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Studiengebühren für Nichteuropäer

Die schwedische Regierung will Studiengebühren einführen. Nicht für Schweden, auch nicht für andere Europäer (das würde gegen das Prinzip der Freizügigkeit innerhalb der EU verstoßen), sondern für den Rest der Welt. Das Argument ist simpel: “Dass Schwedische Steuerzahler die Ausbildung ausländischer Studenten bezahlen, sei nicht angemessen.” Um die 7000 Euro pro Jahr sind im Gespräch, aber die Hochschulen sollen selbst entscheiden können.

Argumente dagegen, schwedische Unis mit Gebühren weniger attraktiv für Ausländische Studierende zu machen, sind schnell zu finden und wiegen meiner Meinung nach schwer. Zum einen werden technische und naturwissenschaftliche Fakultäten darunter zu leiden haben, weil das Interesse (und das Schulwissen) der Schweden diesbezüglich sehr zu wünschen übrig lassen und der Betrieb nur mithilfe des Studentenimports funktioniert. Sinkende Studentenzahlen werden den Unis mehr Geld wegnehmen als sie durch die Gebühren bekommen. Zum anderen fördern die geknüpften Kontakte das Bild von Schweden in der Welt und begünstigen Wirtschaft und Politik. Und manch hochqualifizierter Ausländer bleibt in Schweden hängen und füllt Lücken in Mangelberufen.

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Verkehrsgroßprojekte in Stockholm

In Stockholm wird eifrig an Straßen und Schienen gebaut, und zwar vor allem unterirdisch. Eine kleine Übersicht.

  • **Norra länken**, die “nördliche Verbindung”, [Info](http://vv.se/norralanken), [Karte](http://vv.se/vagarna/Vagprojekt/Stockholms-lan/Vag-E-20-Norra-lanken/Dokument/Vagstrackning/). Einer von fünf Straßenkilometern ist schon in Betrieb, der Rest der Strecke besteht vor allem aus Tunnel und soll 2015 fertig sein. Zusammen mit dem *Södra länken* und dem *Essingeleden* ergibt sich damit ein dreiviertel Ring um die Innenstadt und der wichtige Freihafen hinter Östermalm wird besser an die Autobahnen E18 und E4/E20 angeschlossen. Kosten: gut 11 Milliarden Kronen. Weil der Stockholmer Uni-Campus über der Strecke liegt, sind die Sprengungen dort fast täglich zu spüren.
  • **Förbifart Stockholm**, [Info](http://www.vv.se/Vagarna/Vagprojekt/Stockholms-lan/Forbifart-Stockholm/), [Karte](http://www.vv.se/vagarna/Vagprojekt/Stockholms-lan/Forbifart-Stockholm/Om-projektet/Vagstrackning/). Die “Vorbeifahrt Stockholm”, also eine weitläufige Umgehung, um den Durchgangsverkehr auf Schwedens wichtigster Nord-Süd-Verbindung (E4) der Stadt und dem überlasteten *Essingeleden* abzunehmen, ist eines der umstrittensten Projekte. 25 Milliarden Kronen sollen die 21 km von *Kungens kurva* im Süden bis *Häggvik* im Norden der Stadt kosten. Es wird ein weiter Bogen westlich an der Stadt vorbei geschlagen – 80 Prozent davon wiederum unterirdisch, vor allem aus Umweltschutzgründen. Erst gestern fiel die [Entscheidung](http://www.sr.se/cgi-bin/international/nyhetssidor/artikel.asp?nyheter=1&programid=2108&Artikel=3074672) der Regierung, den Bau in Angriff zu nehmen. Geplante Bauzeit ist 2012-2020.
  • **Citybanan**, [Info](http://www.banverket.se/sv/Amnen/Aktuella-projekt/Projekt/1867/Citybanan-i-Stockholm/Om-projektet.aspx), [Karte](http://www.banverket.se/pages/21666/Karta_stor.jpg). An der “City-Bahn” wird wie am *Norra länken* schon eifrig gegraben und gesprengt. Es geht hierbei um einen 6 km langen Eisenbahntunnel unter der gesamten Innenstadt, von *Södermalm* gen Norden unter dem Wasser und der Altstadt hindurch zum (ausgebauten) Hauptbahnhof, dann weiter zum *Odenplan* (der eine neue Haltestelle für die Pendelzüge bekommt), um dann beim *Karolinska institutet* wieder auf die bisherigen Gleise zu stoßen. Hintergrund ist das chronische Kapazitätsproblem der Schienen zum Hauptbahnhof, der ziemlich eingeklemmt liegt. Sowohl nach Norden als auch nach Süden gibt es deshalb immer wieder Probleme. Die Citybanan wird die Kapazitäten verdoppeln. Wegen der Bauarbeiten ist die blaue Linie der U-Bahn noch bis Oktober unterbrochen und es wird im Dreischicht-Betrieb gearbeitet, um diese Zeit so kurz wie möglich zu halten. 16 Milliarden Kronen sind veranschlagt; 2017 sollen die ersten Züge durch den Tunnel rollen.
  • **Centralstationen**. Der Hauptbahnhof selbst soll bis 2012 für eine knappe Milliarde Kronen aufgerüstet werden, unter anderem um den Energieverbrauch um ein viertel zu senken und um wiederum der wachsenden Anzahl Reisender gerecht zu werden.
  • **Slussen**, [Info mit Bildern](http://www.dn.se/sthlm/vinnare-korad-i-arkitekttavling-om-slussen-1.846367). Die Umgebung um die Schleuse zwischen Södermalm und der Altstadt, die das Seengebiet *Mälaren* von der Ostsee trennt, ist auch für den Autoverkehr ein Nadelöhr (dem man zudem noch ansieht, dass es für Linksverkehr gebaut wurde) und beileibe keine Perle im Stadtbild. Schon 1992 gab es den ersten Architektenwettbewerb für einen neuen *Slussen*. Es sollte nicht der letzte bleiben. Dieses Frühjahr hat sich die Verwaltung jedoch durchgerungen, für 6 Milliarden Kronen eine vereinfachte Version des geschwungenen und offen wirkenden Architektenvorschlags vom letzten Jahr zu bauen. Keine Hochhäuser oder ein gewaltiges Opernhaus, sondern Wohnungen, Geschäfte und Flaniermeile sollen die Betongwüste bis 2018 ablösen (siehe Bilder). In diesem Zusammenhang taucht auch immer wieder der Vorschlag auf, die hässliche U-Bahn-Brücke an der Altstadt vorbei loszuwerden, indem man sie in einem weiteren Tunnel unter dem Wasser, also neben der Citybanan, vergräbt. Studien halten das jedoch leider für undurchführbar.
  • **Tunnelbana**. An der Stockholmer U-Bahn und den Pendelzügen wird auch immer gebaut. Neben dem schon erwähnten Citybana-Tunnel, der für letztere relevant ist, soll zum Beispiel die grüne Linie von Odenplan aus einen Abstecher zum Krankenhaus *Karolinska* bekommen. Eine nördliche Verbindung der grünen und roten Linie ist auch manchmal im Gespräch und würde mir persönlich sehr gefallen. Außerdem soll die “Quer-Bahn” (*Tvärbanan*) nach Norden verlängert werden und so den Westen der Stadt näher mit dem Süden zusammen bringen. Bei Großprojekten gehen die Meinungen ja immer auseinander und ich bin beileibe nicht informiert genug, echte Kritik zu üben, sondern finde alles oben genannte irgendwie sinnvoll. Vor allem, weil man die Mehrkosten für lange Tunnel in Kauf nimmt, und so das Stadtbild schont. Natürlich geht es um große Summen, aber die Tunnel muss man nur einmal graben und sie sind damit eine echte Zukunftsinvestition. Der Beginn des Mälaren westlich von Stockholm ist kein Weltkulturerbe, wie es das Elbtal bei Dresden war. Trotzdem tunnelt man hierzulande lieber über richtig lange Strecken die Umgehung, als die Landschaft mit dicken Autobahnen und Brücken zu verschandeln. Um sich die Kosten in schwedischen Kronen zu veranschaulichen, braucht man übrigens nicht umzurechnen. Deutschland ist etwa zehn Mal so groß wie Schweden was Wirschaftsleistung und Bevölkerung angeht. Der Wechselkurs von Kronen zu Euro ist ungefähr das Gegenteil. Wenn Schweden eine Milliarde Kronen ausgibt, schmerzt das also etwa genauso, wie wenn Deutschland eine Milliarde Euro ausgibt.
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Bessere Ostseeplanung aus Deutschland

