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Einkommensungleichheit und -mobilität

Einen guten Kommentar zur aktuellen Studie der OECD, die zeigt, dass die Ungleichheit in der Verteilung der Einkommen in Deutschland mehr wächst als in allen anderen Industriestaaten, kann man beim Spiegelfechter lesen.

Die Grafik in der Mitte zeigt auch für Schweden wie ungleich Einkommen verteilt sind und wie mobil sie sind, das heißt wie sehr das Einkommen der nächsten Generation von der vorigen abhängt. Was die Gleichverteilung angeht steht Schweden sehr gut da – nur Dänemark ist noch egalitärer. Etwas überraschend fand ich dagegen, dass die Einkommensmobilität hier nicht viel besser ist als in Deutschland, wo bekanntermaßen der Erfolg in Schule und Beruf sehr vom Bildungsstand der Eltern abhängt. Schweden liegt hier ein gutes Stück hinter den anderen skandinavischen Ländern sowie Australien und Kanada.

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Schwache Krone

Die schwedische Krone ist zur Zeit so wenig wert im Vergleich zum Euro wie noch nie. Ein Euro kostet jetzt zehn Kronen und die Grafik von neulich müsste anderthalb mal so hoch sein, um das darzustellen. Ein Faktor 10 ist natürlich einfach zum Umrechnen, aber natürlich ist es schade, dass mein wenig Geld jetzt noch weniger Wert ist.

Wie und ob diese Kursentwicklung mit der Finanzkrise zusammenhängt, kann ich nicht sagen, aber wenn der schwache Kurs nicht nur von kurzer Dauer ist, begünstigt das natürlich schwedische Exporte und den Tourismus in Schweden.

Mehr auf Schwedisch bei E24.

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Autos leihen statt kaufen

Mit Interesse habe ich gestern diesen Artikel gelesen, der von den guten Zeiten für Autoverleiher in Schweden berichtet. Über sieben Prozent mehr Fahrzeuge pro Jahr in den Flotten, zwanzig (!) Prozent mehr ausgeliehene Autos 2007 als im Jahr davor und eine Gewinnverdoppelung im gleichen Zeitraum sind beachtlich.

Die Ursachen sieht man in einer sich verändernden Einstellung zum Auto. Für viele hat es als Statussymbol ausgedient und wird vor allem als Umweltsünde gesehen. Man will eigentlich kein Auto haben, wenn man es nicht unbedingt täglich braucht. Stattdessen mietet man sich ein Auto bei den verschiedensten Gelegenheiten – vom Einkauf bei IKEA bis zur Fahrt in den Urlaub.

Ich finde diesen Trend sehr positiv und habe selbst seit Jahren kein Auto mehr, sondern leihe bei Gelegenheit. Bei meinem zweiten und bisher letzten Umzug nach Schweden 2003 erfand ich eine billigere Variante des Mietautos, das man an anderer Stelle wieder abgibt. Ich kaufte mir ein Paar Tage vorher bei Ebay einen alten Golf für 350 Euro, lud ihn mit meinen Dingen voll und fuhr nach Uppsala wo ich ihn wenig später mit leichtem Gewinn wieder verkaufe.

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Fiket und seine Leser

Fabian R. hat soeben den 2000. Kommentar auf Fiket.de abgegeben. Seit März 2006 gibt es dieses Blog und ich habe bisher 1264 Beiträge veröffentlicht, davon 96 Mal das “”Wort der Woche”. 111 Artikel warten darauf, dass ich sie zu Ende schreibe.

Wieviele Leser Fiket hat, kann ich nicht genau sagen, weil ich die IP-Adressen der Besucher nicht speichere (warum?). Es sind aber etwa 90 Leute, die den RSS-Feed über internetbasierte Dienste wie den Google-Reader oder Bloglines abonniert haben. Dazu kommen die RSS-Leser mit lokalen Leseprogrammen und konservativ geschätzte 200 “echte” Besucher pro Tag.

