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Ein Manifest für wirtschaftliche Vernunft

Mehr als vier Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise stecken die hochentwickelten Volkswirtschaften immer noch in tiefer Depression, ein Zustand, der allzu sehr an die 1930er Jahre erinnert. Und der Grund dafür ist einfach: Wir verlassen uns auf die selben Vorstellungen, die die Politik der 30er Jahre bestimmte. Diese Konzepte sind seit langem widerlegt und beruhen auf der tiefgreifenden Fehleinschätzung von Ursachen, Charakter und angemessener Reaktion auf die Krise.

Diese Fehleinschätzungen haben sich tief im öffentlichen Bewusstsein festgesetzt und liefern die öffentliche Unterstützung für die drakonischen Sparmaßnahmen in der Finanzpolitik vieler Länder. Die Zeit ist also reif für ein Manifest, in dem Ökonomen der politischen Mitte der Öffentlichkeit eine Beschreibung unserer Probleme anbieten, die auf Beweisen ruht.

  • Die Ursachen. Viele Entscheidungsträger bestehen darauf, dass die Krise durch unverantwortlich hohe Staatsschulden ausgelöst wurde. Mit Ausnahme Griechenlands ist dies falsch. Stattdessen wurden die Bedingungen für die Krise durch exzessive Verschuldung und Kreditgewährung in der Privatwirtschaft geschaffen, inklusive Banken mit zu großer Hebelwirkung. Das Platzen dieser Blase führte zu massiven Einbrüchen in der Wirtschaftsleistung und damit der Steuereinnahmen. Die großen Unterschüsse der Staatshaushalte, die wir heute sehen, sind also eine Folge der Krise, nicht ihre Ursache.
  • Der Charakter der Krise. Als die Immobilienblasen beiderseits des Atlantiks zusammenbrachen, strichen große Teile der Privatwirtschaft ihre Ausgaben, um stattdessen Schulden zurückzuzahlen. Dies ist aus individueller Sicht vernünftig, führt jedoch – genau wie die ähnliche Reaktion der Schuldner in den 30er Jahren – zur kollektiven Selbstzerstörung, weil die Ausgaben des einen das Einkommen des anderen sind. Das Ergebnis dieses Einbruchs der Ausgaben ist eine wirtschaftliche Depression, die die Staatsfinanzen weiter verschlechtert hat.
  • Die angemessene Reaktion. In Zeiten da die Privatwirschaft voll damit beschäftigt ist, gemeinsam weniger auszugeben, sollte die öffentliche Hand stabilisierend wirken und versuchen, die Nachfrage aufrecht zu erhalten. Allermindestens sollte man die Situation nicht durch große Einschnitte in die Staatsausgaben weiter verschlimmern, oder die Steuern für Normalbürger erhöhen. Leider ist dies genau, was viele Regierungen zur Zeit tun.
  • Der große Fehler. Nachdem man zu Beginn, in der akuten Phase der Wirtschaftskrise, richtig reagiert hatte, schlug die Politik eine falsche Richtung ein, konzentrierte sich auf Haushaltsdefizite, die vor allem auf geringere Einnahmen durch die Krise zurückzuführen sind, und argumentierte, dass man im Einklang mit der Privatwirtschaft Staatsschulden abbauen sollte. Folgerichtig wirkt die Finanzpolitik nicht stabilisierend sondern verstärkt und verschlimmert die erdrückende Wirkung der privatwirtschaftlichen Ausgabenkürzungen.

Bei einem schwächeren Schock wäre man mit Währungspolitik alleine weit gekommen. Aber wenn die Zinsen schon nahe Null liegen, reicht dies nicht mehr – auch wenn man natürlich allen währungspolitischen Spielraum ausschöpfen sollte. Selbstverständlich braucht man einen mittelfristigen Plan zum Abbau der Staatsschulden. Doch wenn dieser zu schnell wirksam wird, vereitelt er sich leicht selbst, indem er die wirtschaftliche Erholung abwürgt. Äußerste Dringlichkeit hat jetzt die Verringerung der Arbeitslosigkeit, bevor sie sich festsetzt und künftigen Aufschwung und Schuldenabbau noch schwerer macht.

