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Nobelpreise 2007

Wie schon erwähnt öffnet heute der diesjährige Reigen mit den Nobelpreisen. Da er nicht mehr von der Startseite verlinkt ist, hier noch einmal der Hinweis auf den RSS-Feed. Außerdem gibt es inzwischen den Videokanal bei YouTube.

  • 8.10.07, der Preis für Medizin und Physiologie geht zu einem Drittel nach Großbritannien und zu zwei Dritteln in die USA. Capecchi, Evans und Smithies werden für ihre Entdeckungen der Prinzipien, wie man mithilfe embryonaler Stammzellen bestimmte genetische Veränderungen in Mäuse einführt, ausgezeichnet. Dass keiner der drei Preisträger gebürtiger Amerikaner ist, ist zum einen ein schönes Beispiel, wie die USA vom brain drain profitiert haben und sich zu Recht sorgen machen, dass dieser in letzter Zeit aus politischen Gründen ins Stocken kommt. Zum anderen ist die Vergabe in die USA beim dort sehr kontroversen Thema Stammzellenforschung wohl auch nicht unpolitisch. Mehr auch bei Radio Schweden.
  • 9.10.07, der Preis für Physik geht zu jeweils der Hälfte an den Franzosen Albert Fert und an den Deutschen Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich. Sie werden für die Entdeckung des “gigantischen magnetischen Widerstandes” ausgezeichnet. Ich bin zwar Physiker, weiß aber auf Anhieb auch nicht mehr als dass es um Materialien geht, die ihre Magnetisierung nur unwillig ändern und deshalb in allen heutigen Festplatten zum Datenspeichern eingesetzt werden. Schon in diesen Tagen wird aber hier im Haus einer der Professoren einen Vortrag zum Thema halten und im Dezember kommen auch die Preisträger selbst nach Uppsala für eine Vorlesung.
  • 10.10.07, der Preis für Chemie geht an eine einzelne Person, Gerhard Ertl vom Fritz-Haber-Institut in Berlin für seine Studien der chemischen Prozesse auf den Oberflächen von Festkörpern. Es geht also darum, wie Oberflächen als Katalysatoren für chemische Prozesse wirken können. Das Anwendungsgebiet reicht von Rost, über Brennstoffzellen und die Halbleiterindustrie bis zur Zerstörung der Ozonschicht. Mehr dazu unter anderem hier und hier.
  • 11.10.07, der Literaturpreis geht an die Engländerin Doris Lessing, die Epikerin weiblicher Erfahrung, die sich mit Skepsis, Leidenschaft und visionärer Kraft eine zersplitterte Zivilisation zur Prüfung vorgenommen hat. Mehr über sie weiß die Wikipedia.
  • 12.10.07, der Friedenspreis geht zu jeweils der Hälfte an das International Panel for Climate Change und an Al Gore. Ja, den Al Gore, der eigentlich die Präsidentenwahl 2000 in den USA gewonnen hat und der letztes Jahr mit seinem Dokumentarfilm An Unconvenient Truth noch bekannter wurde.
  • 15.10.07, Der Preis der der schwedischen Riksbank für [**Wirtschaftswissenschaften**](http://nobelprize.org/nobel_prizes/economics/laureates/2007/) zu Ehren von Alfred Nobel geht zu je einem Drittel an *Hurwicz, Maskin* und *Myerson* aus den USA \_dafür, dass sie die Grundlagen der **mechanism design**-Theorie gelegt haben. Es geht wohl darum, wann und mit welchen Regeln Märkte gut oder schlecht funktionieren. Die Verleihung ist wie jedes Jahr am 10. Dezember, dem Todestag von [Alfred Nobel](http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Nobel).
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Der Carnegieskandal

Schweden hat zur Zeit einen Banken- und Finanzskandal. Carnegie, die auch die Regierung bei den anstehenden Privatisierungen berät, hat Bilanzen gefälscht. Es gab die ersten Rücktritte und die Opposition schlachtet das Thema genüsslich aus.

Details interessieren mich bei solchen Dingen meist wenig und meine intuitive Meinung schwankt zwischen “Kein Wunder” und “Gut, dass es wenigstens rauskommt”. Dass bei Privatisierungen der Staat Geld verschwendet, im Großen wie im Kleinen, ist nicht neu. Passend zum heutigen Feiertag in Deutschland, sei an die Treuhand erinnert.

