Stockholm ist ein teures Pflaster zum Wohnen und die hohe Nachfrage sorgt für weiter steigende Preise. Für das Wohnrecht (Bostadsrätt) an einem Appartement im Zentrum der Hauptstadt zahlt man mittlerweile knapp 6500 Euro pro Quadratmeter – fast 10% mehr als vor einem Jahr. In Ausnahmefällen (E) kann eine winzige Wohnung mit unter 10m^2^ fast eine Million Kronen erzielen. Das entspricht 11.000 Euro/m^2^.
Wer, wenn man “Schlittschuhlaufen” hört, an eine Halle und ständiges im Kreis fahren denkt, wäre wohl überrascht, was man hier damit meint. Langlaufschlittschuhe nämlich. Diese haben lange, flache Kufen, so dass der Fuß nah am Eis ist und durch die Länge der Kufen sehr geradlinig gleitet. Mit diesen und einiger Zubehörausrüstung für den Fall, dass man einbricht, begibt man sich auf die zugefrorenen Seen, um dort kilometerweit zu fahren und die Winterlandschaft zu genießen.
Eine der beliebtesten Strecken hier in der Nähe ist das Seegebiet Ekoln/Mälaren, das sich von einigen Kilometern südlich von Uppsala bis nach Stockholm erstreckt und wo bei Bedarf der Schnee auf langen Strecken geräumt wird. Heute fand dort das jährliche Wikingerrennen statt, bei dem Amateure und Profis die 80 Kilometer bis Stockholm durchfahren. Die schnellsten schaffen das in unter drei Stunden.
Ich hoffe ich komme dieses Jahr auch noch einmal dazu, eislaufen zu gehen.
Nachtrag: Bild mit Langlaufschlittschuhen nach dem Klick.
Nachtrag 2010-02-24: Oben Link zu späteren Artikel über Sicherheitsausrüstung beim Eislaufen eingefügt.
Rainer schrieb gestern:
So und jetzt mache ich mich auf den Weg zu IKEA in Kungens Kurva, wo es wahrscheinlich von Menschen nur so wimmelt.
Kungens Kurva? In der Tat nennt sich der Platz in Huddinge, etwas südlich von Stockholm, an dem heute das Einkaufszentrum mit einem IKEA, dem Vergnügungszentrum Heron City und Filialen der verschiedenen Elektronikgroßmärkte liegt, Kungens Kurva, also die “Kurve des Königs”.
Das kam so. Der Urgroßvater des heutigen Königs, Gustav V., war 1946 auf dem Heimweg von der Jagd auf Schloss Tullgarn und aß im Fond des großen Cadillac mit einigen Mitreisenden zu Mittag. Die Stimmung war gut und Gustav wies den Chauffeur an, schnell zu fahren. Der Weg war damals noch nicht autobahnartig ausgebaut und es fanden Bauarbeiten statt, so dass der Fahrer wegen der hohen Geschwindigkeit leicht vom Weg abkam und die Kontrolle über das Auto verlor. Man landete im sumpfigen Straßengraben. Niemand kam zu Schaden und der König wurde im nachfolgenden Wagen seiner Söhne mitgenommen. Trotzdem war der Unfall die Sensationsnachricht des nächsten Tages.
Als kurz darauf an dieser Stelle eine Tankstelle aufmachte, bekam sie den Namen Kungens Kurva, der heute für das gesamte Viertel verwendet wird. Der Ursprung des Namens gerät derweil in Vergessenheit.
Wie angekündigt war ich heute in Stockholm auf der Demonstration gegen die Überwachungspläne von Telefon und Internet der schwedischen Regierung. Weil der Zug verspätet war, verpasste ich zwar den ersten Redner, reihte mich aber für die anderen drei in die schätzungsweise 200 Besucher der Kundgebung ein. Mit mehr hatte angesichts der Jahreszeit und der Demonstrationsfaulheit der Schweden wohl keiner gerechnet. Nach 45 Minuten war alles vorbei und es wurde das Lied über den großen Bruder FRA gespielt.
Hat sich die kurze Reise trotzdem gelohnt? Ich fand schon, vor allem wegen der Rede von Rickard Falkvinge (siehe Bild), des Vorsitzenden der Piratpartei (S), die die Demonstration zusammen mit den Jugendverbänden der Liberalen und der Linkspartei organisiert hatte. Menschen, über deren Politik man wohlwollend schreibt, einmal gesehen und gehört zu haben, ist nicht das Schlechteste. Mein Eindruck: Er ist ein guter Redner, weiß wovon er spricht und kann seine Forderungen pointiert herüberbringen.