Wie begegnen die Befürworter der gegenwärtigen Politik diesen Argumenten? Sie führen zwei sehr unterschiedliche Gedanken zu ihrer Verteidigung an.

Das Vertrauensargument besagt, dass Haushaltsdefizite die Zinsen nach oben treiben und dadurch die Erholung der Wirtschaft verhindern. Sparmaßnahmen dagegen erhöhen das Vertrauen der Märkte und helfen dem Aufschwung.

Doch es gibt keinerlei Belege für dieses Argument. Zum einen sind trotz außerordentlich hoher Schulden die Zinsen aller größeren Länder beispiellos niedrig, wenn sie eine normal funktionierende Zentralbank haben. Dies gilt sogar für Japan, wo die Staatsschulden heute bei 200% der jährlichen Wirtschaftsleistung liegen; und Abstufungen durch Ratingagenturen hatten in der Vergangenheit keinen Einfluss auf die japanischen Zinsen. Die Zinsen einiger Euro-Länder sind nur so hoch, weil die Europäische Zentralbank nicht als letztmöglicher Kreditgeber für Regierungen auftreten darf. Woanders kann die Zentralbank immer, wenn nötig, das Defizit ausgleichen und den Anleihenmarkt unbeeinträchtigt lassen.

Außerdem zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit kein relevantes Beispiel auf, in dem Haushaltskürzungen die Wirtschaft angekurbelt hätten. Der Internationale Währungsfonds hat 173 Fälle untersucht und findet durchgehend eine Abkühlung der Wirtschaft als Folge. In der handvoll Fälle, wo Wachstum auf Haushaltskonsolidierung folgte, geschah dies durch Abwertung der eigenen Währung gegenüber einem starken Weltmarkt – derzeit ist dies keine Option. Die Lehre aus der Studie des IWF ist deutlich: Haushaltskürzungen verlangsamen die Erholung der Wirtschaft. Und genau das passiert gerade – die Länder mit den größten Einscheidungen sind die mit dem größten Minus an Wirtschaftsleistung.

Denn es verhält sich in der Tat so, wie wir jetzt sehen, dass Haushaltskürzungen kein Vertrauen in die Wirtschaft nach sich ziehen. Firmen investieren nur, wenn sie genug Kunden mit genug Einkommen, das ausgegeben werden kann, erwarten können. Sparpolitik schreckt Investitionen ab.

Es gibt also überwältigende Belege gegen das Vertrauensargument; angebliche Beweise für diese Doktrin lösen sich bei genauerer Betrachtung in Luft auf.

Das strukturelle Argument. Als zweites Argument dagegen, die Nachfrage anzukurbeln, wird angeführt, dass die Wirtschaftsleistung auf der Angebotsseite begrenzt ist, und zwar durch strukturelles Ungleichgewicht. Wäre diese Theorie richtig, sollten zumindest Teile unserer Volkswirtschaften auf vollen Touren laufen, und einige Berufe stark nachgefragt sein. Dies ist jedoch in den allermeisten Ländern nicht der Fall. Alle großen Sektoren haben zu kämpfen und alle Berufe haben höhere Arbeitslosenzahlen als normal. Das Problem muss also der allgemeine Mangel an Ausgaben und Nachfrage sein.

In den 30er Jahren wurde das gleiche strukturelle Argument gegen Konjukturprogramme in den USA angebracht. Als die Ausgaben dann zwischen 1940 und 1942 endlich anstiegen, wuchs die Wirtschaftsleistung um 20%. Das Problem in den 30ern war also, genau wie heute, eines der Nachfrage, nicht des Angebots.

