Am 23. Mai 1707 wurde Carl von Linné in Südschweden geboren. Linné ist der Begründer der systematischen Botanik und hat die doppelten lateinischen Namen für Tiere und Pflanzen eingeführt.
Gestern hat der schwedische König die Feierlichkeiten des Linné-Jahres anlässlich des 300. Jubiläum eröffnet (E). In den nächsten Monaten wird es allerlei Ausstellungen, Wanderungen, Vorträge und Konzerte zu Linnés Ehren geben und Uppsala wird einer der Schwerpunkte sein, denn hier wirkte und forschte Linné einen beträchtlichen Teil seiner Lebenszeit. Sein Grab ist im hiesigen Dom.
Wichtige, mit Linné verbundene Orte, wie sein botanischer Garten in der Innenstadt und sein Landsitz im nahen Hammarby, sind sogar in der Diskussion (S), zum Weltkulturerbe erhoben zu werden. Höhepunkt wird dann auch die Feier am 23. Mai in Uppsala sein, zu der unter anderem der japanische Kaiser erwartet wird.
Die entsprechende Homepage (S) der Feierlichkeiten ist zwar leider ein klassisches Beispiel für gescheiterte Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisatoren und verlinkt auf drei (!) externe Veranstaltungskalender, aber das wird mich nicht davon abhalten, einiges zu besuchen und dann auch an dieser Stelle darüber zu berichten.
Ich glaube, ich habe es noch nie hier erwähnt: Ich bin Mitglied im Hospitality Club (HC) und bei Couchsurfing (CS) und habe deshalb regelmäßig Gäste bei mir zu Hause. Das läuft folgendermaßen ab. Man registriert sich bei der Seite und füllt sein Profil aus (meine da und da). Dann können Reisende bei einem anfragen, ob man ihnen denn einen Schlafplatz zu einer gewissen Zeit anbieten könnte, und umgekehrt.
Verpflichtungen geht man natürlich keine ein und es gibt mehrere Sicherheitsvorkehrungen. So werden zum Beispiel neue Profile von Freiwilligen auf Duplikate und Plausibilität geprüft, der eigene Name und die Adresse lassen sich (auch vor anderen Mitgliedern) verstecken, wenn man dies will, so dass erst man diese erst bei persönlicher Kontaktaufnahme preisgeben kann. Das Wichtigste finde ich jedoch die Möglichkeit, auf den Profilseiten Kommentare zu Leuten zu hinterlassen, die man getroffen hat. Diese Kommentare können andere Mitglieder dann lesen, bevor sie jemandem zu- oder absagen. Vor einem Jahr habe ich auch schon einmal woanders über den HC geschrieben.
Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren dabei und hatte mittlerweile über 50 Gäste. Im Sommer kommen mehr Anfragen als man erfüllen kann und dann sagt man verständlicherweise oft nein. Aber da wir ein Arbeits- und Gästezimmer bei uns haben, in dem es ein Bett und eine Matratze gibt, ist es für uns sehr einfach, Gäste zu haben. Man gewöhnt sich so sehr daran, dass es ziemlich wenig mit dem eigenen Tagesablauf kollidiert, wenn man seinen Gästen diesen mitteilt, damit sie sich danach richten können. Oft spart man sogar Zeit, weil Gäste freiwillig den Abwasch übernehmen. ;)
Zu Gast mit dem HC war ich bisher zwei mal. Vor zwei Jahren in London teilte ich mir für ein Wochenende eine kleine Wohnung mit dem Gastgeber und vier weiteren Gästen. Diesen August war ich dann für drei Nächte in Prag bei einem netten Pärchen zu Gast, das mir eines ihrer Betten überließ. Als Gast hat man natürlich außer der kostenlosen Übernachtung auch noch den Vorteil, dass man einen Ortskundigen zum Ausfragen hat.
Höhepunkte als Gastgeber waren sicherlich die größeren Gruppen, die wir hier hatten. Sechs Franzosen aus Lyon war wohl die Höchstzahl bisher. Da hatten wir jedoch zwei zu einer Nachbarin ausquartiert. Die gemeinsamen Abendessen, zu denen wir in unserer Küche französisch bekocht wurden, sind erinnerungswürdig. Ähnliches gilt für die vier Griechen und auch viele der dominierenden Nationalität – Deutsche. Negative Erfahrungen haben wir bisher keine gemacht, außer dass man mit gewissen Personen nicht auf einer Wellenlänge liegt, so dass man sich wenig zu sagen hat und sie vergisst, sobald sie aus der Tür sind.