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Die liebe Post

Wenn man in Schweden ein Paket mit der Post^1^ bekommt, wird es nicht ausgeliefert, sondern landet bei der nächstliegenden Poststelle, bei der man es dann unter Vorlage des Wischs im Briefkasten ausgehändigt bekommt. Für mich ist diese im Supermarkt, in dem ich sowieso einkaufen gehe. Ich finde das also eigentlich sehr praktisch, weil man nie einen Postboten abpassen muss.

Bis auf eine Sache. Post wird in Schweden nämlich Samstags nicht ausgeliefert und deshalb kann es zu folgendem Szenario kommen. Man bestellt Mittwoch abends etwas und die Firma schickt es am nächsten Vormittag los. Die Reise durch Schweden dauert recht zuverlässig einen Tag – man kann Sendungen im Internet verfolgen – das Paket ist also Freitag nachmittag an der eigenen Station. Dann wird aber der Abholschein nicht mehr ausgeliefert und man bekommt diesen erst am Montag.

Das ist mehr als eine Verdoppelung der Lieferzeit und wohlgemerkt ist die Poststation selbst das ganze Wochenende geöffnet und man läuft beispielsweise samstags beim Einkaufen fünf Meter an seinem Paket vorbei, das man erst zwei Tage später abholen darf.

Genau so ist es mir gerade wieder einmal passiert, allerdings versuchte ich heute morgen trotzdem mein Glück mit dem Ausdruck des Paketweges, obwohl ich schon einmal zuvor damit abgeblitzt bin. Und siehe da! Der nette Mensch hinter der Theke fragte mich aus, welche Firma das Paket denn geschickt hätte und wie groß es sei. Nachdem ich noch eine Identifikation vorlegt hatte, glaube er mir schließlich, dass der Karton hinter ihm meiner ist.

^1^Ich meine die Post und nicht unabhängige Lieferdienste, die zwar nach Hause liefern, aber meist zu Unzeiten.

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Systemsteigerung

Radio Schweden meldet neue Rekordumsätze beim schwedischen Alkoholmonopolisten und schreibt:

Bis vor kurzem wurde den staatlichen Alkoholmonopolläden von „Systembolaget" nur noch geringe Überlebenschancen zugestanden.

Ganz neu sind die positiven Zahlen dennoch nicht. Mein Eindruck ist, dass wieder mehr Schweden ihr Systemet mit guter Auswahl und Preisen, die (von der Steuer abgesehen) die Qualität zuverlässig widerspiegeln, zu schätzen wissen.

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Böses Flaschenwasser

Das finde ich einen sehr sinnvollen Rat, den der schwedische Umweltminister da gibt, nämlich kein Flaschenwasser zu trinken. Zusätzlich zum Umwelt- und Klimaargument kommt noch, dass man so der Absurdität entgegenwirkt, dass immer mehr Menschen ihr Wasser, das grundlegendste aller Lebensmittel, von Coca-Cola (Bonaqua) oder Nestlé kaufen.

Meiner Erfahrung nach wird in Schweden aber sehr viel Leitungswasser getrunken, das ist der Regelfall. Sogar Säfte kauft man oft im Konzentrat, das man zu Hause mit Wasser aus dem Hahn auffüllt.

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Mickyschuft

In gewisser Weise ist es verständlich, dass eine Konsensgesellschaft anfällig gegenüber harsch auftretenden Akteuren ist, trotzdem ist es ein hässliches Spiel.

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Urlaub in Schweden

Wenn es jedes Jahr die gleiche Neuigkeit gibt, dass in Schweden der Tourismus wächst und dass Ferienhäuser beliebt sind, ist es dann noch eine solche?

Im anhörbaren Interview hinter dem zweiten Link erfährt man dann aber immerhin, dass nur fünf Prozent der Ferienhäuser in Schweden in ausländischer Hand sind, dass das vor allem Norweger und Deutsche sind – erstere vor allem, weil es billiger ist als daheim – und dass es weniger Konkurrenz zwischen Einheimischen und Käufern aus dem Ausland gibt als man vermuten könnte. Die Schweden sind nämlich am liebsten an der Küste, die Norweger recht nah an der Landesgrenze und die Deutschen irgendwo im Wald.