Der WWF hat die Arbeit der Ostseeanrainer mit dem stark belasteten Gewässer verglichen und Deutschland kommt am besten weg. Als einziges Land bekommt es die “Note B”. Schweden liegt mit Finnland, Polen und Dänemark im Mittelfeld und die östlichsten Anrainer bekommen das schlechteste Zeugnis ausgestellt.

Positiv an Deutschland sei die Zusammenarbeit der Behörden für Wasser und Küste und die fortschrittliche und weit fortgeschrittene Planung, was die Ausweisung geeigneter Gebiete für Windkraft, Seefahrtsrouten und Seekabel angeht. In Schweden sei man zwar gut bei der Küstenplanung, aber es mangele auf dem Wasser und an der Abstimmung der beiden.

Generell brauche es mehr Zusammenarbeit der Länder, weshalb Alexander Stubb, heute finnischer Außenminister, vom WWF den Baltic Leadership Award dafür bekommt, die EU-Strategie für die Ostsee initiiert zu haben.

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Wählen gehen

Als ich eben nach Hause kam, lagen endlich meine Briefwahlunterlagen zur Bundestagswahl hinter dem Türschlitz. Ich wollte schon bei der ehemaligen Heimatgemeinde nachfragen…

Wie gesagt ist es höchste Zeit für alle Auslandsdeutschen, die das noch nicht getan haben, den Antrag zu stellen.

Was ich ankreuzen werde, weiß ich schon. Mehr dazu bald.

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Entdecke Schweden

Deutet man an, dass die Sitten von Einwanderern Probleme mit sich bringen, wird man schnell Rassist genannt. Aber natürlich müssen Kulturen infrage gestellt werden dürfen. Zumindest wenn wir es wagen, mit der eigenen anzufangen, schreibt Maciej Zaremba im abschließenden Artikel der Serie Warten auf Schweden .

Talal Eid erzählt, dass seine Arbeit “Muslime in Amerika” heißen sollte. Es wurde stattdessen “Amerikanische Muslime”. Warum der Unterschied? “Der 11. September”, sagt er. “Die Nachbarn fingen mich an zu beäugen, fragten sich, worauf ich hinaus wollte, auf welcher Seite ich stand. Das war nicht angenehm, aber verständlich. Damals hielten sich die Muslime Bostons unter ihresgleichen und nahmen nur selten und ungern an der großen Gesellschaft teil.”

Talal Eid ist Imam und Gründer des Islamic Center of New England. Bei unserem Treffen in Rinkeby^1^ erzählt er, wie tausende nach den Attentaten zu dem selben Schluss kamen – es ist nicht genug, eine tolerierte Randgruppe zu sein – will man Gleichstellung, darf einem nicht egal sein, was das Land beschäftigt. “Im Großen und Ganzen fiel die Zeit nach dem 11. September gut für uns aus. Mehr muslimische FBI-Agenten und andere Funktionäre. Wir waren dabei.”

