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Vorläufiges Endergebnis

valresultat Die nebenstehende Grafik zeigt das vorläufige Endergebnis (siehe val.se) der gestrigen Reichstagswahl in Schweden. Daran werden sich höchstens noch vereinzelte Zehntel ändern, wenn man am Mittwoch die endgültige Auszählung bekannt gibt.

Die wichtigsten Ergebnisse sind demnach:

  • Die Sozialdemokraten (S) sind Verlierer der Wahl und bekommen so wenige Stimmen wie nie zuvor. Der Abstand zu den Moderaten (M) von Fredrik Reinfeldt ist von 25 Prozent bei der Wahl von 2002 auf unter ein Prozent geschrumpft, auch wenn (S) größte Partei bleibt.
  • Die kleinen Parteien verlieren leicht, bis auf die Grünen (MP), die drittstärkste Kraft wurden, und die neu hinzugekommenen Schwedendemokraten (SD) am rechten äußeren Rand des Parteienspektrums.
  • Betrachtet man die beiden politischen Blöcke, die jeweils gemeinsam Wahlkampf machen, so ist Rot-Rot-Grün mit 157 von 349 Sitzen im Reichstag weit von der Mehrheit (175) entfernt, jedoch verfehlen auch die “Gewinner” der Wahl, die Allianz aus Moderaten, Zentrum (C), Christdemokraten (KD) und Liberalen (FP), diese Mehrheit und kommen nur auf 172 Sitze.
  • Damit ist eingetreten, was viele befürchtet haben: Die Schwedendemokraten sind mit 20 Sitzen das Zünglein an der Waage – zumindest solange die beiden Blöcke in ihrer bisherigen Konstellation verharren. Da jedoch keine andere Partei mit den Rechtsextremen zusammenarbeiten will, wird eben dies unhaltbar und man erwartet, dass sich der bürgerliche Block den Grünen nähert, um eine Minderheitenregierung aufzustellen.
  • Die Wahlbeteiligung lag 1,7 Prozent höher als bei der letzten Wahl und kam auf 82,1 Prozent

Zu den wahrscheinlichen Gründen für diesen Wahlausgang und was er für die Zukunft Schwedens bedeutet später mehr.

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Auszählung beginnt

Jetzt arbeiten die Wahlhelfer im ganzen Land fleißig an der Auszählung. Man kann auf val.se live mitverfolgen wie die Ergebnisse eintreffen. Zur Zeit sind erst 10 von 5668 Wahlkreisen ausgezählt, es hat also wenig Sinn, dies schon zu kommentieren.

Übrigens werden alle Stimmen im Laufe der kommenden Woche bei der Wahlbehörde noch einmal ausgezählt und das wird das amtliche Endergebnis, das dann auch die Personenstimmen beinhaltet. Die Wahlhelfer brauchen sich heute Abend also nicht um die optionalen Kreuze auf den Stimmzetteln zu kümmern.

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Valvaka 2010

Die Spannung steigt. In ein paar Minuten kommt die erste Wählerbefragung des schwedischen Fernsehens, das 11.000 Menschen an den Wahllokalen befragt hat. Die Erfahrung zeigt, dass diese auf ein bis zwei Prozent richtig liegen. Echte Zahlen, also von den Wahlhelfern gezählte Stimmen, kommen dann etwas später am Abend.

Hier also die Zahlen von SVTs Wählerbefragung:

  • Moderaterna: 29,1 (+2,9)
  • Folkpartiet: 7,2 (-0,3)
  • Centerpartiet: 7,1 (-0,8)
  • Kristdemokraterna: 5,7 (-0.9)
  • Socialdemokraterna: 30,0 (-5)
  • Miljöpartiet: 9,0 (+3,8)
  • Vänsterpartiet: 6,1 (+0,3)
  • Sverigedemokraterna: 4,6 (+1,7)
  • Übrige: 1,2 (-1,6)

Die beiden Blöcke hätten damit: 49,1 Prozent für die Bürgerlichen, 45,1 Prozent für die Rot-Grünen.