Als Folge der fehlgeleiteten Vorstellungen fügen die Entscheidungsträger des Westens ihren Bevölkerungen massives Leid zu. Die Ideen, für die sie zum Umgang mit der Rezession eintreten, wurden von so gut wie allen Ökonomen nach der Havarie in den 30er Jahren verworfen und für die darauffolgenden vierzig Jahre genoss der Westen eine beispiellose Ära wirtschaftlicher Stabilität und geringer Arbeitslosigkeit. Es ist tragisch, dass die alten Vorstellungen in den letzten Jahren wieder Fuß fassen konnten. Wir können jedoch nicht länger akzeptieren, dass fehlgeleitete Ängste vor hohen Zinsen bei unseren Entscheidungsträgern mehr Gewicht haben als die Gräuel der Massenarbeitslosigkeit.

Bessere Politik wird von Land zu Land unterschiedlich sein und es bedarf detaillierter Debatten. Diese müssen allerdings auf einer korrekten Analyse des Problems beruhen. Wir fordern deshalb alle Ökonomen und andere, die mit diesem Manifest in groben Zügen übereinstimmen, dazu auf, ihre Zustimmung auf www.manifestoforeconomicsense.org einzutragen und öffentlich für einen gesünderen Ansatz einzutreten. Die ganze Welt nimmt Schaden, wenn Männer und Frauen zu als falsch Erkanntem schweigen.

Richard Layard & Paul Krugman

Kurzlink auf diese Seite: tmy.se/manifest

Übersetzung ins Deutsche von mir.
Englisches Original auf www.manifestoforeconomicsense.org.
Dagens Nyheter hat eine schwedische Version.

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Gesetze auf Bestellung

Golem kam mir zuvor damit zu erwähnen, dass Rick Falkvinge, vormals Chef der Piratenpartei, in den zuletzt veröffentlichten Wikileaks-Dokumenten Hinweise darauf gefunden hat, dass so gut wie alle Verschärfungen von schwedischen Gesetzen im Zusammenhang mit Urheberrechtsverstößen im Internet von den USA in Auftrag gegeben wurden.

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Krugman in Sthm

Ein Blog, das ich sehr gerne lese, ist das von Nobelpreisträger Paul Krugman, von dem man eine ganz andere Perspektive auf die Probleme der Wirtschaft bekommt als von den üblichen Medien, sowohl die USA als auch Europa und den Euro betreffend. Außerdem ist Krugman immer für einen spitzen Seitenhieb zu haben. Zur Zeit ist er wohl hier in Stockholm, denn er schreibt:

Every time I read someone talking about the “collapsing welfare states of Europe”, I have this urge to take that person on a forced walking tour of Stockholm. If you believed what the right says, a country with Sweden’s level of both taxes and social benefits should be a wasteland. Strange to say, that’s not what it looks like, to say the least.

Also, really good herring.

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USA beeinflussen schwedische Gesetzgebung

Kurz nach meiner kleinen Zusammenfassung darüber, was die US-Botschaftsdokumente von WikiLeaks über Schweden enthalten, kam eine weitere interessante Meldung: Die USA hatten ihre Finger im Spiel als Schweden seine Gesetzgebung im Bereich des Dateitauschs (File-Sharing) übers Internet verschärfte. Siehe auch hier.

Man habe “gut zusammengearbeitet”, allerdings bewusst hinter den Kulissen, da die öffentliche Stimmung gegen diese Maßnahmen war und man ein erstarken der Piratenpartei befürchtete. Es gab einen Plan mit mehreren Punkten, die zum großen Teil nacheinander von Schweden erfüllt wurden. Das stärkt den lange spekulierten Eindruck, dass das Justizministerium bei diesem Thema nach der Pfeife der Amerikaner tanzt und die bitteren Kommentare lassen nicht auf sich warten.

