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Kein Salemmarsch für 6 deutsche Nazis

In Salem, einer Gemeinde im Süden der Region Stockholm, findet jedes Jahr am 9. Dezember ein Aufmarsch der Neonazis statt, der Salemmarsch (S). Anlass ist ein Ereignis aus dem Jahr 2000, bei dem ein 17jähriger Skinhead von einer Gruppe Jugendlicher zu Tode misshandelt wurde, bei der auch Einwanderer dabei waren. Die rechte Szene ehrt ihren “Märtyrer”, demonstriert gegen die scheinbar milde Bestrafung der Täter und nutzt den Anlass für ihre menschenfeindliche Propaganda.

Eine Gruppe deutscher Skinheads, die dem Marsch beiwohnen wollten, benahm sich auf dem Billigflug nach Skavsta bei Nyköping wohl derart daneben, dass sechs von ihnen dort festgehalten und mit dem nächsten Flug nach Deutschland zurückgeschickt wurden (S). Die Gruppe hatte noch mehr Mitglieder, aber die lokale Polizei konnte sich aus Mangel an Ressourcen nicht um mehr kümmern.

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Radio Königsberg

Wenn ich mich recht erinnere, habe ich in der Schule trotz der extensiven Behandlung des zweiten Weltkrieges im Geschichtsunterricht kaum etwas über die Rolle Skandinaviens erfahren. Ganz kurz gesagt wurde Norwegen von den Deutschen erobert und Schweden war offiziell neutral, erlaubte jedoch die Passage von Truppen und verdiente sehr gut mit Eisenerzlieferungen an Nazideutschland.

Niclas Sennerteg befasst sich in seinem neuen Buch Tyskland talar (“Deutschland spricht”) mit “Radio Königsberg”, dem Radiosender aus dem heutigen Kaliningrad, mit dem etwa 30 schwedische Kollaborateure nazifreundliche Nachrichten und Propaganda an ihre Landsleute verbreiteten. Gesendet wurde von 1940 bis kurz vor Kriegsende und bis zu 10% der Schweden sollen eingeschaltet haben.

Sennerteg betont die Rolle des Senders für die damalige nazifreundliche Einstellung vieler Schweden und die vielfältige Zusammenarbeit, die erst in den neunziger Jahren thematisiert wurde.

Quellen auf Schwedisch und Englisch.

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Demo gegen Rassismus

![Demo](/pic/demo1.jpg)

Ich war heute nachmittag auf meiner ersten schwedischen Demonstration. Dass ich das erst nach über vier Jahren in Schweden sagen kann. liegt wohl vor allem daran, dass in Schweden weniger demonstriert wird als in Deutschland oder gar Frankreich. Statistik habe ich dazu zwar keine, aber ich fand meine Vermutungen bestätigt.

Die heutige Demo war gegen Rassismus. Der Erfolg der Schwedendemokraten bei der Wahl vor einigen Wochen und natürlich auch deren Einzug ins hiesige Rathaus waren dafür ein guter Anlass.

Als Unterstützer wurden sowohl die etablierten Parteien und deren Jugendverbände, als auch unabhängige, meist linke, Jugendverbände genannt. Organisator war der Verein Uppsalabor mot Rasism (S), der dieses Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen feiert und schon nächste Woche ein “Volksfest gegen Rassismus” veranstaltet.

![Demo](/pic/demo3.jpg)

Das klang jetzt sicher alles sehr groß, war es aber leider nicht. Die wenigen hundert Teilnehmer wurden vor Abmarsch gebeten, in Viererreihen zu marschieren, so dass dann auch nur eine Straßenseite gebraucht wurde und der Zug wenigstens seine knappen hundert Meter lang war. Es reichten etwa fünf Polizisten als Begleitung und um an Kreuzungen den Verkehr aufzuhalten. Zwei Menschen mit Megafonen gaben Kampfparolen vor, die brav wiederholt wurden. Deren Texte reichten von harmlos (_Keine Rassisten auf unseren Straßen_) bis martialisch (_Der Kampf geht weiter – zermalmt den Rassismus_, oder so ähnlich).

Spruchbänder gab es weniger als zehn und die Aussagen darauf waren nicht sonderlich überraschend, bis auf Vernichtet den Staat – freie Einwanderung. Neben einer “Gegen Nazis”-Flagge (ja, auf Deutsch) wurden viele rot-schwarze Flaggen geschwenkt, die, wenn ich mich nicht irre, dem syndikalistischen Jugendverband (S) zuzuordnen sind, einer nach eigener Aussage “sozialistischen und freiheitlichen Vereinigung”.

