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Öffnungszeiten

Auch wenn ich aus deutschen Medien davon noch nichts mitbekommen habe, scheinen die längeren Öffnungszeiten während der WM die Diskussion um das Ladenschlussgesetz neu anzufachen (S).

Mein ICA um die Ecke hat 365 Tage im Jahr von 8-23 Uhr geöffnet und es fällt schon auf, wenn man zurück nach Deutschland kommt, dass man mehr planen muss. Andererseits haben trotz der freieren Regelung in Schweden bei weitem nicht alle Läden länger auf als in Deutschland. Hier in Uppsala machen an Wochentagen die Geschäfte in der Fußgängerzone um 6 Uhr zu, dafür ist auch Sonntags von zwölf bis vier offen.

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Die Faulbaumfresser

Eingesponnenes FahrradHier in der Gegend von Uppsala, sind Faulbäume keine Seltenheit. Jeden Frühling, gerade wenn sie fertig ausgeschlagen haben, werden sie allerdings von Tausenden Larven völlig kahlgefressen und eingesponnen. Das Bild links zeigt ein Fahrrad, das unglücklich unter einem solchen Baum geparkt war und gleich mit eingesponnen wurde. Die Bäume erholen sich wohl recht gut nach dem Kahlfraß, aber viele Menschen finden dieses Schauspiel eklig, wenn es vor ihrer Haustür oder einem Fenster passiert. Anstatt diese eine Woche auszuhalten, fällt man jetzt aber die Faulbäume in einigen Wohngebieten.

Mehr Bilder vom letzten Jahr gibt es hier.

Nachtrag 090516: Die heißen gar nicht Faulbäume, sondern Traubenkirschen. Keine Ahnung, wie ich damals zu Faulbaum kam.

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Livets Ord

Gestern wurden drei jungen Schweden zu Haftstrafen verurteilt, weil sie einen Anschlag auf das Gebäude von Livets Ord verüben wollten.

Aus diesem Anlass hier ein paar Worte über diese Organisation, deren Hauptsitz Uppsala zu zweifelhafter Ehre gereicht. Der Name bedeutet “Wort des Lebens” und es handelt sich dabei um eine dieser neuapostolischen christlichen Vereinigungen mit charismatischen Predigern, wie sie in den USA stark verbreitet sind. Ein Überbegriff ist wohl Wort-des-Glaubens-Bewegung.

Natürlich geht es dabei um Geld und kräftige Spenden der Kirchgänger werden vorausgesetzt und wenn nötig per Gruppenzwang durchgesetzt. Jegliche Kritik ist selbstverständlich Satans Werk persönlich und wenn man nur macht, was der Leithammel sagt, wird alles gut. Nun könnte es einem ja prinzipiell einerlei sein, was andere Menschen glauben, solange sie einen damit in Ruhe lassen. Das Problem ist aber, dass solche Gruppen nach gesellschaftlichem Einfluss streben und diesen auch erreichen. Livets Ord unterhält zum Beispiel eigene Schulen und eine selbsternannte “Universität”. Wer mehr wissen will. kann hier weiterlesen, oder sich hier auf Schwedisch weiter abschrecken lassen.

Ich habe schon mehrere Male erwähnt, dass ich Schweden generell für säkularer und atheistischer halte als Deutschland. Ich weiß aber nicht, ob Vereine wie Livets Ord diesen Zustand ernsthaft gefährden oder nur die Ausnahme der Regel sind.

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Die schwedischen Rechtsradikalen

Das Thema Integration hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit in Deutschland erfahren. In Schweden ist die Situation wieder einmal besser: Es wird viel für die Integration der Ausländer getan und es zahlt sich z.B. insofern aus, als dass die Kinder von Einwanderern in ihren schulischen Leistungen lange nicht so weit zurückliegen wie ihre “Kollegen” in Deutschland und somit weniger häufig Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben werden. Auch die gefühlte Integration ist stärker und es kommt beispielsweise kaum vor, dass eine “ausländisch aussehende” Gruppe, die man auf der Straße trifft, nicht schwedisch miteinander spricht.