Justizministerin Beatrice Ask weist den Bericht als Lüge zurück, schließlich widerspricht er eklatant ihren bisherigen Aussagen. Wie glaubwürdig ihre Theorie ist, dass die US-Botschaft falsche Tatsachen nach Hause berichtet, “um höhere Löhne herauszuschlagen”, sei dahingestellt.

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US-Diplomatie über Schweden

Wer in den letzten Tagen und Wochen nicht den Kopf im Sand hatte, sollte mitbekommen haben, dass den USA zahlreiche diplomatische Berichte abhanden gekommen sind und via WikiLeaks ^*^ unter anderem dem SPIEGEL zugespielt wurden. Was darin alles über die deutsche Politik steht, ist dort ausführlich genug zu lesen; hier soll es um das Bild von Schweden gehen, das die Dokumente aufzeigen.

Zur Zeit sind nur sechs Berichte aus der Stockholmer US-Botschaft ^*^ öffentlich. Wenn man diese Zahl mit dem Verhältnis zur Gesamtzahl extrapoliert, wird es am Ende auf über tausend Stück hinauslaufen. Für Aufmerksamkeit haben hierzulande bisher folgende Details gesorgt:

  • Norwegen hat Schweden mit Hilfe der USA hintergangen. Schweden hätte gerne gesehen, dass Norgwegen die hiesigen JAS Gripen Kampfflugzeuge gekauft hätte anstatt der amerikanischen. Aus einem Bericht geht hervor, dass die USA deshalb die Lieferung eines Radars für den Gripen verzögerten und dass die Norweger insgeheim schon deren Modell gewählt hatten, als sie offiziell noch das schwedische Angebot prüften.
  • Schweden als heimliches NATO-Mitglied. Vor dem Besuch von Reinfeldt in Washington warnte der schwedische Botschafter, dass man ihm nicht öffentlich für die gute Zusammenarbeit in Sicherheitsaspekten danken solle, weil ihm dies daheim Schwierigkeiten machen könne. Etwas unwissend wird da berichtet, die schwedische Regierung belüge mit dem Anschein der Neutralitätspolitik und Bündnisfreiheit ihr Volk, denn Schweden ist – vor allem wegen der EU – schön länger ganz offiziell nicht mehr neutral.
  • Die Beschreibung von Außenminister Bildt als “mittelgewichtiger Hund mit der Attitüde eines großen” (medium size dog with big dog attitude) wurde mit Humor genommen. Bildts eigene Reaktion war, er wisse nicht, von welchem Hund die Rede war, er sei schließlich kein Zoologe. Ein Pudel sei er aber sicher nicht. (“Einen Pudel machen” ist ein Ausdruck im Schwedischen der in etwa “sich Asche aufs Haupt streuen” entspricht.) Ansonsten kam Carl Bildt ziemlich gut weg, es wurde explizit gewarnt, dass man sich auf Trefen mit ihm sehr gut vorbereiten müsse, weil er sehr belesen sei, gute Kontakte habe und sein Gegenüber gern teste.
  • Im Zusammenhang mit einem Skandal, der in Norwegen anfing und in dem es um die Überwachung von Bürgern seitens der Botschaften in beiden Ländern geht, kam heraus, dass die schwedische Regierung sehr wohl von diesen Aktivitäten wusste.
  • Ein Bericht handelt davon, wie Schweden genug kritische Fragen stellte und sich nicht einfach abspeisen ließ, als die CIA 2006 ihre geheimen Flüge mit Gefangen via Schweden durchführte. Dies führte zur Einstellung der Flüge.
  • Es wurde vorgeschlagen ^*^, dass Schwedens Kommunikationsinfrastruktur, zum Beispiel das Glasfasernetz von TeliaSonera, auf die Liste mit für die USA kritischer Infrastruktur zu setzen, weil Schweden ein wichtiger Knoten sei und die USA mit dem Baltikum und Russland verbinde. Außerdem auf die Liste solle eine schwedische Pharmafabrik, die ein wichtiges Mittel zur Hilfe bei einem Nuklearunfall herstelle.
  • Zuletzt in der bisherigen Liste gibt es noch den Bericht ^*^ über ein Treffen von Oppositionschefin Mona Sahlin mit der amerikanischen Botschaft, in dem sie um Schützenhilfe bei der Meinungsbildung bat und sich als starke Unterstützerin für den Militäreinsatz in Afghanistan gab.

