So darf sich Stockholm jetzt nennen. Der Titel ist nicht wie der oft belächelte und die Nachbarländer verärgernde Slogan Capital of Scandinavia selbst ausgedacht, sondern wurde gestern von der EU-Kommission verliehen. Im Jahr darauf trägt Hamburg dieselbe Auszeichnung.
Aus der Pressemitteilung:
Besonders beeindruckt war das Auswahlkomittee von dem umfangreichen Programm Stockholms zur Verbesserung der Lebensqualität durch Wasseraufbereitung, Lärmreduzierung, integrierte Abfallwirtschaft, verkehrsabhängige Straßennutzungsgebühren und die Schaffung neuer Erholungsgebiete wie Badestrände.
Wohlgemerkt geht es hier um eine langfristige Entwicklung über die letzten Jahrzehnte, auch wenn die momentane Verwaltung die Lorbeeren einstreichen darf.
Die Einheimischen. Neulich am Wasser, mitten in Stockholm.
Stockholmer werden “liebevoll” auch måsar, “Möven”, genannt. Warum? De skränar och skiter ner – Sie schreien und verschmutzen. Dieser Ausdruck wurde verständlicherweise an Orten geprägt, wo viele Stockholmer ihre Sommerferien verbringen, zum Beispiel auf Gotland.
Es ist eigentlich offensichtlich, aber dann doch wieder nicht: Man kauft Reiseführer für Orte fern des Wohnortes, obwohl man viel mehr Nutzen von Ahnung von der eigenen Umgebung hätte. Ich kann jedem nur empfehlen, sich einen guten Reiseführer für die eigene Heimat zu holen. Ich habe zum Beispiel den Lonely Planet für Schweden (Deutschland auch) und abgesehen davon, dass unsere Gäste ihn fleißig lesen, lernt man selbst auch immer wieder etwas Neues, wenn man ihn aufschlägt. Als neu Zugezogener lese ich gerade das Kapitel über Stockholm, auch wenn ich in den letzten Jahren unzählige Male hier war und die Stadt bis hin zu den wichtigeren Straßennamen eigentlich recht gut kenne.
So habe ich gerade erfahren, dass ich in einem Nationalpark lebe, und zwar dem weltweit ersten innerhalb einer Stadt. Dieser erste “Nationalstadtpark” heißt Ekoparken (Webseite, Karte) und streckt sich vom Djurgården im Süden bis zu den Grünflächen um Ulriksdals slott im Norden. Die einzelnen Teile sind den Stockholmern jedoch eher bekannt als der Überbegriff “Ekoparken”.
Ich habe am Wochenende den Luxus ausgenutzt, jetzt so nah am Wasser zu wohnen (Kreuz in der Karte), dass ich in fünf Minuten Fußweg Zugang zu zwei Seen habe, auf denen jeweils lange Bahnen vom Schnee geräumt werden, damit man eislaufen kann (rote Linien). Die nördliche Bucht ist der Edsviken, südlich der Brunnsviken.
Beide waren gestern Teil des Krogrännet, einem Schlittschuhrennen für Freizeitsportler, das über gut 30 Kilometer von Vallentuna im Norden (weit außerhalb der Karte) bis zur Südspitze des Brunnsviken ging. Als die Gruppe mit den führenden Läufern an mir vorbeiflitzte, wurde sehr deutlich, wie weit ich es noch bis zum erfahrenen Eisläufer habe.
Weil heuer ein gutes Schlittschuhjahr mit stabilem Eis fast überall in der Gegend hier ist, wird in zwei Wochen auch das Vikingarännet stattfinden können, das über die 80 km von Uppsala nach Stockholm geht.
Das rot eingekreiste Gebäude auf der Karte ist übrigens das Gebäude, Alba Nova genannt, in dem die Stockholmer Astronomen hausieren und wo ich jetzt die meisten Tage verbringe. Ich glaube, ich werde morgen früh einmal die vier Kilometer anstatt per U-Bahn auf dem Eis zurücklegen.
Nachtrag 080203: Gesagt, getan. Wunderbarer sonniger Wintermorgen, mit -5 Grad auch nicht zu kalt.
Stomatol ist eine schwedische Zahncreme, die es seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt und die zeitweise eine so Marktbeherrschende Stellung hatte, dass der Ausdruck “Stomatollächeln” geprägt wurde.
Das Werbeschild im obigen Bild ist von 1909 und eine der ersten blinkenden Reklamtafeln überhaupt. Die bekannte Landmarke steht auf einem der Nachbarhäuser des Slussen in Stockholm. Es ist jedoch nicht geschützt als Kulturdenkmal.