Erst heute morgen las ich (S) über das diesjährige Einwanderungsbarometer: 80% der Schweden finden es vorteilhaft für das Land, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander gemischt werden, und neun von zehn Schweden wollen in Schweden lebenden Menschen die gleichen Rechte wie Schweden geben. Obwohl die Integration oft als unzureichend angesehen wird, geht der Trend zu mehr Akzeptanz von Ausländern. Der frisch zum Feiertag erhobene Nationaldagen am 6.Juni wird unter anderem dazu benutzt, neu eingebürgerte Willkommen zu heißen.

Also alles in Butter? Leider nein.

Denn es gibt sie auch in Schweden: Nationalisten, Xenophobe, Rassisten und, ja, auch Neonazis. Ein Professor an der hiesigen Uni Uppsala, der sich mit Integrationsfragen beschäftigt, wurde erst neulich Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs. Es gibt auch Gruppen, die es gar nicht gern sehen, wozu der Nationalfeiertag genutzt wird (s.o.), und so gab es am Dienstag in Stockholm eine Demo der Rechtsextemisten. Es gab zwar eine Gegendemonstation der Linken, diese war aber kleiner. Die Polizei verhinderte Zusammenstöße der beiden Gruppen und nahm einen der Rechten wegen Volksverhetzung fest.

Die politische Partei der Nationalisten nennt sich Sverigedemokraterna, die “Schwedendemokraten”. Auf deren Agenda steht, wer hätte es gedacht, eine Rückbesinnung auf nationale Qualitäten, Begrenzung der Einwanderung, und so weiter – eben Schweden den Schweden in vielerlei Form. Obwohl sie in der wirklichen Politik eine sehr kleine Rolle spielen – sie kamen 2002 mit 1.4% der Stimmen nicht ins Parlament und sind nur in drei Kommunalvertretungen beteiligt – schaffen sie es regelmäßig in die Schlagzeilen.

Neulich wollten sie an Schulen Propaganda verteilen, was meines Wissens verhindert wurde. Entsprechende Postwurfsendungen wurden vorübergehend von Briefträgern boykottiert (S) und es gibt Aktivisten, die Aufkleber verteilen, die man sich an den Briefschlitz kleben kann, um keine solche Reklame zu bekommen und ein Zeichen zu setzen. Leider scheint es, als ob die Schwedendemokraten gerade bei (v.a. männlichen) jungen Menschen hinzugewinnen können und eine nicht-repräsentative, internetbasierte Testwahl (S) unter 15- bis 21-jährigen, die heute bekannt wurde, sah die Schwedendemokraten mit über 10% als drittstärkste Partei.

Dass die Wahl im Herbst so ausgeht ist zwar sehr unwahrscheinlich, trotzdem ist die Existenz und Sichtbarkeit der schwedischen Rechten betrüblich. Erfreulich ist es andererseits, dass ihr Rückhalt in der breiten Bevölkerung gering ist und viele ansonsten unpolitische Schweden aktiv und böse werden, wenn man sie auf die Schwedendemokraten anspricht.

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Hans Blix und die Waffen

Hans BlixHans Blix wurde der breiten Öffentlichkeit als UNO-Waffeninspektor im Zusammenhang mit der Suche nach Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen bekannt. Zur Erinnerung: Er fand keine, die USA glaubten das nicht und nutzten dies als Vorwand, den Irak anzugreifen, wo sie bis heute keine solchen Waffen gefunden wurden.

Hans Blix stammt aus Uppsala und hat hier auch studiert. Letztes Jahr hatte ich Gelegenheit, ihm bei einem Vortrag zuzuhören, bei dem unter anderem das Bild links entstand. Der sehr lesenswerte Text der damaligen Rede kann immer noch hier (pdf, englisch) heruntergeladen werden.

In einem aktuellen Bericht, den er heute der UNO übergeben wird (S), gibt er 60 Vorschläge zur weltweiten Abrüstung mit Schwerpunkt auf der Kernwaffenfrage. Er kritisiert erneut die USA und fordert sie auf, den Kernwaffenteststopp-Vertrag zu unterzeichnen. Außerdem schlägt er eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten vor.