Viel des oben genannten war schon zuvor bekannt, zumindest wurde darüber spekuliert. Wie skandalös die einzelnen Punkte sind hängt jeweils davon ab, wie sehr sich das öffentlich gesagte mit dem deckt, was im Hinterzimmer besprochen wird. Bisher musste sich hierzulande niemand groß verteidigen.

^*^Die Links gehen zu einem Spiegel von wikileaks.ch. Weitere Spiegel-Seiten hier.

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It's the economy, stupid!

Volkswirtschaft ist spannend. Diesen Satz hätte man noch vor ein paar Jahren zwar nicht von mir zu hören bekommen, aber je mehr man darüber liest und glaubt zu verstehen, desto interessanter wird das Thema. Leider wird viel Schindluder mit den Zahlen und Statistiken getrieben; zum Beispiel las man zuletzt, dass die deutsche Wirtschaft rekordschnell wächst, während die USA schwächeln.

Dieser Eindruck mag entstehen, wenn man immer nur auf das relative Wachstum im Vergleich zum Vorjahr oder -quartal schielt. Wenn man stattdessen einmal die absolute Wirschaftsleistung aufträgt, z.B. die Entwicklung seit Anfang 2008, dann sieht das so aus:

BNP-Entwlicklung

Daran sieht man, dass die USA, obwohl die Finanzkrise und die Blase am Wohnungsmarkt dort anfingen, weniger stark eingebrochen sind als Europa, und dass Deutschland mit seiner auf den Export von hochwertigen Produkten orientierten Wirtschaft besonders stark schrumpfte. Die dieser Tage so hochgelobten drei-komma-irgendwas Prozent Wachstum sind der letzte Zacken nach oben in der roten Kurve. Dass das BNP damit jetzt immer noch zweieinhalb Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau liegt und damit doppelt so weit unter diesem wie das der USA, bekommt man eher selten zu lesen. Arg verwunderlich ist deshalb das starke relative Deutsche Wachstum nicht, denn es wird lediglich ein Teil des Bodens wieder gut gemacht, der zuvor verloren wurde, und zwar nicht aus eigener Kraft sondern dank dem Rest der Welt, der wieder deutsche Produkte kauft.

In ähnlicher Weise gilt das auch für Schweden, das genau wie Deutschland stärker als der Rest von Europa einbrach und dessen Kurve in der obigen Grafik der deutschen sehr ähnelt. Nichtsdestotrotz schafft es die bürgerliche Regierung hier, ein generell positives Bild der Wirtschaft zu vermitteln, was ihnen als Fortsetzung des Bildes vom guten Krisen-Manager im Wahlkampf sehr gelegen kommt und einen Regierungswechsel unwahrscheinlicher macht als wenn schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft kämen.

Die obigen Daten kommen von Eurostat und die Idee von Paul Krugman.

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Wikileaks in Schweden

Wer trotz der Aufmerksamkeit der letzten Monaten noch nichts von Wikileaks gehört hat, dem sei kurz gesagt, dass es sich dabei um einen Zusammenschluss von Aktivisten handelt, die eine sichere technische Infrastruktur bereitstellen, über die Leute, die Zugang zu internen Dokumenten haben und mit deren Veröffentlichung Missstände aufdecken wollen, selbige anonym ans Licht der Welt bringen können. Der deutsche Wikipedia-Eintrag gibt einen guten Überblick, was die kleine Organisation schon alles erreicht hat. Das bisher beste Interview mit Wikileaks Frontfigur Julian Assange gab es neulich bei TED.

