Vorgestern kam es im Reaktor 1 des schwedischen Kernkraftwerks bei
Forsmark (in Uppland) zu einer Störung, die die automatische Abschaltung
einleitete. Insofern funktionierte zwar das Sicherheitssystem gut genug,
aber es wurde in diesem Zusammenhang z.B. entdenkt, dass die Hälfte der
Reservegeneratoren nicht funktionierte. Auf einer Skala von 0 bis 7 wird
dieser Unfall mit 2 bewertet und ist damit der schwerste dieses
Kraftwerks bisher. Es wird abgeschaltet bleiben, bis die Ursachen
geklärt sind.
Trotz eines hohen Anteils Wasserkraft ist Kernenergie in Schweden
wieder
populär. In
diesem Zusammenhang fand ich heute auch eine Meldung aus
Deuschland
interessant:
Wegen der Hitzewelle ist Ökostrom [...] derzeit billiger als Strom aus
Kohle- und Atomkraftwerken.
Update (3.8.): Ich bin gerade aus dem Urlaub zurück und erfahre, dass
der Unfall schwerer war als am Anfang angenommen. Es wurde mittlerweile
auch der andere Reaktor von Forsmark abgeschaltet und ebenso die beiden
in Oskarshamn, die ähnlich gebaut sind. Ein weiteres Kernraftwerk ist
routinemäßig zur Wartung vom Netz. Mehr an dieser Stelle, sobald ich
durch meine schwedischen Nachrichten gelesen habe…
Update (4.8.): Es scheint, als ob obige Darstellung immer noch richtig
ist und sich nicht mehr ereignet hat, das erst später herauskam. Ein
Kurzschluss außerhalb des Kraftwerks sorgte für einen Stromausfall und
weil die Notstromversorgung versagte, waren Bildschirme und interne
Kommunikation im Kontrollraum tot. Erst nach zwanzig Minuten “blindem”
Betrieb wurde endgültig abgeschaltet.
Die Notstromaggregate kamen übrigens aus Deutschland und laut
Greenpeace sind
deren Probleme lange bekannt. Sie
fordern (E)
natürlich eine sofortige Abschaltung aller schwedischen Kernkraftwerke.
Wie nahe man an einer Überhitzung des Reaktors und einer echten Gefahr
war, darüber
streitet
man
(S). Den Vorfall mit Tschernobyl zu vergleichen ist lächerlich, weil
keine radioaktive Strahlung austrat, und dass es der “schwerste Unfall
seit Tschernobyl” war, klingt auch nicht ganz glaubwürdig.
Nichtsdestotrotz darf so etwas natürlich nicht passieren und das
Medienecho, das nach über einer Woche auch in Deutschland in Gang kommt
(SpOn,
Telepolis), sorgt
hoffentlich für den nötigen Druck, Missstände zu beseitigen.
Noch ein Update (4.8. 18:20): Es wurde im Laufe des Tages entschieden,
keine weiteren Reaktoren stillzulegen. Das Thema hält sich auf den
Titelseiten und wird wohl Wahlkampfthema der in sechs Wochen anstehenden
Parlamentswahlen werden. Die Zentrumspartei, die lange gegen Kernkraft
war und erst kürzlich auf den langsamen Ausstiegskompromiss der anderen
bürgerlichen Parteien eingeschwenkt ist, dürfte sich gerade schwarz
ärgern. Die deutsche Redaktion des Schwedischen Radios diskutiert die
politischen Auswirkungen etwas
ausführlicher.