Die Kommentare der werten Leser tragen nicht unerheblich dazu bei, dass es weiterhin viel Spass macht, dieses Blog zu schreiben. Außer den “üblichen Verdächtigen” unter den Kommentatoren zu danken, möchte ich hiermit auch einmal die stillen Leser auffordern, sich zu melden. Wie lange lest ihr schon mit? Wie seid ihr auf mein Blog gestoßen? Was findet ihr gut an Fiket? Was nicht? Liest irgendjemand die älteren Artikel im Archiv, nachdem man hierher gefunden hat?

Zum kommentieren hier entlang. Ich bin gespannt…

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Auf und ab

Wie viele Kronen muss man ausgeben, um einen Euro zu bekommen? Der folgende Graph zeigt die Antwort auf der vertikalen Achse in Abhängigkeit von der Zeit seit Einführung des Euro als Bargeld. Je niedriger die Kurve, desto mehr ist mein schwedischer Lohn wert, wenn ich ins Euroland reise. Zur Zeit bliebe man also besser zu Hause.

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Schweden im Baby-Boom

Es ist nicht nur mein Eindruck, dass sich die Schweden in letzter Zeit verstärkt fortpflanzen. Mehrere unserer Gäste vom “Kontinent”, wie man Europa südlich der Ost- und Nordsee hier gerne nennt, bemerkten ebenfalls die hohe Dichte an Kinderwägen, die man in den Städten sieht. Das kann man vielleicht zum Teil damit erklären, dass es in Schweden seltener Hausfrauen gibt und dass es normaler ist, Kinder überall mit hinzunehmen.

Dieser Tage wurden jedoch die Geburtenzahlen für 2007 veröffentlicht und es sind tatsächlich die höchsten seit 14 Jahren. Um 1990 gab es den letzten schwedischen Baby-Boom. Zu dieser Zeit bekam jede Frau im Schnitt 2,14 Kinder – mehr als die zum Erhalt der Bevölkerungszahl nötigen 2,1. Die 107.000 Kinder vom letzten Jahr entsprechen zwar nur 1,88 pro Frau, aber zusammen mit der Einwanderung wächst die schwedische Bevölkerung weiterhin. 2004 wurden die 9 Millionen überschritten und mittlerweile sind es noch einmal 200.000 Menschen mehr, die in Schweden leben. In wenigen Jahren wird die Zahl achtstellig sein.

Zum Vergleich Deutschland, zu dem ich beim Statistischen Bundesamt nur die Zahlen von 2006 gefunden habe. Die 673.000 Kinder dieses Jahres entsprechen, auf die Bevölkerungszahl normiert, nur etwa 70% der schwedischen Fruchtbarkeit. In Kindern pro Frau sind das 1,34. Eine schwedische Frau bekommt im Durchschnitt also mehr als ein halbes Kind mehr in ihrem Leben als eine deutsche. Zusammen mit der sogar in absoluten Zahlen nicht größeren Einwanderung nach Deutschland ist die Anzahl der dort Lebenden in den letzten Jahren jeweils um etwa 100.000 Menschen zurückgegangen und wird in nicht allzu ferner Zukunft unter die 80 Millionen sinken.

Soweit die Statistik. Was davon man jetzt gut oder schlecht findet, ist Ansichtssache und ich halte den sogenannten und in den letzten Jahren viel diskutierten “demografischen Wandel” für überbewertet. Als Hintergrund für die wachsenden Geburtenziffern in Schweden wird allerdings die positive wirtschaftliche Entwicklung gesehen und dass die Menschen eher positiv in die Zukunft schauen. Und daran lässt sich ja nichts aussetzen.

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Keine guten Nachrichten

Wie fast jeden Tag sind die Seiten der großen schwedischen Zeitungen von Kriminalität bestimmt. Einer hat wen umgebracht, jemand wurde wegen irgendwas festgenommen, einer verklagt jemand anderes, es brennt irgendwo. Das ist in der Regel sehr langweilig, verkauft sich aber aus mir unverständlichen Gründen gut.