Ich lernte auch noch einige Details zum Thema dazu, die mir bis dahin unbekannt waren. So ist zum Beispiel von Anfang an vorgesehen, dass nicht nur die abhörende Militärbehörde selbst Zugang zu den Informationen bekommt, sondern auch andere Behörden. Das Außenministerium möchte sogar am liebsten alle die im Auge behalten, die der Regierung “unbequem” werden könnten.
Ebenfalls neu war mir, dass Journalisten in Schweden nicht wie in anderen Ländern nur das Recht haben, ihre Informanten anonym zu halten, sondern sogar dazu verpflichtet sind. Die unschätzbar wichtige Möglichkeit der Bevölkerung, sich anonym an Medien zu wenden und auf Missstände hinzuweisen, würde durch die geplante Überwachung praktisch abgeschafft.
Anfang der Siebziger flog das Informationsbyrån auf, eine bis dato selbst dem Parlament unbekannte schwedische Geheimdienstorganisation, die vermeintlichen Kommunisten und Linksaktivisten nachspürte und sie überwachte. Zur so genannten IB-Affäre wurde erst 2002 ein Abschlussbericht vorgelegt, der laut Falkvinges Aussagen genau die Lehren aus der Sache vorschlägt, die schon ein Jahr später mit den Vorläufern der aktuellen Vorschläge über Bord geworfen wurden.
Mir bleibt abschließend nur, den Rednern beizupflichten, wenn sie fordern, dass solche Abhörszenarien in Orwells 1984 gut aufgehoben sind, aber in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft nichts verloren haben.
Carl Bildt, schwedischer Außenminister und Blogger, weist (S) auf einen Abschnitt (E) von David Camerons Videocast hin, in dem dieser Stockholm besucht und Carl Bildt trifft. Cameron ist der der parteichef der britischen Konservativen.
Die Demonstration am kommenden Samstag gegen die in Schweden geplante Überwachung von Telefon und Internet nimmt konkrete Formen (S) an.
Letztes Jahr wurde in der Stockholmer Innenstadt ein Mautsystem getestet, nach Ende des Probebetriebs abgeschaltet und für gut befunden: die so genannte trängselskatt (frühere Artikel dazu). Die Idee an sich finde ich ja gut. Weniger Autos, mehr öffentlicher Nahverkehr, gut für die Umwelt und die Anwohner und so weiter.
Der Vorschlag (S), der jetzt zur Wiedereinführung der Maut im Sommer vorliegt, ist jedoch schändlich. Von den Datenschutz- und Überwachungsaspekten, die dadurch ins Spiel kommen, dass das System auf nummernschildlesenden Kameras basiert, einmal abgesehen, soll das Geld nicht in die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel fließen sondern in den Straßenbau. Im Gegenteil wurden gerade die Preise für Busse und U-Bahnen in Stockholm kräftig erhöht.
Nimmt man dann noch hinzu, dass die Maut für Pendler von der Steuer absetzbar sein soll, fragt man sich, ob es überhaupt noch zu einer Verringerung des Autoverkehrs kommen wird, oder ob das Ganze nur noch eine Geldumverteilungsmaßnahme ist. Die Straßenbaugelder können anderswo eingespart werden, die Geringverdiener, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, sind die Verlierer und eine Umweltmaßnahme ist die Maut nur noch auf dem Papier.
Konservative Politik, wie man sie erwartet hat?
Ich hatte ja schon im Zusammenhang mit der City Maut in Stockholm darüber geschrieben, dass ich es unsinnig finde, dass die Einnahmen daraus nicht dem öffentlichen Verkehr zukommen. Die zusätzlichen Buslinien, die es während des Testbetriebs der Maut gab, sind abgeschafft und gegen Monatsende werden die Preise des Stockholmer Verkehrsbetriebs SL kräftig erhöht (S). Eine Einzelfahrkarte wird 40 anstatt 20 Kronen kosten und das Zonensystem wird so verändert, dass es für viele teurer wird.
In Stockholm hatten die Moderaten im Herbst die Wahl gewonnen.