Mitte des Jahres wird Schweden den EU-Ratsvorsitz von den Tschechen übernehmen. Heute wurde das Logo und die (noch ziemlich leere) Webseite vorgestellt: www.se2009.eu
Mitte des Jahres wird Schweden den EU-Ratsvorsitz von den Tschechen übernehmen. Heute wurde das Logo und die (noch ziemlich leere) Webseite vorgestellt: www.se2009.eu
Twitter ist ein populärer Dienst für so genannte “Mikroblogs”. Man (auch ivh) hat je 140 Zeichen für einen Eintrag zur Verfügung und kann die Nachrichten anderer abonnieren.
Gestern kam mir Twixdagen.se unter, eine sehr schicke Seite, die alle Tweets von schwedischen Parlamentariern in Echtzeit zusammenfasst. Der Name ist natürlich eine Zusammensetzung von Twitter und Riksdagen, wie das schwedische Parlament heißt.
Die Süddeutsche schreibt:
Schweden war das Vorbild für das rot-grüne Projekt des Atomausstiegs. Nun hat sich die konservative Regierung in Stockholm darauf geeinigt, das Verbot zum Bau neuer AKW aufzuheben.
Mehr dazu bei DN und SvD, wo auch mehr über die Rolle der mitregierenden Centerpartiet zu lesen ist, die sich im Spagat übt, den Beschluss mitzutragen und gleichzeitig zu behaupten, ihre Haltung gegen Kernkraft nicht geändert zu haben.
Es geht darum, die befindlichen Reaktoren durch modernere zu ersetzen, wenn die alten ablaufen. Neue Standorte soll es keine geben. Die Regierung verkauft das ganze als Teil der Anstrengungen gegen den Klimawandel.
Die Pannenserie der letzten Jahre in mehreren schwedischen Kernkraftwerken, inklusive des Beinaheunfalls in Forsmark, scheinen vergessen. Über die ungelösten Probleme bei der Uranförderung und -versorgung sowie bei der Entsorgung des Abfalls spricht man hierzulande sowieso nicht gerne. Andererseits trifft man auch heute noch Schweden, bei denen der Schock von Tschernobyl so tief sitzt, dass sie zum Beispiel keine Pilze sammeln gehen.
Nachtrag 080206: Lesenswert dazu ist der Kommentar bei der ZEIT und heute nicht weniger relevant ist dieser Artikel von vor vier Jahren. Es ist sowieso fraglich, was der gestrige Beschluss für Auswirkungen hat. Die neuen Reaktoren liegen so weit in der Zukunft, dass zum Beispiel ein einfacher Regierungswechsel das Blatt wieder wenden kann.
Pension bedeutet – wer hätte es gedacht – Pension, Rente. Es wird “pangschuhn” gesprochen, wegwegen man eigentlich pangsjon anstatt pension schreiben sollte, tut man aber nicht. Ich habe mich zuletzt aus Eigeninteresse mit dem schwedischen Rentensystem befassen dürfen und versuche, es im folgenden zusammenfassen.
Das System ist in mehrere Teile gegliedert:
Die allgemeine Rente setzt sich aus der Einkommens- und der Prämienrente zusammen. Erstere wird von der Försäkringskassan verwaltet, die sich auch um die Krankenversicherung kümmert. Die 16% des Lohns werden direkt vom Arbeitgeber abgeführt und auf diese Gelder hat man keinen Einfluss. Natürlich wächst das eigene Konto je länger man arbeitet und je mehr man verdient, es ist jedoch auch abhängig von der Konjunkturentwicklung.
Ebenfalls automatisch abgeführt wird die Prämienrente, also die 2.5% des Lohns, die den anderen Teil der allgemeinen Rente ausmachen. Dieses Geld wird von der Premiepensionsmyndigheten (PPM, myndighet bedeutet “Behörde”) verwaltet und hier hat man die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Man kann sich auf der Webseite der PPM einloggen und selbst die Fonds auswählen, in denen das Geld angelegt werden soll. Es stehen über 750 Fonds von einer langen Liste mit Anbietern zur Auswahl, von Aktienfonds mit hohem Risiko bis zu sichereren Rentenfonds.
Jedes Jahr um diese Zeit werden die berühmten “orangefarbenen Kuverts” verschickt. Darin findet man einen Kontoauszug, auf dem steht wie viel man jeweils an Einkommens- und Prämienrente angesammelt hat und welche monatliche Pension man davon bekommen würde.
