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Neue Gesetze und Regelungen

Morgen ist Halbjahr und das ist in Schweden das Datum, an dem neue Gesetze in Kraft treten. DN fasst die Änderungen heute in der Zeitung zusammen und ich übersetze mal:

  • Es gelten neue Regeln beim Krankschreiben. Das war heiß diskutiert, aber jetzt soll die Arbeitsfähigkeit bei Langzeitkranken regelmäßig geprüft werden. Außerdem gibt es Krankengeld nur noch höchstens 364 Tage aus einem 450-Tage-Zeitraum. Danach gibt es weniger Geld.
  • Die ebenso umstrittene “Hausfrauenprämie” ist jetzt auch Wirklichkeit. Kommunen können bis zu 3000 Kronen pro Monat an Eltern auszahlen, wenn das Kind nicht in die Vorschule geht.
  • Die Regel, dass Eltern mehr Monate Geld bekommen, wenn beide ihren Teil betiragen, gibt es hier schon lange. Jetzt kommt ein zusätzlicher Gleichberechtigungsbonus dazu, der bis 100 Kronen pro Tag wächst je ausgeglichener der Anteil beider Elternteile an der Elternzeit ist.
  • Um Betrügereien zu verhindern, braucht man jetzt einen Wisch von der Vorschule, dass das Kind nicht da war, wenn man die Regelung “Sorge fürs kranke Kind” (schw. vård av sjukt barn (VAB); als Verb: vabba) in Anspruch nehmen will, die es einem erlaubt, spontan von der Arbeit wegzubleiben.
  • Um Alkohol am Steuer auch auf See zu bekämpfen, darf die Küstenwache jetzt auch Blutproben nehmen, die vor Gericht beweiskräftig sind. Bisher kamen wohl viele ungeschoren davon, weil es so lange dauerte, bis man die Schuldigen bei der Polizei hatte.
  • Es ist ab morgen einfacher, Tätern gestohlenes Eigentum wegzunehmen.
  • Die Zuzahlregeln beim Zahnarzt werden etwas besser mit der Reform des Systems.
  • Eine Änderung des Alkoholgesetzes erlaubt jetzt eine Person als Mittler, wenn man Alkohol für den Eigenbedarf aus der EU, Island und Norwegen einführen will.

  • Die Regeln für die City-Maut in Stockholm ändern sich auch ein wenig. Man bekommt jetzt den Bescheid jeden Monat geschickt und die Bezahlfrist wird verlängert. Dafür erhöht sich die Strafe, wenn man trotzdem zu spät zahlt.

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Alle Jahre wieder

Gestern war die Premiere von Allsång på Skansen und -2.300.000- 3.300.000 Leute, also jeder -vierte- dritte Mensch in Schweden, hat es im Fernsehen gesehen. Vielleicht schalte ich dieses Jahr ja auch mal ein…

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Ostindiefararen Götheborg III

Der Ostindienfahrer
Götheborg

Die Götheborg im Bild ist ein neuzeitlicher Nachbau des Ostindienfahrers gleichen Namens aus dem 18. Jahrhundert. Damals hatte nämlich auch Schweden eine Ostindien-Kompanie. Das Original sank 1745 kurz vor der Heimkehr aus China. Der Nachbau kam letztes Jahr von seiner zweijährigen Reise um Afrika nach China zurück und war damit groß in den schwedischen Medien. Noch bis Freitag liegt das Schiff in Stockholm, passenderweise direkt am Museum der Vasa, die allerdings noch einmal hundert Jahre älter ist als das Original der Götheborg.

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Sonne und Schweiß

Das schon erwähnte Sommerwetter mit rund 25 Grad hält immer noch an soll auch im Laufe der Woche nicht schlechter werden. Und schon ist das Brandrisiko (Karte) in Südschweden wieder auf der höchsten Stufe und in Norrland brennt der Wald.

Ich habe das Wochenende wie viele andere mit Grillen und einer Fahrradtour verbracht. Außerdem war ich am Samstag in Stockholm zum Fotografieren. Es fand nämlich der Stockholm Marathon statt, der die 15.000 Läufer zwei Mal rund um die Stadt führt – eine gute Gelegenheit, sich an beweglichen Motiven zu versuchen. Am Ende des Artikels sind ein paar Beispielbilder.

Wie man einen Marathon laufen kann, ist mir relativ unbegreiflich. Mit der Spitzengruppe hätte ich keine hundert Meter mithalten können. Nichtsdestotrotz werde ich schon morgen selbst an einem Lauf teilnehmen, dem Blodomloppet. Der ist mit fünf oder zehn Kilometern (mir reichen fünf) zwar weniger prestigeträchtig, hat dafür aber einen lustigen Namen: Blodomloppet bedeutet auf Deutsch “Blutkreislauf” – das Wortspiel funktioniert in beiden Sprachen. Es sind die Blutbanken, die diesen Lauf in mehreren schwedischen Städten organisieren.

