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Die Themen zur Wahl in Schweden

Die Tageszeitung DN untersucht (S) die Wahlthemen vor der Parlamentswahl am 17. September. Trotz der im Vergleich mit Europa geringen Arbeitslosigkeit von 4.8% (S) rangiert das Thema an vorderster Stelle im Ergebnis einer Umfrage, die danach fragte, welche gesellschaftlichen Fragen bei der Wahlentscheidung am wichtigsten sind.

Gleichauf mit ebenfalls 29% der Antworten liegt das Gesundheitssystem, dann folgen das Schulsystem, die Altenfürsorge und die Familienpolitik mit je über 20% der Nennungen. Danach kommt lange nichts und die eben genannten Hauptthemen stehen hoch auf der Agenda quer durch die etablierten Parteien, die gleichzeitig Schwierigkeiten haben, sich voneinander zu unterscheiden. Das bürgerlich-konservative Lager ist laut Wahlbarometer gleichauf mit den regierenden Sozialdemokraten und es ist unklar ob Premierminister Göran Persson seine über zehnjährige Regierungszeit noch einmal verlängern kann.

Zurück zur Umfrage mit den Wahlthemen: Bei 10% liegt die Umweltpolitik und unter den Themen, die zwischen einem und fünf Prozent der Befragten nannten, tauchen Einwanderung, Gleichberechtigung und die Energiepolitik auf. Vielleicht liegt es an der Fragestellung, aber die EU und andere außenpolitische Fragen scheinen für Schweden nicht sehr interessant zu sein – nur jeweils 1% nannten diese.

Die neugegründete Piratenpartei, die sich neben einer Reform des Urheberrechts auch für den Schutz der Privatsphäre und gegen Überwachung einsetzt, hat zwar durch die Schlagzeilen um die PirateBay einigen Aufwind bekommen, aber sie taucht weder im Wahlbarometer auf, noch werden ihre Themen als wichtig empfunden. Schutz der Privatsphäre und der Überwachungsstaat wurden nur in 1% der Antworten genannt.

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Die Kulturflatrate

Tauschbörsen, in denen Privatpersonen untereinander Musik und Filme tauschen, erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Dass das den Rechteinhabern nicht passt, ist verständlich, schließlich wollen diese, dass man dafür bezahlt. Am liebsten wäre es ihnen, wenn wir nicht die Musik selbst, sondern nur das Nutzungsrecht kaufen würden, fein säuberlich geregelt per DRM.

Ich kaufe gern Musik online, wenn die Bedingungen stimmen, und will auch gar nicht in die DRM-Debatte einsteigen, sondern die am häufigsten diskutierte Möglichkeit anschneiden, wie man privates Dateitauschen legalisieren könnte: die Kulturflatrate.

Dabei würde es sich schlicht um eine Pauschalabgabe handeln, die jeder Benutzer entrichtet und deren Einnahmen an die Künstler weiterverteilt werden. Da es schwierig wäre, die Einhaltung anderweitig zu kontrollieren, soll die Abgabe automatisch auf alle Breitband-Internetanschlüsse erhoben werden. Die Kulturflatrate wird von einigen in Deutschland als Königsweg aus der Illegalität und der DRM-Misere gesehen und scheint sogar rechtlich machbar, doch die deutsche Politik und die Lobbyisten sträuben sich.

Logo der PiratenparteiNach der Beschlagnahme der PirateBay vor wenigen Wochen in Stockholm hat nicht nur die schwedische Piratenpartei einen sprunghaften Mitgliederzuwachs erfahren, sondern das Thema wird auch in den etablierten Parteien diskutiert und könnte bis zur Parlamentswahl in acht Wochen aktuell bleiben.

Jetzt diskutiert sogar Justizminister Thomas Bodström, der bisher eher für die Verfolgung von Dateitauschern steht und maßgeblich an der Strafverschärfung von 2005 beteiligt war, über die Kulturflatrate und hält sie für möglich, sofern sich die Parteien darauf einigen. Auch wenn es vereinfacht ist, die Situation auf zwei Lager zu beschränken, die Produzenten und Rechteinhaber auf der einen, die Verbraucher und deren Aktivisten auf der anderen Seite, so kann man annehmen, dass letztere in Deutschland eine ähnliche Entwicklung begrüßen würden.

