Tagged with uppsala

Zwei Professoren weniger

Es war im Februar diesen Jahres, dass der neue Direktor der hiesigen und ältesten nordischen Universität, Anders Hallberg, zwei Mathematikprofessoren das Messer auf die Brust setzte und ihnen die freiwillige Kündigung nahelegte. Ansonsten würden Disziplinarmaßnahmen eingeleitet. Konkrete Vorwürfe wurden nicht vorgelegt.

Anlass waren wohl interne Querelen im mathematischen Institut und die Begründung des Rektors beinhaltete die Illoyalität, sich den Vorgaben zu einer Forschungsrichtung zu beugen. Zuerst kochte nur die interne Gerüchteküche – auch herüber zu uns Astronomen – und es war zum Beispiel davon die Rede, dass Hallberg ein Treffen barsch beendete, weil er auf Schwedisch als Umgangssprache bestand und einer der beiden Betroffenen keine Schwede war.

Langsam wurde die Geschichte bekannt und einer der beiden Professoren kritisierte den Rektor öffentlich. Die Lokalpresse sprang darauf an (siehe Links unten oder diesen Leserbrief eines unserer Astro-Profs) und auch innerhalb des internationaler Mathematikerkreise sorgte die Sache für Empörung. Es zeigte sich nicht nur, dass die Vorwürfe des Rektors wenig Substanz hatten, sondern auch, dass kaum jemand anders das harte und erpresserische Vorgehen gut hieß.

Als ich heute morgen dann in der Zeitung an prominenter Stelle einen Artikel mit der provokanten Überschrift Die Universität Uppsala muss dichtgemacht werden sah, war klar, dass es um diese Geschichte ging. Ein Professor aus Göteborg legt sehr geschickt dar, was eine Universität ausmacht, nämlich die Freiheit, Wissen zu suchen, ohne die Einflussnahme politischer, ideologischer, wirtschaftlicher, religiöser oder sonstiger Mächte.

Zusammen mit einem anderen Fall, in dem nachgewiesen falsche, aber politisch opportune Forschungsergebnisse nicht zu Konsequenzen geführt haben, habe die UU diese Grundsätze verletzt und deshalb nicht mehr verdient, “Universität” genannt zu werden. Sie gehöre geschlossen, denn die Erniedrigung zur Hochschule sei gegenüber den anderen Hochschulen unfair.

Dazu wird es natürlich nicht kommen, aber der Artikel hat ziemlich eingeschlagen und ist als Weckruf sicher gesund. Schade nur, dass es kein Professor aus Uppsala war, der ihn geschrieben hat. Die Wirkung wäre noch stärker gewesen und gleichzeitig wüsste man dann, ob der Rektor Illoyalität wirklich als Kündigungsgrund ansieht.

Hier noch die Artikel aus der Lokalredaktion des schwedischen Rundfunks, die ich im Laufe der Zeit gesammelt, aber dann doch nie im Detail zusammengeschrieben habe:

http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1399776
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1398317
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1356535
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1195920
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?Artikel=1396286
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1404922
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1406203
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1407298
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1410876
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1412576
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?Artikel=1396286
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1445066
http://www.sr.se/cgi-bin/uppland/nyheter/artikel.asp?artikel=1472301

Tagged , , , ,

Studenteneinfall

Außer dass sie einem an der Uni über den Weg laufen, gibt es zwei eindeutige Zeichen, dass die Studenten nach Uppsala zurückgekehrt sind: Der Flogstaschrei ist wieder jeden Abend deutlich zu vernehmen und das Studentennetz ist merklich langsamer – nicht jeder scheint mit 10Mbit in beide Richtungen vernünftig umgehen zu können. Auch die Zeit, in der man ohne Probleme eine freie Waschmaschine im Waschhaus fand, dürfte vorbei sein.

Tagged , , , ,

Seltenheitswert

Ist es nicht erstaunlich, dass Leute in Scharen herbeiströmen, sobald es etwas Seltenes zu sehen gibt? Zum Beispiel die Riesenseerose victoria cruziana, die im Botanischen Garten von Uppsala in einem eigenen Anbau des Gewächshauses lebt. Die Pflanze blüht nur kurze Zeit im Jahr, jede Blüte zwei Nächte lang; die erste Nacht weiß, die zweite rot. Das Haus hat wegen dieses “Spektakels” jedes Jahr längere Öffnungszeiten.