Soweit zur obligatorischen “allgemeinen Rente”. Neben dieser haben so gut wie alle Gewerkschaften ausgehandelt, dass Arbeitgeber darüber hinaus Geld für die Rente abführen. Diese Vertragsrente variiert also von Branche zu Branche und das Geld wird auch von jeweils eigenen Organisationen verwaltet. In meinem Fall, da ich an der Uni arbeite, ist es Statens pensionsverk (SPV), das sich um die tjänstepension für alle Staatsangestellten kümmert. Genauer gesagt gibt es das Geld an Firmen weiter, die man sich selbst aussuchen kann. Auf dem Wahlzettel, den man jährlich zugeschickt bekommt, stehen sowohl Firmen, die klassische Versicherungen mit garantierter Rendite anbieten, als auch wiederum Fondsverwalter. Würde ich zum Beispiel der SPV sagen, dass ich das Fondsystem meiner Bank als Verwalter will, dann würde das Geld in meinem Onlinebanking auftauchen und ich könnte es dort aufteilen und investieren, wie ich wollte.
Dann gibt es noch die private Pension. Das ist im Prinzip eine etwas andere Art des Sparens, man zahlt also selbst aktiv Geld ein. Die Steuervorteile bei den Renditen gegenüber anderen Sparformen erkauft man sich damit, dass das Geld verschwindet, wenn man zu früh stirbt. Es gibt zwar wie bei der Vertragspension (je nach eigener Wahl) einen Rückzahlungsschutz (återbetalningsskydd), der dafür sorgt dass das noch übrige Kapital an die Hinterbliebenen ausgezahlt wird, der aber gleichzeitig auch die Rente verringert.
Man hat in Schweden also einiges zu tun was die eigene Rente angeht und einen Djungel an Möglichkeiten, in dem man sich zumindest grob orientieren muss. Man könnte sagen, der Staat hat viel Verantwortung auf seine Bürger abgeschoben – zum Guten wie zum Schlechten. Denn natürlich kann man mit Glück und Geschick seine Rente kostenlos aufbessern, andererseits ist es natürlich auch hierzulande so, dass viele solche Entscheidungen aufschieben, die erst in einigen Jahrzehnten wirksam werden. Schickt man die Wahlformulare für die Prämien- und Vertragspension nicht ausgefüllt zurück, wird eine Standardwahl für einen getroffen.
Immerhin gibt es eine Webseite, die alle eigenen Rentenkonten sammelt und einem eine Übersicht bietet. Minpension.se ist eine Zusammenarbeit aller oben genannten Behörden und Firmen und nachdem man die Erlaubnis erteilt hat, holt Minpension.se die entsprechenden Informationen von den verschiedenen Aktören und stellt sie einem nett dar.
Was passiert, wenn man in Rente geht? Dann wird das Guthaben in den verschiedenen Rentenformen zusammengeworfen und durch die durchschnittliche verbleibende Lebenszeit (gut 18 Jahre, wenn man 65 ist) geteilt. Daraus errechnet sich die monatliche Zahlung, auch wenn man länger lebt als “vorgesehen”. Man kann seine Rente also stark aufbessern, wenn man länger arbeitet, denn es wird sowohl länger eingezahlt als auch dann durch einen kürzeren Zeitraum geteilt.
Die Garantierente greift ein, wenn man ansonsten zu wenig Rente bekommen würde. Für den vollen Betrag (z.Zt. etwa 7600 Kronen pro Monat) muss man 40 Jahre in Schweden gelebt haben, ansonsten wird anteilig gekürzt.
Aus obigen Ausführungen sollte klar geworden sein, dass das schwedische Rentensystem stark an die Entwicklung der Wirtschaft und der Finanz- und Börsenmärkte gekoppelt ist. Das bedeutet, dass mit den starken Verlusten in den letzten Monaten auch viel schwedisches Rentengeld “verschwunden” ist. Die Politik streitet sich gerade, was getan werden kann, damit die Auszahlungen an Rentner im kommenden Jahr nicht zu sehr sinken.
Nachtrag: Kaum habe ich das geschrieben, da kommt die Nachricht, dass die ersten Rentenzahlungen gekürzt werden.
Nachtrag, 2010-02-09: Was oben zu den Behörden steht stimmt nicht mehr.
Die Idee, die 20 schwedischen Regionen (län) zu reformieren und zusammenzulegen gibt es schon länger. Jetzt wurde etwas beschlossen, das für mich nach nichts Halbem und nichts Ganzem klingt.
