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Falsch im Quadrat

Pluralismus und eine offene Gesellschaft bedeuten auch, dass man Menschen und Gruppen toleriert, die abgrundtief falsch liegen mit ihren Ansichten. Immerhin streiten sie sich untereinander.

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Notizen aus Schweden beim HPD, Folge 1

Ich wurde angesprochen, ob ich mein Interesse, über Schweden zu schreiben, nicht mit meiner Skepsis gegen Religionen verbinden und eine Kolumne für den neulich eröffneten Humanistischen Pressedienst (HPD) schreiben wolle. Wer könnte da Nein sagen?

Hier also die erste Ausgabe von “Notizen aus Schwedenbeim HPD:

Dom in
Uppsala

Einkommensauskunft per Internet.
In Schweden gilt das Öffentlichkeitsprinzip, das heißt, dass die Unterlagen von Behörden im Allgemeinen von jedermann einsehbar sind. Das gilt auch für die Steuererklärungen aller Schweden. Eine neue Seite im Internet vereinfacht das Auffinden solcher Informationen. Es ist also möglich, das Einkommen und die Schulden eines jeden Schweden im Internet zu erfragen. Der Ansturm auf die Seite kurz nach ihrer Eröffnung war sehr groß.

Die Kirche in Schweden
Die evangelisch-lutherische Kirche Schwedens war seit Jahrhunderten Staatskirche. Bis 1860 war ein Austritt unmöglich und erst seit 1951 kann man nicht nur in eine andere Religionsgemeinschaft wechseln, sondern ganz austreten. Noch bis 1996 wurde jeder Schwede von Geburt an Mitglied der Kirche, seitdem ist die Taufe ausschlaggebend. Erst vor sieben Jahren wurde der Status der Staatskirche aufgehoben und die Trennung der schwedischen Kirche vom Staat vollzogen.

Trotz dieser vermeintlich späten Säkularisierung ist Schweden eines der ungläubigsten Länder der Welt. Nur 23 Prozent der Bevölkerung geben an, an einen Gott zu glauben – Platz drei in Europa hinter Estland und der Tschechischen Republik.

Als Relikt aus der Zeit der automatischen Mitgliedschaft sind noch 7 der 9 Millionen Schweden Mitglied der Kirche, 65.000 treten pro Jahr aus. Zwei Drittel aller Neugeborenen werden heutzutage getauft, jedoch nur gut die Hälfte davon wird konfirmiert. 50 Prozent aller Eheschließungen finden in der Kirche statt und laut Umfragen ist der traditionelle Aspekt für Schweden oft ein wichtigerer Grund, in der Kirche zu bleiben, als der Glaube an Gott.

Im schwedischen Alltag und in der Politik spielt Religion eine geringe Rolle. Schweden ist ein säkular-rational eingestelltes Land und wird in einer Studie des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung als Vorreiter der kulturellen Entwicklung gesehen.

Von "Mariä Verkündigung" zum Waffeltag
Ein Beispiel, wie christliche Traditionen in Schweden ihren religiösen Charakter verlieren und in den säkularen Alltag übergehen, ist der Waffeltag. Durch die sprachliche Ähnlichkeit des alten Namens des christlichen Feiertages (vårfrudagen, "Tag unserer Frau") mit "Waffeltag" (våffeldagen) ging der Übergang vonstatten, so dass man heute lieber Waffeln isst, anstatt religiösen Praktiken nachzugehen.

Kirchliche "Hochzeit" für Homosexuelle
Die Akzeptanz und Gleichberechtigung von Homosexuellen ist in Schweden weit fortgeschritten und gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind rechtlich emanzipiert. Sogar die schwedische Kirche hat sich mit diesem Gedanken angefreundet, und erteilt seit Kurzem den Segen für homosexuelle Paare. Schwulenfeindliche Äußerungen von Tradionalisten, auch innerhalb der Kirche, schaffen es nur noch gelegentlich in die Medien und werden dort hart kritisiert.