Ob die Allgegenwart Linnés zu seinem 300. Geburtstag das Interesse am Grünen neu geweckt hat, weiß ich nicht, aber alleine gestern Abend waren über fünfzig Leute da, um vergeblich darauf zu warten, dass eine Blüte zwischen den riesigen Blättern auftaucht und sich öffnet.

victoria cruziana mit
Zuschauern

Tagged , , , ,

Austauschblogger

Die Austauschstudenten für dieses Semester sind schon wieder in der Stadt und nehmen am Sprachkurs und verschiedenen Einführungsveranstaltungen teil. Wenn ich mich recht an 2001 erinnere, als ich selbst in dieser Situation war, geht es vor allem darum, das schwedische System der Universität grob zu durchschauen, die Kurse, die einem zusagen, zu wählen, sich eine Nation auszusuchen und sich mit so vielen anderen Austauschstudenten wie möglich bekannt zu machen und zu feiern.

Als ERASMUS-Student nach Uppsala zu kommen, ist denkbar einfach. Man bekommt ein Zimmer in einer der Studentensiedlungen gestellt und viele Kurse werden auf Englisch gehalten, sobald ein Student dabei ist, der kein Schwedisch kann. Es kommen jeden Herbst einige Hundert Austauschstudis hierher und meines Wissens sind Deutsche mit über einem Drittel die größte Gruppe. Die Nationen haben sogar jeweils eigene Personen, internationell sekreterare genannt, die versuchen, die Gäste einzubinden und eigene Veranstaltungen und Ausflüge organisieren.

Einige der deutschen Studenten schreiben auch Blogs, meist um den Daheimgebliebenen einen Eindruck von der Zeit im Ausland zu geben. Die Seiten vom letzten Jahr habe ich erst vor kurzem aus der Liste mit Blogs, die ich lese, geworfen, weil sie nicht mehr aktualisiert wurden. Leider war es nicht selten so, dass – nach einigen anfänglichen Beiträgen – Stille im Blog herrschte, aber vielleicht ändert sich das ja dieses Jahr.

Das erste frische Austauschblog, auf das ich heute aufmerksam wurde, ist unter vanessa84.wordpress.com zu lesen.

Tagged , , ,

Füße und Räder

Wenn man ein Fahrrad sein halbes Leben lang gehabt hat, wächst es einem ein wenig ans Herz. Da macht es nichts, dass es aus dem Baumarkt war und dass ich mich schon so oft damit herumgeärgert habe. Ich hatte es schließlich schon zwei Mal nach Schweden importiert und außer dem Rahmen alles schon einmal ausgetauscht, meist selbst und damals in Heidelberg mit Hilfe der URRmEL. Grob geschätzt bin ich alleine in meiner Zeit in Schweden 10.000 Kilometer damit gefahren und es sah immer so schmutzig und zusammengestückelt aus, dass es mir nie jemand stahl.

In letzter Zeit kam mir jedoch immer häufiger der Gedanke, ein neues zu kaufen. Es standen wieder einmal lange aufgeschobene Reparaturen an und das eingerostete Gelenk der Lenkstange – man bekam starke Arme in Kurven – hielt ich für den letzten Sargnagel, der sich immer tiefer einschlug.

Und als ich dann gestern Nacht aus einem Vorort ganz am anderen Ende der Stadt für gut anderthalb Stunden nach Hause laufen musste, weil ich wieder einmal einen Platten hatte, reichte es. Vorhin habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft.

Die schwedische Traditionsmarke Skeppshult war mir schon länger aufgefallen. Dass das hochwertige Räder sind, sieht man ihnen an, wirkt sich aber natürlich auch auf den Preis aus. Das, das ich wollte^1^, ein klassisches Herrenrad mit schmalem Stahlrahmen, 8-Gang Nabenschaltung, Trommelbremse auch vorne und Nabendynamo, kostete dann auch gleich 7000 Kronen (750 Euro) neu. Von der Ausstattung her ähnliche Räder anderer Marken bekommt man für knapp 5000 – kein kleiner Unterschied.

Als mir der Händler dann aber das Exemplar von Skeppshult, auf dem sie Leute probefahren ließen, für 5500 Kronen anbot und ich ihn noch auf 5000 herunterhandelte, wurde es doch dieses. Jetzt muss ich nur noch meinen Ledersattel vom alten ummontieren. Ich hoffe ja sehr, dass das neue auch wieder 15 Jahre hält und mir hier in der Stadt des Fahrradklaus nicht abhanden kommt.

^1^Wer es genau wissen will: auf der Homepage auf “Modellprogramm” “herr” klicken, dann auf das “Elit” oben rechts und dann in der Reihe unten auf das dritte. Dass es auf der Homepage auch technische Anleitungen für Reparaturen gibt, machte mir Skeppshult neulich noch sympatischer.