Sollte sich das bestätigen, hätte Schweden eine neue Partei im Parlament – die rechtsextremen Schwedendemokraten. Die Sperre liegt in Schweden nämlich bei vier Prozent. Das kann bedeuten, dass die bürgerliche Allianz, trotzdem sie die Wahl gegen Rot-Grün gewonnen zu haben scheint, keine eigene Mehrheit im Reichstag bekommt. Dann würde Fredrik Reinfeldt wohl eine Minderheitenregierung anführen und versuchen, die Grünen ins Boot zu holen, was allerdings die “grüne Stimme der Allianz”, die Centerpartiet, verprellen dürfte.

Als erste Analyse kann man wohl sagen, dass die Sozialdemokraten, nicht ganz unerwartet, die großen Verlierer sind und nicht einmal mehr mit Abstand die größte Partei werden. Damit kann die vom bürgerlichen Block kopierte Strategie, zusammen mit fertigen Koalitionspartnern in den Wahlkampf zu gehen, als gescheitert erachtet werden. Die Linkspartei ist vielen außerhalb ihres eigenen Wählerkreises sehr suspekt und war den Sozialdemokraten ein Klotz am Bein. Ursprünglich wollten sie auch nur mit den Grünen zusammenarbeiten.

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Starke Krone

Jetzt, da es nach allem Kriseln mit der schwedischen Wirtschaft wieder aufwärts geht, hat auch die Währung wieder eingeholt, was sie während der Turbulenzen am Finanzmarkt eingebüßt hatte:

Kursentwicklung
Kronen/Euro

Der Graph (Bildschirmfoto von Yahoo) zeigt, wie viele schwedische Kronen man wann für einen Euro bekommen hat. Jahrelang war 9.3-9.4 der Normalzustand und die Schwankungen klein. Dass der Kurs bis auf 11.6 ansteigen würde, hatte ich zu Beginn der Krise nicht gedacht. Es sind schließlich fast 20 Prozent – ein Fünftel! – die da an Wert eingebüßt wurden.

Wer schlau war und an die schwedische Währung geglaubt hat, hat sich Anfang 2009 Geld in Euro geliehen und in Kronen gewechselt. Der schwedische Staat selbst hat das getan und so ein paar Milliarden Gewinn gemacht (ich finde den Link dazu nicht mehr), denn mittlerweile ist der Kurs auf unter 9.25 gefallen. Dass die schwedische Zentralbank dieser Tage wieder angefangen hat, die Leitzinsen zu erhöhen, stärkt die Krone weiter, und da aller Voraussicht nach die Euro-Zone sich nicht so schnell erholen und deshalb die Zinsen niedrig lassen wird, rechnen Experten damit, dass der Trend anhält und man bald weniger als 9 Kronen für einen Euro bekommt.

So starke Schwankungen haben ganz praktische Auswirkungen auf das Verhalten von Menschen. War letztes Jahr noch Hemester angesagt, ist es jetzt wieder billig für Schweden, ins Ausland zu reisen, was auch gern genutzt wird. Im Gegenzug wird es teurer für Europäer, nach Schweden zu kommen, weshalb die Vermutung, dass die Tourismusbranche hier kommendes Jahr ihre üblichen Steigerungsraten nicht halten können wird, wohl nicht weit hergeholt ist. Dazu kommt, dass schwedische Exporte durch die starke Krone benachteiligt werden.

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It's the economy, stupid!

Volkswirtschaft ist spannend. Diesen Satz hätte man noch vor ein paar Jahren zwar nicht von mir zu hören bekommen, aber je mehr man darüber liest und glaubt zu verstehen, desto interessanter wird das Thema. Leider wird viel Schindluder mit den Zahlen und Statistiken getrieben; zum Beispiel las man zuletzt, dass die deutsche Wirtschaft rekordschnell wächst, während die USA schwächeln.