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Schweden über Deutsche

Nachdem ich schon kurz über das Schwedenbild der Deutschen geschrieben habe, ist es nur fair und naheliegend, auch die Gegenseite zu beleuchten. Bevor sich jemand beschwert: Ja, ich weiß, dass die Punkte unten Klischees sind und bei weitem nicht von allen Schweden so gesehen werden. Allerdings ist die Liste nicht aus der Luft gegriffen, sondern spiegelt meiner Meinung nach schon das wider, was man so zu hören bekommt.

Schweden können es kaum vermeiden, sich ein Bild von Deutschen zu machen. Einerseits sind da natürlich die Touristen, die Jahr für Jahr zu Hauf in Schweden einfallen oder sogar ein Sommerhaus haben. Andererseits ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Schwedens und wird aufgrund seiner Größe zuweilen als übermächtig empfunden. Ich bin immer wieder überrascht, bei wie vielen Dingen im Ausland Deutsche ihre Finger im Spiel haben. Auch bei Studenten ist Schweden beliebt – beispielsweise sind fast die Hälfte (!) der rund 700 Austauschstudenten, die jedes Jahr nach Uppsala kommen Deutsche.

Nun denn, los geht’s: Deutsche…

  • ... stehlen Elchschilder. Sie sind ja schon beliebt bei Deutschen, aber seit es sie auch zu kaufen gibt, werden wohl weniger abmontiert und mitgenommen.
  • ... sind laut. Das klingt albern, stimmt aber im Vergleich mit Schweden und kann auf jedem Flug zwischen Deutschland und Schweden beobachtet werden.

  • ... sind Besserwisser und selbstherrlich. In Diskussionen können Deutsche leicht so wirken und das hat mit dem Jantelagen zu, über das ich schon einmal geschrieben habe.

  • ... kaufen den Schweden die Ferienhäuser am Meer weg und treiben die Preise hoch. Das stimmt wohl wirklich.

  • ... fahren schnell. In Schweden ist auf Autobahnen das Tempolimit 110 km/h und auf Landstraßen höchstens 90. In der Regel fahren Schweden nicht mehr als 20 zu schnell und wenn man von deutschen Autobahnen kommt, fühlt sich das ziemlich langsam an. Das Wort “Autobahn” wird gelegentlich von Schweden verwendet, aber dann meint man die berüchtigten deutschen Autobahnen.
  • ... sind weniger am Konsens orientiert, sondern folgen Hierarchien. Ja, ist glaube ich generell wahr, auch wenn es Ausnahmen gibt. Diese deutsche Eigenschaft wird von den Schweden eher negativ gesehen.
  • ... sind effizient. Die positive Kehrseite des letzten Punktes?
  • ... haben billigen Alkohol. Das ist zweifelsohne richtig und das wird auch von den Schweden im Süden gerne genutzt.
  • ... machen das bessere Bier und trinken auch viel davon. Ich finde, dass schwedisches Bier gar nicht so schlecht ist wie sein Ruf.
  • ... tragen Lederhosen. Das fällt wohl in die Kategorie “Wir wissen, dass das eigentlich nicht so ist!” wird aber immer wieder lustig gefunden, so z.B. in der aktuellen Siba-Werbung.
  • ... ernähren sich von Wurst und Sauerkraut. Gleiche Kategorie, aber wenn man nach langem mal wieder nach Deutschland kommt, merkt man, dass dort die Wurstkultur wirklich viel ausgeprägter ist.
  • ... hören Modern Talking, David Hasselhoff und Blümchen. Die Sünden des deutschen Musikgeschäfts werden wahrgenommen.
  • ... können aber auch gute Musik machen, z.B. Synth (Einstürzende Neubauten, Kraftwerk). Auch Rammstein sind populär in Schweden.
  • ... tragen Schnurrbart und Hockeyfrilla. Die Frisur sieht man nur noch selten, aber der Schnurrbart bleibt ein Erkennungsmerkmal.
  • ... sind zuverlässig und pünktlich. Hmmm, ja.
  • ... haben ein veraltetes Frauenbild. Wenn man vor Kurzem die Diskussionen zum Elterngeld in Deutschland verfolgt hat, kann man da wohl nur zustimmen.
  • ... *lieben Vorschriften und Verbote*. Das Wort “verboten” wird sogar gelegentlich scherzhaft anstatt des schwedischen verwendet. Hier macht man das etwas subtiler, z.B. gibt es an gewissen Plätzen rund um unser [Physikgebäude](http://www.angstrom.uu.se/helikopter/heli.html) Schilder mit “Rauchen erlaubt”, was ja impliziert, dass es anderswo unerwünscht ist. :-)