Nachrichten, die etwas generelleres darüber aussagen, wohin wir als Gesellschaft unterwegs sind, vor allem wenn es gute Nachrichten sind, werden größtenteils ignoriert. So taucht zum Beispiel die heutige Meldung, dass Schweden in der Wohlstandsstatistik der OECD nach vorne gerückt ist, entweder gar nicht oder nur als kurze Notiz im unteren Teil der jeweiligen Seite auf.

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Wort der Woche: Friskola

Wer in den letzten Wochen in Schweden unterwegs war, dem dürfte sie nicht entgangen sein, die Werbung für Gymnasien. Zum Beispiel ist die U-Bahn in Stockholm voll davon. Werbung für Schulen ist auch in Schweden noch nicht alt und hat doch schon ihre eigenen zweifelhaften Methoden hervorgebracht. Das Ködern von Schülern mit Versprechen von Reisen oder eigenen Laptop-Computern wurde für nicht legitim erklärt und auch die direkte Werbung per SMS an Schüler erntete harte Kritik.

Wie kam es dazu und warum sind Schüler plötzlich so heiß begehrte Kunden? Der Hintergrund sind private, von Firmen geführte Schulen, euphemistisch als “freie Schulen”, schwedisch friskolor, bezeichnet. Diese gibt es prinzipiell schon eine ganze Weile in Schweden, aber erst unter der aktuellen bürgerlichen Regierung erfahren sie einen regelrechten Boom (mehrere hundert Schulen) mit Schwerpunkt Stockholm, weil die Politik die Gründung von Schulen und die Privatisierung von kommunalen Schulen ermuntert. Letzteres ist zunächst einmal ärgerlich, weil Schulen oft unter Wert abgegeben werden und so effektiv ehemalige Steuergelder in die Privatwirtschaft fließen und vom Bürger bezahlte gemeinschaftliche Ressourcen verschwendet werden.

Das System mit freien Schulen funktioniert dann folgendermaßen. Jeder Schüler bestimmt über die Wahl der Schule, wohin das staatliche Geld für seine Ausbildung fließt. Freie und kommunale Schulen bekommen gleich viel Geld pro Schüler – es geht also zunächst einmal nicht um Schulen wo Eltern zusätzlich bezahlen müssen. Das mag gerecht klingen, allerdings haben die kommerziellen Schulen den nicht zu unterschätzenden Vorteil, sich ihre Schüler aussuchen zu können. Das führt nicht nur zu einer Abgrenzung von reich und arm – entsprechend für Deutschland sehr schön beschrieben in diesem ZEIT-Artikel – sondern benachteiligt zusätzlich die kommunalen Schulen, die ihre Ressourcen verstärkt auf die Unterstützung schwächerer Schüler aufwenden müssen anstatt sie fürs Anwerben und Verhätscheln der “Elite” zu benutzen. Aus eben diesem Grund bekamen kommerzielle Schulen bis zum Regierungswechsel noch weniger Geld pro Schüler.

Nun behaupten Verfechter der freien Schulen, dass diese mehr leisten fürs gleiche Geld. Schließlich geht es für sie mit der Schüleranzahl ums Überleben und angeblich setzen sich dann beim Kunden Schüler diejenigen durch, die Qualität bieten. Statistiken, die das belegen sollen, zeigen, dass im Durchschnitt die Noten auf freien Schulen besser sind und dass mehr Abgänger dann auf die Uni gehen. Ersteres lässt sich aber schon alleine durch die Auswahl der Schüler erklären und dazu kommt noch, dass Freischulen im Verdacht stehen, gerade wegen des Erfolgsdrucks eine mildere Benotung anzulegen, um gut dazustehen. Zentralabitur gibt es in Schweden nicht.