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

Stockholm Marathon
2008

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Sehenswert: Darling

Ich kann mich beileibe nicht als Kenner schwedischer Filme bezeichnen. Ich habe es nicht einmal geschafft, mir nach dem Tod von Bergman einige seine Werke anzusehen. Ein schwedischer Film vom letzten Jahr, den ich neulich gesehen habe, muss jedoch hier endlich lobend erwähnt werden. “Darling” heißt dieser Film und ist der erste Langfilm des Stockholmers Johan Kling.

Die beiden Hauptpersonen könnten unterschiedlicher nicht sein. Eva ist eine “Östermalmsbrud” wie aus dem Lehrbuch: eine verwöhnte Mittzwanzigerin aus dem Stockholmer Nobelviertel Östermalm, arrogant, gelangweilt, bösartig, gefühlskalt. Bernhard ist ein paar Jahre vor der Rente und so weich, nett und zuvorkommend, dass es wehtut. Er hat volles Verständnis dafür, dass seine Frau ihn für einen jüngeren Verlassen hat und dass seine Tochter so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben will. Er ist auf Arbeitssuche und kann sich das Haus nach der Scheidung nicht mehr leisten, was er nervös jedem ohne Aufforderung erzählt.

Im Laufe des Films erlebt man – nicht ohne Genugtuung – den Abstieg von Eva, die ihre Arbeit verliert, weil sie lieber mit Freunden telefoniert anstatt ihrer Verkäufertätigkeit in einer Boutique nachzukommen. Ihr Freund verlässt sie nach einem Seitensprung und sie bekommt die Attitüde ihrer “Freunde” zu spüren, die – genau wie sie selbst bis eben – mit “Verlieren” lieber nichts zu tun haben wollen. Sie verschuldet sich, weil sie ihren teuren Lebensstil nicht aufgeben kann. Um Arbeitslosengeld bekommen zu können, heuert sie schließlich bei McDonalds an. Dort stößt sie auf Bernhard, der dort glücklich mit seiner festen Stelle ist, nachdem er zuvor seine Probeanstellung als Modemverkäufer nicht verlängert bekam, weil seine Yuppie-Chefs von Evas Schlag fanden, er passe mit seinem Alter nicht ins moderne Firmenprofil. Evas Einstellung zur Arbeit bei McDonalds könnte abfälliger nicht sein, Bernhard muss ihr helfen und das ungleiche Paar freundet sich miteinander an. Für eine Weile sieht man Menschlichkeit in Eva aufkommen.

Doch die Freundschaft hält nur kurz, denn Eva nutzt die erste Gelegenheit, wieder in die Kreise der High-Society zurückzukehren. Der Film endet bedrückend: Bernhard wohnt im Keller seiner Tochter, die ihn loswerden möchte; Eva ist in einer weiteren kalten Beziehung mit einem Ekel von Mann und wird Boutiquechefin, eine Zumutung für den Zuschauer, nachdem man sich zuvor in zahlreichen tragikomischen Szenen von Evas Unfähigkeit, selbst zurechtzukommen, überzeugt hat. Mit sehr einfachen Mitteln ist es Kling in Darling gelungen, bewegende, vielschichtige, doch unaufdringliche Gesellschaftskritik zu üben, die einen nicht kalt lässt. Man wird nachdenklich, welchen Menschen die Gesellschaft “Erfolg” beschert oder, umgekehrt, was Erfolg bzw. dessen Ausbleiben mit Menschen macht.

Darling lief letztes Jahr auf einigen deutschen Filmfestivals, auch auf der Berlinale. Ich bezweifle, dass der Film je ins Deutsche übersetzt werden wird und die hier in Schweden erhältliche DVD hat leider nur schwedische und norwegische Untertitel. Allen, die damit zurecht kommen, sei Darling aber hiermit ans Herz gelegt.

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Preis für "Virtuelles Wasser"

Tagesschau.de schreibt über den Engländer Allen, der die Auszeichnung “Stockholmer Wasserpreis 2008” für seine Methode, den Gesamtwasserverbrauch zur Herstellung von Lebensmitteln und Produkten zu errechnen, erhalten wird. Mehr dazu auch in der deutschen Pressemitteilung des Stockholmer Internationalen Wasserinstitues.

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Wort der Woche: Sportlov

Das schwedische Wort lov hat vier Bedeutungen: Erlaubnis, Lob, Versprechen und Ferien.

