Tagged with Urheberrecht

Neues von den Piraten

Dass letzten Mittwoch die Server von thepiratebay.org beschlagnahmt wurden und sie damit aus dem Netz verschwand, habe ich ja schon geschrieben und auch versucht die ersten Reaktionen aufzufangen. Seitdem haben sich die Wogen zwar etwas geglättet, aber das Thema hält sich in den hiesigen Medien. Deswegen hier ein Update zu einigen Punkten:

  • Die Webseite thepiratebay.org ist schon seit Samstag wieder online. Die Betreiber hatten Backups ihrer Daten und nutzten die zahlreichen Hilfsangebote Außenstehender, um den Betrieb schon nach drei Tagen wieder aufzunehmen – diesmal auf mehrere Orte und Länder verteilt. Ganz im Stile früherer Frechheiten gegen juristische Androhungen zerschießt das Piratenschiff im Logo jetzt das Hollywood-Schild.
  • Die Interessenvertretung der amerikanischen Filmindustrie, die MPAA, soll nämlich Druck auf Schweden ausgeübt haben, die PirateBay zu schließen. Der schwedische Justizminister Thomas Bodström wurde beim Verfassungsausschuss angezeigt, der klären soll, ob dieser Einfluss auf die Polizeiaktion ausgeübt hat.
  • Am Samstag fanden unter anderem in Stockholm und Göteborg Demonstrationen gegen die Razzia statt. Es nahmen jeweils mehrere Hundert Menschen teil. Das klingt wenig, kann aber im demonstrationsfaulen Schweden durchaus als Erfolg gewertet werden.

  • Die Piratenpartei, die im Herbst zur Parlamentswahl antritt und sich neben einer Reform des Urheberrechts auch für den Schutz der Privatsphäre und gegen Überwachung einsetzt, hat starken Aufwind bekommen. Innerhalb weniger Tage verdreifachte sich die Mitgliederzahl auf über 6000, sie ist somit die stärkste Partei außerhalb des Parlaments und hat mehr Mitglieder als die meistem Jugendorganisationen der großen Parteien und fast so viele wie die hiesigen Grünen. Wenn das Thema während der rund 100 Tage bis zur Wahl aktuell bleibt, kann man auf das Abscheiden der Pirtatenpartei gespannt sein.

Tagged , , , , , , , ,

Durchsuchung bei schwedischen Piraten

Nachdem vor gerade einmal einer Woche bekannt wurde, dass in Deutschland Dateitauscher, die das eDonkey-Netz benutzten, ausgeschnüffelt wurden und jetzt teilweise verklagt werden, musste ich soeben lesen, dass die schwedische Polizei die Computer der PirateBay beschlagnahmt hat. Die Seite ist dementsprechend nicht erreichbar. Erst vor Kurzem war die PirateBay nach Stockholm ungezogen.

Die PirateBay ist (war?) einer der bekanntesten und meistgenutzten Bittorrent-Tracker, die es Nutzern erlauben, Dateien zu tauschen und dabei die Bandbreite untereinander zu teilen. Auch wenn die Technik vielerorts für legale Zwecke verwendet wird, gab es auf der PirateBay auch viel urheberrechtlich geschütztes Material. Da auf den Servern der PirateBay jedoch nur die Torrent-Dateien erhältlich waren, die nicht die Inhalte selbst enthalten, sondern nur die Information, wo diese unter den anderen Nutzern zu finden sind, begeht die Seite laut schwedischem Recht nichts Illegales.

Deswegen hat sie sich bisher zurecht allen Aufforderungen und Beschwerden der Rechteinhaber widersetzt und es bleibt zu hoffen, dass die Stillegung nur vorübergehend ist. Die Piratenpartei, eine neugegründete politische Partei, die zur Parlamentswahl im Herbst antritt, hat eine Stellungnahme, es wurde ein temporärer Blog mit Neuigkeiten (S) eingerichtet, auf Slashdot wird eifrig diskutiert, und auch Heise hat die Meldung.

