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Unbeschränkte Überwachung

Ein kurzes Update zur geplanten Überwachung von Telekommunikation in Schweden.

Kritiker der Pläne hatten klare Regeln gefordert, wann abgehört werden darf, was abgehört werden darf und wer Zugang zu den erhobenen Daten bekommt. Die Regierung lehnt das jedoch ab und im aktuell diskutierten Gesetzesvorschlag kommen solche Beschränkungen nicht vor (S).

Wenn das durchgeht, darf also einfach alles abgehört werden. Die Einschränkung, dass nur Kommunikation mit dem Ausland betroffen sein soll, ist lächerlich, denn sogar Emails an das staatliche Fernsehen SVT werden erst einmal zu einem Dienstleister in England geschickt (S) zwecks Spamfilterung. Wer würde sich dann nicht zweimal überlegen, ob er auf sein Recht auf Anonymität vertraut und den Medien einen Skandal verrät?

Es gibt seit vorgestern eine Unterschriftensammlung gegen die Abschaffung des Privatlebens, die schon 1600 Schweden unterzeichnet haben.

Nachtrag, 14:45: Ich wurde darauf hingewiesen, dass die Unterzeichner der Petition vorwiegend Männer sind. Ich habe stichprobenartig gezählt und kam auf 14% Frauenanteil. Meines Wissens weichen die Anzahl männlicher und weiblicher Internetnutzer nicht mehr weit voneinander ab, das kann also nicht der Grund sein. Ist die Ablehnung des Überwachungsstaates typisch männlich? Ist es typisch männlich, solche Aufrufe zu unterzeichnen? Ist Frauen das Thema egal? Wird der Link dorthin über “männliche Netzwerke” weitergereicht?

Gilt diese Beobachtung auch für Deutschland? Es scheint so: Bei einer Stichprobe der Wahlmaschinenpetition vom Herbst kam ich auf 10% Frauenanteil.

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Ein Drittel weniger Museumsbesucher

Wie vor einem halben Jahr angekündigt, kosten schwedische Museen seit Jahresbeginn wieder Eintritt. Das Resultat (S): Im Schnitt haben Museen 35% weniger Besucher als letztes Jahr, einige haben sogar vier Fünftel der Besucher verloren.

Das Argument, lieber Steuern zu senken und den Leuten die Wahl zu lassen, ob ihnen ein Museum das Geld wert ist, halte ich für Unsinn, denn demnach müsste man alle staatliche Kulturförderung abschaffen.

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Trängselskatt reloaded

Letztes Jahr wurde in der Stockholmer Innenstadt ein Mautsystem getestet, nach Ende des Probebetriebs abgeschaltet und für gut befunden: die so genannte trängselskatt (frühere Artikel dazu). Die Idee an sich finde ich ja gut. Weniger Autos, mehr öffentlicher Nahverkehr, gut für die Umwelt und die Anwohner und so weiter.

Der Vorschlag (S), der jetzt zur Wiedereinführung der Maut im Sommer vorliegt, ist jedoch schändlich. Von den Datenschutz- und Überwachungsaspekten, die dadurch ins Spiel kommen, dass das System auf nummernschildlesenden Kameras basiert, einmal abgesehen, soll das Geld nicht in die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel fließen sondern in den Straßenbau. Im Gegenteil wurden gerade die Preise für Busse und U-Bahnen in Stockholm kräftig erhöht.

Nimmt man dann noch hinzu, dass die Maut für Pendler von der Steuer absetzbar sein soll, fragt man sich, ob es überhaupt noch zu einer Verringerung des Autoverkehrs kommen wird, oder ob das Ganze nur noch eine Geldumverteilungsmaßnahme ist. Die Straßenbaugelder können anderswo eingespart werden, die Geringverdiener, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, sind die Verlierer und eine Umweltmaßnahme ist die Maut nur noch auf dem Papier.

Konservative Politik, wie man sie erwartet hat?