    Zum Schluss noch ein Gruß an die Leute aus dem Schwedenforum, von denen eigene [aus eigener Erfahrung erzählt haben](http://schwedenforum.de/viewtopic.php?p=12919&postdays=0&postorder=asc&start=0).
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St:Johannesgatan

St:Johannesgatan

Straßenbild in Uppsala mit dem Dom im Hintergrund.

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Wort der Woche: Bostadsrätt

Zur Miete leben oder ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung besitzen – das sind die die Wohnmöglichkeiten, die es in Deutschland gibt. Bei einer Eigentumswohnung besitzt^1^ man auch wirklich den Teil des Hauses, zusammen mit einem Teil des Grundstücks, auf dem es steht.

In Schweden kann man natürlich auch Hauseigentümer sein oder in Miete wohnen, es gibt aber auch eine Mischform zwischen Miete und Eigentum, das sogenannte Bostadsrätt, zu Deusch Wohnrecht. Große Wohnhäuser in Städten gehören in der Regel Gesellschaften (Bostadsrättsföreningar) und um in einer solchen Wohnung zu leben, muss man das Wohnrecht kaufen. Die Preise variieren stark je nach Lage und Beschaffenheit der Wohnung, liegen aber auf dem Niveau von Eigentumswohnungen und somit ohne weiteres in Millionenhöhe^2^.

Das Bostadsrätt kauft man (über Makler) vom Vorbesitzer, es ist also Handelsware und unterliegt den Schwankungen des Wohnungsmarktes. Wenn man ein Wohnrecht gekauft hat, hat man genau das, nämlich das Recht, dort unbegrenzt zu Wohnen. Man zahlt aber trotzdem noch Miete an die Gesellschaft, der die Immobilie gehört. Davon werden ein Teil der Nebenkosten (in der Regel Wasser, Müll, Heizung) und der Unterhalt des Hauses abgedeckt, also z.B. auch der Hausmeister. Diese “Mieten” sind geringer als in einer gleichwertigen Mietwohnung, liegen aber über den laufenden Kosten einer ähnlichen Eigentumswohnung in Deutschland.

Bisher sind “richtige Eigentumswohnungen” wie in Deutschland üblich hierzulande nicht erlaubt. Viele haben keine andere Wahl als ein Wohnrecht zu kaufen, weil ein sehr viele Stadtwohungen Bostadsrätter sind und man auf Mietwohnungen oft lange in der Warteschlange stehen muss.

Der Vorteil des Wohnrecht gegenüber Eigentumswohnugen ist, dass man sich nicht selbst um Reparaturen und dergleichen kümmern muss und auch sonst liegt die Verantwortung für alles, was nicht nur die eigene Wohnung betrifft bei der Genossenschaft. Dort hat man auf der Jahresversammlung Stimm- und Motionsrecht und kann so Einfluss nehmen. Andererseits muss man Entscheidungen des (aus den Eignern gewählten) Vorstandes auch akzeptieren und so kann es passieren, dass man auch größere Reparaturen über sich ergehen lassen muss.

In der Regel nimmt man für den Kauf eines Wohnrechts natürlich einen Kredit auf und solange die die Preise kontinuierlich steigen, macht man beim Verkauf nach einigen Jahren einen Gewinn. Wenn man es durchrechnet, kann es durchaus sein, dass die Zinsen plus Abgabe an die Genossenschaft in der Summe geringer sind als eine vergleichbare Mietwohnung, so dass sich der Kauf auch lohnt, wenn man (bis zum Wiederverkauf) gar nichts vom Kredit zurückzahlt.

Es ist finde ich ein wichtiger Vorteil für den Markt, dass durch dieses System der einzelne Wohnungseigentümer an weniger denken muss. Das Kaufen und Verkaufen wird einfacher, was den Markt belebt. Natürlich geht es in der Summe um sehr viel Geld und Maklerbüros gibt es zuhauf.