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Füße und Räder

Wenn man ein Fahrrad sein halbes Leben lang gehabt hat, wächst es einem ein wenig ans Herz. Da macht es nichts, dass es aus dem Baumarkt war und dass ich mich schon so oft damit herumgeärgert habe. Ich hatte es schließlich schon zwei Mal nach Schweden importiert und außer dem Rahmen alles schon einmal ausgetauscht, meist selbst und damals in Heidelberg mit Hilfe der URRmEL. Grob geschätzt bin ich alleine in meiner Zeit in Schweden 10.000 Kilometer damit gefahren und es sah immer so schmutzig und zusammengestückelt aus, dass es mir nie jemand stahl.

In letzter Zeit kam mir jedoch immer häufiger der Gedanke, ein neues zu kaufen. Es standen wieder einmal lange aufgeschobene Reparaturen an und das eingerostete Gelenk der Lenkstange – man bekam starke Arme in Kurven – hielt ich für den letzten Sargnagel, der sich immer tiefer einschlug.

Und als ich dann gestern Nacht aus einem Vorort ganz am anderen Ende der Stadt für gut anderthalb Stunden nach Hause laufen musste, weil ich wieder einmal einen Platten hatte, reichte es. Vorhin habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft.

Die schwedische Traditionsmarke Skeppshult war mir schon länger aufgefallen. Dass das hochwertige Räder sind, sieht man ihnen an, wirkt sich aber natürlich auch auf den Preis aus. Das, das ich wollte^1^, ein klassisches Herrenrad mit schmalem Stahlrahmen, 8-Gang Nabenschaltung, Trommelbremse auch vorne und Nabendynamo, kostete dann auch gleich 7000 Kronen (750 Euro) neu. Von der Ausstattung her ähnliche Räder anderer Marken bekommt man für knapp 5000 – kein kleiner Unterschied.

Als mir der Händler dann aber das Exemplar von Skeppshult, auf dem sie Leute probefahren ließen, für 5500 Kronen anbot und ich ihn noch auf 5000 herunterhandelte, wurde es doch dieses. Jetzt muss ich nur noch meinen Ledersattel vom alten ummontieren. Ich hoffe ja sehr, dass das neue auch wieder 15 Jahre hält und mir hier in der Stadt des Fahrradklaus nicht abhanden kommt.

^1^Wer es genau wissen will: auf der Homepage auf “Modellprogramm” “herr” klicken, dann auf das “Elit” oben rechts und dann in der Reihe unten auf das dritte. Dass es auf der Homepage auch technische Anleitungen für Reparaturen gibt, machte mir Skeppshult neulich noch sympatischer.

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Europa trinkt zu viel

2005, zum 50. Jubiläum des Systembolaget, gab es eine Anzeigenkampagne in europäischen Zeitungen, die den schwedischen Standpunkt in der Alkoholpolitik erklären und für ihn werben sollte. Der Text der Anzeige richtete sich direkt an José Manuel Durão Barroso, den Präsidenten der Europäischen Komission, und fasst die Argumentation aus schwedischer Sicht sehr schön zusammen. Übersetzt lautet er wie folgt:

Bild der
Anzeige

Lieber Herr Barroso, aus diesen Gründen sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken, das Trinken einzuschränken:

Bildunterschrift: Probleme mit Alkohol kosten die europäischen Länder nach Schätzungen der WHO jedes Jahr 200 Milliarden Euro. Das ist sehr viel Geld.

So seltsam es klingen mag, wenn es von einem der weltweit größten Käufer von Alkohol kommt, wir machen uns Sorgen um die Trinkgewohnheiten auf unserem Kontinent. Europäer trinken doppelt so viel wie Menschen in anderen Teilen der Welt. Und nach den Zahlen der WHO sterben jedes Jahr 600.000 Europäer an den Folgen von Alkoholkonsum.

Die Situation ist eine andere von Land zu Land, teils wegen kultureller Unterschiede. Aber im Ganzen sind die Probleme rund um Alkohol in Europa erheblich. Und sie nehmen schnell zu. Gerde in Nordeuropa, wo viele Leute angefangen haben, ihr Bier, Wein und Spirituosen in billigeren Nachbarländern zu kaufen, oft in großen Mengen.

In Schweden, wo die Menschen lange Zeit viel weniger tranken als in anderen Ländern, hat der Alkoholkonsum in den letzten zehn Jahren um 30% zugenommen. Als Folge sind auch die zugehörigen Probleme gewachsen (auch wenn sie immer noch weniger ernst als in den meisten EU-Ländern sind).