Das gilt erstaunlicherweise nicht für die Piratenpartei in Schweden. Mag sein, dass sie nur ihr Profil nicht verlieren wollen, aber sie sind entschieden gegen die Kulturflatrate. Die Gegenargumente sind natürlich auch den Befürwortern bekannt und das hier sind wohl die wichtigsten:

  • Die Verteilung der Einnahmen ist entweder ungerecht (kleine Künstler werden benachteiligt) oder mit Kontrolle und hohem Verwaltungsaufwand verbunden.
  • Die Abgabe ist ungerecht gegenüber Internet-Nutzern, die keine Dateien tauschen.

  • Der Staat darf nicht Preise diktieren, die eingentlich vom Markt geregelt werden sollten.

    Die Piratenpartei ist allerdings nicht stumpf gegen alle aufkommenden Vorschläge, sondern hat einen eigenen Vorschlag zur Reform des Urheberrechts. Der Basisgedanke ist, dass das Urheberrecht schleichend über Jahrzehnte immer weiter verstärkt wurde und dass es an der Zeit ist, gegenzusteuern, um Kultur nicht durch zu viele Einschränkungen zu gefährden. Der Vorschlag der Piraten geht also weit über das hinaus, was sich Realpolitiker üblicherweise vorstellen:

  • Das Urheberrecht soll zwar nicht abgeschafft werden, aber sich ausschließlich auf die kommerzielle Nutzung beschränken. Uneigennützige Weitergabe von Kopien wird generell erlaubt, also auch Tauschbörsen.

  • Techniken, die nur dazu da sind, die freie Weitergabe zu verhindern (DRM), werden verboten.
  • Auch die kommerzielle Nutzung soll eine Reform erfahren, v.a. indem die Zeit, die ein Werk geschützt ist, drastisch verkürzt wird.

    Das ist nur ein Teil deren Programm ([pdf](http://www.piratpartiet.se/documents/Principles%203.0.pdf), englisch), aber der im Zusammenhang wichtigste. Der erste Punkt würde die Musikindustrie wohl endlich dazu zwingen, ein attraktives Angebot zum Download von Musik anzubieten. Wer wäre nicht bereit, für den Zugang zu einem umfassenden und einfach zu nutzenden Musikarchiv zu zahlen, anstatt sich durch Tauschbörsen zu wühlen? Zum letzten Punkt kann ich mich mangels Einblick in die Szene kaum äußern, aber das Argument, dass sich ein Großteil neuer Musik sowieso entweder innerhalb kurzer Zeit rechnet oder nie, leuchtet in gewisser Weise ein. Man darf auf jeden Fall gespannt sein, ob Schweden bald in einem weiteren Bereich für viele Miteuropäer das gelobte Land wird. *Nachtrag*: Im heutigen [Leitartikel der DN](http://www.dn.se/DNet/jsp/polopoly.jsp?d=576&a=553865&previousRenderType=2) (S) wird als erster Schritt die Rücknahme der Verschärfung von 2005 gefordert und auf die Arbeitserschwernisse für Bibliotheken, Museen und Universitäten hingewiesen.
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Neues von den Piraten

Dass letzten Mittwoch die Server von thepiratebay.org beschlagnahmt wurden und sie damit aus dem Netz verschwand, habe ich ja schon geschrieben und auch versucht die ersten Reaktionen aufzufangen. Seitdem haben sich die Wogen zwar etwas geglättet, aber das Thema hält sich in den hiesigen Medien. Deswegen hier ein Update zu einigen Punkten:

