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Die guten Blitzer

Sprache ist wichtig und bestimmt mit, wie man denkt. Ein besonders schönes Beispiel für erzieherischen Wortgebrauch ist dieser Artikel, in dem es um den üblichen Verkehrszuwachs zu Mittsommer geht. Viele fahren raus aufs Land und dementsprechend verzeichnet man an diesem Wochenende jedes Jahr ein Hoch an Verkehrsunfällen. Das ist allgemein bekannt und die Artikelüberschrift “Hier fährst du am sichersten an Mittsommer” weckt daher Interesse. Der simple Rat im Text ist dann, gut ausgebaute Straßen mit Trennung der beiden Fahrtrichtungen oder (aufgepasst!) solche mit “Verkehrssicherheitskameras” zu benutzen.

Das Wort alleine ist schon schönes Neusprech, denn eigentlich ist fartkamera die gebräuchlichere Bezeichnung. Zusätzlich impliziert der Ratschlag, dass es gut ist, auf Wegen mit Blitzern zu fahren anstatt sie zu meiden. (Das Sinken der Durchschnittsgeschwindigkeit und damit der Unfälle dank der Kameras scheint statistisch gut belegt zu sein.) Dass man sich diese offensichtliche Manipulation hin zu einem positiven Bild von Blitzgeräten gefallen lässt, wird sicherlich dadurch begünstigt, dass sie hierzulande in der Regel fest installiert sind und lange vorher mit Schildern angekündigt werden. Das nimmt ihnen die Hinterhältigkeit; es sind keine Radar-”Fallen” mehr und es fällt schwer, sich ungerecht behandelt zu fühlen, wenn man trotzdem geblitzt wird.

Zugegeben, ich habe kein eigenes Auto, bin aber trotzdem immer wieder auf Schwedens Straßen unterwegs und habe noch nie eine mobiles Blitzgerät gesehen.

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Millennium-Trilogie als Sechsteiler

Während der dritte Teil von Stig Larssons “Millennium-Trilogie” in Deutschland erst im Juni in die Kinos kommt, läuft die überaus erfolgreiche Reihe hierzulande gerade im Fernsehen. Und zwar nicht in der Kinoversion, sondern als knapp doppelt so lange sechsteilige Fernsehserie – zwei Samstagabende pro Buch. Die ersten vier (also die Handlung der ersten beiden Kinofilme bzw. Bücher) sind durch und wer Schwedisch kann, kann sie sich auf SVT Play ansehen oder via Pirate Bay herunterladen. Die restlichen Teile werden an den beiden kommenden Wochenenden ausgestrahlt.

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Scheibenwaschanlagenflüssigkeit tanken

Mir ist dieser Tage etwas sehr Praktisches an der Tanke um die Ecke aufgefallen. Mag wohl sein, dass mir das lange Jahre entgangen ist, weil ich kein Auto mehr habe, oder dass es mittlerweile auch in Deutschland so üblich ist. Die Rede ist von Zapfsäulen für fertig gemischte Scheibenwaschanlagenflüssigkeit. Die stehen im richtigen Abstand zur “normalen” Säule, so dass man den Behälter unter der Motorhaube gleichzeitig mit dem Benzintank befüllen kann.

Zusätzlich ist Spolarvätska auch als Wort praktischer denn “Scheibenwaschanlagenflüssigkeit”.

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Wort der Woche: Rasrisk

Rasrisk

Wovor warnt dieses Schild?

Rasrisk besteht aus ras und risk, wobei letzteres, unschwer zu erraten, “Risiko” bedeutet. Ras kann zweierlei sein: “Rasse” oder “Sturz, Einsturz, Lawine”. Was gemeint ist, kann man entweder am grammatikalischen Geschlecht des Wortes erkennen oder muss es sich – wie hier, wo man dieses nicht sieht – aus dem Zusammenhang ableiten.

Zur Zeit wird in Stockholm selbstverständlich nicht an jedem zweiten Haus vor einem “Rassenrisiko” gewarnt, sondern vor herabfallendem Eis und Schnee.

Eiszapfen Mit Minusgraden seit Mitte Dezember und regelmäßig mehr Schnee fällt so einiges von den Dächern der Stadt und ich bin erst heute wieder von einem Passanten angesprochen worden, weil er fand, ich ginge zu nah an der Hauswand. Ihn habe erst dieser Tage ein Eiszapfen an der Jacke gestreift.

An bekannten Stellen werden Schilder wie das obige aufgestellt und teilweise auch der halbe Bürgersteig abgesperrt. Außerdem gibt es den Beruf des Takskottare, dessen Aufgabe ist, auf Dächern Schnee zu schippen, um das Herabfallen kontrolliert zu verursachen. Wer meint, ein potentiell gefährliches Dach entdeckt zu haben, kann die Eiszapfen-Hotline anrufen, die dann den Hausbesitzer dazu auffordert, Takskottare anzuheuern. Firmen in dieser Branche haben diesen Winter Hochkonjunktur.