Der niedrige Konsum in Schweden hatte wenig mit schwedischer Kultur zu tun, wie jeder bestätigen kann, der einen Freitagabend in unserer Kultur verbracht hat. Es liegt an der Art, wie alkoholische Getränke verkauft werden: Nur in unseren Läden. Ohne Profitabsicht. Zu eingeschränkten Zeiten. Und mit hohen Steuern.

Schweden wären wohl nicht so angetan von diesem System, wenn es dem Kunden nicht auch Vorteile brächte, zum Beispiel die weltgrößte Auswahl an Bier, Wein und Spirituosen. Zur Feier unseres 50. Geburtstags zeigen Umfragen, dass wir unsere zwei Hauptaufgaben besser als je erfüllen; die Kunden zufriedenzustellen und Minderjährige davon abzuhalten, in unseren Läden einzukaufen.

Trotzdem wachsen die Probleme mit Alkohol immer schneller. Aus diesem Grund bringen wir unsere Jubiläumsanzeige in der Financial Times. Wenn man 50 wird, darf man sich etwas wünschen. Und unser Wunsch ist es, dass Sie, und andere Europäer, darüber nachdenken, was die EU-Länder gewinnen können, wenn man die Probleme rund um Alkohol reduziert.

Wir wissen, dass die EU sich nicht vorrangig mit Dingen wie diesen beschäftigt. Aber Gesundheit und Wohlergehen der Bürger beeinflussen auf ihre Art die Gesundheit und das Wohlergehen der Wirtschaft. Niemand kennt die genauen Kosten von Alkoholproblemen, aber die WHO schätzt die Rechnung auf 2 bis 5% des Bruttosozialprodukts. In Geld ausgedrückt? Zwischen 200 und 500 Milliarden Euro pro Jahr für die gesamte EU.

Was wenn einiges davon gespart werden könnte? Wir haben ihnen ein interessantes Buch zum Thema geschickt. Es ist ein von der WHO geförderter Bericht, der die Möglichkeiten zur Verminderung des Problems darlegt. Aber weil er 290 Seiten lang ist und weil wir wissen, dass Sie sehr viel zu tun haben, haben wir noch etwas anderes getan.

Wir haben einen Film für Sie gemacht. Sie können ihn unter www.DearMrB.se ansehen.

Um ihnen Zeit zu sparen, haben wir einen fünfminütigen “Schnellkurs” erstellt und ihn auf die Internetseite www.DearMrB.se gestellt. Wir hoffen, dass Sie ihn nützlich finden. Außerdem hoffen wir, dass Sie die Überschrift nicht erschreckt hat. (Wir versprechen, so etwas frühestens 2055 wieder zu tun.)

Das schwedische Alkoholverkaufsmonopol, das seinen 50. Jahrestag feiert.

Das Video kann man immer noch auf der verlinkten Seite ansehen und es ist in der Tat gut gemacht. Leider scheint die Kampagne nicht viel gebracht zu haben: Ein EU-Gericht erst neulich den privaten Import per Versand nach Schweden für rechtens erklärt. Der schwedische Staat versucht jedoch wiederum, sich übers Geld zu wehren.

Persönlich stimme ich wohl, vielleicht anfangs zur eigenen Überraschung, schon länger eher der Argumentation des Systembolaget zu, denn die Zahlen sind nicht von der Hand zu weisen und ich weiß das große Sortiment wirklich zu schätzen.

(via)

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Harry Potter schlechtes Geschäft

In Schweden gibt es keine Buchpreisbindung und deswegen kann zum Beispiel der jährliche Buchausverkauf stattfinden. Außerdem können sich die Buchhändler einen echten Preiskampf liefern, wenn ein Buch stark nachgefragt ist.

Der siebente und letzte Band von Harry Potter ist wohl das deutlichste Beispiel. Anstatt des empfohlenen Preises von 369 Kronen findet man – sowohl bei Vorbestellungen im Internet als auch in den Buchläden der wirklichen Welt – Preise zwischen 160 und 200 Kronen. Rechnet man die zusätzlichen Personalkosten zur Handhabung der Paletten mit Büchern und den heute Nacht stattfindenden Verkäufen ab Mitternacht mit ein, bleibt für die Buchhändler sehr wenig übrig. Die, die wirklich reich werden mit dem Buch, sind also die Autorin und ihr Verleger.

PS: Ich habe ihn gestern ausgelesen, verrate aber nichts.

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