  • Die Webseite thepiratebay.org ist schon seit Samstag wieder online. Die Betreiber hatten Backups ihrer Daten und nutzten die zahlreichen Hilfsangebote Außenstehender, um den Betrieb schon nach drei Tagen wieder aufzunehmen – diesmal auf mehrere Orte und Länder verteilt. Ganz im Stile früherer Frechheiten gegen juristische Androhungen zerschießt das Piratenschiff im Logo jetzt das Hollywood-Schild.
  • Die Interessenvertretung der amerikanischen Filmindustrie, die MPAA, soll nämlich Druck auf Schweden ausgeübt haben, die PirateBay zu schließen. Der schwedische Justizminister Thomas Bodström wurde beim Verfassungsausschuss angezeigt, der klären soll, ob dieser Einfluss auf die Polizeiaktion ausgeübt hat.
  • Am Samstag fanden unter anderem in Stockholm und Göteborg Demonstrationen gegen die Razzia statt. Es nahmen jeweils mehrere Hundert Menschen teil. Das klingt wenig, kann aber im demonstrationsfaulen Schweden durchaus als Erfolg gewertet werden.

  • Die Piratenpartei, die im Herbst zur Parlamentswahl antritt und sich neben einer Reform des Urheberrechts auch für den Schutz der Privatsphäre und gegen Überwachung einsetzt, hat starken Aufwind bekommen. Innerhalb weniger Tage verdreifachte sich die Mitgliederzahl auf über 6000, sie ist somit die stärkste Partei außerhalb des Parlaments und hat mehr Mitglieder als die meistem Jugendorganisationen der großen Parteien und fast so viele wie die hiesigen Grünen. Wenn das Thema während der rund 100 Tage bis zur Wahl aktuell bleibt, kann man auf das Abscheiden der Pirtatenpartei gespannt sein.

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Die schwedischen Rechtsradikalen

Das Thema Integration hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit in Deutschland erfahren. In Schweden ist die Situation wieder einmal besser: Es wird viel für die Integration der Ausländer getan und es zahlt sich z.B. insofern aus, als dass die Kinder von Einwanderern in ihren schulischen Leistungen lange nicht so weit zurückliegen wie ihre “Kollegen” in Deutschland und somit weniger häufig Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben werden. Auch die gefühlte Integration ist stärker und es kommt beispielsweise kaum vor, dass eine “ausländisch aussehende” Gruppe, die man auf der Straße trifft, nicht schwedisch miteinander spricht.

Erst heute morgen las ich (S) über das diesjährige Einwanderungsbarometer: 80% der Schweden finden es vorteilhaft für das Land, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander gemischt werden, und neun von zehn Schweden wollen in Schweden lebenden Menschen die gleichen Rechte wie Schweden geben. Obwohl die Integration oft als unzureichend angesehen wird, geht der Trend zu mehr Akzeptanz von Ausländern. Der frisch zum Feiertag erhobene Nationaldagen am 6.Juni wird unter anderem dazu benutzt, neu eingebürgerte Willkommen zu heißen.

Also alles in Butter? Leider nein.

Denn es gibt sie auch in Schweden: Nationalisten, Xenophobe, Rassisten und, ja, auch Neonazis. Ein Professor an der hiesigen Uni Uppsala, der sich mit Integrationsfragen beschäftigt, wurde erst neulich Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs. Es gibt auch Gruppen, die es gar nicht gern sehen, wozu der Nationalfeiertag genutzt wird (s.o.), und so gab es am Dienstag in Stockholm eine Demo der Rechtsextemisten. Es gab zwar eine Gegendemonstation der Linken, diese war aber kleiner. Die Polizei verhinderte Zusammenstöße der beiden Gruppen und nahm einen der Rechten wegen Volksverhetzung fest.

Die politische Partei der Nationalisten nennt sich Sverigedemokraterna, die “Schwedendemokraten”. Auf deren Agenda steht, wer hätte es gedacht, eine Rückbesinnung auf nationale Qualitäten, Begrenzung der Einwanderung, und so weiter – eben Schweden den Schweden in vielerlei Form. Obwohl sie in der wirklichen Politik eine sehr kleine Rolle spielen – sie kamen 2002 mit 1.4% der Stimmen nicht ins Parlament und sind nur in drei Kommunalvertretungen beteiligt – schaffen sie es regelmäßig in die Schlagzeilen.