Der Zug bestand zum Großteil aus Jugendlichen, Ältere und Kinderwägen waren jedoch keine Seltenheit. Man bewegte sich vom Schloßhügel in einer Schleife zum zentralen Marktplatz, dessen eine Ecke für die Abschlusskundgebung ausreichte. Ich war nicht sehr angetan von der ganzen Sache, wahrscheinlich am meisten wegen der geringen Anzahl Teilnehmer. Ich denke aber nicht, dass die Veranstalter unzufrieden waren. Schwedische Demos sind vielleicht einfach so.

Die restlichen Bilder gibt es hier.

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Die kleinen Parteien

Die schlussgültige Auszählung der Parlamentswahl vom letzten Sonntag ist zu Ende und das Ergebnis bringt nichts neues, was die sieben Parteien im Parlament betrifft. Was jedoch am Wahlabend völlig unklar war, waren die Stimmen für die kleinen Parteien, die nur unter “übrige” aufgeführt waren.

Der Gesamtanteil dieser Parteien, die wegen der 4%-Sperre nicht in den Riksdag einziehen, liegt mit 5.7% so hoch wie nie zuvor. Leider ist die Partei, die am meisten für diesen Zuwachs steht, diejenige der rechtsextremen Schwedendemokraten, die auf fast 3% der Stimmen kommen und im Süden (Schonen, Blekinge) ihre Hochburgen haben. Darunter, mit knapp 0.7% der Stimmen, liegt die Feministische Initiative, eine letztes Jahr neu gegründete Partei unter der prominenten Feministin und vormaligen Parteichefin der Linkspartei Gudrun Schyman.

Dann kommt die Piratenpartei, die 35000 Stimmen (0.63%) gewinnen konnte. Ich habe die Piraten hier ja schon öfter erwähnt und sie seit der Parteigründung Anfang des Jahres etwas verfolgt, deswegen ein kleiner Kommentar: Das Wahlergebnis ist sicherlich nicht so hoch wie erhofft, aber auch keine Katastrophe, sondern für eine so junge Partei, die nicht aus einer medienwirksamen Abspaltung einer etablierten hervorging und sich explizit nicht zu den Themen der anderen äußert, ein Achtungserfolg.

Leider konnten sie meiner Meinung nach nicht genug vermitteln, dass sie nicht nur eine Gruppe trotziger Jungendlicher sind, die kostenlos Musik aus dem Internet herunterladen wollen, sondern dass sie, auch zu meiner persönlichen Überraschung, seriöse und durchgearbeitete Positionen vertreten, die neben der Reform (wohlgemerkt nicht Abschaffung) des Urheber- und Patentrechts auch den Schutz der Privatsphäre gegen immer neue Arten der Datensammlerei beinhalten. Obwohl Piraten gerade in sind, ist der Name Piratenpartei dabei wohl eher hinderlich.

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Hitlerschnurrbart

Der Zugewinn der rechtsextremen Schwedendemokraten (SD) in den vorgestrigen Wahlen wird von der Mehrheit der Schweden als Katastrophe gesehen und bringt auch solche Geschichten hervor: In der Druckerei einer Regionalzeitung in Blekinge wurde eine Druckplatte so manipuliert, dass das Bild eines Schwedendemokraten ein Hitlerbärtchen aufwies (Bild). Ein Viertel der Auflage war betroffen. He was not amused (E). ;-)

Nachtrag: Die Überschrift des Artikels mit dem Bild lautet übrigens: SD-Kandidaten haben keine Ahnung von Politik. Die Auszählung läuft noch und entgegen anfänglich geschätzter 1,5% scheinen die SD auf fast drei Prozent zu kommen. Warum das alles so lange dauert? Deswegen.

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Regionalwahl in Uppsala

Nicht nur in der Reichstagswahl haben die Konservativen gestern einen Sieg davongetragen. Auf Kommunal- und Landesebene sieht es ähnlich aus, zumindest hier in Uppsala. Das Rathaus geht (S) mit 47 zu 33 Sitzen an die bürgerliche Allianz, wobei ich mir nicht sicher bin, wie klar die Koalitionsaussage der Parteien auf diesem Niveau ist. Im Landsting der Region (_län_) Uppsala müssen die Sozialdemokraten ebenfalls die Macht abgeben (S).

