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Schwedischer Nationalfeiertag

Heute ist der 6. Juni und damit der schwedische Nationalfeiertag (nationaldagen), auch “Tag der schwedischen Flagge” genannt (Svenska flaggans dag). Ich habe bisher jedesmal, wenn er zufällig erwähnt wurde, nachgefragt, welches Ereignis denn da eigentlich gefeiert wird. Keiner der Schweden konnte mir eine sichere Antwort geben, aber einige glaubten, es hätte etwas mit Gustav Vasa zu tun.

Ich habe es endlich einmal nachgeschlagen und die Vermutung war richtig: Am 6. Juni 1523 wurde Gustav Vasa in Strängnäs, 70km westlich von Stockholm, zum schwedischen König gewählt. Vasa führte Schweden in die Unabhängigkeit von den Dänen, die damals große Teile Schwedens kontrollierten. Die ganze Geschichte Vasas wäre an dieser Stelle zu lang, kann aber zum Beispiel in seinem Wikipedia-Artikel nachgelesen werden. Trotzdem soviel: der Wasalauf hat nichts mit Knäckebrot zu tun.

Dann gibt es noch die Regierungsreform von 1809, die auch an einem 6. Juni beschlossen wurde, und derer am Nationalfeiertag ebenfalls gedacht wird, auch wenn dies so gut wie kein Schwede weiß.

Das eigentlich Interessante ist, finde ich, dass das letzte einschneidende Ereignis in der schwedischen Geschichte, das einen Nationalfeiertag rechtfertigt, fast 500 Jahre zurück liegt. Deutschland hatte seitdem eine bewegtere Geschichte und alleine nach dem zweiten Weltkrieg jetzt schon den dritten Nationalfeiertag.

Nachtrag: Der Nationalfeiertag ist in Schweden erst seit letztem Jahr ein Feiertag. Da man aber heutzutage nicht einfach so einen neuen Tag zum Feiertag macht, wurde der Pfingstmontag als Feiertag gestrichen. Das bedeutet natürlich, dass netto ein oder zwei siebtel der arbeitsfreien Zeit weggefallen sind, weil der Pfingstmontag eben immer ein Montag ist, der 6. Juni aber auch auf Samstag oder Sonntag fallen kann.

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Hans Blix und die Waffen

Hans BlixHans Blix wurde der breiten Öffentlichkeit als UNO-Waffeninspektor im Zusammenhang mit der Suche nach Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen bekannt. Zur Erinnerung: Er fand keine, die USA glaubten das nicht und nutzten dies als Vorwand, den Irak anzugreifen, wo sie bis heute keine solchen Waffen gefunden wurden.

Hans Blix stammt aus Uppsala und hat hier auch studiert. Letztes Jahr hatte ich Gelegenheit, ihm bei einem Vortrag zuzuhören, bei dem unter anderem das Bild links entstand. Der sehr lesenswerte Text der damaligen Rede kann immer noch hier (pdf, englisch) heruntergeladen werden.

In einem aktuellen Bericht, den er heute der UNO übergeben wird (S), gibt er 60 Vorschläge zur weltweiten Abrüstung mit Schwerpunkt auf der Kernwaffenfrage. Er kritisiert erneut die USA und fordert sie auf, den Kernwaffenteststopp-Vertrag zu unterzeichnen. Außerdem schlägt er eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten vor.

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Wahlalter auf 17 Jahre senken?

In Schweden wird gerade diskutiert (S), ob man das Wahlalter von 18 auf 17 Jahre senken soll. Dazu wäre eine Grundgesetzänderung nötig, aber es ist wohl gar nicht so unwahrscheinlich, dass das so kommt. Eine interessante Frage dabei ist natürlich, welche Partei(en) davon am meisten profitieren würden: Man sagt ja, dass junge Menschen eher links als rechts wählen und in der Tat ist die konservative Moderatpartiet gegen den Vorschlag.

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Die gegenwärtige schwedische Regierung

Wie angekündigt will ich bis zur Wahl im Herbst, die schwedische Politik etwas näher durchleuchten und heute ist die aktuelle Regierung dran.