Neulich wollten sie an Schulen Propaganda verteilen, was meines Wissens verhindert wurde. Entsprechende Postwurfsendungen wurden vorübergehend von Briefträgern boykottiert (S) und es gibt Aktivisten, die Aufkleber verteilen, die man sich an den Briefschlitz kleben kann, um keine solche Reklame zu bekommen und ein Zeichen zu setzen. Leider scheint es, als ob die Schwedendemokraten gerade bei (v.a. männlichen) jungen Menschen hinzugewinnen können und eine nicht-repräsentative, internetbasierte Testwahl (S) unter 15- bis 21-jährigen, die heute bekannt wurde, sah die Schwedendemokraten mit über 10% als drittstärkste Partei.

Dass die Wahl im Herbst so ausgeht ist zwar sehr unwahrscheinlich, trotzdem ist die Existenz und Sichtbarkeit der schwedischen Rechten betrüblich. Erfreulich ist es andererseits, dass ihr Rückhalt in der breiten Bevölkerung gering ist und viele ansonsten unpolitische Schweden aktiv und böse werden, wenn man sie auf die Schwedendemokraten anspricht.

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Wahlalter auf 17 Jahre senken?

In Schweden wird gerade diskutiert (S), ob man das Wahlalter von 18 auf 17 Jahre senken soll. Dazu wäre eine Grundgesetzänderung nötig, aber es ist wohl gar nicht so unwahrscheinlich, dass das so kommt. Eine interessante Frage dabei ist natürlich, welche Partei(en) davon am meisten profitieren würden: Man sagt ja, dass junge Menschen eher links als rechts wählen und in der Tat ist die konservative Moderatpartiet gegen den Vorschlag.

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Durchsuchung bei schwedischen Piraten

Nachdem vor gerade einmal einer Woche bekannt wurde, dass in Deutschland Dateitauscher, die das eDonkey-Netz benutzten, ausgeschnüffelt wurden und jetzt teilweise verklagt werden, musste ich soeben lesen, dass die schwedische Polizei die Computer der PirateBay beschlagnahmt hat. Die Seite ist dementsprechend nicht erreichbar. Erst vor Kurzem war die PirateBay nach Stockholm ungezogen.

Die PirateBay ist (war?) einer der bekanntesten und meistgenutzten Bittorrent-Tracker, die es Nutzern erlauben, Dateien zu tauschen und dabei die Bandbreite untereinander zu teilen. Auch wenn die Technik vielerorts für legale Zwecke verwendet wird, gab es auf der PirateBay auch viel urheberrechtlich geschütztes Material. Da auf den Servern der PirateBay jedoch nur die Torrent-Dateien erhältlich waren, die nicht die Inhalte selbst enthalten, sondern nur die Information, wo diese unter den anderen Nutzern zu finden sind, begeht die Seite laut schwedischem Recht nichts Illegales.

Deswegen hat sie sich bisher zurecht allen Aufforderungen und Beschwerden der Rechteinhaber widersetzt und es bleibt zu hoffen, dass die Stillegung nur vorübergehend ist. Die Piratenpartei, eine neugegründete politische Partei, die zur Parlamentswahl im Herbst antritt, hat eine Stellungnahme, es wurde ein temporärer Blog mit Neuigkeiten (S) eingerichtet, auf Slashdot wird eifrig diskutiert, und auch Heise hat die Meldung.

Update 1: Für diejenigen, die Schwedisch können: Es gibt auch hier viel zum Thema zu lesen und sogar schon eine Unterschriftenliste, die schon jeder 90. Schwede (!) unterschrieben hat.

Update 2: Es wurden mehreren Orten gleichzeitig Rechner beschlagnahmt und auch drei Leute festgenommen (Quelle, schwedisch). Außerdem hat sich bestätigt, dass das “Antipiratbüro” hinter der Anzeige steht. Diese Organisation hatte schon einmal auf sich aufmerksam gemacht, als sie mit dubiosen Machenschaften gegen angebliche Urherberrechtsverletzungen vorging – siehe dazu den aufschlussreichen Artikel auf Heise vom letzten Jahr.