In Verbindung mit Sport ist es die letztgenannte, die zählt. Es handelt sich beim sportlov also um eine Woche Schulferien, die in dieser Zeit des Jahres liegen. Ursprünglich (in den 1940ern) ging es darum, Heizmaterial in den Schulen zu sparen und man nannte die Woche noch kokslov. Heutzutage wird die Gelegenheit vielerorts für wintersportliche Aktivitäten genutzt. Als Nicht-Schüler und Nicht-Elter bekomme ich davon zugegebenermaßen wenig mit, die spätnachmittäglich eh schon überfüllten Pendlerzüge zwischen Stockholm und Uppsala müssen jedoch während des sportlov zusätzlich die Familien mit Kindern aufnehmen, die von diversen Ausflügen heimkehren.

Nicht zuletzt um Verkehr und Wintersportorte nicht zu konzentriert zu fordern, sind diese Ferien nicht überall zur gleichen Zeit, sondern sind übers Land auf mehrere Wochen verteilt. Uppsala hatte beispielsweise letzte Woche sportlov, Stockholm diese.

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Wort der Woche: Friskola

Wer in den letzten Wochen in Schweden unterwegs war, dem dürfte sie nicht entgangen sein, die Werbung für Gymnasien. Zum Beispiel ist die U-Bahn in Stockholm voll davon. Werbung für Schulen ist auch in Schweden noch nicht alt und hat doch schon ihre eigenen zweifelhaften Methoden hervorgebracht. Das Ködern von Schülern mit Versprechen von Reisen oder eigenen Laptop-Computern wurde für nicht legitim erklärt und auch die direkte Werbung per SMS an Schüler erntete harte Kritik.

Wie kam es dazu und warum sind Schüler plötzlich so heiß begehrte Kunden? Der Hintergrund sind private, von Firmen geführte Schulen, euphemistisch als “freie Schulen”, schwedisch friskolor, bezeichnet. Diese gibt es prinzipiell schon eine ganze Weile in Schweden, aber erst unter der aktuellen bürgerlichen Regierung erfahren sie einen regelrechten Boom (mehrere hundert Schulen) mit Schwerpunkt Stockholm, weil die Politik die Gründung von Schulen und die Privatisierung von kommunalen Schulen ermuntert. Letzteres ist zunächst einmal ärgerlich, weil Schulen oft unter Wert abgegeben werden und so effektiv ehemalige Steuergelder in die Privatwirtschaft fließen und vom Bürger bezahlte gemeinschaftliche Ressourcen verschwendet werden.

Das System mit freien Schulen funktioniert dann folgendermaßen. Jeder Schüler bestimmt über die Wahl der Schule, wohin das staatliche Geld für seine Ausbildung fließt. Freie und kommunale Schulen bekommen gleich viel Geld pro Schüler – es geht also zunächst einmal nicht um Schulen wo Eltern zusätzlich bezahlen müssen. Das mag gerecht klingen, allerdings haben die kommerziellen Schulen den nicht zu unterschätzenden Vorteil, sich ihre Schüler aussuchen zu können. Das führt nicht nur zu einer Abgrenzung von reich und arm – entsprechend für Deutschland sehr schön beschrieben in diesem ZEIT-Artikel – sondern benachteiligt zusätzlich die kommunalen Schulen, die ihre Ressourcen verstärkt auf die Unterstützung schwächerer Schüler aufwenden müssen anstatt sie fürs Anwerben und Verhätscheln der “Elite” zu benutzen. Aus eben diesem Grund bekamen kommerzielle Schulen bis zum Regierungswechsel noch weniger Geld pro Schüler.

Nun behaupten Verfechter der freien Schulen, dass diese mehr leisten fürs gleiche Geld. Schließlich geht es für sie mit der Schüleranzahl ums Überleben und angeblich setzen sich dann beim Kunden Schüler diejenigen durch, die Qualität bieten. Statistiken, die das belegen sollen, zeigen, dass im Durchschnitt die Noten auf freien Schulen besser sind und dass mehr Abgänger dann auf die Uni gehen. Ersteres lässt sich aber schon alleine durch die Auswahl der Schüler erklären und dazu kommt noch, dass Freischulen im Verdacht stehen, gerade wegen des Erfolgsdrucks eine mildere Benotung anzulegen, um gut dazustehen. Zentralabitur gibt es in Schweden nicht.