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Dateitausch stärker verfolgen

Vor der schwedischen Wahl letzten Herbst haben beide Blöcke verkündet, dass man über das Gesetz, dass das hoch- und herunterladen von Musik und Filmen mit den beliebten Tauschbörsen im Internet illegal macht, reden müsse, weil man ja nicht große Teile der Bevölkerung kriminalisieren könne. Anscheinend sprach da nur die Angst vor der neugegründeten Piratenpartei, die bei jungen Wählern recht viel Anklang fand und dieses Thema auf der Agenda hatte.

Jetzt ist es mit diesem Vorhaben nämlich vorbei. Keiner in der Regierung Reinfeldt redet mehr davon, dieses Gesetz zu verändern. Im Gegenteil soll es stärker durchgesetzt werden (S). Dazu sollen die Rechteinhaber von den Internet-Providern die zugehörigen Namen verlangen dürfen. Damit gibt man einen Teil der Strafverfolgung in die Hände einer Interessenorganisation und was das für Auswirkungen auf eine neutrale und gerechte Strafverfolgung haben kann, ist nicht schwer vorzustellen.

Es sei dabei an den Skandal mit der GVU in Deutschland erinnert, in der genau diese “Zusammenarbeit” von Strafverfolgern und Lobbygruppen zu eklatanten Missständen führte, die dann zum Glück von den Gerichten beendet wurden. Wer das noch einmal nachlesen will, bitte sehr. Vielleicht sollte ich diese Geschichte auf Schwedisch zusammenfassen und anfangen, mich aktiv in die schwedische Debatte einzuklinken.

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Swechelon

Die schwedische Regierung will mehr abhören und Telepolis fasst das sehr schön zusammen.

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Psychologische Energieverschwendung

Bei uns sind Wasser und Heizung in der Miete inbegriffen, Strom bezahlen wir separat. Leider sind die Häuser in dieser Studentensiedlung aus den Siebzigern und isolierungstechnisch nicht auf der Höhe der Zeit – es wird also nie zu warm. Das ist in moderneren Wohnungen anders. Und was macht man, wenn es zu warm ist? Man macht das Fenster oder die Balkontür auf. Heizung kostet ja nichts.

Dabei sind natürlich auch Schweden Thermostate üblich, die die Heizung so drosseln, dass die eingestellte Temperatur gehalten wird. Wenn man Fenster über dem Thermostat öffnet, denkt dieses natürlich “Verdammt kalt hier!” und heizt, was die Anlage hergibt. Wenn dann das Fenster geschlossen wird, ist es schnell wieder zu warm und das Spiel beginnt von Neuem. Die Lösung wäre klarerweise, das Thermostat herunterzudrehen, aber eine Lösung zu einem nicht erkannten Problem wird eben auch nicht angewandt. Es kostet ja nichts.

In einigen Mietwohnungen in Schweden ist sogar der Strom in der Miete enthalten. Das führt dann zu Auswüchsen, wie dass man versucht, so viel Elektrizität wie möglich zu verbrauchen – schließlich teilt man sich die Kosten ja mit allen Nachbarn und hat den größten “Vorteil”, wenn man viel verbraucht.

Beide Beispiele kamen mir selbst erst vor kurzem unter und ich befürchte, dass das keine Einzelfälle sind. Dann verwundert es trotz der winterlichen Kälte als Totschlagargument nicht, dass die Schweden bei im Durchschnitt besserer Isolierung der Häuser einen höheren Energieverbrauch pro Kopf als Deutschland haben.

Ich fände getrennte Rechnungen für Wasser, Strom und Heizung gut, natürlich bei entsprechender Senkung der Mieten. Der Trend scheint zumindest in die richtige Richtung (S) zu gehen.

