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PISA und Schweden

Nachdem die neueste Version der PISA-Studie schon letzte Woche in Deutschland für Diskussionsstoff gesorgt hat, wurden die Ergebnisse jetzt offiziell vorgestellt.

Bevor ich das Abscheiden von Schweden neben Deutschland und das Musterland Finnland stelle, muss gesagt werden, dass sich hierzulande kaum jemand darum schert. PISA ist nicht zum geläufigen Schlagwort geworden und Bildungspolitiker diskutieren lieber über mangelnde Ordnung, Mobbing und den Dauerbrenner “Freischulen”. Schon gar nicht ist PISA zum Inbegriff eines Problems im Bildungssystem geworden, was aber nicht wirklich am rosigen Abscheiden schwedischer Schüler liegen kann:


Platzierungen Naturwissenschaf Lesen Mathematik Finnland ten 2 2 Schweden 1 10 21 Deutschland 22 18 20 13


Laut dieser Grafik weist in Schweden der Trend – im Gegensatz zu Deutschland – zusätzlich in die negative Richtung.

Nachtrag, 071209: Die ZEIT schreibt auch darüber.

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Klein, aber relativ groß

Dass kleinere Länder eher selten oben in Statistiken auftauchen, in denen es um absolute Zahlen geht, ist nur natürlich. Ein gutes Beispiel ist die gestern veröffentlichte Liste mit den 500 schnellsten Computern der Welt und selbstverständlich liegen hier die USA vorne.

Deutschland hat sich auf Platz 2 hervorgearbeitet, sowohl was die zusammengenommene Leistung angeht, als auch darin, den zweitschnellsten Rechner zu beherbergen. Heise.de fasst das ausführicher zusammen und relativiert die Zahlen:

Will man die installierte Supercomputerleistung als Maßstab für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen einer Volkswirtschaft werten, sollte man sie jedoch mit dem nationalen Bruttoeinkommen (BNE) gewichten. In diesem Licht ist jetzt Schweden klarer Spitzenreiter vor den Vereinigten Staaten, gefolgt von Taiwan, Luxemburg und Indien.

Schweden hat also für seine Größe sehr viel Rechenleistung installiert. Der Zuwachs ist recht jung und hat nicht zuletzt mit einem einzelnen neuen System zu tun, das auf Platz 5 der Rangliste steht und von einer nicht weiter spezifizierten “Government Agency” betrieben wird. Mich würde interessieren, was dieser Rechner genau macht; ich habe aber bei einer kurzen Suche keinen Artikel dazu in den schwedischen Medien gefunden.

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Lebensmittelpreise in Europa

Eine der immer wiederkehrenden Fragen zu Schweden ist, wie viel teurer Lebensmittel hier eigentlich sind. Jetzt gibt es Zahlen zu 2006.

Ein folgt ein Auszug, wobei der EU27-Durchschnitt jeweils bei 100 liegt. Ein Wert von 120 in der Tabelle heißt also, dass etwas 20 Prozent teuer ist als im europäischen Durchschnitt.

Essen und nicht-alkoh. Getränke Davon Alkohol Tabak
Brot, Getreidep. Fleisch Milch, Käse, Eier
Deutschland 105 108 118 87 82 119
Schweden 119 131 133 104 145 119
Dänemark 142 150 149 116 128 115
Finnland 120 141 119 110 170 107
Norwegen 158 164 182 160 229 227

Die Preise in Deutschland sind also ziemlich nahe am EU-Durchschnitt. Schweden liegt deutlich darüber, aber weniger als die anderen beiden skandinavischen EU-Länder. Von Norwegen, das wie üblich die Statistik anführt, ganz abgesehen.

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Schweden drittwohlhabendstes Land

Es ist wieder einmal Zeit für eine Statistik: Schweden kam auf den dritten Platz in einer Studie, die Länder nach Wohlstand sortiert. Sinnvollerweise wird Wohlstand nicht nur materiell gemessen, sondern es flossen auch Faktoren wie Zufriedenheit, Wahlfreiheiten und Freizeit ein.