Die wohl größte Einschränkung bei Wohnrechten ist, dass man nicht weitervermieten darf. Man muss sein Wohnrecht selbst nutzen. In Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn man vorübergehend ins Ausland geht, kann man beim Genossenschaftsvorstand die Erlaubnis zum Untervermieten einholen.

-Ich wohne zur Miete in einer Siedlung mit Studentenwohnungen und finde Bostadsrätter immer noch etwas seltsam.-

Ich habe obigen Text gerade (090501) leicht überarbeitet, weil ich mittlerweile selbst ein solches Wohnrecht besitze.

[1] Es gibt ja einen Unterschied zwischen besitzen und Eigentümer sein, aber ich verwende in diesem Artikel ersteres in der Bedeutung des letzeren, aus Gründen der Einfachheit und weil es zu Eigentum kein gutes Verb gibt.

[2] Eine Krone sind etwa 11 Euro-Cent.

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Wort der Woche: Valborg

Valborg ist der alte Name der heiligen Walburga, nach der auch die Walpurgisnacht benannt ist, die Nacht auf den 1. Mai. Diese, und auch der zugehörige Tag davor, wird in Schweden Valborgsmässoafton genannt, oder in der gebräuchlichen Kurzform einfach Valborg.

Heute ist Valborg, oder auch – schlicht nach dem Datum – sista April.

Im Allgemeinen ist das in Schweden kein großes Fest – es werden lediglich hie und da Maifeuer angezündet. In den Studentenstädten Uppsala und Lund hat sich am sista April aber eine recht spezielle Tradition entwickelt, die Valborg zweifelsohne zu einem der Höhepunkte des hiesigen Studentenlebens macht. Da auch der nichtstudentische Teil der Stadt auf der Straße ist, ist Valborg einer der lebendigsten Tage in Uppsala und man feiert in ausgelassener Stimmung den lange erwarteten Frühling. Im Folgenden will ich einen typischen Ablauf an Valborg nachzeichnen und mit Bildern aus den letzten Jahren illustrieren.

Nachtrag: Die Bilder von diesem Jahr sind jetzt auch online.

Es beginnt schon an den Tagen vorher mit den Vorbereitungen. Sofern man nicht am Bootsrennen oder einer anderen Aktivität teilnimmt, muss man zumindest vorsorglich seine Getränke kaufen. Denn auch wenn Valborg nicht wie dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, hat der Systembolaget geschlossen, um sich vor anstürmenden Studentenmassen zu schützen. Desweiteren ist es ratsam, das Essen (s.u.) voher einzukaufen und die Kartoffeln zu kochen.

Der Tag an Valborg selbst zerfällt normalerweise in sechs Abschnitte: Sektfrühstück, Bootsrennen, Heringessen, Rektor beim Mütze aufsetzen zuschauen, Champagnegalopp in den Nationen und als Abschluss ein Grillfest oder beliebige andere Abendaktivität.

Sektfrühstück: Wie der Name schon sagt, beginnt der Tag schon mit Alkohol. Dazu meist die ersten Erdbeeren des Jahres oder andere Früchte und ein Magenfüller, z.B. viel Brot und Käse. Eine Tradition, die ich bisher immer ausgelassen habe, ist Haferbrei mit Whisky. Man trifft sich meist in einer Gruppe, entweder privat in den Studentenheimen oder bei schönem Wetter wie heute im Park zum Picknick.

Bootsrennen Bootsrennen: Ab 10 Uhr bewegt man sich Richtung Fyrisån, dem hiesigen Fluss, denn dort kann man bizarr gekleideten Studenten dabei zusehen, wie sie auf selbstgebastelten Booten den Fluss hinuntertreiben. Es gibt kleine Wasserfälle an zwei Stellen, an denen einige der meist aus Styropor bestehenden Boote in ihre Teile zerfallen. Die Besatzungen verhalten sich dem Thema ihres Bootes entspechend (siehe Bild) oder bekämpfen sich und die zahlreichen Zuschauer mit Wasserpistolen. Es werden nicht alle Boote gleichzeitig losgeschickt, sondern schön der Reihe nach, so dass das Spektakel bis nach zwölf Uhr dauert. Dieses Jahr dürfte es besondern witzig werden, weil der Fluss wegen der späten Schneeschmelze heuer viel mehr Wasser führt als üblich. Das macht nicht nur die kleinen Stromschnellen noch gemeiner, sondern auch den Platz unter der letzten Brücke wirklich niedrig. Spaß für die Zuschauer und viel Arbeit für die Taucher, die zur Sicherheit im Wasser ausharren, ist also vorprogrammiert.