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Sprachliches zum Jahreswechsel

Ich hoffe, ihr habt die Feiertage gut überstanden und seid gut ins neue Jahr gekommen. Hier ist es weiterhin dauerhaft kalt (um -10 Grad tagsüber) und die Eissaison ist eröffnet – ich war schon drei Mal auf dem See vor unserer Tür und habe meine Schlittschuhe ein paar Kilometer bewegt. Ein tolles Naturerlebnis, das einen die Nähe der Stadt vergessen lässt, vor allem in der Winterlandschaft, die Stockholm gerade bietet:

Alles
weiß

Zwei Dinge zur schwedischen Sprache will ich erwähnen, passend zur Jahreszeit. Zum einen ist da die Art, wie man die Grüße zu Weihnachten und Neujahr ausdrückt. Man sagt “Frohe Weihnachten” und “Frohes Neues” nämlich schon jeweils vor dem jeweiligen Feiertag, danach sagt man God fortsättning (Frohe Fortsetzung). Gott nytt år, wörtlich “frohes neues Jahr, ist also oft mit “Guten Rutsch” zu übersetzen. Die Übergänge sind jedoch fließend und es gibt sicherlich regionale Unterschiede.

Zum anderen ist da die Liste mit neuen Worten, die der schwedische Sprachrat jedes Jahr herausgibt und die Wörter enthält, die im vergangenen Jahr eine gewisse Akzeptanz im Schwedischen erfahren haben. Ein paar Beispiele:

  • Hemester und Svemester und Frimester sind alle von Semester (Urlaub, Ferien) abgeleitet. Die ersten beiden folgen aus der Wirtschaftskrise und der schwachen Krone, die Ferien daheim (hemma) oder zumindest in Schweden (Sverige) letztes Jahr beliebter gemacht haben. Frimester ist Urlaub, in dem man wirklich frei (fri) ist, also nicht per Email oder Handy für die Arbeit erreichbar.
  • Prokotta ist das Gegenteil von bojkotta, also eine Firma oder Produkt durch bewusste Kaufentscheidungen zu unterstützen, zum Beispiel aus Umweltgesichtspunkten.
  • Das Verb chippa gibt es zwar schon (im Zusammenhang mit Fußball und Golf), es hat jedoch eine neue Bedeutung hinzu bekommen. Und zwar, dass die neueren Apparate zum Bezahlen mit Karte nicht mehr den Magnetstreifen lesen, sondern den Chip auf der Karte. Mann muss sie also einstecken, chippa, anstatt durchziehen.
  • Slidkrans (wörtlich “Scheidenkranz”) ist ein Wort, das aktiv vom RFSU (Zentralverband für Sexualaufklärung) lanciert wurde, um mit dem veralteten Begriff Mödomshinna (“Jungfernhäutchen”) und den damit verbundenen Mythen aufzuräumen. Nun ist das zwar kein Wort, das man alltäglich zu hören bekommt. Die Chancen, dass es sich durchsetzt, stehen wohl trotzdem nicht schlecht – es wurde zumindest in den Medien aufgegriffen und diskutiert.
  • Twittra, tvittra und kvittra bezeichnen die Nutzung des Microblog-Dienstes Twitter, wobei kvittra die wirkliche Übersetzung von zwitschern ist. Das klingt auch für Schweden putzig und wird deshalb gern verwendet.
  • *Stjärnfamilj* ist ein weiteres tolles Wort. *Stjärna* bedeutet “Stern, Star”, doch eine “Sternfamilie” hat nichts mit Prominenten zu tun, sondern bezeichnet den positiven Gegenentwurf zur “Kernfamilie” (*Kärnfamilj*) mit Vater, Mutter, Kind. Heutzutage werden durchmischte Lebensgemeinschaften eben genauso positiv gesehen. Der besondere Witz ist, dass *Stjärnfamilj* und *Kärnfamilj* fast identisch klingen. Nur der Ch-Laut am Anfang ist anders (wie in “Tuch” bzw. “Küche”).

    Ich erfreue mich immer wieder daran, wie spielerisch und augenzwinkernd Schweden mit ihrer Sprache umgehen.
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Der Hochzeitsfotograf in der Filmstadt

Am Samstag waren wir im Kino, nicht in irgendeinem, sondern im für die schwedische Filmgeschichte wichtigen Filmstaden in Solna/Råsunda im nördlichen Stockholm. Auf dem Gelände wurden von 1920 bis 1968 hunderte von Filmen gedreht und es steht heute unter Denkmalschutz. Mehr dazu weiß die Wikipedia.

Der Film, den wir sahen, war Bröllopsfotografen, zu Deutsch “Der Hochzeitsfotograf”. Es ist die Geschichte von Robin, Sohn des Vorarbeiters einer Fabrik in Värmland, in der das ganze Dorf arbeitet und die stillgelegt wird. Robin landet in der Stockholmer High Society und wird zunächst als Landei belächelt. Er lernt jedoch schnell und entwickelt sich vom einigermaßen sympathischen Underdog zum intriganten Ekel, das bei seinem ersten Heimatbesuch Streit mit seiner Familie sucht.