Mit Schweden hat Wikileaks insofern zu tun, als dass sie versuchen, die Jurisdiktionen mehrerer Länder auszunutzen, die starken Schutz für Quellen und investigativen Journalismus in ihren Gesetzen stehen haben. Schweden gehört mit seiner Meddelarfrihet, die hier im Blog schon einmal Wort der Woche war zu diesen Ländern und so kommt es, dass es unter anderem ein kleinerer schwedischer Internetdienstleister (bei mir um die Ecke in Stockholm/Solna) ist, der die ehemals geheimen Dokumente in alle Welt ausliefert.

Dazu gibt es auch gleich Spekulationen, inwieweit dies ein Thema auf politischer Ebene zwischen Schweden und den USA ist. Für letztere wurde Wikileaks nämlich durch das Material zu Irak und Afghanistan etwas mehr als unbequem und man versucht gegen den Boten vorzugehen, anstatt die Missstände zu beheben. Der schwedische Außenminister Bildt will von solchen Gesprächen jedoch nichts wissen.

Gleichzeitig wird angezweifelt, ob der Quellenschutz des schwedischen Grundgesetzes wirklich gilt, bloß weil die Server in Schweden stehen. Wikileaks müsse dafür hierzulande mindestens als Herausgeber anerkannt werden und das entsprechende Stück Papier (utgivnigsbevis) besitzen.

Nichtsdestotrotz finde ich es schön, dass meine Wahlheimat ihren Teil dazu beiträgt, Wikileaks möglich zu machen, das ich für die wichtigste Neuerung der letzten Jahre halte, was das Zusammenspiel von Medien und Politik angeht.

Nachtrag 100814: Julian Assange ist zur Zeit in Schweden und gibt Vorträge und Interviews. Heute war er Titelbild und -geschichte der größten schwedischen Tageszeitung. Nach seiner Aussage sind Schweden und Island die Länder, die Wikileaks am positivsten gegenüberstehen. Dass man Geheimnisaufdecker im Land des Öffentlichkeitsprinzips mag, ist wohl auch nicht ganz überraschend.

Assange hat außerdem angekündigt, dass er bald eine zweimonatliche Kolumne im Aftonbladet schreiben wird.

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Gesundheitsausgaben und ihr Resultat

Das Gesundheitssystem ist ständiges Thema in der politischen Debatte. Steigende Kosten, leere Kassen und was man dagegen tun kann. In Deutschland die Kopfpauschale, in den USA Obamas große Gesundheitsreform und in Schweden die langen Wartezeiten.

Die Diskussion wird jedoch fast ausschließlich innerhalb von Landesgrenzen geführt und als Vergleich gilt immer wie es bisher war – wird es in Zukunft besser oder schlechter? Ein internationaler Vergleich ist auch nicht einfach, zu unterschiedlich sind die Systeme und ihre Finanzierung. Wenn man jedoch einen Schritt zurück tritt, alle Details beiseite lässt und danach fragt, wie viel Geld fürs Gesundheitssystem ausgegeben wird und wie lange die Menschen infolge dessen leben, dann kann man interessante Entwicklungen ablesen.

Lasst uns einen Blick auf eine entsprechende Grafik werfen:

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Link zur interaktiven Grafik

Auf der vertikalen Achse ist die Lebenserwartung angegeben, also ein Maß dessen, was das Gesundheitssystem im jeweiligen Land leistet. Die horizontale Achse entspricht den Gesundheitsausgaben pro Einwohner. Für ein paar interessante Länder ist jeweils die Entwicklung dieser beiden Größen von 1995 bis 2006 aufgetragen.

Ein Blick auf die horizontale Linie mit 80 Jahren Lebenserwartung zeigt zum Beispiel, wann und zu welchem Preis sie im jeweiligen Land erreicht wird. In Japan schon Mitte der Neunziger für gut 1500\$. In Schweden etwa 2002 und für 2500\$ pro Kopf, in Norwegen 2004 für 4000\$ und in Deutschland erst etwa 2007 für ungefähr 3300\$. Die USA sind weit von 80 Jahren entfernt, trotz viel höherer Kosten.