BootsrennenHeringessen: Wenn man sich an den Booten sattgesehen oder erst gar keinen Platz am Ufer ergattert hat, begibt man sich an den Schlosshügel (_Slottsbacken_) oder nahegelegene Parks, wo man sich dicht gedrängt mit anderen Gruppen niederlässt und sein Picknick aufschlägt (siehe Bild). Wie auch schon während des Bootsrennens, trinkt man v.a. Bier um diese Zeit. Zum Mittagessen gibt es eingelegte Heringe (_Sill_) in verschiedenen Soßen und dazu die vorgekochten Pellkartoffeln. Zum Sillunch gehört auch notwendigerweise ein Glas schwedischer Snaps [1], dessen brennenden Geschmack man mit mehr Bier nachspült.

Mützeaufsetzen: Bis zum frühen Nachmittag harrt man dann vor Ort aus, denn dann findet das nächste Ereignis statt. Direkt neben den Schlosshügel liegt die Unibibliothek und die Straße führt geradewegs den Hügel hinauf auf das Gebäude zu. Um 15 Uhr kommt der Rektor der Uni auf den Balkon und gibt eine kurze, jedes Jahr identische Rede, bevor er seine Studentenmütze aufsetzt und Tausende von Menschen, die sich vor der Bibliothek versammelt haben, es ihm gleichtun. Für pathetisch Gestimmte sicherlich ein erhebender Anblick.

Champagnegalopp: Danach ist keine Zeit zu vertrödeln, denn jetzt ist Champagnegalopp. Das bedeutet nichts anderes, als dass man sich, um lange Wartezeiten in der Schlange zu vermeiden, auf dem schnellsten Weg in eine der Nationen [2] begibt. Dort trinkt man überteuerten billigen Sekt, trifft die Leute, die man den ganzen Tag verpasst hat und feiert bis zum frühen Abend. Wir gehen meist zu Uplands Nation, weil es dort einen sehr gemütlichen Garten zum draußensitzen gibt.

Abends: Ab 18 Uhr wird man aus den Nationen wieder hinausgeworfen, denn es muss die Party am Abend vorbereitet werden. Zu dieser Zeit scheiden sich die Wege und es gibt keine vorherrschende Aktivität für den Abend, aber umso mehr Möglichkeiten. Sehr populär sind Grillfeste rund um die Studentenviertel. Es soll auch vorkommen, dass man sich im Laufe des Tages etwas am Alkohol übernommen hat und deshalb abends nicht mehr gesellschaftsfähig ist, was allerdings auf schlechte Planung schließen lässt.

Zum Abschluss soll darauf hingewiesen sein, dass der eben beschriebene Ablauf zwar typisch ist, aber eben doch nur eine von mehreren Varianten. Ja, es wird viel Alkohol getrunken an Valborg, aber wie ich schon einmal erwähnt habe, ist es in der schwedischen Trinkkultur eher üblich, zu bestimmten Gelegenheiten viel zu trinken, als regelmäßig. Valborg markiert die Ankunft des Frühlings, nicht nur symbolisch, sondern auch insofern, dass jetzt wirklich mehr als nur die ersten Blumen blühen und auch Bäume sehr bald ausschlagen werden. Nach einem halben Jahr Winter ist das allemal ein Grund zu feiern!

[1] Natürlich ist das das gleiche Wort wie Schnaps, aber bei schwedischem Snaps handelt es sich um stark gewürzten Branntwein, auch Aquavit genannt.

[2] Nationen sind nach schwedischen Landstrichen aufgeteilte Studentenhäuser, historisch den Verbindungen in Deutschland nicht unähnlich, aber ohne politische Ausrichtung. Jeder, der in Uppsala studiert, ist Mitglied einer der 12 Nationen.

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