Dieser Eindruck mag entstehen, wenn man immer nur auf das relative Wachstum im Vergleich zum Vorjahr oder -quartal schielt. Wenn man stattdessen einmal die absolute Wirschaftsleistung aufträgt, z.B. die Entwicklung seit Anfang 2008, dann sieht das so aus:

BNP-Entwlicklung

Daran sieht man, dass die USA, obwohl die Finanzkrise und die Blase am Wohnungsmarkt dort anfingen, weniger stark eingebrochen sind als Europa, und dass Deutschland mit seiner auf den Export von hochwertigen Produkten orientierten Wirtschaft besonders stark schrumpfte. Die dieser Tage so hochgelobten drei-komma-irgendwas Prozent Wachstum sind der letzte Zacken nach oben in der roten Kurve. Dass das BNP damit jetzt immer noch zweieinhalb Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau liegt und damit doppelt so weit unter diesem wie das der USA, bekommt man eher selten zu lesen. Arg verwunderlich ist deshalb das starke relative Deutsche Wachstum nicht, denn es wird lediglich ein Teil des Bodens wieder gut gemacht, der zuvor verloren wurde, und zwar nicht aus eigener Kraft sondern dank dem Rest der Welt, der wieder deutsche Produkte kauft.

In ähnlicher Weise gilt das auch für Schweden, das genau wie Deutschland stärker als der Rest von Europa einbrach und dessen Kurve in der obigen Grafik der deutschen sehr ähnelt. Nichtsdestotrotz schafft es die bürgerliche Regierung hier, ein generell positives Bild der Wirtschaft zu vermitteln, was ihnen als Fortsetzung des Bildes vom guten Krisen-Manager im Wahlkampf sehr gelegen kommt und einen Regierungswechsel unwahrscheinlicher macht als wenn schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft kämen.

Die obigen Daten kommen von Eurostat und die Idee von Paul Krugman.

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Ran an die Urnen!

Heute morgen hat in Schweden die Wahl begonnen. Denn neben der Briefwahl und der Stimmabgabe am eigentlichen Wahltag (19. September) haben ab jetzt auch zahlreiche Vorab-Wahllokale geöffnet, bei denen man zu beliebiger Zeit vorbeischauen kann, um zu wählen. Allein in der Stockholmer Innenstadt gibt es etwa zwanzig davon, an strategisch gut gelegenen Orten wie dem Hauptbahnhof, so dass man auf dem Arbeitsweg kurz Halt machen kann.

Bei der letzten Wahl nutze etwa ein Drittel der Stimmberechtigten diese Möglichkeit und heuer wird der Anteil wohl noch größer werden, weil man jetzt nicht einmal mehr die Stimmkarte, die man in den letzten Tagen nach Hause geschickt bekam, dabei haben muss. Wenn man sich ausweisen kann, wird einem vor Ort einfach eine neue Stimmkarte ausgedruckt.

Das ist natürlich nur möglich, weil es die Personnummer gibt, dank derer man das Wahlregister zentral abgleichen kann und die abgegebenen Stimmen bis zum Wahltag zum richtigen Wahllokal transportieren kann, wo sie am 19. abends gezählt werden. Deshalb finde ich die Vorab-Wahllokale ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie man staatliche hierzulande Abläufe effektiver als anderswo gestaltet und versucht, den Bürgern so wenig Steine wie möglich in den Weg zu legen. Selbst wenn dies sicherlich nicht der einzige Grund für die traditionell hohe Wahlbeteiligung in Schweden ist, kann zumindest keiner behaupten, es sei ihm zu umständlich gewesen.

Wie das mit dem Wählen vor sich geht, hatte ich bei der Europawahl letzt beschrieben. Diesmal werden drei unterschiedliche Stimmen in drei separaten Kuverts abgegeben. Eine für den Riksdag (das Parlament), eine für die Regionalverwaltung (Landsting) und eine für die Kommunen.

Aktuelle Umfragen sehen die regierende Vierparteienkoalition ein paar Prozent vor der rot-rot-grünen Opposition, die in letzter Zeit keine gute Figur machte, egal was sie hervorbrachte. Sollte Staatsminister Reinfeldt tatsächlich wiedergewählt werden, wäre das historisch, denn bisher waren bürgerliche Regierungen jeweils nur kurze Intermezzi zwischen den langen Perioden sozialdemokratischer Herrschaft.