Das ist wohl nicht übertrieben. 2006 kam der erste Muslim in den amerikanischen Kongress. Keith Ellison, so sein Name, erklärte, dass er seinen Eid auf den Koran ablegen wolle. Es gab Proteste, die jedoch schnell versiegten als klar wurde, dass er auf ein Exemplar des Koran schwören würde, das er aus der Kongressbibliothek ausleihen durfte: 1764 in London gedruckt, ein Jahr später von Thomas Jefferson gekauft. So baut man ein Volk…

Keith Ellison wurde von “Little Somalia” in Minneapolis in den Kongress gewählt. Die Hauptstraße dort heißt Snoose Boulevard, im Gedenken an die Schweden des vorvorletzten Jahrhunderts mit ihrem Snus^2^.

Man sagt, es sei kein Zufall, dass es so viele Einwanderer nach Minnesota zieht. Es läge etwas Skandinavisches und Voruteilsfreies über dem Bundestaat. Umso seltsamer, dass die Somalier so gut in Minnesota zurecht kommen und so schlecht in Schweden, wo sie es von allen Flüchtlingsgruppen am schwersten haben, Arbeit zu finden, und am ehesten im Verbrechensregister landen. Abdi Aynte, BBC-Journalist in Minneapolis, wundert sich selbst, wie gut seine Landsleute klarkommen, in Anbetracht der Schwierigkeiten, die ihre Kultur mit sich bringen kann.

Zum Beispiel finden viele, dass es eine Sünde ist, Geld zu leihen. Also verweigern sie Studienkredite. Trotzdem gibt es schon jetzt mehr Somalier als einheimische Schwarze an den Hochschulen. “Ein Rätsel”, lacht Aynte. Weniger lustig ist, dass andere es für sündhaft halten, Alkohol zu handhaben. Oder Hunde. Das wäre weniger ein Problem, wenn nicht fast alle Taxis der Stadt von Somaliern gefahren würden. Nach über 5000 Klagen von abgewiesenen Reisenden (darunter Sehgeschädigte mit Blindenhund) drohten die Behörden, den Frömmelnden die Taxi-Lizenz zu entziehen. (Eine Reihe Imame befand, die Berührungsangst habe keinerlei Grundlage im Koran.) Aber die Fahrer sahen das als Diskriminierung und gingen vor Gericht. Das wies die Klage ab: Alle dürfen ihre Religion frei ausüben, aber niemand ist gezwungen, Taxi zu fahren.

Das erzählt Abdi Aynte in einem Seminar in Rosenbad^3^. Eine handvoll Schwedensomalier lacht wissend. Aber meine in Schweden geborenen Landsleute runzeln die Stirn.

Nein, so freimütig reden wir in Schweden nicht über Kultur. Wenn man andeutet, dass Bräuche von Einwanderern Probleme bereiten, kann man von von irgendeinem halbstaatlichen Organ gebrandmarkt werden. Ist der Verstoß gering, kommt man mit “Kulturrassist” glimpflich davon. Wir erinnern uns, wie das R-Wort in der Debatte um Ehrenmorde hernieder prasselte.

Ich verstehe, wie es dazu kam. Jahrzehntelang befand man alle Kulturen für der schwedischen unterlegen, bis einige Stigmatisierte der Sache überdrüssig wurden. Aber deren Lösung – den Begriff “Kultur” wie die Pest zu meiden, ist unakzeptabel.

Ich lese, dass schon verdächtig ist, wer “Zusammenprall von Kulturen” sagt, denn so reden nur die, die “diskriminieren” wollen. Das schrieb das Zentrum gegen Rassismus fest, eine Organisation, die vier Jahre lang staatlich finanziert war (bis Nyamko Sabuni 2007 den Geldhahn zudrehte).

So wie viele seltsame Ideen hat auch diese eine nachvollziehbare Geschichte. Als in Europa Rassenlehren strafbar wurden, veränderten die Xenophoben ihren Sprachgebrauch. Es hieß nicht mehr, dass Araber eine schlechtere Rasse waren, sondern dass ihre Kultur mit der französischen unvereinbar war. Unglücklicherweise kam gleichzeitig die postkoloniale Ideologie auf, die behaupten konnte, es sei “Kulturimperialismus”, für Feminismus oder Liberalismus in Afrika zu plädieren. Und irgendwie landeten diese beiden Denkmuster in einer perversen gegenseitigen Umarmung. Ich habe französische Rassisten erklären gehört, dass es zum Schutz ihrer Kultur vor schädlichem europäischem Gedenkengut sei, wenn Front National Afrikaner aussperrt.

Selbstverständlich war es nötig, den Missbrauch von “Kultur” durch die Rechtsextremen zu durchdringen. Doch wiederum griff der historische Zufall ein. Die Berliner Mauer fiel, die Arbeiter der westlichen Welt verstanden sich nicht mehr als das Salz der Welt, eher als ihre immer schuldbewusstere Mittelschicht, weshalb dem Marxismus die Luft ausging. Dachte man.

Jemand sollte einmal beschreiben wie es vor sich ging, dass daraus “Antirassismus” wurde. “Einwanderer” mussten herhalten als sich das Proletariat nicht mehr aufstellen wollte. Uns wurde der Auftrag anvertraut, den Kapitalismus zu unterwandern. (Warum wird man eigentlich nie gefragt, welche Rolle man in der Apokalypse spielen will?)