Update 3: Mittlerweile ist auf thepiratebay.org eine temporäre Seite eingerichtet, auf der angekündigt wird, dass die Seite in ein bis zwei Tagen wieder völlig funktionsfähig sein wird. Außerdem wird erwähnt, dass man wohl Entschädigung vom schwedischen Staat fordern kann, sollte sich tatsächlich nichts Illegales auf den Servern finden. Eine neue Liste mit Links gibt es auch.

Update 4 (1. Juni, 19.00): Das Thema hält sich weiterhin in den schwedischen Medien. Die drei festgenommenen sind nach Befragung wieder frei. Die Razzia hat auch viele andere Kunden des Webhosters der PirateBay getroffen und es sind zig mittelständische Unternehmen betroffen. Rapport, das schwedische Äquivalent zur Tagesschau, meldet jetzt (schwedisch: Text, RealAudio, WindowsMedia), dass die MPAA, der Interessenverband der amerikanischen Filmindustrie, politischen Druck auf das Weiße Haus ausgeübt hat, das diesen an das schwedische auswärtige Amt weitergegeben und über das Justizministerium die gestrige Razzia der Polizei verursacht hat – trotz der Einwände von Seiten der Ermittler, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gäbe.

Das ist natürlich ein starkes Stück und ich hoffe, dass der Aufruhr der Schweden über diese Situation anhält und die Aktion nach hinten losgeht. Die Piratenpartei wird dadurch sicherlich Aufwind bekommen und vielleicht schafft sie ja die 4%-Hürde bei der Wahl im September.

Update 5 (2. Juni, 10.30): Die schwedische Regierung dementiert (S) den direkten Zusammenhang mit der MPAA. Demonstrationen gegen die Razzia in Stockholm und Göteborg sind für morgen, Samstag, angekündigt (S). In der Zwischenzeit wurde die Webseite der Polizei, polisen.se, Opfer eines Angriffs (S) und auch wenn der Zusammenhang mit der PirateBay-Razzia ungeklärt ist, ist es wohl nicht weit hergeholt, diesen zu vermuten. Ein Interview (deutsch) mit einem der PirateBay-Betreiber ist auf Zeitspuk zu lesen.

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Die gegenwärtige schwedische Regierung

Wie angekündigt will ich bis zur Wahl im Herbst, die schwedische Politik etwas näher durchleuchten und heute ist die aktuelle Regierung dran.

Die letzte Parlamentswahl war 2002 und wegen der 4%-Klausel kamen folgende Parteien in den Riksdag:

  • 39,9% für die Sozialdemokraten
  • 15,3% für die Moderaten (konservativ)
  • 13,4% für die Volkspartei (liberal)
  • 9,1% für die Christdemokraten (noch konservativer)
  • 8,4% für die Linkspartei
  • 6,2% für die Zentrumspartei
  • 4,6% für die Grünen

