfehle ich zum Weiterlesen diesen Artikel der ZEIT und frage mich, warum “Verstaatlichung” so ein Schimpfwort in gewissen Kreisen ist.

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Politisches

Die politische Stimmung in Schweden hat sich in den letzten Wochen und Monaten verändert. Im September lag die Opposition aus Sozialdemokraten, Linken und Grünen laut Umfragen fast zehn Prozent vor der Regierungskoalition aus Moderaten, Volkspartei, Zentrum und Christdemokraten. Nach aktuellen Befragungen ist dieser “Vorsprung” jetzt so gut wie aufgebraucht und die beiden Lager sind in der Wählergunst gleichauf.

Auch wenn sich die deutsche SPD über die 38 Umfrageprozent der schwedischen freuen würde, kann man Fragen, woran der Stimmungswandel liegt. Die hiesigen politischen Kommentatoren sehen zwei Hauptgründe:

  • Die Regierung Reinfeldt hat sich erfolgreich als Krisenmanager darstellen können. Unabhängig davon, ob sie wirklich gute Arbeit leisten, hat sich dieser Eindruck festgesetzt, was schlicht daran liegen könnte, dass Menschen in unsicheren Zeiten dazu neigen, sich hinter die aktuellen Führungspersonen zu stellen.
  • Die Sozialdemokraten unter Mona Sahlin ringen mit ihrer eigenen Linie und dem Verhältnis zu den möglichen zukünftigen Koalitionspartnern. Im November kam die Meldung, dass man mit den Grünen eine gemeinsame Wahlplattform ausarbeiten will, unter Ausschluss der Linken, die die letzte sozialdemokratische Regierung unterstützten. Das war ein unpopulärer Schachzug; man machte kurz darauf einen Rückzieher und holte die Linke ins Boot. Und die ganze Diskussion, ob eine so frühe – es sind noch anderthalb Jahre bis zur Wahl – klare Koalitionsaussage gut oder schlecht ist, lässt die Opposition zur Zeit nicht als Alternative mit klarer Linie erscheinen. Aber wie gesagt ist es noch lange bis zur Wahl und viel kann passieren. Ein weiterer Faktor, der leider auch immer eine Rolle spielt, ist das Charisma der jeweiligen Spitzenkandidaten. Mona Sahlin hat es noch nicht geschafft, sich gegen den eigentlich eher blassen Fredrik Reinfeldt als vertrauenserweckende mögliche Regierungschefin darzustellen. Aber das soll der Wahlkampfmanager von Obama wohl jetzt [ändern](http://www.sr.se/cgi-bin/international/nyhetssidor/artikel.asp?nyheter=1&programid=2108&Artikel=2671182).
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