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Wort der Woche: Skärgård

Gryts SchärengartenDas Wort Skärgård^1^ dürfte vielen Schwedentouristen schon untergekommen sein. Es gibt sogar eine wortwörtliche Übersetzung im Deutschen: Schärengarten, oder schlicht die Schären.

Was sind Schären? So nennt man die kleinen Inseln mit eiszeitlich rundgeschliffenen Klippen (siehe Bild), wie man sie vor allem vor den schwedischen Küsten vorfindet. Gärten nennt man diese Gebiete, weil die Schären nicht alleine kommen, sondern zu Tausenden. Der wohl bekannteste Schärengarten an der Ostküste vor Stockholm, Stockholms Skärgård, besteht z.B. aus etwa 25.000 Inseln verschiedener Größe.

Schärengärten findet man sowohl an der Ost- als auch an der Westküste Schwedens und sie sind sehr beliebte Urlaubsziele für Einheimische. Im Winter sind die Schärengärten wegen des garstigen Wetters fast menschenleer und nur sehr wenige der größeren Inseln sind das ganze Jahr über bewohnt. Im Sommer, speziell ab Mittsommer, wenn die meisten Schweden Urlaub haben, füllen sich die Sommerhäuser und zahlreiche Boote tummeln sich zwischen den Inseln.

Skärgårdslivet, das Leben im Schärengarten, hat für viele Schweden einen besonders romantischen Klang und wird mit dem einfachen, naturverbundenen Leben und der “guten alten Zeit” in Verbindung gebracht. Daran ist wohl Astrid Lindgren nicht ganz unschuldig, denn in ihrem Buch Vi på Saltkråkan steht ebendies im Vordergrund. Soweit ich weiß ist dieses Buch in Deutschland weit weniger bekannt als Lindgrens andere Werke – in Schweden kennt es aber jeder, wenn nicht als Buch, dann aus der mehrteiligen Verfilmung.

Ich bin über dieses Pfingstwochende im Gryts Skärgård, der knappe drei Autostunden südlich von Stockholm an der Ostseeküste liegt. Die Karte unten (klicken zum vergrößern) zeigt den Küstenbereich, an dem das Haus liegt und den man mit einem kleinen Motorboot bequem erreicht. Wer möchte, kann einen Blick auf die Bilder vom letzten Jahr werfen.

Karte vom
Gryt-Schärengarten

[1] Skärgård spricht man “Schärgohrd” oder “Chärgohrd” mit “ch” wie in “Tuch”.

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Familienrelationen im Schwedischen

Dieses Blog ist zwar nicht als Sprachkurs gedacht, aber einige Eigenheiten sind doch erwähnenswert. Die Worte, die Familienverhältnisse beschreiben, gehören dazu und hier nehmen es die Schweden sehr genau.

  • Mor ist die Mutter, far der Vater, zusammen sind sie die föräldrar (Eltern).
  • Bror ist der Bruder, syster die Schwester, syskon die Geschwister.
  • Dotter ist die Tochter, son der Sohn, zusammen barn (Kinder) – so weit, so einfach.
  • Bei den Großeltern fängt es an, komplizierter zu werden:

    • Morfar und mormor sind Großvater und Großmutter mütterlicherseits. Es sind also Zusammensetzungen aus Mutter und Vater und der Opa mütterlicherseits ist eben der Muttervater.
    • Dem entsprechend sind farfar und farmor Opa und Oma väterlichseits, die farföräldrar (Vatereltern) eben.
  • Das Ganze geht auch von oben nach unten: Ein dotterson ist ein Enkel (Tochtersohn) und so weiter. Ein gebräuchlicher Überbegriff für alle Arten von Enkeln ist barnbarn.

    Das gleiche Prinzip setzt sich fort in den anderen Begriffen:

    • Ein morbror ist ein Onkel mütterlicherseits (Mutterbruder), farbror einer von der Vaterseite.
    • Bei den Tanten bleibt vom erwarteten syster nur das ster übrig, es heißt also moster und faster.
  • Nichten und Neffen sind ganz konsequent *systerson*, *brorson*, *systerdotter* und *brorsdotter*.

    Kusinen und Schwager haben dann aber doch eigene Worte (*kusin*, *svåger*) und ganz wie im Deutschen kann man den Prefixe *svär-* (Schwieger-) und *styv-* (Stief-) vor Verwandte setzen, wenn es zutrifft. Man treibt diese Zusammensetzungen auch nicht zu weit: Anstatt *mormormor* sagt man z.B. lieber *mormors mor*. Der Vorteil dieses Systems ist offensichtlich, dass es weniger Unklarheiten gibt, als im Deutschen. Andererseits kann ein und die selbe Oma *mormor* oder *farmor* genannt werden, wenn sich zwei Kusinen unterhalten. Wem das jetzt alles zu kompliziert war, der schaue sich [dieses Bild](http://lexikon.nada.kth.se/bilder/teman/tema01.JPG) in Ruhe an, in dem die Begriffe anhand eines Stammbaumes dargestellt sind.
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Neuer schwedischer Buchstabe: W

Ja, das W gehörte in Schweden bisher nicht zum Alphabet, was wohl auch daran liegt, dass V immer wie W ausgesprochen wird und dieses somit überflüssig ist. Nur in Eigennamen und Fremdwörtern kam W vor. Letztere werden aber auch im Schwedischen immer mehr und somit findet das W jetzt seinen Platz im Wörterbuch.