Nun endlich zum Punkt: Auch mit meinen vier deutschen Gästen, die ich gestern für eine Nacht aufnahm, hatte ich eine gute Zeit. Wir gingen zusammen aus und da drei der vier Skandinavistik studierten, hatten wir etwas weitergehende Gesprächsthemen als die üblichen “Anfängerfragen” über Schweden. Lustigerweise redeten wir überwiegend Englisch, denn es war auch ein Schwede dabei, der kein Deutsch konnte und nicht alle der Gäste konnten Schwedisch.
Trotzdem füllten die Eigenheiten der schwedischen Sprache und ihre Dialekte einen nicht kleinen Anteil des Abends. Außerdem bekam ich ein weiteres Mal bestätigt, dass die kleinen Hochschulen (högskolor), die die Sozialdemokraten in den letzten zehn Jahren in viele Kleinstädte des Landes ausgestreut haben, nicht wirklich auf Universitätsniveau unterrichten. Zwei der vier studierten an einer solchen im Niemandsland zwischen Stockholm und Södertälje und wussten wenig Gutes zu berichten.
Sie hatten außerdem das Problem, das jeder hat, der nach Schweden kommt, um die Sprache zu lernen: Man muss schon recht gut Schwedische sprechen, damit der Gesprächspartner nicht sofort auf Englisch wechselt. Mein Tipp: Einfach konsequent weiter auf Schwedisch antworten – irgendwann leuchtet es ihnen ein.
Der Abend endete dann bei mir zu Hause mit schwedischer Musik und einem starken süßen Likör, den mir andere HC-Gäste irgendwann einmal aus Estland mitgebracht hatten. Falls ihr vier das hier lest, kann ich das Foto von euch hier auf diese Seite stellen? :)
Nachtrag: Die Erlaubnis kam:
Eine gasque (auch gask) ist ein studentisches Fest mit mehrgängigem Abendessen. Um den Hintergrund der Studentorganisationen zu verstehen und damit ich einige Begriffe nicht neu erklären muss, empfiehlt es sich, den älteren Artikel über Studentnationen gelesen zu haben. Wie schon in diesem, bezieht sich alles weitere vornehmlich auf Uppsala und ist zudem exemplarisch. In den wenigen anderen Studentenstädten kann es ähnlich sein, muss es aber nicht.
Vorab sei gesagt, dass Gasques nichts für traditionsscheue Gemüter sind. Wenn es einem aber nicht zu viel ausmacht, einen Anzug anzuziehen und vor dem Trinken zu singen, können Gasques sehr lustig sein, vor allem weil unter der bewussten traditionellen Fassade meist ein lockeres Fest gefeiert wird.
Gelegenheiten für Gasques gibt es viele und kleinere Nationen feiern oft gemeinsam, um die Festsäle in ihren Häusern zu füllen. Ein paar Beispiele für Gasques, die regelmäßig in Uppsala stattfinden, dann nicht selten in meheren Nationen gleichzeitig:
Reccegasque – für die Erstsemester.
Doktorandgasque – auch verschiedene studentische Untergruppen veranstalten Gasques, seien es die Doktoranden, Schwule und Lesben oder wer auch immer.
Wenn man sich entschlossen hat, zu einer Gasque zu gehen, muss man sich mehrere Wochen vorher bei der jeweiligen Nation anmelden und das Eintrittsgeld bezahlen. Das liegt meist bei wenigen hundert Kronen und deckt nicht viel mehr als die Kosten für Essen und die mit geringen Löhnen als Personal arbeitenden Mitstudenten. Eine wichtige Information, die man spätestens bei der Anmeldung haben sollte, ist das klädsel, also die Kleidervorschrift.
kavaj – Jackett. Das ist die formloseste der Alternativen. Jeans sind OK und Krawatte freiwillig. Frauen können da anziehen, was sie wollen. Kommt zum Beispiel bei Reccegasques zur Anwendung, um die neuen Studenten nicht gleich abzuschrecken.