Auf Platz eins liegt – wie in den meisten Statistiken – Norwegen. Dann folgen die USA, Schweden und Österreich. Deutschland kommt auf Platz acht.

(via)

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Schwedische Chefs

Interessantes zu Chefs in Deutschland und Schweden:

Über 80 Prozent der Arbeitnehmer erwarten [in Deutschland] von ihren Chefs Entschlusskraft, Durchsetzungsstärke und Souveränität. Jeder Zweite will klaren Vorgaben folgen können. Vorgesetzte sollen außerdem Wert auf Wettbewerb und Leistung legen. Nicht so in Schweden. Dort mag nur jeder Sechste von seinem Chef genaue Anweisungen erhalten. Genauso wenige Mitarbeiter betrachten es im Gegensatz zu jedem zweiten deutschen Kollegen als positiv, wenn sich ihr Vorgesetzter nicht von abweichenden Vorstellungen oder äußeren Veränderungen beeinflussen lässt.

Ich habe wenig Einblick in die außeruniversitäre Arbeitswelt in Schweden, aber was hinter obigem Link geschrieben steht, klingt keinesfalls abwegig. Nicht kritikfähige Menschen gehören verboten.

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Weniger Vertrauen in Forscher

Einer Meinungsumfrage von Vetenskap & Allmänhet zufolge nimmt das Vertrauen der Schweden in die Wissenschaftler des Landes ab. Eine Auswahl an Ergebnissen:

  • 48 Prozent der 3000 Befragten haben “viel” oder “ziemlich großes” Vertrauen in Forscher.
  • Dieser Wert ist von fast 70 Prozent zu Anfang des Jahrzehnts gesunken.
  • Er korreliert stark mit dem Ausbildungsgrad der Befragten und Parlamentarier zeigen ein viel höheres Vertrauen in Forscher.
  • Medizin, Technik und Naturwissenschaften sind vertrauenswürdiger als Gesellschafts- und Humanwissenschaften.
  • Lehrer, Polizisten und das Personal im Gesundheitswesen genießen grösseres Vertrauen als Forscher. Die Graphen in der [PDF-Datei](http://www.v-a.se/dokument/allmanheten/vetenskapen_i_samhallet_resultat_fran_som_2006/download/) zur Studie zeigen noch eine Reihe weiterer interessanter Zusammenhänge und sollten auch ohne große Schwedischkenntnisse zusammenreimbar sein. Wenn man davon ausgeht, dass Astronomie unter “Weltraumforschung” eingeordnet wird, so halten nur 26 Prozent der Schweden mein Gebiet für wichtig, im Gegensatz zu beispielsweise Krebs- und Umweltforschung (über 90%). Das steht in gewissem Widerspruch zur eigenen Erfahrung, wie etwa populärwissenschaftliche Vorträge aufgenommen werden oder wie häufig Themen in den Medien auftauchen. Astronomie interessiert die Leute und ist ein viel dankbareres als andere Forschungsfelder, wenn es darum geht, die eigene Forschung “unters Volk” zu bringen. Letzteres ist übrigens ganz offiziell eine der drei grundlegenden Aufgaben eines Forschers in Schweden, neben dem Forschen selbst und dem Unterrichten.
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Alkohol am Steuer

Heute in den schwedischen Nachrichten: Der Anteil der Verkehrstoten mit Alkoholeinfluss ist von 34 im vorletzten auf 42 Prozent im letzten Jahr angestiegen. Man sieht Überschriften wie “Immer mehr tödliche Unglücke mit Alkohol”.

Was in den Artikeln nur kurz oder gar nicht Erwähnung findet, ist, dass alle anderen Unglücksursachen zurückgehen und Alkohol als Unfallursache nicht wächst, sondern in absoluten Zahlen “lediglich” nicht abnimmt und deshalb einen größeren Anteil der Gesamtzahl bekommt. Natürlich will ich niemanden in Schutz nehmen, der so dumm ist und betrunken Auto fährt, aber ich finde es verzerrt, die Statistik auf diese Weise darzustellen und nach einem zehnprozentigen Anstieg aussehen zu lassen.