Vereinfacht sieht das “antirassistische” Schema folgendermaßen aus: Das Kapital braucht gefügige Arbeitskraft. Einwanderer sind das beste Material. Indem man deutlich macht, wie “anders” sie sind, macht man sie extra abhängig, wodurch man sie leichter ausbeuten kann. Deshalb ist Rassismus im Interesse des Kapitals. Was wiederum erklärt, warum das (kapitalistische) Schweden per Definition von Rassismus durchsetzt sein muss und warum alle Reden vom Zusammenprall von Kulturen eine suspekte Agenda beinhalten. Kulturen gibt es, aber alle sind gleichwertig, dürfen nicht miteinander verglichen werden, noch weniger gegeneinander aufgewogen.

Ich übertreibe nicht. All dies kann man in der Integrationsuntersuchung (SOU 2005:41) nachlesen, geführt von Masoud Kamali, bestellt von Mona Sahlin^4^.

Wenn Ihr einen hauptberuflichen Antirasissten trefft, der diesen heilsbringenden Blick hat, kann es passieren, dass er mit Rassismus etwas anderes meint als im Wörterbuch steht. Vielleicht meint er “Kapitalismus”, oder den “Westen”, die “Moderne” oder einfach “die herrschende Ordnung”. Im schlimmsten Fall meint er tatsächlich “Demokratie”. So wird der Antirassismus in Schweden von Ideologen kompromittiert. Das sollte alarmieren, denn er wird tatsächlich gebraucht.

Zum Beispiel erklärt der Redakteur der “Kunskapsbanken” des Zentrum gegen Rassismus (CMR), dass ein Einwanderer kein Rassist sein kann. Der Begriff passt ausschließlich auf Schweden (die Mehrheitsgesellschaft). (Ich merke, dass die strikte Trennung von Einwanderern und Schweden von den Schwedendemokraten begrüßt werden dürfte.) Masoud Kamali sagt mir seinerseits, dass der Völkermord der Araber an den Schwarzen in Darfur nicht im Rahmen von Rassismus diskutiert werden dürfe, denn an dieser Plage ist allein der weiße Mann Schuld.

Ich erwähne das alles als Hintergrund dafür, warum die unumgängliche Diskussion darüber, was Integration ist, wer sich an wen anpassen soll und warum, beklagenswerterweise fast völlig ins Stocken gekommen ist. Oder schlimmer – sich in die Hinterzimmer zurückgezogen hat, wo die Schwedendemokraten rumhängen. Die “Antirassisten” haben uns nicht von ihren Theorien überzeugt, aber sie haben es geschafft, den Begriff “Kultur” zu stigmatisieren.

Am 14 Oktober 1956 sammelten sich 400.000 Menschen auf einem Feld vor der indischen Stadt Nagpur, um von ihrer Kultur Abschied zu nehmen. Sie verwarfen sie, gemeinsam und für immer, weil sie einsahen, dass sie sie ihrer Menschenwürde beraubte. Sie hatten versucht zu reformieren, hatten alles getan, argumentiert, demonstriert… Sie bekamen auch Recht vor dem Gesetz, aber was half das gegen tausendjährige Bräuche. Sie standen trotzdem weiterhin niedriger in den Augen der anderen. An diesem Tag entsagten sie also dem Hinduismus, dieser reichen Tradition mit Mahabarata und Bhagavad und allem drum und dran, einer Bilderwelt und Literatur, die zweitausend Jahre die ihre war, aber die sich als unmöglich erwies, sie mit einem Leben in Würde zu vereinen.

So begab es sich, als die Unberührbaren zum Buddhismus konvertierten, um das Kastenwesen aus ihren Seelen zu vertreiben.

Wenn man sich das Recht nimmt, die Qualität einer Kultur zu diskutieren (gemessen an den Chancen der Menschen auf ein würdiges Leben) wird die Geschichte unverständlich. Als eine Million Schweden aus dem Land flohen, war es nicht nur die Armut, es war auch die erdrückend gewordene Einheitskultur.

Eine Kultur kann versteifen, kann zum teilweise Behinderten werden und Krankengymnastik brauchen. Sie kann mehr oder weniger verschlossen sein, sich selbst zu Ignoranz oder Selbstlügen verurteilen, Einbildung und Berührungsängste wachsen lassen, sich in leeren Gesten festfahren, oder in Opfermythen. Sie kann manipuliert werden, um eine verrottete Ordnung aufrecht zu erhalten. (“Sollte der Schleier in der arabischen Welt einer echten demokratischen Entscheidung unterworfen werden, würde er ohne weiteres fallen”, schrieb der Poet Adonis vor kurzem.)

Man muss also die Kultur von anderen kritisch diskutieren können, mit Distanz und ein wenig Humor. Das ist überhaupt nicht gefährlich oder rassistisch. Unter einer Voraussetzung: dass wir unsere eigene Kultur der gleichen Behandlung aussetzen.

Darauf will ich hinaus. Dass auch Schweden eine Kultur haben, genauso wie die Jemeniten. Das ist nichts Neues für den Mitbürger, dürfte es aber für die Mehrheit unserer Politiker und Integrationsexperten sein. Liest man deren Werke, wird einem etwas Erstaunliches klar: Es sind nur die anderen, die eine “Kultur” haben. Franzosen haben eine und Muslime. Wir nicht. Kultur stellt sich dort als etwas Unmodernes und Unreifes dar, dem Schweden entwachsen ist, so wie man Kinderkrankheiten entwächst. Mithilfe der Vernunft haben wir uns von allem Unfug befreit und sind nunmehr normal, wenn wir nicht sogar “das Normale” sind.

Natürlich ist das eine Art Ethnozentrismus, aber ein besonders giftiger, denn im Gegensatz zum deutschen oder französischen ist der schwedische seiner selbst nicht bewusst, sondern selbstverständlich.