Die Steigung der Linie, die die Kreise für ein Land verbindet, zeigt gleichzeitig, wie effektiv Mehrkosten in höheres Lebensalter umgesetzt werden – je flacher die Kurve, desto schlechter. Deutschland und Japan haben die steilsten Kurven, Norwegen und Schweden sind flacher, aber lange nicht so ineffizient wie die USA. Dass die deutsche Kurve die norwegische schneidet, bedeutet, dass man dort ab dem Jahr 2000 mehr Lebenserwartung pro Geld erreicht als in Norwegen.

Doch nicht nur die Entwicklung ist interessant, sondern auch die Lage des jeweils letzten Punktes. So erreichte man 2006 in Schweden trotz geringerer Ausgaben pro Kopf ein gutes Jahr längere Lebenserwartung als in Deutschland.

Man kann horizontal die Gesundheitsausgaben auch in Prozent des Bruttonationalprodukts auftragen, anstatt pro Person. Damit hat man quasi das Wachstum der Wirtschaft herausgerechnet. Das sieht dann so aus:

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Link zur interaktiven Grafik

Dass die Entwicklung in Deutschland hier vertikal verläuft, zeigt also, dass sich der Anteil der Gesundheitskosten an der Wirtschaftsleistung nicht verändert hat und Leute trotzdem älter werden. Die deutsche Linie liegt weiter rechts als die schwedische, was bedeutet, dass man hierzulande nicht nur absolut weniger ausgibt (siehe oben), sondern auch anteilig an der Wirtschaftsleistung (9% gegenüber 10,5%). Nichtsdestotrotz wird man in Schweden älter.

Die Grafik zeigt auch sehr anschaulich, wie schnell in den USA seit 2000 die Kosten auf über 15% der Wirtschaftsleistung angestiegen sind, was wohl das Hauptargument für die dortige Reform ist.

Man kann aus solchen Grafiken noch viel mehr herauslesen und ich kann nur empfehlen, den Links unter den Bildern zu folgen und sich per Klick auf “Play” die zeitliche Entwicklng anzusehen. Hinter Gapminder, wo man sich noch allerlei andere Größen darstellen lassen kann, steckt der Schwede Hans Rosling.

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The Ark - It takes a fool to remain sane

[Videolink](http://www.youtube.com/watch?v=GNay6BNhpDA)

Ein Klassiker von 2000, mit dem [*The Ark*](http://de.wikipedia.org/wiki/The_Ark) richtig bekannt wurden. Frontmann Ola Salo war heuer auch Sommarpratare ([MP3](http://www.sr.se/laddahem/podradio/SR_sommar_i_p1_090726030119.mp3)) und erzählt unter anderem, wie er die USA-Tournee abbrechen musste, nachdem sein schlechter Witz bei der Einweihung der neuen schwedischen Botschaft über Flugzeuge, die in weiße Haus stürzen, für einen Eklat gesorgt hatte.
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MOVITS! - Fel Del Av Gården

[Videolink](http://www.youtube.com/watch?v=LnaeImQ0TSg), [Band-Homepage](http://movits.se/), wieder einmal via [Swedesplease](http://www.swedesplease.net)

Jazz und HipHop zu mischen ist mutig – und gefällt! Obiges Lied mit dem wörtlich übersetzten Titel “*Falscher Teil des Hofes*” haben MOVITS! neulich auch im *Colbert Report* aufgeführt: - [Zum Video mit Vorgeplänkel](http://www.colbertnation.com/the-colbert-report-videos/239946/july-27-2009/movits) - [Zum Video mit dem Auftritt](http://www.colbertnation.com/the-colbert-report-videos/239947/july-27-2009/movits----fel-del-av-garden)
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