Der Film ist sicher kein Meilenstein, aber ich fand ihn überraschend gut. Denn neben der erwarteten Komödie, die sich an der überspitzten, doch nicht ganz falschen Bizarrheit sowohl der Land- als auch der Stadtbevölkerung ergötzt, regt Bröllopsfotografen auch zum Nachdenken an. Keine der beiden Seiten kommt gut weg und keine der Hauptfiguren ist Identifikationsfigur oder reiner Bösewicht.

Sprache spielt eine wichtige Rolle durch Gegensatz zwischen dem deutlichen Dialekt aus Värmland und Stockholm-Oberschicht-Schwedisch. Das würde beim Übersetzen verloren gehen und ich denke auch nicht, dass es für diese Art von Filmen Export-Pläne gibt.

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Höstlöv

Herbstlaub

Herbstlaub. Nicht zu verwechseln mit Höstlov, den Herbstferien.

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Wort der Woche: Klockren

Klockren ist ein häufig verwendetes Wort, wenn man etwas gut findet und seinen Beifall ausdrücken möchte – etwa wie “Toll!”, “Astrein!” oder “Fantastisch!” im Deutschen.

Klockren ist gleich Klocka (“Uhr”) plus Ren (“Rentier”), wie die Seite www.klockren.nu sehr schön illustriert.

Oder auch nicht. Beide Worte haben nämlich jeweils noch eine weitere Bedeutung: Klocka ist auch die “Glocke” und ren bedeutet “sauber”, “rein”. Klockren ist also nichts weiter als Schwedisch für “glockenrein”. Während dies im Deutschen nur im Zusammenhang mit Gesang verwendet wird, hat es im Schwedischen die gleiche umgangssprachliche und weit übertrage Bedeutung bekommen, wie “astrein” im Deutschen.

Dass man daraus etwas über die Mentalität der beiden Völker ableiten kann (Klänge begeistern in Schweden, Holz in Deutschland?), glaube ich jedoch nicht.

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Sommarpratare Graffenberger

Heute vor siebzig Jahren begann der zweite Weltkrieg mit dem deutschen Überfall auf Polen. Passenderweise bin ich in meiner langen Liste von Podcasts soweit durch die Sommarpratare gekommen, dass ich heute morgen auf dem Weg zur Arbeit das Programm mit Günther Graffenberger zu Ende gehört habe.

Das schwedische Radio schreibt über ihn:

Der gebürtige Ostpreuße kam als Korrespondent für den Axel-Springer-Verlag nach Schweden und ist hier seit 1961 ansässig. Von 1964 bis 1994 arbeitete er bei Radio Schweden. Als freier Korrespondent war Günter Graffenberger für viele deutsche, österreichische und Schweizer Medien tätig und er gilt als einer der besten Skandinavienkenner seiner Zeit.

In seinem Sommarprogram erzählt er vom Krieg, mit Hintergrund seines persönlichen Schicksals, das sowohl die Bombardierung Dresdens als auch die letzten Gefechte in Berlin beinhaltet. Er scheut sich dabei weder, seine damalige Begeisterung von Adolf Hitler zu nennen, noch heute selten vernommene Ansichten zu äußern – wie die, dass das heutige Ost- für ihn immer noch Mitteldeutschland ist – jedoch ohne revanchistisch aufzutreten.

Zudem fand ich Graffenbergers deutschen Akzent im Schwedischen bemerkenswert. Er klingt sehr anders als “moderne” Einwanderer; er streut zum Beispiel einfach deutsche Worte in die Sätze ein, von denen er weiß, dass Schweden sie verstehen. Seine ostpeußische Herkunft spielt sicherlich auch eine Rolle. Graffenberger erzählt, wie ihm diese bei dem guten Kontakt zum schwedischen Staatschef Olof Palme verhalf, dessen Mutter ebenso aus dem heutigen Baltikum kam, weshalb Palme dasselbe Deutsch sprach wie Graffenberger.

An anderer Stelle erzählt er, wie ihm Tage Erlander mit einer Wärme begegnete, die Deutschland abhanden gekommen war.

Lange Rede, kurzer Sinn: Graffenbergers Sommarprogram ist ein Muss für alle Deutschen, die Schwedisch verstehen.

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Besser schlecht übersetzt als gar nicht?

  • Ruhig, wenn Green-Frieden, die Steine aus
  • Kein terroristischer Führer, getötet wurde
  • Zwei getötet Shoot-Drama des Großen High
  • Das Gesicht des italienischen Fußballs ist nicht erlaubt zu vergessen
  • Lettland Rennen weniger als erwartet
  • Verrippung ist wieder da!
  • Prinzessin bestulen 120 Millionen Wie erwartet findet man bizarre Fehlübersetzungen, wenn man [die Webseite von DN durch Google Translate laufen lässt](http://translate.google.com/translate?hl=de&sl=sv&tl=de&u=http://www.dn.se). Andererseits kann man das meiste durchaus verstehen und es ist wohl eine Frage des Standpunktes, ob man das Ergebnis für erstaunlich gut oder grottenschlecht hält. Vom [Schwedischen ins Englische](http://translate.google.com/translate?hl=de&sl=sv&tl=en&u=http://www.dn.se/) funktioniert übrigens besser als ins Deutsche, falls es einmal jemand braucht.
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