Die allgemeine Schule, inklusive Schulpflicht, ist eine Errungenschaft der Zivilisation und sicherlich eines der Dinge für die die meisten gerne bereit sind, Steuern zu zahlen. Was Schweden jetzt also tut, ist, diese Steuergelder immer mehr an gewinnorientierte Firmen zu vergeben anstatt eigene Schulen unterhalten zu wollen. In gewisser Weise ist es also Staatswirtschaft ohne die Vorteile derselben, nämlich der Kontrolle. Natürlich müssen sich die kommerziellen Schulen auch an die vom Staat vorgegebenen Lehrpläne halten und es gibt eine Schulaufsicht (schw. Skolverket). Diese hat jedoch nur Ressourcen für sporadische, zudem meist angekündigte Kontrollen, die auch nur selten ernsthafte Konsequenzen haben. Die Politik ist sich des Problems bewusst und es gibt Pläne für härtere Kontrollen. Das gilt insbesondere, wenn geschlossene Interessensgruppen Schulen betreiben wollen. Beim Gedanken, was Schüler auf einer Schule der Nationaldemokraten oder einer religiösen Sekte, die die Bibel für wortwörtlich wahr hält, lernen, graust es nicht wenigen. Als Beispiel ein kurzes Zitat aus dem Bericht des Skolverket von 2002 über die Schule von Livets Ord:

Es ist sehr schwer, eher unmöglich, bei einem Betrieb, der so stark von Autoritätsglauben und subtilen Strafandrohungen bei Zweifeln geprägt ist, zu behaupten, dass es wirklichen Platz für die schiere Möglichkeit gäbe, eine von der Glaubensgemeinschaft abweichende Ansicht zu haben. (Übersetzung von mir)

Und diese Ansicht beinhaltet unter anderem Kreationismus oder dass Homosexualität eine Sünde ist. Die Schule von Livets Ord unterrichtet bis heute ungestört; es sind jedoch öfter Schulen von und für Muslime und die Angst vor deren Radikalisierung, an die man denkt, wenn man religiöse Weltanschauungen im Unterricht verbieten will.

Es dürfte nicht schwer zu erraten gewesen sein, dass ich “freie” Schulen für eine schlechte Idee halte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Kommerzialisierung des Bildungssystemes langfristig sehr negative Konsequenzen auf die Gesellschaft haben wird.

Wer weiterlesen möchte, findet im Anschluss eine Liste mit Links zu Artikeln und Webseiten, die ich im Laufe der Zeit gesammelt habe.

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Blick in die Zeitung

Eine kleine Auswahl dessen, was in der heutigen Ausgabe des Svenska Dagbladet steht:

  • Schlagzeile auf der Titelseite: Der Preisverfall bei Wohnungen trifft die Makler hart. Dass die teilweise horrenden Preise nicht immer weiter wachsen würden, war abzusehen und jetzt scheint es zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Angebot größer als die Nachfrage zu geben. Die Makler sind aber nicht die ersten Verlierer, die mir einfallen würden. Ich kann mir denken, dass viele Privatpersonen aufschreien werden, wenn sie ihr mit geliehenem Geld teuer gekauftes Wohnrecht bald nur mit Verlusten wieder loswerden.
  • Die Syndikalisten, eine extrem linke “freie Gewerkschaft”, blockiert ungerechtfertigterweise ein Lokal in der Stockholmer Altstadt und will Geld erpressen, weil der Besitzer angeblich Lohn schwarz bezahlt haben soll.
  • Das ewige Thema Alkohol. Die neuen Zahlen für 2007 wurden bekannt. Gesamtverbrauch bleibt zum Vorjahr gleich bei 9.8 Liter pro Kopf und Jahr. Das ist weniger als im Rekordjahr 2004, aber immer noch mehr als in den 90ern als der Wert um 8l lag (siehe Grafik im Artikel). Es wird weniger geschmuggelt, weniger selbst gebrannt und weniger privat aus den Nachbarländern importiert. Man kauft wieder mehr beim staatlichen Systembolaget, aber immer weniger starke Alkoholika, sondern mehr Wein.
  • In Stockholm gibt es immer mehr Wohnungen für junge Leute, auf die sich also nur Leute eines bestimmten Alters bewerben können. Nette Idee, vor allem weil junge Leute in den Warteschlangen für Mietwohnungen sonst benachteiligt sind.
  • Die Auslandsnachrichten werden von den Vorwahlen in den USA, dem Schneetreiben in China (inklusive [Klischeebild](http://www.svd.se/nyheter/utrikes/kina/artikel_822489.svd)) und der Staatskrise in Italien dominiert. Nachdem man den Sport, die Todesanzeigen, Leserbriefe und das Wetter überblättert hat, ist man am Ende des Hauptteils des SvD. Auf die Teile *Kultur* und *Wirtschaft* habe ich heute keine Lust.
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