Gestern Vormittag bekam ich die Email eines Bekannten, der fragte, ob
ich noch am gleichen Abend mit auf ein ABBA-Konzert wolle. Er habe
überraschend ein paar Freikarten bekommen. “Wie bitte? ABBA gibt es
nicht mehr!” war natürlich mein erster Gedanke. Als ich aber dem
beigefügten Link folgte,
wurde etwas klarer, worum es ging: nämlich um ein paar Mitglieder der
ehemaligen Band um ABBA, die zusammen mit einigen Gastmusikern eine
abendfüllende Show mit dem Titel The Original ABBA Orchestra in
Concert auf die Bühne bringen.
Es war die “Premiere” gestern in Uppsala und man wird damit in den
nächsten Wochen durch verschiedene größere Hallen in Schweden touren.
Von den “richtigen” ABBA-Leuten Agnetha, Björn, Benny och
Anni-Frid ist natürlich keiner dabei, die haben ja vor einigen
Jahren sogar das Angebot von einer Milliarde Dollar für eine gemeinsame
Tournee abgelehnt.
Ich sagte trotzdem freudig zu, denn ich hatte wie immer meine
Kamera dabei und im schwachen und wechselhaften Licht von Konzerten zu
fotografieren, ist immer eine Herausforderung. Außerdem wollte ich
sehen, ob das Ganze meine Erwartungen einer peinlich-nostalgischen
Veranstaltung noch unterbieten konnte. Schließlich ist das Konzept eher
ablehnenswert, mit dem verblassten Ruhm, an dem man damals am Rande
teilnahm, heute noch zu hausieren und Geld verdienen zu wollen. Um das
zu kaschieren, wurden eben noch ein paar halbwegs bekannte Gäste ins
Boot geholt und man macht nicht nur ein Konzert (Eintritt 300 bis 500
Kronen) sondern verkauft auch teuere Tickets (1500 Kronen) für ein
Abendessen davor und den “VIP-Bereich”.
Insgeheim hoffte ich wohl auch, dass es vielleicht gut und unterhaltsam
werden könnte, denn gegen die Musik von ABBA habe ich an sich nichts.
Die Halle war mit einigen tausend Menschen gut gefüllt, aber nicht
ausverkauft. Wenig überraschend lag das Durchschnittsalter des Publikums
etwa 20 Jahre über meinem und wahrscheinlich sind es genau diejenigen,
die damals mit ABBA aufgewachsen sind, die man mit dieser Nostalgieshow
erreichen will.
Und nostalgisch wurde es. Das lag weniger an der Musik, sondern am
“Showmaster”, der nach jedem zweiten Lied olle Kamellen aus der Zeit mit
ABBA zum Besten gab. Die Geschichten, was bei Konzerten so alles schief
ging, welche Konzertjacke er gerade anhat (und was sie bei eBay bringen
würde) waren das Überflüssigste des ganzen Abends und der Applaus für
diesen Menschen ebbte auch sehr ab, wenn er zu lange redete und
vergeblich versuchte, das Publikum zu animieren.
Dass das Gefühl der Nähe zu ABBA, das erzeugt werden sollte, eher
fadenscheinig war, zeigte sich an Details wie dem großen Schriftzug
“ABBA” hinter der Bühne, der – vermutlich aus rechtlichen Gründen –
nicht einmal das spiegelverkehrte B des Originals trug. Auch die alten
Interviewschnipsel, die der Conférencier in seine Anekdoten einstreute,
wirkten aufgesetzt und rochen nach Zeitschinderei.
Die Musik selbst und der Klang war ordentlich. Die bekannten ABBA-Lieder
waren recht nahe am Original und es wurde eifrig mitgeklatscht. An
einigen Stellen hatte ich den Eindruck, dass trotz der fünfzehn Menschen
auf der Bühne ein Teil Playback war, aber da kann ich mich täuschen. Die
Bühnenshow, wechselnde Kleidung und Choreographie der Auftretenden und
wirkten wenig zusammenhängend und einigermaßen lieblos, wenn nicht sogar
plump.
Warum zum Beispiel zwischenzeitlich Clowns auftraten, die unkoordinierte
hastige Bewegungen ausführten, blieb mir ein Rätsel.
Die zweite Hälfte des Abends (nach der Pause) war besser, vor allem weil
der Märchenonkel nur noch ein Mal kurz auftrat, um stolz zu verkünden,
dass mit Erlaubnis die Orginalaufnahme des Chors bei Take A Chance On
Me mit eingespielt wurde. Trotz aller Kritik gab es auch ein paar gute
Momente, nicht zuletzt dank Thomas Di
Leva (S), der die
charismatischsten Auftritte hatte und mit The Winner Takes Tt All den
größten Applaus des Abends bekam.
Es mag sein, dass ich aufgrund meiner recht weitgehenden Ignoranz, was
alles rund um ABBA angeht, die Veranstaltung nicht genug zu würdigen
weiß und vielleicht sogar den Beteiligten mit meinem Urteil Unrecht tue.
Bezahlt hätte ich für den Eintritt jedenfalls nicht. Ich konnte mich
aber hinter den Rängen frei bewegen und bin mit der Ausbeute an Fotos
recht zufrieden. Bis alle anderen aussortiert und bearbeitet sind, wird
es aber noch ein wenig dauern.