Nirgends wird das so deutlich wie in den SFI^5^-Büchern. Die meisten Schweden empfinden das Jante-Gesetz^6^ wohl als eine Behinderung und Hindernis für Lebensfreude und Kreativität. In den SFI-Büchern wird es dagegen gelehrt als sei es Teil der UNO-Charta. Die angemessene Antwort, wenn jemand deinen Text lobt, den du selbst für brillant hälst, soll sein: “Na ja, er war wohl so so. Ich bin nicht zufrieden mit der Diskussion am Schluss.”

In Schwedischkursen für Ärzte im Ausland werden auch schwedische Bräuche unterrichtet, aber mit Distanz. Da kann ein Arzt sagen: “In Schweden solltest du dich nicht so direkt ausdrücken, wie du es gewohnt bist, weil die Leute sonst glauben, du hättest psychische Probleme. Du musst es geschickt verpacken. Es sei denn der Patient ist Finne, natürlich.”

Wenn es nach dem SFI-Buch geht, sollen wir folgenden Satz üben, als sei es die einzig zivilisierte Art sich auszudrücken: “Ich kann vielleicht ein wenig fühlen, dass du manchmal mehr Lesen üben bräuchtest.”

Ich kann dem Leser auch nicht dieses Rezept für eine geglückte Konversation während einer Kaffeepause vorenthalten:
“Was für ein Wetter!” (Das kann sowohl gutes als auch schlechtes Wetter bedeuten, je nach Betonung und Wetter)
“Wie warm es geworden ist.”
“Oh, was war das ein Wind gestern Abend!”
“Hast du gehört, wie das Wetter am Wochenende werden soll?”

Ja, natürlich reden wir so… Aber kaum weil wir einer Art Universalregel gehorchen (“Respekt vor dem Privatleben anderer”, behauptet das Lehrbuch), sondern wegen der nordischen Ängstlichkeit.

Dieser Mangel an Selbstdistanz wäre belustigend, hätte er nicht so ernste Konsequenzen. Das Unvermögen, das Exotische an der eigenen Kultur zu sehen, die man als supermodern wahrnimmt, bringt es mit sich, dass man automatisch das der anderen beklagt. Jemand, der in der Kaffeepause Sterbehilfe diskutieren will, ist nicht nur anders, er ist sozial inkompetent. Jemand, der an Gott glaubt, kann nicht gleichzeitig so rational sein wie wir. Und so weiter.

Zurück zu unseren somalischen Flüchtlingen, die so gut in Minnesota zurecht kommen und so schlecht in Örebro und Rinkeby. Ein paar Vergleiche: Es gibt über 800 “somalische” Firmen allein in Minneapolis, gegenüber 38 in ganz Schweden, erklärt der Wirtschaftshistoriker Benny Carlson, der auf diesem Gebiet forscht. Jeder zweite Somalier in Minnesota hat Arbeit, knapp jeder vierte in Schweden. Wie wäre es, wenn wir versuchten, diesen Unterschied nicht mit der somalischen, sondern mit der schwedischen Kultur zu erklären?

Frau Arisa floh vor dem Krieg in Somalia durch gesperrte Wege in Kenia, dann via Jemen, Syrien, Libyen und Italien nach Schweden. (Ich möchte den Reiseführer sehen, der diese Route mit drei Kleinkindern im Gepäck wiederholt.) Aber als Frau Arisa in Schweden landete, fragte keiner nach ihren Talenten, die sie hierher gebracht haben. Keiner fragte, was sie kann (sie war Schneiderin) oder was sie wollte. Was man sah war eine hilflose und unterdrückte Frau (Schleier!), die eine lange Eingewöhnungszeit braucht, bevor sie ihre ersten Schritte in Schweden machen kann. Und so kochte man ihr eine dicke Suppe aus Fürsorgemaßnahmen, die Frau Arisa entmündigten und ihre Söhne auf den Weg in die Putzkolonne brachte.

Adbullahi Aress erzählt dies und hat dazu eine Theorie. Als die Somalier nach Schweden kamen waren sie das Schwarzeste und fremdeste, das man je zu Gesicht bekommen hatte. Und weil man umso mehr Mitleid mit jemandem haben muss, je mehr er sich von uns unterscheidet, hat man sich mehr um sie gekümmert als um andere. “Wir wurden Geiseln des Systems”, sagt Aress. Er selbst kam durch, indem er vor den Integrierern floh, nach deren Willen er sich nicht um Arbeit hätte kümmern sollen, bevor er nicht alle Kurse zu Ende gebracht hatte, die man für ihn ausgesucht hatte. Heute ist er Forscher bei Sida^7^.

Ich frage wie es mit Frau Arisa weiterging. “Sie wohnt mittlerweile in England.”

Dort lebt heute auch Mohammed Issa, der 1998 als Beweis für unsere Offenheit herumgereicht wurde (als erster Somalier in der Kommunalverwaltung), der aber zehn Jahre lang keine Arbeit in Schonen fand. In Sheffield dauerte es drei Monate. Auch Ali Hassan wohnt jetzt in Sheffield, bekommen wir in “Konflikt” auf P1^8^ zu hören. Er ging auf Nummer sicher und lernte einen garantierten Mangelberuf (Krankenpfleger), aber bei jeder Bewerbung stellte sich heraus, dass es schon genug Personal gab.

Dann muss es in den zuständigen Regionalverwaltungen doch Rassenvorurteile geben? Aber was, wenn die Kritik hier nicht standhält? Mag sein, dass sie nie zu sehen bekamen, wie schwarz er war, dass der Name genug war. Stattdessen können wir die These untersuchen, ob Hassan vielleicht aus dem gleichen Grund ohne Arbeit blieb, aus dem Lars (Nachname: Stjernkvist) Direktor der Integrationsbehörde wurde. Ohne Zweifel eine respektable Persönlichkeit, allerdings ohne Kompetenz für den Auftrag (was er bald selbst einsah). Er hatte weder Erfahrung in den Sachfragen noch innerhalb staatlicher Verwaltung. Es muss hunderte besser geeignete, manche dunkelhäutige Dozenten in einem passenden Themengebiet gegeben haben. Oder zumindest erfahrene Beamte. Warum wurden sie alle zugunsten eines Lars übergangen?