Update 1: Für diejenigen, die Schwedisch können: Es gibt auch hier viel zum Thema zu lesen und sogar schon eine Unterschriftenliste, die schon jeder 90. Schwede (!) unterschrieben hat.

Update 2: Es wurden mehreren Orten gleichzeitig Rechner beschlagnahmt und auch drei Leute festgenommen (Quelle, schwedisch). Außerdem hat sich bestätigt, dass das “Antipiratbüro” hinter der Anzeige steht. Diese Organisation hatte schon einmal auf sich aufmerksam gemacht, als sie mit dubiosen Machenschaften gegen angebliche Urherberrechtsverletzungen vorging – siehe dazu den aufschlussreichen Artikel auf Heise vom letzten Jahr.

Update 3: Mittlerweile ist auf thepiratebay.org eine temporäre Seite eingerichtet, auf der angekündigt wird, dass die Seite in ein bis zwei Tagen wieder völlig funktionsfähig sein wird. Außerdem wird erwähnt, dass man wohl Entschädigung vom schwedischen Staat fordern kann, sollte sich tatsächlich nichts Illegales auf den Servern finden. Eine neue Liste mit Links gibt es auch.

Update 4 (1. Juni, 19.00): Das Thema hält sich weiterhin in den schwedischen Medien. Die drei festgenommenen sind nach Befragung wieder frei. Die Razzia hat auch viele andere Kunden des Webhosters der PirateBay getroffen und es sind zig mittelständische Unternehmen betroffen. Rapport, das schwedische Äquivalent zur Tagesschau, meldet jetzt (schwedisch: Text, RealAudio, WindowsMedia), dass die MPAA, der Interessenverband der amerikanischen Filmindustrie, politischen Druck auf das Weiße Haus ausgeübt hat, das diesen an das schwedische auswärtige Amt weitergegeben und über das Justizministerium die gestrige Razzia der Polizei verursacht hat – trotz der Einwände von Seiten der Ermittler, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gäbe.

Das ist natürlich ein starkes Stück und ich hoffe, dass der Aufruhr der Schweden über diese Situation anhält und die Aktion nach hinten losgeht. Die Piratenpartei wird dadurch sicherlich Aufwind bekommen und vielleicht schafft sie ja die 4%-Hürde bei der Wahl im September.

Update 5 (2. Juni, 10.30): Die schwedische Regierung dementiert (S) den direkten Zusammenhang mit der MPAA. Demonstrationen gegen die Razzia in Stockholm und Göteborg sind für morgen, Samstag, angekündigt (S). In der Zwischenzeit wurde die Webseite der Polizei, polisen.se, Opfer eines Angriffs (S) und auch wenn der Zusammenhang mit der PirateBay-Razzia ungeklärt ist, ist es wohl nicht weit hergeholt, diesen zu vermuten. Ein Interview (deutsch) mit einem der PirateBay-Betreiber ist auf Zeitspuk zu lesen.

Tagged , , , , , , , ,

Vor Werbepausen Filmemacher fragen

Der schwedische Fernsehsender TV4 wurde von Filmemachern erfolgreich verklagt (S), weil er ihren Film mit Werbeunterbrechungen zeigte, und damit ihr Urheberrecht verletzte.

Auch wenn man der Meinung ist, dass ein Künstler selbst bestimmen sollte, was mit seinem Werk geschieht, muss man sehen, dass nur wenige Künstler unabhängig genug sind, dies auch auszuüben. Filme, die nicht mit Werbung zerstückelt werden dürfen, sind für Fernsehsender weniger interessant. Deshalb bezweifle ich, dass dieses Urteil einen großen Einfluss auf die Fernsehlandschaft hat, außer vielleicht, dass die Erlaubnis für Reklame künftig explizit in den Senderechtekaufverträgen steht.

Tagged , , ,