Radio Schweden schreibt:
Nach dem Beschluss sollen die vorläufigen Regionen Västra Götaland und Skåne weiter existieren. Als neue Regionen kommen Halland und Gotland hinzu. [...] Die Anträge mehrerer Provinziallandtage aus Nordschweden für eine regionale Lösung wurden hingegen nicht bewilligt.
Seit gestern ist Barack Obama Präsident der USA und natürlich ist die heutige Ausgabe von Dagens Nyheter, Schwedens größter Tageszeitung, davon dominiert. Passend zu Obamas Wahlslogan “Yes, we can” hat die Republikanska Föreningen heute die ganze Seite drei mit dieser Anzeige geschaltet.
Sie zeigt einen eher düster dreinblickenden Schwarzen in schwedischer Uniform unter der Überschrift “NO WE CAN’T”. Die Botschaft ist eindeutig: Schweden hat eine völlig veraltete Methode, sein Staatsoberhaupt zu bestimmen und es ist an der Zeit, die Monarchie abzuschaffen.
Aus Schweden eine Republik zu machen, ist erklärtes Ziel der Republikanska Föreningen
Die SZ hat ein interessantes kurzes Interview zum schwedischen Öffentlichkeitsprinzip.
(via)
Es folgt die Teil 3 der Liste (PDF) mit neuen Gesetzen und veränderten Regeln in Schweden, samt meinem Senf dazu. Teil 1, Teil 2.
Die in Deutschland seit langem umstrittene Vorratsdatenspeicherung kommt aus Schweden. Es war der Justizminister der vorigen Regierung, Thomas Bodström, der die entsprechende Direktive in der EU vorangetrieben hat.
In Schweden ist die Direktive, die eine Protokollierung jeglicher moderner Kommunikation vorschreibt, noch nicht in ein nationales Gesetz geflossen, aber man arbeitet daran. Gleichzeitig kommt die Diskussion über die Gefahren dieser Art der Überwachung in Gang, die bisher im Schatten des FRA-Gesetzes stand.
Interessanterweise wird gerade Deutschland als abschreckendes Beispiel angeführt. Laut einer Studie hat dort bereits jeder Zehnte bestimmte Telefonnummern (Beratungsstellen u.ä.) wegen der Vorratsdatenspeicherung lieber nicht angerufen. Nicht kriminelle Menschen ändern also ihr Verhalten, weil sie sich beobachtet fühlen und negative Konsequenzen fürchten. Die Parallele zur Stasi liegt nahe und wird in den verlinkten Artikeln auch direkt gezogen.
Der damalige Justizminister hat es mit seiner Politik immerhin geschafft, seinen Namen zu verewigen: Anstatt “Überwachungsgesellschaft” (övervakningssamhället) sagt man auch gern bodströmsamhället.
Es folgt die Fortsetzung dieser Liste, die die wichtigsten Veränderungen an Gesetzen und Regeln auflistet.
- Finanzministerium – Es werden einige Steuersenkungen umgesetzt,
mit denen die bürgerliche Allianz schon zur Wahl gegangen ist. Vor
allem Geringverdiener sollen profitieren.
- Senkung der Lohnsteuer.
- Senkung der Steuern für Rentner.
- Senkung der Sozialabgaben.
- Kräftigere Senkung der Sozialabgaben für junge Leute.
- Änderungen der 3:12-Regeln.
Dabei geht es um die Anpassung einiger Freibeträge.
- Gesenkte Firmensteuer und Steuer für Expansionsfonds.
- Grenzen für die Absetzbarkeit von Zinszahlungen.
- Erhöhung der Grenze für die Absetzbarkeit von Pendelkosten.
In Zukunft kann man Reisekosten von und zum Arbeitsplatz erst
ab 9000 Kronen (bisher 8000) absetzen.
- Verstärkung der Stabilität des schwedischen Finanzsystems.
Das ist natürlich ein topaktuelles Thema und das Gesetzt, das
schon ab Ende Oktober gilt, regelt die staatlichen Garantien und
Kapitalzuschüsse für Banken.
- Garantieprogramm für Banken.
Hier ist das EU-gemeinsame gemeint.
- Ausweitung der Einlagengarantie.
Der schwedische Staat garantiert seit 1. Oktober Sparguthaben
bis zu einer halben Million Kronen.
- Elektronischer Informationsaustausch zwischen Behörden.
Das soll die Anzahl Fehler verringern.