Erlaubt mir zu spekulieren. Weil er über die gleichen Witze wie wir anderen lachen würde, keine unbegründete Meinung äußern, nicht gestikulieren oder sich auf Bücher beziehen, die wir nicht gelesen haben, nicht unterbrechen, gleich verstehen was damit gemeint ist, dass Olsson “ein wenig speziell” ist. Er war eine Person, mit der man sich geborgen fühlt. Mit der keine Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit auftreten würden. Selbstverständlich würde ein dunkelhäutiger Dozent mit denselben Eigenschaften ebenso infrage kommen. Das Problem ist, dass es keine solchen gibt.

Entschuldigt die Karikatur. Meine Absicht ist aufrichtig. Man darf Leute nicht als Rassisten abstempeln, wenn sie nur auf Geborgenheit aus sind. Dass das Resultat dasselbe sein kann, steht auf einem anderen Blatt.

Vor einiger Zeit fragte sich die Staatswissenschaftlerin Isabell Schierenbeck, warum in Israel, das in den 90ern eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat (viele aus Afrika, die meisten nicht einmal Juden), diese in gleichem Maß Arbeit haben wie Einheimische, während der Unterschied bei der Beschäftigung in Schweden 17 Prozent beträgt. Sie fand einen entscheidenden Unterschied in der Behandlung. Weder die israelischen noch die schwedischen “Graswurzelbürokraten” – die, die Neuankömmlinge treffen – waren vorurteilsfrei. Aber in Schweden konnten die Vorurteile auf die Machtausübung durchschlagen. Warum? Weil der schwedische Funktionär beurteilen durfte, was der Flüchtling brauchte. Er hatte das Recht “zu helfen”. Der israelische hatte diese Möglichkeit nicht. Er verteilte lediglich das, worauf die Leute Anrecht hatten.

Ich glaube diese Reportage hat gezeigt, dass es viele und starke Vorurteile schwedischer Bürokraten gegenüber Auswärtigen gibt, aber dass sie keineswegs von Rasse handeln. Wir können auch nicht wissen, ob die Vorurteile tief sitzen, oder ob sie täglich in den ungleichen Treffen neu geboren werden, zu denen beide Seiten gezwungen sind.

Es gibt Rassisten, aber sie sind wenige und zu scheu, das Debakel der Integration zu erklären. Rassismus meint es außerdem nicht gut. Das taten die Beamten in Botkyrka. Kurden kommen aus einer Herdenkultur, dachten sie sich. Lasst uns ihnen helfen, Ziegen zu züchten! Man startete ein Projekt, beantragte EU-Gelder, fand geeignetes Land, diskutierte Zäune mit Gunnebo und Maschinen mit Alfa Laval (Ziegenkäse!) und stellte ein Budget auf. Dann ging alles irgendwie den Bach runter.

Ich frage den Projektleiter wie viele Ziegenzüchter enttäuscht waren, als es nicht zustande kam. “Ziegenzüchter?” Die wollte man erst suchen, wenn das Projekt sicher war.

Ich rufe ein paar Integrationsstellen an. Wäre es möglich, frage ich, all die Information zu gesunder Ernährung, die Einführungen, Ausflüge zu IKEA und den SFI-Kurs, ja sogar alle Beihilfen abzulehnen und stattdessen die 189.400 Kronen, die Sie für mich vom Staat bekommen haben, ausgezahlt zu bekommen? Hier und jetzt? Wenn ich verspreche, dass Sie nie wieder von mir hören? Nein, das geht nicht. Nicht einmal als Kredit? Nein.

In den 40ern debattierte man bei den Sozialdemokraten, wie die Beihilfen für Bedürftige aussehen sollten. Alva Myrdal wollte sie in Naturalien geben. Arme sollten Seife, Kleidung und Vitamine nach Bedarfsprüfung zugeteilt bekommen. Geld konnten sie keins bekommen – weil man ihnen nicht zutraute, die eigenen Bedürfnisse zu beurteilen. Das Modell wurde von anderen Sozialdemokraten opponiert. Es sei stigmatisierend, fanden sie, außerdem bräuchte man eine riesige Bürokratie, um zu beurteilen, was jeder einzelne braucht.

Alva Myrdal verlor dieses Mal. Aber sie bekam ihre grausame Revanche. Ein Modell, das man in den 40ern als unzeitgemäß und stigmatisierend für Schweden ansah, wurde fünfzig Jahre später auf Flüchtlinge angewandt. Die schon an der Grenze ins Sozialhilfesystem eingeteilt werden. Ein System, geschaffen um Jeppe den Fixer durchzubringen, oder Karin mit den Kindern, die vom Vater allein gelassen wurden, und Torsten, dem die Arbeit auf die Nerven geht, wird auf völlig nüchterne Somalier und andere, die es nach Schweden verschlagen hat, angewendet. Und ein paar Jahrzehnte später wunderten sich die, die die Entscheidung getroffen hatten, sehr darüber, dass Svensson den Einwanderer nicht gleichgestellt betrachtet – und sie fingen an, mit Svensson wegen Rassismus zu schimpfen.

Ein Freund erzählt, wie er von Arbeitskollegen eingeladen wird auszugehen und zusammen “Blattar zu klopfen”^9^. “Solltet ihr nicht mich zuerst schlagen?” fragte er. “Ich bin doch so einer.” “Nein, zum Teufel, du bist doch kein Blatte. Du hast es doch geschafft.”