Die allgemeine Schule, inklusive Schulpflicht, ist eine Errungenschaft der Zivilisation und sicherlich eines der Dinge für die die meisten gerne bereit sind, Steuern zu zahlen. Was Schweden jetzt also tut, ist, diese Steuergelder immer mehr an gewinnorientierte Firmen zu vergeben anstatt eigene Schulen unterhalten zu wollen. In gewisser Weise ist es also Staatswirtschaft ohne die Vorteile derselben, nämlich der Kontrolle. Natürlich müssen sich die kommerziellen Schulen auch an die vom Staat vorgegebenen Lehrpläne halten und es gibt eine Schulaufsicht (schw. Skolverket). Diese hat jedoch nur Ressourcen für sporadische, zudem meist angekündigte Kontrollen, die auch nur selten ernsthafte Konsequenzen haben. Die Politik ist sich des Problems bewusst und es gibt Pläne für härtere Kontrollen. Das gilt insbesondere, wenn geschlossene Interessensgruppen Schulen betreiben wollen. Beim Gedanken, was Schüler auf einer Schule der Nationaldemokraten oder einer religiösen Sekte, die die Bibel für wortwörtlich wahr hält, lernen, graust es nicht wenigen. Als Beispiel ein kurzes Zitat aus dem Bericht des Skolverket von 2002 über die Schule von Livets Ord:

Es ist sehr schwer, eher unmöglich, bei einem Betrieb, der so stark von Autoritätsglauben und subtilen Strafandrohungen bei Zweifeln geprägt ist, zu behaupten, dass es wirklichen Platz für die schiere Möglichkeit gäbe, eine von der Glaubensgemeinschaft abweichende Ansicht zu haben. (Übersetzung von mir)

Und diese Ansicht beinhaltet unter anderem Kreationismus oder dass Homosexualität eine Sünde ist. Die Schule von Livets Ord unterrichtet bis heute ungestört; es sind jedoch öfter Schulen von und für Muslime und die Angst vor deren Radikalisierung, an die man denkt, wenn man religiöse Weltanschauungen im Unterricht verbieten will.

Es dürfte nicht schwer zu erraten gewesen sein, dass ich “freie” Schulen für eine schlechte Idee halte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Kommerzialisierung des Bildungssystemes langfristig sehr negative Konsequenzen auf die Gesellschaft haben wird.

Wer weiterlesen möchte, findet im Anschluss eine Liste mit Links zu Artikeln und Webseiten, die ich im Laufe der Zeit gesammelt habe.

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In aller Kürze

  • Das Internet ist in Schweden so verbreitet, dass die Anzahl der Nutzer nicht mehr wächst. Gut 80% der Menschen nutzen das Internet hierzulande und wenn ich mich recht erinnere, liegt diese Zahl in Deutschland etwa 10% niedriger.
  • Das Wappen der nordischen Schlachtgruppe wurde entmannt.
  • Ob es sich beim angeblich so großen Widerstand schwedischer Politiker gegen die Gaspipeline durch die Ostsee um mehr als Lippenbekenntnisse handelt, wird man wohl erst noch sehen müssen.
  • Am 21. Dezember wird Schengen um die baltischen Staaten und die östlichen Nachbarn Deutschlands und Österreichs erweitert. Das wusste ich bis eben nicht, finde es aber selbstverständlich gut.
  • Wenn Schweden reisen, bevorzugen sie den Pass, nicht den Personalausweis, den es zwar gibt und der in Europa auch gültiges Reisedokument ist, aber kaum nachgefragt wird, weil innerhalb Schwedens der Führerschein oder die ID-Karte von Post und Banken üblicher sind. Mehr zu dem Thema bei Fabian.
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Ein Prozent besitzt ein Drittel von allem

Selbst wenn das Klischee des funktionierenden Sozialismus in Schweden schon lange nur noch eben ein solches ist und der Sozialstaat auch hier beschnitten wurde und wird, war mein Eindruck bisher immer, dass das schwedische System zumindest halbwegs gut darin ist, die Chancen für Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen anzugleichen und die Unterschiede zwischen Reich und Arm – nicht zuletzt durch das generell hohe Niveau der Steuern – nicht zu groß werden zu lassen.

Dem scheint aber nicht so zu sein.

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