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Elterngeld den Schweden abgeguckt

Jetzt hat sich also die deutsche Regierung dazu durchgerungen, das Elterngeld einzuführen. Es geht um 67% Lohnfortzahlung für 12 Monate und zwei Monate extra, wenn der Mann auch mitmacht. Dass sich Konservative damit schwer tun, ist leicht vorstellbar.

Als Vorbild für diese Regelung gilt Schweden, wo es 80% des Lohns für 16 Monate gibt und auch zwei Monate wegfallen, wenn nur einer der Partner freinimmt. Ja, das funktioniert prima hier und einige meiner männlichen Kollegen und Professoren verabschieden sich ab und zu in den Pappaurlaub. Das ist hier so normal, dass ich erst jetzt durch die Diskussion in Deutschland daran erinnert wurde, dass ja da nicht so war.

Der DLF hat ein sehr informatives Interview dazu, das die etwas andere Stimmung hier sehr schön beleuchtet.

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Die jagenden Norweger

Das Verhältnis der Schweden zum kleineren Nachbarn, der sich ja erst vor 100 Jahren abgespalten hat, ist ein ganz eigenes. In gewisser Weise sind Norweger für Schweden so wie Österreicher für Deutsche. Sie reden ein wenig seltsam, aber man versteht sie größtenteils. Man macht Witze über sie aber mag sie eigentlich doch recht gern.

Es gibt aber auch echte Unterschiede und ich will hier nur einen herausgreifen: das Jagen von Wildtieren. Dazu muss man wissen, dass die Grenze zwischen Schweden und Norwegen größtenteils völlig offen ist und Tiere sich verständlicherweise wenig um einen Strich auf der Karte scheren. Norweger halten aber (leider) von Artenschutz nicht so viel und das nicht nur im Wasser (Walfang!) sondern auch an Land. So kommt es vor, dass schwedische Tierschützer und Forscher die wenigen wildlebenden Wolfsrudel, die es noch gibt, mit Peilsendern versehen, um ihre Bewegungen zu verfolgen – und dass dann die Norweger auf der anderen Seite ebendiese Peilsender ganz toll finden, weil sie es einfacher machen, die Wölfe zu erschießen.

Gerade regen sich die Norweger auf, dass Schweden die Jagdsaison für Schneehühner verkürzt hat (S) und wollen es mit gleicher Münze heimzahlen. Denn auch in Schweden gibt es Jagdverrückte, die natürlich gerne nach Norwegen reisen.

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Ausländer in Schweden

Ich weiß garnicht wo ich anfangen soll, diesen Blog-Eintrag zu kommentieren, der vorgibt, in Schweden wäre Gewalt, die von Einwanderern ausgeht, außer Kontrolle. Hier meine wichtigsten Einwände:

  • Das Aftonbladet auf das sich bezogen wird, ist Sensationspresse wie die BILD-Zeitung, wenn nicht schlimmer.
  • Es werden, wie so oft in diesem Zusammenhang, Einzelfälle zum Anlass für Panikmache und Hetze genommen.
  • Nein, Schweden ist alles andere als auf dem Weg, das “Bosnien Nordeuropas” zu werden. Die Ausländerquote ist hier genauso stabil wie in Deutschland, wenn ich mich recht erinnere sogar etwas niedriger.
  • Selbst wenn die Kriminalitätsrate bei Einwanderern höher ist, gibt es Gesetze und den Rechtstaat, das zu regeln. Dieser funktioniert und es gibt keinerlei Grund für Panikmache und Hetze wie im verlinkten Artikel.
  • Im Gegenteil: Es sollte nach den Ursachen gesucht werden. Schweden hat eine härtere Einwandererpolitik als Deutschland und wird zurecht zuweilen dafür kritisiert.

    Einen sehr guten Artikel zum Thema, wie der Westen islamischem Faschismus begegnen sollte, hat [Josef Joffe neulich verfasst](http://www.zeit.de/2006/09/Symmetrie?page=all). Kerngedanke ist, dass wir uns davor hüten sollten, mit den gleichen Mitteln zu agieren, wie die Gegner der offenen Gesellschaft, nämlich grobe Verallgemeinerung und Kollektivhaftung. Lesen!
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Boykottiert Schweden die Fußball-WM?

Der Gleichberechtigungsbeauftragte hier in Schweden hat vorgeschlagen, dass Schweden die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland boykottieren soll, weil dort zu wenig gegen den erwarteten Anstieg an Frauenhandel und Zwangsprostitution getan wird.

Nun muß man zuerst wissen, dass es in Schweden verboten ist, Sex zu kaufen – es wird der Freier bestraft, nicht die Prostituierte. Schon Mitte März mahnten die Sozialisten im Europaparlament zu “Fair Play und Fair Sex” während der WM und warnten vor mehr Frauenhandel. In den deutschen Nachrichten, die ich verfolge, habe ich das Thema bisher nicht auftauchen sehen, hier wird es aber rege diskutiert und führte jetzt zu obigem Boykottaufruf.

Auch wenn es heftigen Widerstand und berechtigte Kritik an der Wirksamkeit der Idee gibt, scheint die Diskussion schon einen sehr guten Effekt zu haben: Das Thema schwappt in die deutschen Medien über. Da Fußball ja so wichtig ist, muß es ein echtes Problem sein, wenn ein Land deswegen über eine Absage nachdenkt.