Björn Ulvaeus erhält Humanismuspreis
Der Musiker Björn Ulvaeus, bekannt durch die Pop-Gruppe ABBA, ist aktiver Autor und Religionskritiker. Der schwedische Verband der Humanisten hat ihm wegen seines Engagements für eine humanistische Basis der Gesellschaft den Hedeniuspreis 2006 verliehen.

Abgetriebene Embryonen beerdigen?
Abtreibung bis zur 18. Schwangerschaftswoche ist in Schweden erlaubt und steht alleine im Ermessen der Frau. Die Kirche sieht Seelsorgebedarf in solchen Situationen und plant deshalb, bald Beerdigungszeremonien für abgetriebene Föten anzubieten. Kritiker befürchten jedoch, dass dies zu einer Aufwertung von Embryonen führt, was wiederum Abtreibungskritikern Argumentationshilfen liefern könnte.

Scientology betreibt Vorschule
In Schweden sind nicht-staatliche Schulen erlaubt. Diese so genannten "freien Schulen" werden nicht selten von religiösen Organisationen betrieben und unterliegen staatlicher Kontrolle. Als Extrembeispiel kann sicherlich ein Kindergarten in Stockholm gelten, der von Scientology betrieben wird. Kritik richtet sich vor allem dagegen, dass das Menschenbild und die Ziele der Organisation nicht mit einer offenen und modernen Gesellschaft vereinbar sind. Der Kindergarten sei ein Versuch, sich als "normal" zu etablieren. Bei muslimischen Schulen werden offen die Gefahren der Ausgrenzung und des Extremismus diskutiert.

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IKEA zu unchristlich?

Leider teilt nicht jeder die Ansicht, dass die Frage in der Überschrift eine rhetorische ist, die schon aus Prinzip nicht mit Ja beantwortet werden kann. Die WELT schreibt:

Weil Ikea keine Weihnachtskrippen im Sortiment führt haben Abgeordnete des Mitte-Rechts-Bündnisses in Italien zu einem Boykott des Möbelhauses aufgerufen. Das Fehlen der volkstümlichen Darstellungen der Geburt Jesu sei Folge einer „schändlichen Kolonisation” die darauf ziele, die christliche Identität auszumerzen, sagte der Konservative Luca Volonte nach einem Bericht der Zeitung „La Repubblica".

Alberneres habe ich lange nicht gehört. Ganz abgesehen davon hat neulich jemand die Bilder im IKEA-Katalog analysiert und festgestellt, dass darin Frauen überwiegend im Zusammenhang mit Küchen gezeigt werden, während Männer auf Bürostühlen sitzen oder eine Zusammenbauanleitung illustrieren. So etwas löst bei den im Allgemeinen sehr auf Gleichberechtigung bedachten und den alten Rollenverteilungen gegenüber kritischen Schweden Unbehagen aus.

(via)

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Humanismuskonferenz in Stockholm

Ich bin zwar seit kurzem Mitglied bei den schwedischen Humanisten (S), aber zu deren internationalen Konferenz am letzten Wochenende in Stockholm habe ich es leider nicht geschafft. Es gibt aber einen Bericht darüber beim HPD.

Leider kann man Artikel dort nicht kommentieren, denn sonst würde ich den Autor darauf hinweisen, dass man “Humanismus Konferenz” und “Lärar Högskolan” zusammenschreibt und in “Enlightenment” doch bitte nicht das “en” weglässt. Jaja, es ist pedantisch auf sowas hinzuweisen, aber es nimmt mir die Lust am Lesen. ;-)

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Nyamko Sabuni

Nyamko Sabuni ist Integrationsministerin. Sie ist außerdem afrikanischer Herkunft, nicht-praktizierende Muslimin und umstritten, weil sie sich nicht scheut, Meinungen zu vertreten, die in gewissen gesellschaftlichen Gruppen unpopulär sind. Sie setzt sich unter anderem für ein Kopftuchverbot von Mädchen unter 15 Jahren ein und für die Abschaffung von religiösen Schulen. Bei letzterem Punkt denke ich zwar eher an Livets Ord als an die Rekrutierung von muslimischen Selbstmordattentätern, wie Sabuni es tut, aber die Richtung stimmt.