Tagged , , ,

S:t Eriks torg och källa

Platz und Quelle des Hl.
Erik

Platz und Quelle Eriks des IX., alias Erik der Heilige, direkt unterhalb des Doms in Uppsala, wo er auch begraben liegt.

Tagged , ,

Hågahögen

Der
Hågahügel

Der Hügel im Hågadalen, dem Tal des Håga-Flüsschens ganz in der Nähe hier, ist ein etwa 3000 Jahre alter Grabhügel, angeblich von König Björn. Damals war der Platz eine Landzunge des Seegebiets Mälaren, das von der immer noch anhaltenden Landhebung nach der Eiszeit weiter zurückgedrängt wurde und wird. Heute ist das Wasser viele Kilometer entfernt.

Tagged , , ,

Wort der Woche: Lennakatten

Zugegeben, es ist kein allgemeines schwedisches Wort, das jeder kennt. In und um Uppsala schon eher – es handelt sich nämlich um eine regionale Sehenswürdigkeit, von der ich zwar seit meinem ersten Jahr hier weiß, zu der ich es jedoch erst gestern erstmals geschafft habe. Es geht um historische Eisenbahnen, genauer gesagt Schmalspureisenbahnen.

Die Lennakatten ist eine solche und ihre Linie führt von Uppsala 33 Kilometer gen Osten durch Uppland. Wegen des Umbaus am Hauptbahnhof wurde der Startpunkt für die Reise für fünf Jahre ein paar hundert Meter weiter entlang der Strecke an einen eigens errichteten provisorischen Mini-Bahnhof errichtet, aber auch im neuen Bahnhof wird der historische Zug wieder einen eigenen Bahnsteig bekommen.

Eine der zahlreichen Stationen an kleinen Ortschaften entlang der Strecke ist Lenna und damit wäre der erste Teil des Namens erklärt. Warum sich ausgerechnet die Katze (schw. katten) als Bezeichnung für die Museumseisenbahn eingebürgert hat, konnte ich aber weder der Broschüre noch der Homepage des Vereins entnehmen. Diesen Zusammenschluss von Eisenbahnenthusiasten gibt es seit bald 40 Jahren und er unterhält einen beachtlichen Fuhrpark an Dampf- und Dieselloks, Wagen und Kuriositäten wie dem Schienenvolvo. Die Werkstatt, die sich neben dem Unterhalt der einsatzfähigen Gefährte auch kompletten Restaurationsarbeiten widmet, wird ebenso von Freiwilligen geführt wie Fahrten selbst, stilecht mit alten Uniformen und Fahrkartenknipser übrigens. Das nötige Geld kommt von Touristen wie uns, die sich in den alten Zügen durch die Gegend schaukeln lassen wollen.

Es war Lok Nr. 5, genannt Thor und 1909 in Falun gebaut, die uns gestern auf der Hinfahrt antrieb. Zurück ging es in einem schätzungsweise halb so alten Schienenbus. Bilder nach dem Klick…

“Thor” von der Seite:
Die Lokomotive
Thor

Und von vorne:
Die Lokomotive
Thor

Schaffner und Wagen:
Schaffner und
Wagen

Abfahrt:
Schaffnerin winkt zur
Abfahrt

Der Schienenbus:
Der
Schienenbus

Aus dem Fenster des Schienenbusses:
Der
Schienenbus

Tagged , , , ,

Pleite bei Astoria-Kino

Der Fabian kam mir zuvor, den Konkurs des schwedischen Kinobetreibers Astoria zu kommentieren.

Mir bleibt daher nur hinzuzufügen, wie ich erst vorgestern überrascht festgestellt habe, dass das Royal in Uppsala seit letzten Herbst schon zu SF gehört, das damit hier – von zwei sehr kleinen unabhängigen Kinos abgesehen – ein Quasimonopol innehat. Die Lokalzeitung UNT berichtet auch.

Tagged , , , ,

Weinbergschnecken

Wenn es, wie zur Zeit, viel regnet und die Wege nass sind, wagen sich unzählige Weinbergschnecken aus ihren Verstecken. Auf den Radwegen außerhalb des Zentrums von Uppsala, die ich täglich benutze, ist dann Slalom angesagt, um sie nicht zu überfahren. Das gelingt angesichts der hohen Anzahl nicht immer und ich bin meinem MP3-Player dankbar, dass er mir das knackende Geräusch der Schneckenhäuser erspart. Ich gehe davon aus, dass auch die anderen Radler versuchen, die Tierchen zu verschonen; trotzdem ist der Weg mit Leichen gepflastert.

Tagged , , ,