Dass die Schweden sich darüber überhaupt Gedanken machen, zeigt vor allem eines: In Schweden ist die Gleichberechtigung um einiges weiter als in Deutschland. Ein paar Zahlen dazu: Der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung liegt bei schwedischen Frauen nur 3% unter dem der Männer – in Deutschland über 10%. In Deutschland sind 8% der Professoren Frauen, in Schweden doppelt so viele. (Quelle)

Ich fände es toll, wenn es dem kleinen Land, als das sich die Schweden gerne sehen, gelingen sollte, die Öffentlichkeit des großen Nachbarn in diesem Punkt wachzurütteln.

Für die des Schwedischen mächtigen: hier, hier, hier und hier gibt es mehr zum Thema.

Nachtrag: Auch die Frankfurter Rundschau berichtet darüber und es ist ein Thema in diversen blogs.

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Wort der Woche: Konungariket Sverige

“Konungariket Sverige” ist die offizielle Staatsbezeichnung Schwedens. Zunächst zur eigentlichen Wortbedeutung: “Konung”, oft auch verkürzt “kung”, bedeutet “König” und “riket” ist die bestimmte Form von “rike”, das “Reich”. Und weil “Sverige” nichts anderes als “Schweden” auf schwedisch ist, bedeutet “Konungariket Sverige” also ganz einfach “das Königreich Schweden”.

Doch halt! So einfach ist es nicht, denn “Sverige” selbst ist eine verschlissene Form von “Svearike”, also das “Svea-Reich”, welches sich auf vormittelalterliche Könige hier in Mittelschweden bezieht, welches noch heute “Svealand” genannt wird. Man kann also getrost vom “Königreich Svea-Reich” sprechen. Doppelt hält wohl besser.

Dass sich Schweden allerdings noch als Königreich bezeichnet, spielt in Wirklichkeit kaum eine Rolle. Der König hat nur rein repräsentative Aufgaben und darf sich nicht einmal zu politischen Themen äußern. Außerdem leidet er an Legasthenie und scheint ein Talent für Fettnäpfchen zu haben, was viele Schweden dazu veranlasst, die Überreste ihrer Monarchie zu belächeln. Die Aufmerksamkeit, die die hiesige Königsfamilie allerdings in der deutschen Klatschpresse erfährt, erzeugt gelegentlich Befremden.

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Botswanas König zu Besuch

Ich finde den Artikel gerade nicht mehr, aber heute morgen stand in der Zeitung, dass der König von Botswana zu Besuch in Schweden ist. Und da heute seine Flagge vor “unserem Haus” hing, gehe ich davon aus, dass er auch da vorbeikam – wahrscheinlich zusammen mit dem hiesigen König, denn Besucher rumführen ist so ziemlich das einzige, was er darf.

Seltsam ist, dass man weder in der Wikipedia, noch in der botswanischen Verfassung etwas zu diesem (angeblichen?) König findet. :-)

Update: Da lag ich falsch, denn es ist in Wirklichkeit der botswanische Präsident Festus Mogae zu Besuch.

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Schwedische Außenministerin tritt zurück

Laila Freivalds, die Nachfolgerin der ermordeten Anna Lindh, ist zurückgetreten, weil sie eben doch etwas davon wusste, dass eine schwedische Webseite geschlossen wurde, weil sie zu neuen Mohammed-Karikaturen aufrief und diese veröffentlichte. Ohne daraus jegliche Sympatie für die schwedischen ultrarechten Nationalisten, denen die Seite gehörte, abzuleiten, ist es nun einmal nicht Sache von Staatsdienern, ohne rechtliche Grundlage Veröffentlichungen zu zensieren. Mehr dazu auf tagesschau.de.

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City-Maut in Stockholm

In Stockholm ist vor Kurzem eine neue Ballungsraum-Steuer für Autofahrer eingeführt worden. Der Transitverkehr ist weiterhin kostenlos, aber an bestimmten Einfahrtstellen in die Innenstadt sind Kameras aufgestellt, die Nummernschilder lesen können.

Die Debatte vor der Einführung drehte sich meines Wissens nach vor allem um praktische Dinge, denn das System ist sehr unkomfortabel. Die Preise hängen von der Tageszeit ab und man muss selbst daran denken, jede einzelne Fahrt rechtzeitig innerhalb von wenigen Tagen zu bezahlen, oder gleich einen Transponder in sein Auto einbauen.

Prinzipiell habe ich wohl nichts gegen eine City-Maut, um Autos aus der Stadt fernzuhalten – in London scheint es ja gut zu funktionieren. Gleichzeitig müssen aber Alternativen beitstehen, also öffentliche Verkehsmittel. Diese sind meiner Meinung nach nicht schlecht in Stockholm, aber werden wohl z.Zt. eher ab- als aufgebaut.

Die bedenkliche Seite des Ganzen ist der Überwachungsaspekt. Eine zentrale Stelle hat plötzlich orts- und zeitgebundene Daten zu Personen und kann damit Bewegungsprofile erstellen. Da hier in Schweden das Öffentlichkeitsprinzip gilt und man von jedem Bürger einsehen kann, wieviele Steuern er zahlt, wird auch in diesem Fall der Betrag, das Datum und das zugehörige Nummernschild öffentlich werden. Der Zeitpunkt des Passierens eines Kontrollpunktes und der Ort desselben bleiben nichtöffentlich. Auf den entprechenden Seiten(S) findet sich aber keine Information, wie lange die Daten gespeichert werden und wer darauf Zugriff hat. Schon hat die Polizei die Daten aus diversen Tests angefragt…

Zum Glück fahre ich immer mit dem Zug nach Stockholm.

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Das gelobte Land Schweden

Schon während der ganzen PISA-Aufregung, schauten viele aus Deutschland nach Schweden, wo ja alles angeblich so viel besser ist. Jetzt streiken die Ärzte in Deutschland, und wiederum ist Schweden das gelobte Land.

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