Frau Arisa heißt in Wirklichkeit anders.

Maciej Zaremba

Übersetzt aus dem Schwedischen. Für mehr Information dazu, zur Lizenz und zu den fünf anderen Teilen der Artikelserie bitte hier entlang.

Svenska originalet publicerades i DN, 2009-03-15. Jag tackar Maciej Zaremba för tillstånd att publicera min översättning.

Fußnoten:
^1^ Rinkeby ist ein Vorort im westlichen Stockholm mit hoher Einwanderdichte.

^2^ Snus?

^3^ Rosenbad ist das schwedische Regierungsgebäude in Stockholm. Mehr bei Wikipedia.

^4^Mona Sahlin ist Parteichefin der größten Partei Schwedens, der Sozialdemokraten.

^5^ SFI = Schwedisch für Einwanderer. Siehe dazu die bisherigen Artikel der Serie.

^6^ Das Jantelagen war schon Wort der Woche.

^7^ Sida ist die schwedische Behörde für Entwicklungshilfe.

^8^ P1 ist einer der Radiosender des öffentlich-rechtlichen Sveriges Radio. “Konflikt” ist ein in der Regel exzellent recherchiertes und ausführliches wöchentliches Programm, das sich mit einem aktuellen Brennpunkt befasst. Auf der Webseite findet man die Episoden auch als MP3 zum Herunterladen.

^9^Zu “Blatte” siehe Fußnote des dritten Artikels.

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In aller Kürze

Was ist gerade aktuell in Schweden?

  • Freischulen. In Schweden können Firmen Schulen betreiben und bekommen pro Schüler das gleiche Geld wie kommunale Schulen. Das ist ein gutes Geschäft und die Diskussion darum ist nicht neu. Gerade handelt sie vor allem davon, inwieweit es gerechtfertigt ist, wenn auf diese Weise Steuergelder direkt an Aktieninhaber ausgeschüttet oder im Ausland investiert werden.
  • Schnellzüge. Die Regierung würde gerne Hochgeschwindigkeitszüge (Snälltåg) auf den Weg bringen, doch Kritiker meinen, das sei aus Umweltgesichtspunkten (Stichwort: klimatsmart) Unsinn.
  • Israel ist empört über einen schwedischen Zeitungsartikel, in dem behauptet wird, palästinensische Opfer würden für Organhandel missbraucht. Die Forderung nach einer Entschuldigung oder Distanzierung der schwedischen Regierung lehnt man hierzulande jedoch ab. Schließlich könne man nicht die Verfassung brechen und gegen die eigene Pressefreiheit vorgehen. Außenminister Bildt nutzt wie üblich sein Blog zur Stellungname (1 2) und fügt hinzu, dass eine Distanzierung von einem bestimmten Artikel eine Zustimmung zu all dem anderen Unsinn, der gedruckt werde, impliziere.
  • Schweinegrippe-Impfungen stehen auch in Schweden an und damit die Diskussion über Sinn und Unsinn derselben, samt welche Gruppen bevorzugt werden sollten.
  • Christer Fuglesang, der einzige schwedische Astronaut, wird – vorausgesetzt alles geht gut – morgen zu seiner zweiten Reise im Space Shuttle zur Internationalen Raumstation aufbrechen. Er twittert darüber: @CFuglesang (schwedisch und englisch).
  • Ein neuer Botschafter der USA ist in Stockholm eingetroffen und willkommen geheißen worden. Matthew Barzun ist mit 38 Jahren einer der jüngsten Botschafter und der Netz-Welt unter anderem von CNet bekannt. Der Posten ist Obamas Dank für Barzuns erfolgreiches Engagemang in seiner Wahlkampagne.

  • Die schwedische Wirtschaft hat ebenso wie die deutsche aufgehört zu schrumpfen, bis zu einem echten Aufschwung erwartet man aber weiter steigende Arbeitslosenzahlen. Die Regierung verspricht weitere Steuersenkungen zum Jahreswechsel und hält sich mit Konjunkturprogrammen zurück. Die Sozialdemokraten in der Opposition fordern mehr öffentliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt. Da wirft die Parlamentswahl in einem Jahr schon ihre Schatten voraus. Gleichzeitig wird diskutiert, ob “die Krise” nicht maßlos überbewertet ist, schließlich habe die große Mehrheit der Bevölkerung nichts von ihr mitbekommen und durch die Zinssenkungen auf die Wohnungs- und Häuserkredite sogar mehr Geld in der Tasche. Politik solle den Wohlstand der Menschen und nicht das Bruttosozialprodukt optimieren.

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Wort der Woche: Meddelarfrihet

Meddela setzt sich aus med (“mit”) und dela (“teilen”) zusammen und bedeutet dementsprechend “mitteilen”. Frihet ist das schwedische Wort für “Freiheit”. Die “Mitteilungsfreiheit” steht in einem der schwedischen Grundgesetze, der “Druckfreiheitsverordnung”. Neben dem Öffentlichkeitsprinzip ist sie eines der Gesetze, die für eine transparentere Gesellschaft n Schweden sorgen und auf die man andernorts zu Recht neidisch sein darf.

Während das Öffentlichkeitsprinzip Außenstehenden Einblick in die schwedischen Behörden gibt, sorgt die Mitteilungsfreiheit dafür, dass Insider getrost Information an die Presse oder Buchautoren geben können. Whistleblower werden ermutigt und vor negativen Konsequenzen geschützt. Etwas mehr im Detail besagt die Mitteilungsfreiheit unter anderem,

  • dass jeder das Recht hat, Informationen zum Zweck der Veröffentlichung herauszugeben, sowohl aus Behörden als auch Firmen.
  • dass das Thema keine Rolle spielt. Es besteht sogar Straffreiheit, wenn man gegen Geheimhaltungsvorschriften verstößt (solange man keinen Hochverrat, Spionage etc. begeht).
  • dass der Informant anonym bleiben darf, wenn gewünscht. Der Bruch der Anonymität ist strafbar.
  • dass Behörden nicht nachforschen dürfen, wer der Whistleblower war.