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Teurere U-Bahn

Ich hatte ja schon im Zusammenhang mit der City Maut in Stockholm darüber geschrieben, dass ich es unsinnig finde, dass die Einnahmen daraus nicht dem öffentlichen Verkehr zukommen. Die zusätzlichen Buslinien, die es während des Testbetriebs der Maut gab, sind abgeschafft und gegen Monatsende werden die Preise des Stockholmer Verkehrsbetriebs SL kräftig erhöht (S). Eine Einzelfahrkarte wird 40 anstatt 20 Kronen kosten und das Zonensystem wird so verändert, dass es für viele teurer wird.

In Stockholm hatten die Moderaten im Herbst die Wahl gewonnen.

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Stromausfall

In Deutschland war zwar neulich auch mal ein großer Stromausfall, aber hier kommt es mir vor, als seien nach jedem Windstoß tausende Haushalte ohne Strom. Heute Nacht wehte einmal wieder ein kräftigerer Wind und hunderttausend Haushalte waren vom Stromausfall betroffen (wir nicht) – am Nachmittag immer noch noch einige tausend (S). Ersteres entspricht über zwei Prozent der schwedischen Bevölkerung, wenn man von zwei Menschen pro Haushalt ausgeht.

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Nur Schwedisch in Schulen?

Die liberale Folkpartiet ging mit ihrer Schulpolitik in den Wahlkampf und dementsprechend werden in der heutigen Allianzregierung sowohl Schul- als auch Ausbildungsministerium von ihr besetzt, letzteres von Parteichef Lars Lejonborg. In Malmö, wo einige Schulen hohe Einwandererquoten haben, hat die Folkparti gerade vorgeschlagen (S), Schwedisch im Klassenzimmer verbindlich zu machen, vor allem mit dem Gedanken, dass Lehrer mehr Handhabe haben, wenn Schüler ihre Sprachkenntnisse nutzen, um den Lehrer zu umgehen und den Unterricht zu stören.

Im Gegensatz zur letztjährigen Diskussion in Deutschland um die Berliner Schule, in der sich die Schüler freiwillig eine Deutsch-Pflicht auferlegten, geht es wohlgemerkt nicht um den Pausenhof, sondern um die Unterrichtszeit selbst.

Der Vorschlag hat viel Kritik auf den Plan gerufen. Der Partei Rassismus vorzuwerfen und sie mit der NSDAP zu vergleichen (S), halte ich jedoch für übertrieben. Völlig richtig ist dagegen, das dieser Vorschlag undurchführbar ist. Denn die eigentliche Ursache ist wohl, dass Lehrer in Schweden ihren Schülern sehr wenig zu sagen haben und dass oft das grundlegende Maß an Ordnung im Unterricht fehlt. Daran wird ein Gebot, Schwedisch zu sprechen, nicht viel ändern.

Abschließend sei hinzugefügt, dass ich bei diesem Thema Halbwissen verbreite – ich habe noch kaum eine schwedische Schule von innen gesehen, geschweige denn eine besucht.

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Psychotestergebnisse öffentlich

Dass es Situationen gibt, in denen das berühmte schwedische Öffentlichkeitsprinzip in Konflikt mit dem Schutz der Privatsphäre steht, kann man sich leicht vorstellen, siehe Einkommens- und Schuldenauskunft.

Ein weiteres schönes Beispiel ist die Anfrage des schwedischen Rundfunks bei einer Behörde, doch bitte die Ergebnisse von psychologischen Tests herauszugeben, die bei behördlichen Einstellungsverfahren zur Anwendung kommen. Die Auskunft wurde verweigert, mit der Begründung, die Privatsphäre der betroffenen Personen zu schützen.

Die Sache ging vor Gericht und heute wurde geurteilt (S), dass solche Testergebnisse nicht für geheim erklärt werden dürfen, sondern dass sie ein “öffentlicher Vorgang” der Behörde sind. Sie müssen also jedem Fragenden ausgehändigt werden, ohne dass dieser einen Grund dafür angeben muss.

Auch wenn Datenschutz in Schweden nicht so gut wie in Deutschland ist, erkennt man sehr wohl, dass das so nicht sein kann und erwägt, solche Tests einfach abzuschaffen.

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