Die letzte Parlamentswahl war 2002 und wegen der 4%-Klausel kamen folgende Parteien in den Riksdag:

  • 39,9% für die Sozialdemokraten
  • 15,3% für die Moderaten (konservativ)
  • 13,4% für die Volkspartei (liberal)
  • 9,1% für die Christdemokraten (noch konservativer)
  • 8,4% für die Linkspartei
  • 6,2% für die Zentrumspartei
  • 4,6% für die Grünen

    Es sind also zwei Parteien mehr im Parlament als in Deutschland und die Parteiengrenzen decken sich auch nur teilweise. Ein weiterer Unterschied ist, dass die jetzige Regierung nicht aus einer Koalition von Parteien gebildet wird, sondern eine [Minderheitsregierung](http://de.wikipedia.org/wiki/Minderheitsregierung) der Sozialdemokraten ist, die von der Linkspartei und den Grünen im Parlament unterstützt wird. Mit diesen Stimmen wurde [Göran Persson](http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6ran_Persson) (sprich: Jöran Pärschon) 2002 erneut vom Parlament zum *Statsminister* (Premierminister) gewählt und konnte die Regierung ernennen, in der die Hälfte der Ministerposten von Frauen besetzt sind. Persson feierte vor Kurzem sein 10-jähriges Jubiläum als Premierminister und tritt auch zur kommenden Wahl an. Die Minister und höheren Posten haben in dieser Zeit zu häufig gewechselt, als dass ich das hier ausführen möchte, aber die Wikipedia [bietet einen Überblick](http://sv.wikipedia.org/wiki/Regeringen_Persson) (S). Einschneidende Ereignisse waren ohne Zweifel die Ermordung der sehr beliebten Außenministerin [Anna Lindh](http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Lindh) 2003 und der Tsunami in Südostasien Ende 2004. In diesem kamen über 500 Schweden um, in absoluten Zahlen etwa so viele wie Deutsche, im Anteil an der Bevölkerung jedoch neun Mal so viele. Während die deutsche Regierung mit ihrem Krisenmanagment an Popularität gewann, verschlief die schwedische den Anfang und musste viel Kritik einstecken. Die Diskussionen und Medienberichte darüber hielten bis vor Kurzem an und waren meiner Ansicht nach ein gutes Beispiel dafür, welch hohe Anforderungen, Schweden an ihren Fürsorgestaat stellen – auch in Bereichen, die man üblicherweise als persönliches Risiko betrachten würde.
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Lauschangriff in Schweden

In Deutschland gibt es den Großen Lauschangriff seit 1998 (Verfassungsänderung, Rücktritt von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Urteil des BVerfG von 2004) und in Schweden ist man gerade dabei, etwas Ähnliches einzuführen.

Die Einzelheiten stehen wohl noch nicht fest, aber zumindest soll man im Nachhinein informiert werden (S), wenn man abgehört wurde – ein Recht, das es meines Wissens in Deutschland nicht gibt und sicher erheblich zur Transparenz beitragen wird.

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Bundestagsvizepräsidentin in Stockholm

Aus einer Pressemitteilung des Bundetags:

Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Gerda Hasselfeldt, reist am Montag zu einem mehrtägigen Besuch in die schwedische Hauptstadt Stockholm. Sie informiert sich dort über die aktuellen Entwicklungen der schwedischen Frauen-, Familien- und Bildungspolitik. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die Themen Elterngeld, die Integration von Ausländern, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Frauenanteil in Leitungsfunktionen und die derzeitige Situation an den schwedischen Ganztagesschulen. [...] Das Besucherprogramm sieht unter anderem den Besuch eines Kindergartens mit dem Schwerpunkt Sprachentwicklung (Schwedisch als zweite Muttersprache) in einem Stadtteil mit hohem Ausländeranteil vor.