Natürlich werden auch gleich wieder die Rufe nach Alkoholschlössern laut. Dabei geht es um eine technische Sicherung, die ein Auto stilllegt, wenn der Fahrer nicht bewiesen hat, dass er nüchtern ist. Das funktioniert bisher eher schlecht als recht per regelmäßigem Atemtest, aber es werden zukünftige Systeme angedacht, die die Luft im Auto automatisch prüfen oder das Verhalten des Fahrers überwachen. Damit würde man, wie bei allen pauschalen Überwachungsmaßnahmen, zwar wieder einmal die Beweislast auf jeden einzelnen abwälzen und über 99% der Leute wegen einer Minderheit gängeln, aber vielleicht haben wir uns ja alle bis dahin brav an diese Einstellung gewöhnt.

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Ausländerfeindlichkeit wächst

Es wurde an dieser Stelle ja schon einige Male erwähnt und jetzt schreibt auch Spiegel Online darüber:

[Schweden] nahm 2006 rund 9000 irakische Flüchtlinge auf – über 40 Prozent der 22.000 Iraker, die ihren Weg nach Europa gefunden haben. Und Schweden stellt sich auf einen deutlichen Anstieg in diesem Jahr ein: 2007 rechnet man europaweit mit insgesamt weit über 40.000 Asylsuchenden aus dem Irak. Und die meisten von ihnen werden wohl auch in Schweden landen.

So großzügig das klingt und im Vergleich zum restlichen Europa wohl auch ist, steht das im starken Gegensatz zur Kritik, die Amnesty International erst vor kurzem an Schweden äußerte. Dabei geht es sowohl um die Behandlung von Asylbewerbern als auch um die Abschiebung in Länder, in die nicht abgeschoben werden sollte.

Parallel dazu kam heute die traurige Nachricht, dass drei von zehn Schweden die Diskriminierung von Ausländern gut findet. Schweden mögen doch bitte Vorzug haben, wenn es um Arbeitsplätze und Wohnungen geht. 23 Prozent der im Rahmen des jährlichen Integrationsbarometers befragten können sich sogar vorstellen, eine Partei zu wählen, die eine solche Politik vertritt.

Es ist wohl nicht weit hergeholt zu vermuten, dass die öffentlichen Debatten Anfang des Jahres mit der rechtsextremen Partei “die Schwedendemokraten” dazu beigetragen haben, solche Ansichten gesellschaftsfähiger zu machen. Die Chancen, dass diese es bei den nächsten Wahlen 2010 ins Parlament schafft, stehen gut… äh, ich meine schlecht. Und wenn man dann soweit ist, Eingeborene auf dem Arbeitsmarkt zu bevorzugen, hat man auch gleichzeitig mehr Grund, darüber zu klagen, dass die Ausländer zu viel staatliche Leistungen beziehen. Praktisch.

(via, via)

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Arbeiterkinder an der Uni

Radio Schweden kam mir zuvor, aber die dürfen ja auch einfach ihre schwedisch schreibenden Kollegen direkt übersetzen.

Fast 40 Prozent aller 20 bis 25 Jahre alten Schweden kommen aus Arbeiterfamilien. Aber ein Viertel von ihnen besucht eine Hochschule. Es werden zwar mehr, aber nur weniger als ein Prozent pro Jahr.

Das Thema, wie sehr das Ausbildungsniveau der Eltern eine Rolle dabei spielt, welchen Weg der Nachwuchs einschlägt, ist in der Tat wichtig in Schweden. Ich kenne es aus eigener Erfahrung nur von der Auswahl anderer Doktoranden. Das Thema kommt da gelegentlich auf und wird ernst genommen. Vergleichbare Zahlen auf Universitätsniveau für Deutschland habe ich in der Studie Eurostudent 2005 (pdf) gefunden. Bei etwa gleichem Anteil an Arbeiterkindern in der Bevölkerung wie in Schweden machen sie in Deutschland anstatt 25 nur 13 Prozent der Studenten aus.

Der Wikipedia-Artikel zur Bildungsbenachteiligung, über den ich die Studie gefunden habe, ist interessant und erschreckend zugleich.

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