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Schweden drittbestes Land

Es gibt wieder einmal eine Statistik, die belegt, was viele Schweden insgeheim denken. Denn obwohl man oft eher bescheiden und mit wenig Aufhebens daherkommt, ist es eine weit verbreitete Attitüde unter Schweden, dass sich der Rest der Welt doch bitte hierzulande abschauen möge, wie man es richtig macht. Wobei “es” sich auf alles mögliche beziehen kann, das zu funktionierenden Staat und Gesellschaft alles dazugehört. Einigen geht dieses Selbstverständnis vom Vorbild für weniger entwickelte, weniger tolerante, weniger gleichberechtigte, weniger stabile Länder jedoch zu weit und ich habe schon einige Male Einspruch dagegen gehört.

Doch wenn man auf die nackten Zahlen schaut, ist es nicht selten Schweden, das – zusammen mit den anderen nordischen Ländern – die vorderen Plätze in allerlei Bereichen einnimmt und sich deshalb durchaus als Vorbild eignet. So auch in der letzten Rangliste von Newsweek (nett gemachte interaktive Grafik), die Noten für Gesundheit, Lebensqualität, politisches Klima, Ausbildung und die Wirtschaft vergeben hat und Schweden auf den dritten Platz von hundert Ländern stellt. Nur Finnland und die Schweiz sind nach diesen Kritieren besser. Als Ausreißer ist es das schwedische Schulsystem, das nicht besonders viel Lob erhält.

Deutschland landet übriges auf Rang 12, Österreich auf 18.

Nachtrag 100819: Neulich gab es schon einmal eine Studie, die “beweist”, dass Schweden am besten ist. Außerdem weißt Außenminister Bildt darauf hin, dass Schweden Exportweltmeister für Musik ist – zwar nicht in absoluten Zahlen, aber als Anteil an der Wirtschaftsleistung.

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Atombomben 1945-1998

Videolink

Ein in all seiner Schlichtheit beeindruckendes Video von Isao Hashimoto, das alle Atomexplosionen bis 1998 im Zeitraffer an den jeweils richtigen Stellen zeigt. Ich hätte zwar die Gesamtzahl mit um die 2000 einigermaßen richtig geraten, wusste aber zum Beispiel nicht, dass die Briten ihre Tests sowohl in Australien als auch den USA durchführen durften.

Was das mit Schweden zu tun hat, fragt ihr? Die Daten, auf denen das Video basiert, wurden vom Forschungsinstitut der schwedischen Streitkräfte zusammengestellt und veröffentlicht.

via

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Mehr Millennium

Die Millennium-Trilogie von Stieg Larsson belegt zur Zeit auf der Bestsellerliste von amazon.com die Plätze 1, 2 und 3. Das macht den Erbschaftsstreit gleich nochmal relevanter. Die schwedische Verfilmung alleine des ersten Teils hat derweil über 800 Millionen Kronen eingespielt und der dritte Teil sollte mittlerweile auch in deutschen Kinos zu sehen sein.

Nichtsdestotrotz will Hollywood die Serie bald noch einmal verfilmen. Vielleicht sind ihnen Details wie gleichgeschlechtliche Liebesszenen zu “europäisch” oder Noomi Rapace als Lisbeth Salander zu wortkarg. Als Schauspieler für Mikael Blomkvist werden Bratt Pitt oder Daniel Craig spekuliert, für Lisbeth die englische Carey Mulligan

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Deklaration

Heute ist in Schweden Stichtag für die Steuererklärungen. Das ist immer Anfang Mai und ich hatte meine wieder einmal bis zum letzten Tag vor mir hergeschoben. Dabei ist der Prozess vorbildlich einfach, als Arbeitnehmer braucht man nur den fertig ausgefüllten Bogen per SMS oder Internet abnicken. Auch bei Fällen, wo man als Bürger etwas mehr Arbeit investieren muss, ist die Dokumentation sehr gut und das Internet-Formular hilft einem mit Hinweisen, was man vergessen haben könnte und nimmt einem einige Rechnerei ab.

Etwa 4,2 Millionen Schweden (also die Mehrheit) werden diesmal auf der Webseite des Skatteverket ihre Steuer erklären und ich scheine nicht der einzige zu sein, der bis zuletzt gewartet hat: Die Computer der Steuerbehörde arbeiten heute an der Belastungsgrenze.

Früheres zur schwedischen Steuererklärung oder zu Steuern an sich.

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