Ein weiteres Kuriosum des schwedischen Alphabets sind die Umlaute, die eben gerade keine solchen sind, sondern als eigene Buchstaben gesehen werden. Å, Ä und Ö haben ihren Platz in dieser Reihenfolge am Ende des Alphabets – wichtig beim Nachschlagen.

(via)

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Wort der Woche: Lagom

“Lagom” ist eines der wichtigsten schwedischen Wörter überhaupt und gleichzeitig eines der schwedischsten. Es bedeutet in etwa “angemessen” oder “genau richtig (viel)” und kommt meist im Zusammenhang mit Mengenangaben vor. Schweden sind oft maßvoll, wenn man ihnen etwas anbietet und wollen weder zu viel noch zu wenig – eben lagom viel.

“Lagom” als Antwort auf eine Frage zu bekommen, ist für den Frager natürlich nicht einfach und kann sehr frustrierend sein. Schließlich ist es letztenendes eine inhaltslose Anwort, denn wenn der Frager wüsste, was der Gefragte für angemessen hält, bräuchte er nicht zu fragen.

Das Wort ist eine alte Dativ-Form (heute gibt es keine Kasus mehr im Schwedischen) von “Lag”, das sowohl “Gesetz” als auch “Mannschaft” oder “Gemeinschaft” bedeutet. Eine ursprünglichere Überzetzung wäre demnach “für die Gemeinschaft”, also soviel, dass es für alle reicht und damit gut für die Gemeinschaft ist. Eine volkstümliche nicht ganz korrekte Erklärung der Herkunft von “lagom” behauptet, es käme aus der Zeit, wo alle im Saal aus dem selben Krug tranken und aus dem selben Topf aßen, so dass es angemessen war, soviel zu nehmen, dass es für eine Runde reicht. Es wird also die Dativendung ”-om” mit der Präposition “om” (zu deutsch “herum”) verwechselt, aber es läuft natürlich auf die gleiche Bedeutung hinaus, in der es ja auch heute noch verwendet wird.

Wenn man will, kann hinter “lagom” auch einen sozialistischen Grundgedanken vermuten, es spiegelt nämlich eine gewisse Einstellung wider, dass “lagom”, also das Mittelmaß, das nicht aus der Norm ausbricht, als durchweg positiv empfunden wird. Es ist natürlich grob pauschalisiert, aber ich habe beobachtet, dass Schweden generell weniger darauf aus sind, sich von der Masse abzuheben, als beispielsweise Deutsche. “Lagom” ist die sprachliche Personifikation der Lebensphilosophie, damit glücklich zu sein, dass man nicht besser ist oder mehr hat als der Nachbar.

Hierin ergibt sich auch der Zusammenhang mit dem Jantelagen, über das ich in zwei Wochen an dieser Stelle schreiben werde. Nächste Woche ist nämlich Valborg. Das “Wort der Woche” auf Fiket.de erscheint übrigens jeden Sonntag kurz nach 10 Uhr.

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Wort der Woche: Hockeyfrilla

Mit “Hockeyfrilla” wird hier in Schweden die typische Frisur der 80er-Jahre bezeichnet, bei der nur die Nackenhaare lang sind und der Rest kurz. Das Wort setzt sich aus “Hockey”, der Sportart, die hier populärer ist als Fußball, und “Frilla” zusammen. Letzteres ist hier nicht die altertümliche Bezeichnung für “Geliebte”, die man im Wörterbuch findet [1], sondern ein umgangssprachlicher Ausdruck für “Frisur”. “Hockeyfrilla ” bedeutet also Hockeyfrisur und das kommt angeblich (S) daher, dass sich langhaarige tschechische Hockeyspieler aus praktischen Gründen die Haare so schnitten.

Meine eigene Theorie ist aber eine andere: “Hockeyfrilla” klingt einfach zu sehr nach dem schönen deutschen Wort für diese Frisur, an der man gelegentlich auch heute noch Deutsche erkennt: Vo-ku-hi-la, die Kurzform für Vorne-kurz-hinten-lang. Es reicht, die Anfangskonsonanten der Silben (also V und H) auszutauschen, wie es beim spielerischen Umgang mit Sprache oft vorkommt, und schon ist man fast bei der “Hockeyfrilla”.

[1] Dort fand ich auch das alte Wort Kebsweib, das ich nicht kannte, aber in Texten aus dem 16. Jahrhundert auftaucht:
bq. der, so kein eheweib hat und … an einer ehefrauen stat ein kebsweib hat, der sol nicht vom sacrament abgetrieben werden, doch das er an einem weibe sich benügen lasse.

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