Auch wenn der Erfolg der Rechtsextremen nicht so groß wie in Mecklenburg-Vorpommern ausfiel, so haben die Schwedendemokraten landesweit hinzugewonnen und auch einen Sitz im hiesigen Rathaus ergattert. Eine Schande das.

Bemerkenswert aus deutscher Perspektive ist, dass mit dem gestrigen Wahltag alles abgedeckt wurde – das Parlament, die Regional- und die Kommunalwahlen. Das heißt nichts anderes als dass man in Schweden als Politiker, im Unterschied zu Deutschland, nicht im ständigen Wahlkampf lebt, sondern vier Jahre lang seine Arbeit tun kann. Das hat natürlich damit zu tun, dass der Föderalismus in Deutschland viel stärker ausgeprägt ist, und ich werde diesem gegenüber immer skeptischer. Siehe auch Bernd Ulrich: Mehr Zentralismus!

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Die schwedischen Rechtsradikalen

Das Thema Integration hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit in Deutschland erfahren. In Schweden ist die Situation wieder einmal besser: Es wird viel für die Integration der Ausländer getan und es zahlt sich z.B. insofern aus, als dass die Kinder von Einwanderern in ihren schulischen Leistungen lange nicht so weit zurückliegen wie ihre “Kollegen” in Deutschland und somit weniger häufig Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben werden. Auch die gefühlte Integration ist stärker und es kommt beispielsweise kaum vor, dass eine “ausländisch aussehende” Gruppe, die man auf der Straße trifft, nicht schwedisch miteinander spricht.

Erst heute morgen las ich (S) über das diesjährige Einwanderungsbarometer: 80% der Schweden finden es vorteilhaft für das Land, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander gemischt werden, und neun von zehn Schweden wollen in Schweden lebenden Menschen die gleichen Rechte wie Schweden geben. Obwohl die Integration oft als unzureichend angesehen wird, geht der Trend zu mehr Akzeptanz von Ausländern. Der frisch zum Feiertag erhobene Nationaldagen am 6.Juni wird unter anderem dazu benutzt, neu eingebürgerte Willkommen zu heißen.

Also alles in Butter? Leider nein.

Denn es gibt sie auch in Schweden: Nationalisten, Xenophobe, Rassisten und, ja, auch Neonazis. Ein Professor an der hiesigen Uni Uppsala, der sich mit Integrationsfragen beschäftigt, wurde erst neulich Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs. Es gibt auch Gruppen, die es gar nicht gern sehen, wozu der Nationalfeiertag genutzt wird (s.o.), und so gab es am Dienstag in Stockholm eine Demo der Rechtsextemisten. Es gab zwar eine Gegendemonstation der Linken, diese war aber kleiner. Die Polizei verhinderte Zusammenstöße der beiden Gruppen und nahm einen der Rechten wegen Volksverhetzung fest.

Die politische Partei der Nationalisten nennt sich Sverigedemokraterna, die “Schwedendemokraten”. Auf deren Agenda steht, wer hätte es gedacht, eine Rückbesinnung auf nationale Qualitäten, Begrenzung der Einwanderung, und so weiter – eben Schweden den Schweden in vielerlei Form. Obwohl sie in der wirklichen Politik eine sehr kleine Rolle spielen – sie kamen 2002 mit 1.4% der Stimmen nicht ins Parlament und sind nur in drei Kommunalvertretungen beteiligt – schaffen sie es regelmäßig in die Schlagzeilen.

Neulich wollten sie an Schulen Propaganda verteilen, was meines Wissens verhindert wurde. Entsprechende Postwurfsendungen wurden vorübergehend von Briefträgern boykottiert (S) und es gibt Aktivisten, die Aufkleber verteilen, die man sich an den Briefschlitz kleben kann, um keine solche Reklame zu bekommen und ein Zeichen zu setzen. Leider scheint es, als ob die Schwedendemokraten gerade bei (v.a. männlichen) jungen Menschen hinzugewinnen können und eine nicht-repräsentative, internetbasierte Testwahl (S) unter 15- bis 21-jährigen, die heute bekannt wurde, sah die Schwedendemokraten mit über 10% als drittstärkste Partei.

Dass die Wahl im Herbst so ausgeht ist zwar sehr unwahrscheinlich, trotzdem ist die Existenz und Sichtbarkeit der schwedischen Rechten betrüblich. Erfreulich ist es andererseits, dass ihr Rückhalt in der breiten Bevölkerung gering ist und viele ansonsten unpolitische Schweden aktiv und böse werden, wenn man sie auf die Schwedendemokraten anspricht.

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