Mit diesen Regeln ist es nicht schwer nachzuvollziehen, dass alle Nase lang prekäre Informationen an die schwedische Öffentlichkeit gelangen. Es ist wohl kein Zufall, dass Schweden das Land der Welt mit der niedrigsten Korruption ist.

Ein aktuelles Beispiel hat sich dieser Tage auf Gotland zugetragen. Die oberste Regionalpolitikerin (landshövding) dort, Marianne Samuelsson, hatte Mitarbeiter angewiesen, ein Auge bei Baugenehmigungen zuzudrücken, als es um lokal wichtige Unternehmer ging. Eine Mitarbeiterin hat das Gespräch aufgenommen und dem schwedischen Radio zugespielt, was an sich schon Schlagzeilen machte. Mit der Gleichbehandlung nehmen es Schweden nämlich sehr genau. Samuelsson hätte den Skandal vielleicht aussitzen können, aber als sie sich öffentlich in der Opferrolle gegenüber der böswilligen Mitarbeiterin darstellte, war das Maß voll und sie wurde prompt von der Regierung gefeuert. Der Mitteilungsschutz ist heilig und Whistleblower, ungeachtet derer eigenen Motive, anzugreifen ein unpopulärer Zug.

Mit diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass ein wiederkehrender Kritikpunkt Schwedens an der EU der ist, dass dort Amtsgeheimnis anstatt Offenheit herrschen. Eine Initiative der Grünen, die Mittelungsfreiheit nach Europa zu exportieren findet man auf meddelarfrihet.nu.

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Carl Bildt im Europaparlament

Der schwedische Außenminister Carl Bildt ("Blog(sv)":http://carlbildt.wordpress.com/) hielt im Rahmen der "schwedischen EU-Präsidentschaft":http://www.fiket.de/tag/eu-praesidentschaft gestern eine Grundsatzrede zur europäischen Außenpolitik im neu zusammensetzten Europaparlament. Der zwanzigminütige Rundumschlag berührte die wichtigsten Herausforderungen der Zukunft für Europa. Die Integration des Balkan, das Verhältnis zu und die Hilfe für Nordafrika und die östlichen Nachbarn fanden ebenso Erwähnung wie der neue Mitgliedsantrag Islands.

Das sehenswerte Video (auf Englisch)

"Videolink(en)":http://www.se2009.eu/en/meetings\_news/2009/7/21/carl\_bildt\_at\_the\_european\_parliament\_-\_committee\_on\_foreign\_affairs

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Wort der Woche: Klimatsmart

Klimatsmart setzt sich aus Klimat, das Klima, und smart, klug oder geschickt, zusammen. Weil in Klimat im Gegensatz zum Deutschen die Betonung auf der zweiten Silbe liegt, ergibt sich sich in klimatsmart eine Verdoppelung der Kombination “langes A plus T”, was das Wort eingängig und einprägsam macht.

Man verwendet es hierzulande für so gut wie alles, das – angeblich oder wirklich – dazu beiträgt, dem Klimawandel entgegenzuwirken; nicht zuletzt in der Werbung: Man soll Zug fahren, weil es klimatsmart ist. Man soll diese oder jene Partei wählen, weil sie die klimatsmartesten Lösungen hat. Der schwedische Ausstieg aus dem Atomausstieg wird als klimatsmart verkauft.

Auch im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes will Schweden klimatsmart sein und hat dieses Thema zu einem seiner Schwerpunkte gemacht. In der Tat gibt es wohl weniger glaubwürdige Länder als Schweden in dieser Hinsicht. Laut WWF liegt Schweden beim Klimaschutz vorn und man brüstet sich damit, schon seit den Neunzigern eine CO~2~-Steuer zu haben.

Doch was das Auto angeht, liegt einiges im Argen. Man hat nämlich jahrelang auf den “Biokraftstoff” Ethanol gesetzt und den steuerlich mehrfach begünstigten Begriff “Umweltauto” (Miljöbil) auf seltsame Weise definiert. So kommt es zum Beispiel, dass ein Volvo Diesel mit unter 5 Litern Verbrauch kein Umweltauto ist, während der Benziner mit 75% mehr Verbrauch eines ist – weil man ihn auch mit Ethanol betanken kann. Man kann mit einem solchen “Umweltauto” allerdings unkontrolliert und ausschließlich fossiles Benzin tanken und trotzdem die Prämie beim Einkauf, die niedrigere Steuer und die Befreiungen von der City-Maut in Stockholm und von Parkgebühren einstreichen.

Das ist dann wohl weniger klimatsmart. Ganz abgesehen davon, dass Biokraftstoffe mehr Schaden anrichten als sie Nutzen bringen und deshalb gar nicht gefördert werden sollten.

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Bald Bundestagswahl

Am 27. September ist Bundestagswahl. Und weil ich davon ausgehe, dass hier der ein oder andere im Ausland lebende Deutsche mitliest, sei hiermit darauf hingewiesen, dass man selbst dafür sorgen muss, im Wählerverzeichnis der letzten Heimatgemeinde eingetragen zu sein. Dann bekommt man die Briefwahlunterlagen zugeschickt.

Jetzt ist die richtige Zeit, das in Angriff zu nehmen.
Weiterlesen bitte beim Bundeswahlleiter.

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