Diese Weihnachtsbleuchtung hängt tatsächlich immer noch.
Schweden ist eines der säkularsten Länder der Welt und nur 23% der Bevölkerung sagen von sich, dass sie an einen Gott glauben. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier extremchristliche “Freikirchen”, die sich wörtlich an die Bibel klammern und allerlei kritikwürdige Ansichten haben.
Eines der größeren Beispiele hat sein Hauptquartier hier in Uppsala, nennt sich Livets Ord (wörtlich “Das Wort des Lebens”) und wurde an dieser Stelle schon des öfteren erwähnt. Gestern Abend gab es eine öffentliche Debatte zwischen Christer Sturmark, dem Vorsitzenden des säkular-atheistischen Vereins Humanisterna (bei dem ich aktives Mitglied bin), und Ulf Ekman, dem Gründer und von seinen Anhängern päpstlich verehrten Gründer von Livets Ord.
Ekman ist nicht dafür bekannt, Kritik gut zu ertragen, aber er wähnte sich wohl siegessicher auf heimischem Boden. Die gut einstündige Debatte fand nämlich in der Kirche von Livets Ord statt, vor mehreren tausend Leuten, von denen ein Großteil zu seiner Gemeinde gehörte – dem ungleich verteilten Applaus zu Beginn nach zu urteilen. Doch es kam ziemlich anders, denn Sturmark verstand es, die Diskussion auf dem Boden der Tatsachen zu halten und zahlreiche Beispiele für die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen von Religionen zu nennen, anstatt die persönlichen Erlebnisse und Überzeugungen anzugreifen, mit denen Ekman zu erwidern versuchte. Sturmark nutzte vor allem seine Redezeit besser und inhaltsreicher, so dass Ekman auf mehr zu antworten hatte, als er mit seiner ausufernden Art Zeit hatte, und deshalb in die Defensive geriet. Trotzdem blieb die Stimmung sehr freundlich.
Sturmark bediente sich eifrig, fast dreist, bei den ausgefeilten Beispielen, Vergleichen und Argumenten von Richard Dawkins und seinem Buch Der Gotteswahn. Für eingefleischte Atheisten gab es deshalb nichts Neues, aber es ist nicht schwer vorstellbar, dass vielen im Publikum diese Sicht der Dinge neu war – nicht zuletzt der großen Zahl junger Leute, die auf der Livets Ord-eigenen Schule bevorzugt die religiöse Sicht der Welt zu hören bekommen. Und so war der Eindruck, den ich vom Publikum bekam, tatsächlich, dass die Mehrheit sich zumindest teilweise auf Sturmarks sympathisch-witzige Art einließ und den Eindruck bekam, dass der Mann keinen Unsinn redet und dass Atheisten nicht, wie oft in solchen Kreisen porträtiert, amoralisch und in die andere Richtung dogmatisch sind.
Ich meine sogar, dass der Applaus nach den jeweiligen Schlussplädoyers zugunsten von Sturmark stärker war und ich vermute, dass ein Teil der Zuhörer eine Weile am Gesagten zu denken haben. Ich ging zumindest zufrieden nach Hause und fühlte meine Ansichten von Sturmark gut vertreten.
Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann im Netz angesehen werden (Alternative). Außerdem war das staatliche Fernsehen da und wird die Debatte mindestens einmal ausstrahlen (Freitag morgen auf SVT2). Eine sehenswerte Stunde für alle, die Schwedisch können.
Zuletzt noch der Link zum Text von Tuffe Uffe, einem parodistischen Lied über Ekman von Uplands Nations Studentenorchester, und ein Bild der beiden Kontrahenten:
Das schwedische Wort lov hat vier Bedeutungen: Erlaubnis, Lob, Versprechen und Ferien.
In Verbindung mit Sport ist es die letztgenannte, die zählt. Es handelt sich beim sportlov also um eine Woche Schulferien, die in dieser Zeit des Jahres liegen. Ursprünglich (in den 1940ern) ging es darum, Heizmaterial in den Schulen zu sparen und man nannte die Woche noch kokslov. Heutzutage wird die Gelegenheit vielerorts für wintersportliche Aktivitäten genutzt. Als Nicht-Schüler und Nicht-Elter bekomme ich davon zugegebenermaßen wenig mit, die spätnachmittäglich eh schon überfüllten Pendlerzüge zwischen Stockholm und Uppsala müssen jedoch während des sportlov zusätzlich die Familien mit Kindern aufnehmen, die von diversen Ausflügen heimkehren.
