Nachdem vor gerade einmal einer Woche bekannt
wurde, dass in
Deutschland Dateitauscher, die das eDonkey-Netz benutzten,
ausgeschnüffelt wurden und jetzt teilweise verklagt werden, musste ich
soeben
lesen,
dass die schwedische Polizei die Computer der
PirateBay beschlagnahmt hat. Die Seite
ist dementsprechend nicht erreichbar. Erst vor Kurzem war die PirateBay
nach Stockholm ungezogen.
Die PirateBay ist (war?) einer der bekanntesten und meistgenutzten
Bittorrent-Tracker, die es
Nutzern erlauben, Dateien zu tauschen und dabei die Bandbreite
untereinander zu teilen. Auch wenn die Technik vielerorts für legale
Zwecke verwendet wird, gab es auf der PirateBay auch viel
urheberrechtlich geschütztes Material. Da auf den Servern der PirateBay
jedoch nur die Torrent-Dateien erhältlich waren, die nicht die Inhalte
selbst enthalten, sondern nur die Information, wo diese unter den
anderen Nutzern zu finden sind, begeht die Seite laut schwedischem Recht
nichts Illegales.
Deswegen hat sie sich bisher zurecht allen Aufforderungen und
Beschwerden der Rechteinhaber widersetzt und es bleibt zu hoffen, dass
die Stillegung nur vorübergehend ist. Die
Piratenpartei, eine
neugegründete politische Partei, die zur Parlamentswahl im Herbst
antritt, hat eine
Stellungnahme,
es wurde ein temporärer Blog mit
Neuigkeiten (S) eingerichtet, auf
Slashdot wird eifrig
diskutiert, und
auch Heise hat die
Meldung.
Update 1: Für diejenigen, die Schwedisch können: Es gibt auch hier
viel
zum
Thema
zu
lesen
und sogar schon eine
Unterschriftenliste,
die schon jeder 90. Schwede (!) unterschrieben hat.
Update 2: Es wurden mehreren Orten gleichzeitig Rechner beschlagnahmt
und auch drei Leute festgenommen
(Quelle,
schwedisch). Außerdem hat sich bestätigt, dass das “Antipiratbüro”
hinter der Anzeige steht. Diese Organisation hatte schon einmal auf sich
aufmerksam gemacht, als sie mit dubiosen Machenschaften gegen angebliche
Urherberrechtsverletzungen vorging – siehe dazu den aufschlussreichen
Artikel auf Heise vom
letzten Jahr.
Update 3: Mittlerweile ist auf
thepiratebay.org eine temporäre Seite
eingerichtet, auf der angekündigt wird, dass die Seite in ein bis zwei
Tagen wieder völlig funktionsfähig sein wird. Außerdem wird erwähnt,
dass man wohl Entschädigung vom schwedischen Staat fordern kann, sollte
sich tatsächlich nichts Illegales auf den Servern finden. Eine neue
Liste mit Links gibt es auch.
Update 4 (1. Juni, 19.00): Das Thema hält sich weiterhin in den
schwedischen Medien. Die drei festgenommenen sind nach Befragung wieder
frei. Die Razzia hat auch viele andere Kunden des Webhosters der
PirateBay getroffen und es sind zig mittelständische Unternehmen
betroffen. Rapport, das schwedische Äquivalent zur Tagesschau, meldet
jetzt (schwedisch:
Text,
RealAudio,
WindowsMedia), dass
die MPAA, der Interessenverband der amerikanischen Filmindustrie,
politischen Druck auf das Weiße Haus ausgeübt hat, das diesen an das
schwedische auswärtige Amt weitergegeben und über das Justizministerium
die gestrige Razzia der Polizei verursacht hat – trotz der Einwände von
Seiten der Ermittler, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gäbe.
Das ist natürlich ein starkes Stück und ich hoffe, dass der Aufruhr der
Schweden über diese Situation anhält und die Aktion nach hinten losgeht.
Die Piratenpartei wird dadurch
sicherlich Aufwind bekommen und vielleicht schafft sie ja die 4%-Hürde
bei der Wahl im September.
Update 5 (2. Juni, 10.30): Die schwedische Regierung
dementiert (S) den
direkten Zusammenhang mit der MPAA. Demonstrationen gegen die Razzia in
Stockholm und Göteborg sind für morgen, Samstag,
angekündigt
(S). In der Zwischenzeit wurde die Webseite der Polizei,
polisen.se, Opfer eines
Angriffs (S) und
auch wenn der Zusammenhang mit der PirateBay-Razzia ungeklärt ist, ist
es wohl nicht weit hergeholt, diesen zu vermuten. Ein Interview
(deutsch) mit einem der PirateBay-Betreiber ist auf Zeitspuk zu
lesen.