Ob sie mit dem Vorschlag, Mädchen zu einer gynäkologischen Untersuchung zu zwingen, um Fälle von Genitalverstümmelung aufzudecken, zu weit ging, sei dahingestellt. Für eben diesen Tatbestand kann man übrigens in Schweden belangt werden, auch wenn es im Ausland durchgeführt wurde. Und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch wirklich: Die erste diesbezügliche Verurteilung war vor kurzem.

Etwas mehr über Sabuni hier.

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Freitag, der 13.

Menschen mögen keine weltliche Erklärungen, die sind wohl zu langweilig. Deshalb gibt es Religion und sonstigen Aberglauben. Dabei ist es doch viel interessanter, die Erklärung hinter vermeintlich Unerklärlichem zu entdecken, als (an) eine unbeweisbare Geschichte zu glauben. Was steckt also zum Beispiel hinter der Tatsache, dass an Freitagen, die auf den 13. eines Monats fallen, statistisch mehr Unfälle (S) in Schweden passieren, als an anderen Freitagen.

Da ist zum einen der Effekt der selbsterfüllenden Prophezeiung zu nennen, also dass aufgrund der Erwartungshaltung oder übertriebener Vorsicht mehr passiert, als wenn man das Datum ignoriert. In Schweden kommt jedoch noch ein weiterer Aspekt hinzu, der die Statistik verfälscht. Jedes Jahr am 13. Dezember wird nämlich Lucia gefeiert. Zu diesem Anlass wird mit Feuer in Haaresnähe hantiert, was nicht nur zu einer Vielzahl an Unfällen führt, sondern damit auch zu einer Verschiebung der freitäglichen Unfallzahlen hin zum 13., weil eben alle sieben Jahre Lucia auf einen Freitag fällt.

Was genau es mit dem Luciafest auf sich hat, werde ich zu gegebenem Anlass schreiben, trotzdem hier der Ungeduldigenlink.

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Schweden und die Religion

Gelegentlich habe ich ja schon über Religion und Kirchen in Schweden geschrieben und dabei behauptet, dass Schweden atheistischer und säkularer als viele andere Länder ist, darunter Deutschland. The Local hat eine lesenswerte Zusammenfassung (englisch) zu diesem Thema und es werden auch Zahlen genannt: 23% der Schweden glauben, dass es einen Gott gibt – ungläubiger sind in Europa nur die Tschechen und die Esten.

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Bürgerliche Beerdigungen

Schweden ist säkularer und atheistischer als Deutschland. Das spiegelt sich auf viele Arten wider und ein Beispiel ist die Meldung (S), dass nichtreligiöse Beerdigungen immer häufiger werden. Seit 2001 hat sich die Zahl fast verdoppelt.

Im Großraum Stockholm ist der Anteil mit 10% am höchsten. Das ist natürlich noch keine Mehrheit, aber die Entwickling geht in die richtige Richtung. Kommunale Friedhöfe, die nicht an eine bestimmte Religion geknüpft sind, sind keine Seltenheit.

Kennt jemand den Prozentsatz nichtkirchlicher Beisetzungen in Deutschland?

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Livets Ord Konferenz

Livets Ord, die hiesigen Extremchristen, halten diese Woche ihre Europakonferenz (S) in Uppsala und es wird eine fünfstellige Besucheranzahl erwartet. Sogar der Parteichef der schwedischen Christdemokraten ist sich nicht zu schade, durch ein Gespräch mit dem radikalen Oberprediger auf dem Programm der Konferenz zu stehen.

Was wird auf so einem Treffen abseits der Mythenpropaganda beredet? Neueste Methoden, den säkularen Staat zu unterwandern? Wie man Kindern in den eigenen religiösen Schulen am besten das kritische Denken abgewöhnt?

Ich glaube, das ist ein guter Anlass, diesem Schandfleck von Uppsala diese Woche endlich einmal einen Besuch abzustatten. Wer sich für das “Problem Religion” interessiert, findet vielleicht auch meinem Blog zu diesem Thema interessant: www.atheistundgut.de.

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