Nicht zuletzt um Verkehr und Wintersportorte nicht zu konzentriert zu fordern, sind diese Ferien nicht überall zur gleichen Zeit, sondern sind übers Land auf mehrere Wochen verteilt. Uppsala hatte beispielsweise letzte Woche sportlov, Stockholm diese.
Zugegeben, es ist unwahrscheinlich, aber wenn vorhin jemand zufällig Radio Uppland, das Lokalradio des schwedischen Rundfunks für die Gegend um Uppsala, gehört hat, dann durfte er mir zuhören, wie ich etwas über die Mondfinsternis heute Nacht erzählt habe.
Es sind solche kleinen Dinge, die den Alltag als Astronom beleben. Das Radio ruft jemanden bei uns an und will etwas zu einem bestimmten Thema wissen. Der Angerufene glaubt, er wüsste dazu nichts und klappert die Nachbarbüros nach jemandem ab, der das übernehmen will, und da ich wohl den Ruf habe, zu allem irgendwie halbwegs vernünftigen Senf abgeben zu können, landet es bei mir. Die Moderatorin ruft mich kurz darauf an und eröffnet mir, dass ich doch kurz dranbleiben soll, bis wir gleich live auf Sendung gehen. Obwohl ich etwas überrumpelt war, habe ich mich ganz gut geschlagen, glaube ich. Nicht zuletzt, weil ich noch schnell spicken konnte.
Eisformationen im Hågaån bei Uppsala vor zwei Jahren. Heuer sieht man so etwas nicht; seit Weihnachten hatten wir fast durchgehend um null Grad und gestern lag sogar ein Hauch Frühling in der Luft. Das ist natürlich trügerisch und es kann immer noch richtig kalt werden. Der Winter ist wie der Schurke in einem schlechten Film; egal wie oft man glaubt, er sei endlich tot, er steht immer noch einmal auf.
Im November hatten wir Schnee für ein paar Wochen. Seitdem nichts. Der ganze Dezember und Januar waren schneefrei bis auf wenige Tage, die jeweils gleich wieder von regnerischem Grau abgelöst wurden. Das ist einigermaßen ungewöhnlich, auch wenn Uppsala nicht für große Schneemengen bekannt ist. Letztes Jahr gab es zum Beispiel zwischen Neujahr und Anfang März kein Tauwetter, sondern geschlossene Schneedecke und Kälte.
Heute schneit es zwar und sind schon fast zehn Zentimeter zusammengekommen, aber laut Wetterbericht wird sich auch das nicht lange halten. Immerhin ließ mich das Schneegestöber heute morgen den Bus dem Fahrrad vorziehen. Dieser blieb dann prompt an einem Hügel hängen und es kam die wohl üblichste Winterstimmung unter Schweden auf: Winter ist lästig, unpraktisch und man will ihn loswerden.
MySQL ist die Datenbanksoftware unter der in Kombination mit Linux, dem Webserver Apache und der Skriptsprache PHP zahlreiche Internetanwendungen laufen – auch dieses Blog. Obwohl MySQL freie Software ist, wird es von der MySQL AB auch kommerziell vertrieben.
Und diese schwedische Firma mit Sitz hier in Uppsala wird jetzt von Sun Microsystems für eine Milliarde US-Dollar übernommen.
Es ist kalt hier. Tagsüber etwas über minus 10 Grad, nachts darunter. Der Himmel ist überwiegend klar und die Sonne scheint für die wenigen Stunden, die sie es über den Horizont schafft. Es liegt zwar kein Schnee, aber der Frost überlebt die schwachen Sonnenstrahlen und wird Tag für Tag mehr, sodass trotzdem alles weiß von Eiskristallen ist.
Das ist sehr schön anzusehen, wenn man morgens dick eingepackt zur Arbeit radelt. Ab und zu bleibt man dann trotz der Kälte stehen und holt die Kamera heraus.