In vielen dieser Bereiche sagt man, dass sie in Schweden besser funktionieren als in Deutschland. Bei der Frauen- und Familienpolitik stimmt das sicherlich, bei der Bildung bin ich da eher skeptisch, weil die Anforderungen immer weiter gesenkt werden. Über die Integration von Ausländern weiß ich zu wenig…

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Im Herbst wählt Schweden

Am 17. September ist Wahl in Schweden und bis dahin werde ich versuchen, den Wahlkampf und das politische Geschehen auf Fiket zu begleiten und einige Hintergrundinformationen zusammenzustellen. Ich gehe davon aus, dass ich beim Recherchieren selbst noch einiges lernen werde, denn obwohl ich schon fast vier Jahre in Schweden lebe, verfolge ich die deutsche Politik bisher immer noch aufmerksamer als die schwedische, die mir oft ereignislos vorkommt. Natürlich werden die entsprechenden Artikel auch das Schlagwort Politik tragen, aber ich führe hiermit auch das Tag Wahl2006 ein, um sie leichter auffindbar zu machen.

Bevor ich zur schwedischen Parteienlandschaft und einzelnen Persönlichkeiten komme, möchte ich hier lediglich den groben Rahmen abstechen, in dem sich schwedische Politik abspielt. Das Konungariket Sverige ist eine parlamentarische Monarchie, d. h. es gibt einen König, der aber am politischen Geschehen nicht teilnimmt – im Gegensatz zur konstitutionellen Monarchie, wie es sie beispielsweise in Großbritannien gibt.

Die einzige Kammer der schwedischen Legislative ist das Parlament, der Riksdag. Dieser wird alle vier Jahre gewählt. Es gibt keine Erst- und Zweitstimme, sondern man stimmt für eine Partei und, wenn man möchte, auch für einen bestimmten Kandidaten dieser Partei. Anstelle der in Deutschland üblichen Stimmzettel zum Ankreuzen liegen Wahlzettel jeder Partei im Wahllokal aus und man legt den entprechenden ins Wahlkuvert. Oft nimmt man mehrere Wahlzettel mit in die Kabine, um die Wahl geheim auszuführen.

Das Parlament setzt sich aus allen Parteien, die mehr als 4% der Stimmen bekommen haben, zusammen und bestimmt nach der Wahl den Premierminister (_statsminister_), der dann die Regierung ernennt. Seit über 10 Jahren hat der Sozialdemokrat Göran Persson diesen Posten inne und er tritt auch im Herbst noch einmal an.

Gleichzeitig mit den Parlamentswahlen, werden im September auch die Kommunalwahlen in den Provinzen (_län_) durchgeführt, und zwar landesweit. Das heißt, dass in Schweden während der Legislaturperiode nicht ständig irgendwo Wahlkampf ist – ganz im Gegensatz zu Deutschland. Bei der Kommunalwahl darf ich auch als EU-Bürger mit abstimmen, nicht jedoch für das Parlament. Das ist insofern sinnvoll, als dass ich ja weiterhin für den deutschen Bundestag wählen darf. Anscheinend sind die EU-Länder sich darüber einig, dass man für Parlamentswahlen im Land seiner Staatsbürgerschaft wählt, aber für Kommunalwahlen dort, wo man lebt.

Fortsetzung folgt…

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Der Hamas-Minister und das Visum

Schweden hat sich in den letzten Tagen bei einigen europäischen Nachbarn unbeliebt gemacht. Es hat nämlich Atef Adwan, dem Flüchtlingsminister der Hamas ein Visum erteilt, um ihm die Teilnahme an einer Konferenz in Schweden zu ermöglichen. Nun ist Schweden aber Schengenland und somit gilt das Visum für Schweden auch für viele andere EU-Länder.

Das ist insofern problematisch, da die generelle Linie der EU gegenüber der Hamas recht strikt ist. Durch das Boykott war Hamas-Mitgliedern bisher die Einreise in die EU nicht möglich. Dass Schweden jetzt ausgeschert ist, hat Proteste von Frankreich, Deutschland und natürlich Israel hervorgerufen. Schweden legitimiert seine Entscheidung (S) damit, dass keine Bedenken gegen Adwan vorlagen und dass bei der Visavergabe über Personen als Einzelfall entschieden werde.