    Es sind also zwei Parteien mehr im Parlament als in Deutschland und die Parteiengrenzen decken sich auch nur teilweise. Ein weiterer Unterschied ist, dass die jetzige Regierung nicht aus einer Koalition von Parteien gebildet wird, sondern eine [Minderheitsregierung](http://de.wikipedia.org/wiki/Minderheitsregierung) der Sozialdemokraten ist, die von der Linkspartei und den Grünen im Parlament unterstützt wird. Mit diesen Stimmen wurde [Göran Persson](http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6ran_Persson) (sprich: Jöran Pärschon) 2002 erneut vom Parlament zum *Statsminister* (Premierminister) gewählt und konnte die Regierung ernennen, in der die Hälfte der Ministerposten von Frauen besetzt sind. Persson feierte vor Kurzem sein 10-jähriges Jubiläum als Premierminister und tritt auch zur kommenden Wahl an. Die Minister und höheren Posten haben in dieser Zeit zu häufig gewechselt, als dass ich das hier ausführen möchte, aber die Wikipedia [bietet einen Überblick](http://sv.wikipedia.org/wiki/Regeringen_Persson) (S). Einschneidende Ereignisse waren ohne Zweifel die Ermordung der sehr beliebten Außenministerin [Anna Lindh](http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Lindh) 2003 und der Tsunami in Südostasien Ende 2004. In diesem kamen über 500 Schweden um, in absoluten Zahlen etwa so viele wie Deutsche, im Anteil an der Bevölkerung jedoch neun Mal so viele. Während die deutsche Regierung mit ihrem Krisenmanagment an Popularität gewann, verschlief die schwedische den Anfang und musste viel Kritik einstecken. Die Diskussionen und Medienberichte darüber hielten bis vor Kurzem an und waren meiner Ansicht nach ein gutes Beispiel dafür, welch hohe Anforderungen, Schweden an ihren Fürsorgestaat stellen – auch in Bereichen, die man üblicherweise als persönliches Risiko betrachten würde.
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Im Herbst wählt Schweden

Am 17. September ist Wahl in Schweden und bis dahin werde ich versuchen, den Wahlkampf und das politische Geschehen auf Fiket zu begleiten und einige Hintergrundinformationen zusammenzustellen. Ich gehe davon aus, dass ich beim Recherchieren selbst noch einiges lernen werde, denn obwohl ich schon fast vier Jahre in Schweden lebe, verfolge ich die deutsche Politik bisher immer noch aufmerksamer als die schwedische, die mir oft ereignislos vorkommt. Natürlich werden die entsprechenden Artikel auch das Schlagwort Politik tragen, aber ich führe hiermit auch das Tag Wahl2006 ein, um sie leichter auffindbar zu machen.

Bevor ich zur schwedischen Parteienlandschaft und einzelnen Persönlichkeiten komme, möchte ich hier lediglich den groben Rahmen abstechen, in dem sich schwedische Politik abspielt. Das Konungariket Sverige ist eine parlamentarische Monarchie, d. h. es gibt einen König, der aber am politischen Geschehen nicht teilnimmt – im Gegensatz zur konstitutionellen Monarchie, wie es sie beispielsweise in Großbritannien gibt.

Die einzige Kammer der schwedischen Legislative ist das Parlament, der Riksdag. Dieser wird alle vier Jahre gewählt. Es gibt keine Erst- und Zweitstimme, sondern man stimmt für eine Partei und, wenn man möchte, auch für einen bestimmten Kandidaten dieser Partei. Anstelle der in Deutschland üblichen Stimmzettel zum Ankreuzen liegen Wahlzettel jeder Partei im Wahllokal aus und man legt den entprechenden ins Wahlkuvert. Oft nimmt man mehrere Wahlzettel mit in die Kabine, um die Wahl geheim auszuführen.

Das Parlament setzt sich aus allen Parteien, die mehr als 4% der Stimmen bekommen haben, zusammen und bestimmt nach der Wahl den Premierminister (_statsminister_), der dann die Regierung ernennt. Seit über 10 Jahren hat der Sozialdemokrat Göran Persson diesen Posten inne und er tritt auch im Herbst noch einmal an.

Gleichzeitig mit den Parlamentswahlen, werden im September auch die Kommunalwahlen in den Provinzen (_län_) durchgeführt, und zwar landesweit. Das heißt, dass in Schweden während der Legislaturperiode nicht ständig irgendwo Wahlkampf ist – ganz im Gegensatz zu Deutschland. Bei der Kommunalwahl darf ich auch als EU-Bürger mit abstimmen, nicht jedoch für das Parlament. Das ist insofern sinnvoll, als dass ich ja weiterhin für den deutschen Bundestag wählen darf. Anscheinend sind die EU-Länder sich darüber einig, dass man für Parlamentswahlen im Land seiner Staatsbürgerschaft wählt, aber für Kommunalwahlen dort, wo man lebt.

Fortsetzung folgt…

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