Das Thema hält sich schon seit Wochen in den hiesigen Medien, hat es jetzt aber auch in die deutschen geschafft, weil Adwan sein Visum nutzte, um auch nach Deutschland einzureisen. Ich habe das Thema bisher gemieden, weil ich keine eindeutige Meinung dazu habe. Zwei Dinge möchte ich aber anmerken:

  • Jemanden an der Weiterreise innerhalb der Schengenländer zu hindern, wäre falsch. Wenn man seinen Nachbarn soweit traut, dass man freien Grenzverkehr zulässt, wie es innerhalb der Schengenländer der Fall ist, muss man auch Konsequenzen von Entscheidungen anderer Länder mittragen.
  • Um Verstimmungen wie diese zu vermeiden, wäre es wohl an der Zeit, endlich eine EU-weite gemeinsame Außenpolitik zu machen.

    Hat Schweden richtig gehandelt oder verdient es seinen Rüffel? [Sagt eure Meinung!](http://www.fiket.de/2006/05/18/der-hamas-minister-und-das-visum/#respond)
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Noch einmal zur Citymaut in Stockholm

Den Autoverkehr in Großstädten einzuschränken, halte ich für eine gute Idee. Dass Stockholm eine Maut für den Innenstadtbereich eingeführt hat, habe ich neulich schon erwähnt und dabei auch den Überwachungsaspekt angeschnitten. Denn leider wurde die Maut nicht anonym umgesetzt, sondern es werden Nummernschilder gelesen und gespeichert.

Natürlich gibt es auch in Schweden ein Datenschutzgesetz (PUL (S)), aber sobald Daten über Personenbewegungen aufgezeichnet werden, entstehen eben auch Begehrlichkeiten von Seiten der Polizei, damit Bösewichte zu fangen – genauso wie bei der LKW-Maut in Deutschland. Nun sagt ja ein Nummernschild noch nicht notwendigerweise etwas über den Fahrer aus, aber obwohl es gesetzlich nicht erlaubt ist, können Gesichter mitfotografiert werden (S).

Alles in allem scheint der Verkehr in Stockholm aber tatsächlich weniger geworden sein und die baldige Volksabstimmung darüber, ob die Maut wieder abgeschafft werden soll, wird wohl fürs Beibehalten ausgehen (S). Das ist vielleicht nicht verwunderlich, weil nur Bewohner des Stadtgebietes abstimmen dürfen, die auch vom verringerten Verkehr profitieren, nicht aber die Pendler aus den weitläufigen Vororten, die weniger gut auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen können, und damit eher gegen die Maut sind.

In Göteborg ist ein ähnliches System geplant. Allerdings werden dort die Bewohner wahrscheinlich gar nicht erst gefragt (S).

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Brücke zwischen Schweden und Finnland

Karte des bottnischen MeerbusensUm von Schweden ins nahegelenene Finnland zu kommen, gibt es einige Möglichkeiten: Fähren von Stockholm aus über Åland, Flugzeuge und den verständlicherweise wenig genutzten Landweg rund um den bottnischen Meerbusen.

Eine direktere Wegverbindung gibt es allerdings nicht und dass man da auf die Idee kommt, eine Brücke oder einen Tunnel durch die Ostsee zu bauen liegt nahe. Vor einigen Jahren wurde untersucht, ob soetwas an der engsten Stelle zwischen dem schwedischen Umeå und dem finnischen Vaasa (siehe Karte) machbar ist, und die Antwort war Ja – im Prinzip.

Auch wenn jetzt eine schwedisch-finnische Arbeitsgruppe die Sache weiter untersuchen will, bezweifle ich, dass solche Pläne je in die Tat umgesetzt werden. Und zwar aus einem einfachen Grund: Der Bedarf ist nicht groß genug, weil so weit nördlich die Bevölkerungsdichte auf beiden Seiten sehr klein ist. Umeå und Vaasa sind Städtchen mit 50 bzw. 80 Tausend Einwohnern und es wäre völlige Geldverschwendung, ein solch großes Verkehrsprojekt in einer menschenarmen Gegend durchzuführen.

Nachtrag: In diesem schwedischen Blogeintrag sieht man eine genauere Karte der Brückenplanung (grün) und im Vergleich dazu die Öresundbrücke (orange). Der Schreiber kommt zu dem gleichen Schluß wie ich: Nur weil es möglich ist, ist es noch lange keine gute Idee.

(Quellen: Meldung (S), Karte)

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